Jahresbericht 2019

TNr. 50: Vollzug des Unterhaltsvorschussgesetzes

Schild Unterhalt; Bild: FM2 - stock.adobe.com
Das neue Unterhaltsvorschussgesetz von 2017 hat den Kreis der Bezugsberechtigten erweitert. Wenn beim Vollzug dieses Gesetzes Wirtschaftlichkeitserwägungen stärker berücksichtigt werden, ermöglicht das kürzere Verfahren und einen gezielteren Personaleinsatz. Dies ist schon wegen stark steigender Fallzahlen geboten. Zudem ist eine wesentlich bessere Aus- und Weiterbildung dringend nötig.

Der ORH und die Staatlichen Rechnungsprüfungsämter Bayreuth und Augsburg haben 2016 und 2017 u. a. die Ordnungsmäßigkeit der Leistungsbewilligung nach dem UVG[1], das Rückforderungsverfahren[2], den Rückgriff gegenüber dem barunterhaltspflichtigen Elternteil[3] sowie das Vollstreckungsverfahren beim Landesamt für Finanzen (LfF) geprüft.[4]

Dazu wurden an alle 96 Unterhaltsvorschussstellen der Jugendämter (UV-Stellen) Fragebögen versandt und bei 17 UV-Stellen in örtlichen Erhebungen 744 zufällig ausgewählte Einzelfälle geprüft.[5] Beim LfF wurde in 117 zuvor bei den UV-Stellen geprüften und an das LfF abgegebenen Fällen der Fortgang der Verfahren geprüft.

Prüfungsmaßstab waren die ordnungsgemäße Anwendung des UVG und der dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen[6] sowie die Vorgaben der Art. 7 und 59 BayHO zur Wirtschaftlichkeit der Anspruchsdurchsetzung.


50.1 Ausgangslage

Das UVG wird in Bayern von den 96 UV-Stellen bei den Landratsämtern und kreisfreien Städten vollzogen.[7] Die Regierungen sind Fachaufsichts- und Widerspruchsbehörden.[8]

Ein minderjähriges Kind kann von einem Elternteil (Unterhaltspflichtiger), mit dem es nicht in einem Haushalt lebt, den Unterhalt als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts verlangen (§1612a BGB). Die Kinder von Alleinerziehenden, die nicht oder nicht regelmäßigen Unterhalt vom unterhaltspflichtigen Elternteil erhalten, können staatliche Leistungen nach dem UVG beantragen.

Für den Staat ergeben sich daraus die Fallgestaltungen des Rückgriffs, der Ausfallleistungen und des Rückforderungsverfahrens.


50.1.1 Rückgriff

Wenn ein leistungsfähiger Unterhaltsverpflichteter vorhanden ist, werden die Leistungen als Unterhaltsvorschuss erbracht. In diesem Fall gehen die zivilrechtlichen Unterhaltsansprüche des Kindes in Höhe des gezahlten Unterhaltsvorschusses gegen den Elternteil, bei dem es nicht lebt, kraft Gesetzes auf den Freistaat Bayern über. Die übergegangenen Unterhaltsansprüche bleiben weiterhin Ansprüche des privaten Rechts und sind gegenüber dem Unterhaltsverpflichteten zunächst außergerichtlich von den UV-Stellen rechtzeitig und vollständig nach den Bestimmungen des Haushaltsrechts durchzusetzen (sog. Rückgriff); eine spätere Durchsetzung vor den Zivilgerichten obliegt dabei dem LfF.[9]

§7 Abs. 3 Satz 1 UVG enthält einen Hinweis auf das Haushaltsrecht. Laut Gesetzesbegründung[10] soll das bei Durchsetzung, Stundung, Erlass oder Niederschlagung von Unterhaltsansprüchen (z.B. nach HGrG) eine Klarstellung für die mit dem Rückgriff betrauten Stellen bringen.

Dementsprechend sieht der Handlungsleitfaden des LfF für unbefristete Niederschlagungen in den Bereichen UVG und BAföG ausdrücklich eine Ausrichtung auf eine wirtschaftliche Aufgabenwahrnehmung vor. Er verweist dabei auf Art. 7 BayHO für die unbefristete Niederschlagung im Vorfeld der zivilgerichtlichen Beitreibung der Rückgriffforderungen nach §7 UVG. Er führt aus, dass von einer gerichtlichen Verfolgung des Anspruchs abgesehen werden darf (unbefristete Niederschlagung), wenn die Kosten der Einziehung bzw. der Verwaltungsaufwand im Verhältnis zur Anspruchshöhe zu hoch sind.

Dagegen sehen die Ausführungsbestimmungen zum UVG vor, dass beim Rückgriffverfahren Wirtschaftlichkeitserwägungen aus einem Vergleich des Verwaltungsaufwands mit den voraussichtlichen Einnahmen grundsätzlich unerheblich sind. Denn der Rückgriff diene auch der langfristigen Sicherung des Kindesunterhalts und wolle gerade nicht den Unterhaltspflichtigen von seiner Unterhaltspflicht entlasten.


50.1.2 Ausfallleistungen

Zu einem Rückgriff kommt es dann nicht, wenn es keinen leistungsfähigen Unterhaltsverpflichteten gibt. In diesen Fällen werden die Leistungen des Staates als „Unterhaltsausfallleistungen“ erbracht. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Unterhaltsverpflichtete verstorben ist und kein ausreichender Nachlass oder ausreichende Ansprüche gegen Dritte vorhanden sind. Weiterhin fallen hierunter Unterhaltsverpflichtete, die dauerhaft Leistungen nach dem SGB XII erhalten, sowie die Bezieher von SGB-II-Leistungen, die alle zumutbaren Anstrengungen um mehr Arbeitseinkommen unternommen haben und bei denen dennoch auch zukünftig keine Verbesserung ihrer Einkommenssituation zu erwarten ist.


50.1.3 Rückforderungsverfahren

Stellt die UV-Stelle fest, dass die Voraussetzungen für die staatliche Zahlung der Unterhaltsleistung nicht oder nicht durchgehend vorgelegen haben, dann hat der Staat gegen den Elternteil, bei dem das Kind lebt, für das die Leistung bezahlt wurde, einen eigenständigen Schadensersatzanspruch des öffentlichen Rechts. Diese Rückforderungen sind von der UV-Stelle in einem Verwaltungsverfahren und ggf. vor den Verwaltungsgerichten durchzusetzen. Das UVG selbst enthält zwar für das Rückforderungsverfahren keine gesonderten Bestimmungen zu Wirtschaftlichkeitserwägungen, die Ausführungsbestimmungen zum UVG sehen jedoch hierzu Regelungen vor.


50.1.4 Berechtigte und Zuständigkeiten nach dem UVG

Bis 30.06.2017 erhielten Kinder bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres und längstens für 72 Monate Unterhaltsvorschuss.[11] Mit der Gesetzesänderung zum 01.07.2017 wurde die zeitliche Befristung aufgehoben und der Kreis der Bezugsberechtigten unter bestimmten Voraussetzungen bis zum 18. Lebensjahr erweitert. Die kommunalen Spitzenverbände rechnen daher mit mindestens einer Verdoppelung der laufenden Fälle.[12]

Die Länder führen das UVG als eigene Angelegenheit aus.[13]

Der Unterhaltsvorschuss wurde bis 30.06.2017 zu 1/3 vom Bund und zu 2/3 vom Freistaat finanziert, ab 01.07.2017 teilen sich die Mittel zu 40% auf den Bund und zu 60% auf die Länder auf.


50.2 Feststellungen

Laut UVG-Statistik des Sozialministeriums bearbeiteten die UV-Stellen in Bayern im Jahr 2016 insgesamt 133.036 Fälle.[14] 40.595 Kinder erhielten laufende Leistungen in Höhe von 82,7 Mio. €. Bei 67% (88.755) der Fälle handelte es sich um sog. Altfälle. Bei diesen wurden zwar keine Unterhaltsleistungen mehr ausgezahlt, die Bearbeitung war jedoch noch nicht beendet, da beispielsweise noch Zahlungen des Unterhaltspflichtigen an den Freistaat nach §7 UVG ausstanden. Die Einnahmen aus dem Unterhaltsrückgriff betrugen im Jahr 2016 29,2 Mio. €.


50.2.1 Dauer der Rückgriff- und Rückforderungsverfahren

Die Rückgriffverfahren dauerten bis zu 24 Jahre: Bei den örtlichen Erhebungen hat der ORH 480 Fälle mit abgeschlossener Leistungsgewährung und laufendem Rückgriff- oder Rückforderungsverfahren geprüft. In 162 Fällen (34%) lag das Geburtsdatum des leistungsberechtigten Kindes vor 2005. Davon war bei 20 noch nicht beendeten Fällen das UV-berechtigte Kind vor 2000 geboren, das älteste war im Jahr 1989 geboren.

In 16 Fällen hatte das LfF die Rückgriffforderungen im Vorfeld des zivilgerichtlichen Verfahrens unbefristet niedergeschlagen. Trotzdem führte die jeweilige UV-Stelle die Akten weiterhin als Altfälle.

Die Verfahrensdauer wird u.a. von der Höhe der eingeforderten Raten beeinflusst: Laut Rückmeldung in den Fragebögen akzeptierten 22 UV-Stellen bei den Rückgriffverfahren Ratenzahlungen ab monatlich 5 €. Auch bei den Rückforderungsverfahren haben 27 UV-Stellen Ratenzahlungen ab dieser Höhe angenommen.

Eine Rückgriffforderung wurde nach Einstellung der Leistungszahlung 18 Jahre und 8 Monate lang verfolgt; schließlich schlug das LfF einen Restbetrag von 3.30 unbefristet nieder. In einem weiteren Fall wurden Rückgriffforderungen in Höhe von 14.109€ für 2 Kinder über 19 Jahre verfolgt und dann vom LfF ebenfalls unbefristet niedergeschlagen.

Bei einem Rückforderungsverfahren wird seit 1996 ein Betrag von 850 € verfolgt; er war im Jahr 2016 trotz fehlenden Zahlungseingangs, also nach über 20 Jahren, noch nicht niedergeschlagen worden.


50.2.2 Ausfallleistungen

Sobald die Voraussetzungen für eine Ausfallleistung vorliegen, endet das Rückgriffverfahren. Dies setzt eine ständige Überwachung der Fälle durch die UV-Stellen voraus. Der ORH hat dies geprüft und Folgendes festgestellt:

Von 13 Fällen, in denen die UV-Stellen Kenntnis erhielten, dass der unterhaltspflichtige Elternteil verstorben und kein ausreichender Nachlass bzw. keine ausreichenden Ansprüche gegen Dritte vorhanden waren, stellten sie in 9 Fällen keine Ausfallleistung fest; sie beendeten also das Rückgriffverfahren nicht.

In 45 Fällen war nach Aktenlage der Unterhaltspflichtige trotz Arbeitsbemühungen offensichtlich nicht leistungsfähig. In 21 dieser Fälle hatten die UV-Stellen aber keine Ausfallleistung festgestellt.


50.2.3 Aus- und Fortbildung, fachlicher Austausch

Die Aufgabenwahrnehmung bei den UV-Stellen setzt umfassende und fundierte Fachkenntnisse, insbesondere im materiellen Unterhaltsrecht, im Vollstreckungsrecht, im Verwaltungsrecht, im Sozialrecht, im Haushaltsrecht und im Prozessrecht voraus.[15]

Das Angebot von UVG-Schulungen unter Berücksichtigung der speziellen Aufgabenverteilung in Bayern und Mitwirkung des LfF beschränkte sich bis zum Ende des Erhebungszeitraums auf die jährliche Grund- und Aufbauschulung der Bayerischen Verwaltungsschule (BVS).

Im Laufe der letzten Jahre haben von 95 Sachbearbeitern der 17 geprüften UV-Stellen 54 an der Grundlagenschulung zum UVG bei der BVS teilgenommen.[16] Sechs dieser 17 geprüften UV-Stellen teilten mit, dass neue Sachbearbeiter keinen Platz in der Grundschulung erhalten hätten. Als Kritikpunkt haben 15 der geprüften UV-Stellen, bei denen keine eigenen Schulungen angeboten werden, das geringe fachliche Schulungsangebot über die Grund- und Aufbauschulung hinaus angeführt.

Außerbayerische Anbieter gehen in ihrem Schulungsangebot nicht auf die Aufgabenverteilung in Bayern ein.

Der fachliche Austausch durch Besprechungen auf der Arbeitsebene in den Regierungsbezirken findet unregelmäßig und in großen Zeitabständen statt. Das Sozialministerium nahm an diesen Besprechungen nach den vorgelegten Unterlagen nur 2014 in Oberfranken teil. Im Regierungsbezirk Oberpfalz haben die UV-Stellen jährliche Besprechungen eigeninitiativ organisiert.

Alle örtlich geprüften UV-Stellen antworteten auf die Frage zu Problemen im Vollzug des UVG, dass zeitnahe Informationen zu aktueller Rechtsentwicklung, z.B. im Bereich des Kindergeld- und Ausländerrechts, erforderlich wären. Bislang würden diese erst mit Zeitverzögerung bekanntgegeben. 11 dieser UV-Stellen äußerten, dass regelmäßige Besprechungen zum Erfahrungsaustausch mit dem Sozialministerium, den Regierungen und dem LfF nötig wären, um aktuelle Rechtsänderungen im Verwaltungsvollzug berücksichtigen zu können.


50.3 Würdigung


50.3.1 Rückgriff- und Rückforderungsverfahren

Die Vereinbarung geringer Ratenzahlungen sowohl im Rückgriff- als auch im Rückforderungsverfahren kann langjährige Bearbeitungszeiten bei UVG-Fällen verursachen. Ratenhöhen im Bereich von 5 € vorzusehen, ist nicht wirtschaftlich, da die Überwachung des Geldeingangs und der damit notwendige, oft langjährige Schriftverkehr wertvolle Personalressourcen bindet.

Im Rückgriffverfahren sind gemäß §7 Abs. 3 UVG Forderungen gegenüber Unterhaltspflichtigen rechtzeitig und vollständig nach den Bestimmungen des Haushaltsrechts durchzusetzen. Ein konsequenter Rückgriff soll dabei lt. VwUVG eine wichtige Signalwirkung für die Zahlungsbereitschaft von Unterhaltsschuldnern entfalten. Nach Ansicht des ORH berücksichtigt das zu wenig aktuelle Erkenntnisse zur Wirksamkeit strafrechtlicher Maßnahmen nach §170 StGB (Verletzung der Unterhaltspflicht). Die enge Zusammenarbeit zwischen Staatsanwaltschaft und UV-Stelle kann dazu führen, dass die UV-Fälle zurückgehen bzw. Leistungen schneller eingestellt werden können. Dies zeigt ein Pilotprojekt in einem bayerischen Landgerichtsbezirk.

Der Gesetzgeber hat Wirtschaftlichkeitserwägungen im Rückgriffverfahren seit 1998 durch die mit §7 Abs. 3 Satz 1 UVG eingefügten Hinweise u. a. auf die Niederschlagung nach Haushaltsrecht zugelassen. Mit der Neufassung des UVG in der seit Juli 2017 geltenden Fassung hat der Gesetzgeber in §7a UVG zudem unter dem Aspekt der Vermeidung verwaltungsaufwändiger und unwirtschaftlicher Rückgriffbemühungen für den Sonderfall der vorübergehenden Leistungsunfähigkeit festgelegt, dass auf die Beitreibung von Rückgriffforderungen befristet verzichtet wird.[17]

Der Staat muss nach dem geltenden Haushaltsrecht bei der Durchsetzung seiner Ansprüche auf das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit achten.

Daher schlägt das LfF auf der Grundlage von Art. 7 BayHO und in Einklang mit §7 Abs. 3 Satz 1 UVG Rückgriffforderungen unbefristet aus Wirtschaftlichkeitserwägungen nieder, wenn die Einziehung z. B. wegen dauerhafter Leistungsunfähigkeit des Unterhaltsschuldners keinen Erfolg haben wird oder wenn die Kosten der Einziehung inkl. des Verwaltungsaufwands außer Verhältnis zur Anspruchshöhe stehen. Dennoch hat Bayern seit Jahren die bundesweit mit Abstand höchste Rückgriffquote.[18] Diese erklärt die Staatsregierung mit der zivilgerichtlichen Durchsetzung durch das LfF.[19]

Wenn künftig auch die UV-Stellen Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte - entsprechend der Praxis des LfF - in die Bearbeitung der vorgerichtlichen Rückgriff- und die verwaltungsrechtlichen Rückforderungsverfahren einfließen lassen würden, könnten sie sich mit ihren Ressourcen auf eher erfolgversprechende Fälle fokussieren. Dies erscheint angesichts der zu erwartenden Verdoppelung der Antragszahlen dringend geboten. Eine solche Handhabung würde auch das Personal des LfF entlasten, das andernfalls künftig eine noch deutlich höhere Zahl an zivilgerichtlichen Rückgriffverfahren zu bearbeiten hätte.

Daher sollte das Sozialministerium dafür Sorge tragen, dass die Umsetzung der gesetzlich verankerten Wirtschaftlichkeitserwägungen bei den UV-Stellen stärkere Berücksichtigung findet.


50.3.2 Ausfallleistungen

Bisher legen viele UV-Stellen trotz Kenntnis der Sachverhalte zu spät fest, ob eine Unterhaltsvorschussleistung als Ausfallleistung gewährt wird. Würde dies zum frühestmöglichen Zeitpunkt erfolgen, müssten diese Fälle nicht über viele Jahre mitgeschleppt werden. Damit ließe sich der Arbeitsaufwand deutlich verringern.


50.3.3 Aus- und Fortbildung, fachlicher Austausch

Arbeits- und Orientierungshilfen zum UVG[20] halten ebenso wie die Stellungnahmen im Gesetzgebungsverfahren des Bundestages fachspezifische Weiterbildungen im Unterhaltsvorschussrecht sowie im Unterhalts- und Zivilprozessrecht für unerlässlich. Die Umfragen des ORH zeigten, dass es Defizite bei praxisnahen und fortlaufenden Schulungen gibt. Auch erfahrene Sachbearbeiter der UV-Stellen wiesen darauf hin, dass der regelmäßige Austausch mit dem Sozialministerium, den Regierungen und dem LfF in Form von Workshops, Besprechungen und weiterführenden fachlichen Schulungen zur schnelleren Abwicklung der UVG-Fälle beitragen würde. Dies fand jedoch kaum statt.

Das Sozialministerium hat sich bislang zu wenig um zeitnahe Informationen, regelmäßige Besprechungen und Erfahrungsaustausche sowie ein flächendeckend ausreichendes Fortbildungsangebot gekümmert. All dies wäre jedoch notwendig, damit die Sachbearbeitung bei den UV-Stellen rechtssicher, zügig und ressourcenschonend abgewickelt werden kann. Das Sozialministerium sollte hier entsprechend seiner federführenden Zuständigkeit den Informationsfluss und das Schulungsangebot aktiv steuern.


50.4 Stellungnahme der Verwaltung

Das Sozialministerium prüfe, ob die VwUVG mit Ausführungsbestimmungen zum wirtschaftlichen Personaleinsatz ergänzt werden können und plane, diesen Vorschlag gegebenenfalls bei kommenden Bund-Länder-Tagungen zur Weiterentwicklung der Vollzugshinweise zum UVG einzubringen. Es gibt aber zu bedenken, dass das UVG auch eine erzieherische Funktion gegenüber den Unterhaltspflichtigen habe. Diese „erzieherische“ Funktion gegenüber dem Unterhaltspflichtigen bestehe neben den haushaltsrechtlichen Vorgaben der Art. 7 und 59 BayHO zur Wirtschaftlichkeit, da der Rückgriff auch der langfristigen Sicherung des Kindesunterhalts diene. Auch ein geringer Betrag könne zunächst den Beginn einer Verantwortungsübernahme gegenüber dem Kind darstellen. Es sei im Einzelfall einzuordnen, ob der Wirtschaftlichkeit insbesondere des Personaleinsatzes der Vorzug zu geben sei.

Das Sozialministerium teilte mit, dass die VwUVG in Bayern die allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die zwischen Bund und Ländern abgestimmt werden, übernehmen und auf bayerische Spezifika hin anpassen bzw. ergänzen. Bei der Bewilligung sei bundesweit keine Qualifizierung der Leistung als Unterhaltsvorschuss oder Unterhaltsausfallleistung vorzunehmen, denn zu diesem Zeitpunkt sei häufig noch nicht zu übersehen, ob und in welchem Umfang ein Unterhaltsanspruch des Kindes bestehe und inwieweit Leistungsfähigkeit oder Leistungsunfähigkeit des anderen Elternteils während der gesamten Leistungsdauer bestehe.

Die Ansicht des ORH hinsichtlich der Notwendigkeit qualifizierter Schulungen des UVG-Personals teile das Sozialministerium. Es bestehe ein flächendeckend ausreichendes und breitgefächertes Fortbildungsangebot, vor allem der BVS in Bayern. Die anzusprechenden Themen würden dem Sozialministerium durch das Fortbildungsangebot der BVS frühzeitig bekannt. Neben dem BVS-Fortbildungsangebot gäbe es weitere außerbayerische Anbieter.

Auch die Einschätzung des ORH hinsichtlich der Unentbehrlichkeit des Informationsaustauschs zwischen den UV-Stellen, Regierungen und LfF teile das Sozialministerium. Eine jährliche Besprechung mit den Regierungen und dem Bayerischen Landesjugendamt werde initiiert. Das Sozialministerium sei auf Anregung des ORH mit dem Finanzministerium in Kontakt getreten, um über künftige Austauschformate zu beraten.


50.5 Schlussbemerkung

Nach dem Willen des Gesetzgebers sind auch beim Vollzug des UVG das Haushaltsrecht und damit Wirtschaftlichkeitserwägungen zu berücksichtigen. Dabei hat er dem Grundsatz verwaltungsökonomischen Handelns auch im Bereich des UVG im Jahr 2017 erneut Bedeutung beigemessen. Damit kann bei Rückgriffen nicht nur auf die „erzieherische Funktion“ abgestellt werden, zumal diese auch über strafrechtliche Sanktionen nach §170 StGB erreichbar erscheint.

Allein der zu erwartende Anstieg der Antragszahlen erfordert bereits eine stärkere Fokussierung des Personaleinsatzes und eine wesentlich bessere Aus- und Weiterbildung. Das Sozialministerium sollte hier umgehend konkrete Maßnahmen ergreifen.

 


[1] Gesetz zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder -ausfallleistungen (Unterhaltsvorschussgesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 17.07.2007 (BGBl. I S. 1446) zuletzt geändert durch Art. 23 des Gesetzes zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änd. haushaltsrechtlicher Vorschriften vom 14.08.2017 (BGBl. I S. 3122).
[2] § 5 Abs. 1 UVG.
[3] § 7 UVG.
[4] Der ORH hat zuvor im ORH-Bericht 2006 TNr. 35 dem Landtag über die möglichen Verfahrensvereinfachungen beim UVG berichtet.
[5] Auswertung des Erhebungsbogens „örtliche Erhebungen: Einzelfallprüfung“: 254 Fälle (34 %) mit laufender Leistungsgewährung, 480 Fälle (65 %) mit abgeschlossener Leistungsgewährung, 10 Fälle (1 %) noch nicht entschieden oder Antragsrücknahme.
[6] Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Richtlinien zur Durchführung des UVG in der ab 01.01.2016 geltenden Fassung, neuere Fassung im Prüfungszeitraum noch nicht vorhanden; Bayerisches Staatsministerium für Familien, Arbeit und Soziales: Verwaltungsvorschriften zur Durchführung des UVG in der ab 01.01.2016 geltenden Fassung (VwUVG 2016, AMS vom 01.04.2016 Gz. II 1/6551.06-1/42) sowie in der ab 01.01.2018 geltenden Fassung (VwUVG 2018, AMS vom 03.01.2018 Gz. II1/6551.06-1/44
[7] Art. 62 AGSG.
[8] Art. 62 Satz 2 AGSG i.V.m. Art. 96, 101 LKrO bzw. Art. 110 Satz 2, 115 GO.
[9] § 2 Abs. 8 Verordnung über die gerichtliche Vertretung des Freistaates Bayern (VertrV); VwUVG Nr. 13.8.
[10] BT-Drs. 13/7338 vom 25.03.1997, Nr. 3 Buchst. b.
[11] § 3 UVG in der Fassung der Bek. vom 17.07.2007 (BGBl. I S. 1446), aufgehoben mit Wirkung vom 01.07.2017 durch Art. 23 Nr. 3 des Gesetzes zur Neuregelung des bundestaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änd. haushaltsrechtlicher Vorschriften vom 14.08.2017 (BGBl. I S. 3122).
[12] Zum Beispiel: Schriftliche Stellungnahmen zur öffentlichen Anhörung des Haushaltsausschusses am 06.03.2017, S. 6, Deutscher Städtetag (http://www.portal-sozialpolitik.de/recht/gesetzgebung/gesetzgebung-18-wahlperiode/unterhaltsvorschuss-ausweitung, abgerufen am 01.08.2018).
[13] Art. 83, 84 Abs. 1 GG.
[14] 3.686 Fälle waren unerledigt aufgrund fehlender Unterlagen.
[15] Ziegler, Wilfried: Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2030 und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschriften (hier: Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes)
BT-Drs. 18/11135 u. a. (http://www.portal-sozialpolitik.de/recht/gesetzgebung/gesetzgebung-18-wahlperiode/unterhaltsvorschussausweitung, abgerufen am 01.08.2018).
[16] Ausnahmen: Städte München und Augsburg, diese führen eigene Schulungen durch.
[17] Vgl. BT-Drs. 18/12589 S.  58 und 18/11135 S. 163.
[18] Die Rückgriffquote errechnet sich aus dem Verhältnis der tatsächlichen UVG-Leistungen zu den Rückzahlungen der Unterhaltsschuldner nach § 7 UVG pro Haushaltsjahr. BT-Drs. 18/5888 S. 6 (Rückgriffquote Bund und Bayern 2005 bis 2014). BT-Drs. 18/7700 S. 3 - Bundesquote 2015: 23 %; LT-Drs. 17/15293, Anl. 2a: Bayerische Quote 2015: 36 %.
[19] Pressemitteilung der bayerischen Familienministerin Müller vom 03.08.2015 (http://www.stmas.bayern.de/presse/pm1508-185.php, abgerufen am 01.08.2018). Götz, Gerald [Landesamt für Finanzen]: Vorbereitende Stellungnahme zum Thema „Unterhaltsvorschuss“ zur Öffentlichen Anhörung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestags vom 06.03.2017 (http://www.portal-sozialpolitik.de/recht/gesetzgebung/gesetzgebung-18-wahlperiode/unterhaltsvorschuss-ausweitung, abgerufen am 01.08.2018).
[20] Arbeitsgruppe UVG: Empfehlungen; Arbeits- und Orientierungshilfen zur Prozessoptimierung im UVG, Mai 2015, (http://www.potsdam-mittelmark.de/fileadmin/extern/uvgempfehlung0715.pdf, abgerufen am 18.02.2019).