Jahresbericht 2019

TNr. 44: Staatliche Lotterieverwaltung

Ausgefüllter Lottoschein; Bild: M. Schuppich - stock.adobe.com
Dem Freistaat ist im Länderfinanzausgleich ein finanzieller Nachteil von 2,2Mio.€ entstanden. Ursache hierfür ist, dass 2008 eine Zahlung der Staatlichen Lotterieverwaltung von 4,0Mio.€ im Rahmen der Lotteriesteuerfestsetzung nicht berücksichtigt wurde. Der ORH empfiehlt, umgehend zu klären, ob der dem Freistaat entstandene finanzielle Nachteil noch ausgeglichen werden kann.

Der ORH hat 2018 das Verfahren zur Begleichung der Lotteriesteuer an das FA durch die Staatliche Lotterieverwaltung (Lotterieverwaltung) geprüft. Schwerpunkt der Prüfung war eine im Januar 2008 geleistete Abschlagszahlung der Lotterieverwaltung von 4,0 Mio.  €, die das FA im Rahmen der anschließenden Lotteriesteuerfestsetzung nicht berücksichtigt hat.


44.1 Ausgangslage


44.1.1 Staatliche Lotterieverwaltung

Jedes Land hat die ordnungsrechtliche Aufgabe, ein ausreichendes Glücksspielangebot sicherzustellen.[1] In Bayern übernimmt die Lotterieverwaltung diese Aufgabe.

Die Lotterieverwaltung ist ein nach Art. 26 BayHO kaufmännisch eingerichteter Staatsbetrieb. Oberste Aufsichtsbehörde ist das Finanzministerium.


44.1.2 Lotteriesteuer und Länderfinanzausgleich

Die Lotteriesteuer ist eine durch Bundesgesetz geregelte Steuer. Ihre Verwaltung obliegt den Ländern, denen auch die Steuereinnahmen zustehen. Steuerschuldner ist die Lotterieverwaltung als Veranstalterin von Lotterien, die die Lotteriesteuer an das FA abführt.

Die Lotterieverwaltung zeigt ihre Umsätze aus den von ihr veranstalteten Lotterien monatlich dem FA an. Dieses berechnet aus den gemeldeten Umsätzen die Lotteriesteuer und erlässt die Steuerbescheide gegenüber der Lotterieverwaltung.

Vorauszahlungen auf die Lotteriesteuer sind nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz bzw. den Ausführungsbestimmungen hierzu nicht geregelt.

Die Lotteriesteuer wird als Landessteuer beim Länderfinanzausgleich als Einnahme des Freistaates berücksichtigt. Sie hat somit Einfluss auf die Höhe der Zahlungen des Freistaates im Rahmen des Länderfinanzausgleichs. Höhere Einnahmen bei der Lotteriesteuer bedeuten für den Freistaat als Geberland höhere Zahlungen in den Länderfinanzausgleich.

Für die Steuerverwaltung und für Angelegenheiten des Länderfinanzausgleichs ist das Finanzministerium zuständig.


44.2 Feststellungen

Die Lotterieverwaltung stellte bei den Arbeiten im Vorfeld des Jahresabschlusses 2015 im April 2016 fest, dass das FA eine im Januar 2008 geleistete Zahlung der Lotterieverwaltung von 4,0 Mio. € bei der Lotteriesteuerfestsetzung nicht berücksichtigt hatte. Damit bezahlte die Lotterieverwaltung für Januar 2008 4,0 Mio. € zu viel Lotteriesteuer.

Da diese Zahlung als Steuereinnahme im Staatshaushalt erfasst wurde, entstand dem Freistaat im Länderfinanzausgleich ein finanzieller Nachteil von 2,2 Mio. €.

Die Lotterieverwaltung leistete seit 1993 wöchentlich eine Abschlagszahlung auf die zu erwartende Lotteriesteuer für alle Lotteriearten (z.B. Lotto 6 aus 49, Spiel 77). Nach den Feststellungen des ORH beruhten die wöchentlichen Abschlagszahlungen auf einer Anordnung des Finanzministeriums. Die Haushaltsabteilung des Finanzministeriums ordnete damals ausdrücklich Abschlagszahlungen zur Verbesserung der Liquiditätsplanung des Staatshaushalts an, insbesondere um Zinszahlungen für kurzfristige Kassenkredite zu vermeiden. Die Lotterieverwaltung konnte danach die Höhe der wöchentlichen Abschlagszahlungen in eigener Zuständigkeit auf ihre Angemessenheit überprüfen und erforderlichenfalls anpassen. So hatte die Lotterieverwaltung 2008 die Höhe der Abschlagszahlung mehrfach geändert.

Die Finanzkasse des FA führte für die einzelnen Lotteriearten jeweils ein separates Steuerkonto mit eigener Steuernummer. Die wöchentlichen Abschlagszahlungen wurden bei der Finanzkasse haushaltswirksam vereinnahmt und vorübergehend auf ein Sachkonto Lotteriesteuer gebucht. Mangels konkreter Aufteilung konnte zum Zeitpunkt des Zahlungseingangs die jeweilige Abschlagszahlung noch nicht verursachungsgerecht direkt auf die betreffenden Steuerkonten der einzelnen Lotteriearten gebucht werden.

Auf Grundlage der monatlichen Anzeige der Lotterieumsätze der Lotterieverwaltung setzte das FA die Höhe der für den jeweiligen Kalendermonat zu entrichtenden Lotteriesteuer fest. Dabei wurden in der Gesamtabrechnung des FA an die Lotterieverwaltung die geleisteten Abschlagszahlungen angerechnet. Anschließend wurden diese entsprechend der Lotteriesteuerfestsetzung auf die jeweiligen Steuerkonten der einzelnen Lotteriearten umgebucht.

Die Finanzkasse zeichnete die geleisteten Abschlagszahlungen handschriftlich auf und teilte diese der fachlich zuständigen Abteilung des FA telefonisch mit. In der Gesamtabrechnung an die Lotterieverwaltung erschien lediglich die monatliche Gesamtsumme der Abschlagszahlungen, Angaben zu den einzelnen Zahlungen bzw. Zahlungsdaten waren nicht enthalten.

Die Aufarbeitung des Sachverhalts veranlasste die beteiligten Stellen, den Verfahrensablauf zu verbessern. Der ORH hat im Rahmen seiner Prüfung weiter angeregt, das Verfahren auf monatliche Steueranmeldungen umzustellen, um so das Verfahren zu vereinfachen und die Verfahrenssicherheit zu erhöhen. Das Finanzministerium hat mitgeteilt, dass die Beteiligten die Anregung aufgenommen und angekündigt hätten, das Verfahren ab Oktober 2018 umzustellen.

Darüber hinaus stellte die Lotterieverwaltung im Februar 2017 gegenüber den zuständigen Steuerbehörden[2] einen Antrag auf Berichtigung der Gesamtabrechnung und Erstattung der zu viel entrichteten Lotteriesteuer von 4,0 Mio. €.[3] Die Steuerbehörden lehnten den Antrag ab. In dieses Verfahren wurde u. a. nicht einbezogen, dass die Abschlagszahlungen nicht von der hierfür im Steuerverfahren zuständigen Behörde, sondern von der Haushaltsabteilung des Finanzministeriums zur Verbesserung der Liquiditätsplanung des Staates angeordnet wurden. Die Lotterieverwaltung hat im August 2018 Einspruch eingelegt.


44.3 Würdigung

Das Verfahren zur Begleichung der Lotteriesteuer hat sich als fehleranfällig erwiesen. Der ORH hält die angekündigte Umstellung des Verfahrens auf monatliche Steueranmeldungen für sachgerecht.

Das FA hat eine Zahlung der Lotterieverwaltung von 4,0 Mio. € bei der Lotteriesteuerfestsetzung nicht berücksichtigt. Wäre bei Berücksichtigung aller relevanten Aspekte eine Anrechnung dieser Zahlung auf eine künftige Lotteriesteuerschuld der Lotterieverwaltung noch möglich, könnte der dem Freistaat entstandene finanzielle Nachteil von 2,2 Mio. € kompensiert werden.


44.4 Stellungnahme der Verwaltung

Steuerverwaltung und Lotterieverwaltung seien der Anregung des ORH zur Umstellung des Verfahrens bei der Steueranmeldung gefolgt. Damit sei sichergestellt, dass ein entsprechender Fehler bei der Anrechnung der Lotteriesteuer nicht mehr passieren könne.

Die Frage, ob die im Jahr 2008 geleistete, aber bisher unberücksichtigte Abschlagszahlung auf die Lotteriesteuer heute noch angerechnet oder erstattet werden könne, sei zwischen dem zuständigen FA und der Lotterieverwaltung strittig. Eine Verständigung über zweifelhafte Rechtsfragen sei wegen des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht zulässig. Eine Klärung könne daher nur vor den Finanzgerichten erfolgen.

Soweit die Finanzgerichte die Zahlung für anrechenbar halten sollten, würde dem Freistaat kein Nachteil im Länderfinanzausgleich verbleiben.


4.5 Schlussbemerkung

Dem Freistaat ist im Länderfinanzausgleich ein finanzieller Nachteil von 2,2 Mio. € entstanden.

Durch die Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen erfolgt der Finanzkraftausgleich unter den Ländern ab dem Jahr 2020 durch Zu- und Abschläge bei der Umsatzsteuerverteilung auf der Einnahmenseite. Nach Auffassung des ORH ist zweifelhaft, ob der dem Freistaat entstandene Nachteil dann noch kompensiert werden kann.

Der ORH hält die Auffassung des Finanzministeriums für fraglich, dass eine Klärung nur noch gerichtlich erfolgen könne, da zunächst über den Einspruch zu entscheiden ist. Er empfiehlt jedenfalls, die Klärung umgehend voranzutreiben.

 


[1] § 10 Abs. 1 Glücksspielstaatsvertrag vom 15.12.2011 (GVBl. 2012 S  318, 319, 392).
[2] Finanzamt und Bayerisches Landesamt für Steuern.
[3] § 129 AO, § 37 Abs. 2 AO.