Jahresbericht 2019

TNr. 45: Teilung der Versorgungslasten

Jobwechsel; Bild: magele-picture - stock.adobe.com
Wechselt ein Beamter seinen Dienstherrn, sind seine Versorgungslasten grundsätzlich aufzuteilen. Dadurch können im Einzelfall hohe Abfindungsansprüche für den Freistaat entstehen. Diese beliefen sich allein bei 41 Fällen auf ca. 3,2Mio.€. Der ORH empfiehlt dringend, eine vollständige und zeitnahe Bearbeitung von Abfindungsfällen sicherzustellen.

Der ORH hat 2017 zusammen mit dem Staatlichen Rechnungsprüfungsamt Regensburg beim Landesamt für Finanzen (LfF) geprüft, ob die Teilung der Versorgungslasten bei einem Dienstherrnwechsel ordnungsgemäß erfolgt. Dabei hat er auch nachgeprüft, ob das Finanzministerium die angekündigten Verbesserungen nach der erstmaligen Prüfung und die Empfehlungen aus dem ORH-Bericht 2015 umgesetzt hat.[1]


45.1 Ausgangslage

Beamte können im Dienst des Bundes sowie von Ländern, Gemeinden, Gemeindeverbänden oder von sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts (Dienstherrn) stehen.

Wechselt ein Beamter den Dienstherrn, sind die Versorgungslasten zwischen dem abgebenden und dem aufnehmenden Dienstherrn in der Regel aufzuteilen. Bei Dienstherrnwechseln zwischen Bund und Ländern bzw. verschiedenen Ländern regelt dies der Staatsvertrag über die Verteilung von Versorgungslasten (Versorgungslastenteilungs-Staatsvertrag - VLT-StV).[2] Für Dienstherrnwechsel innerhalb Bayerns (z.B. von einer Gemeinde zum Freistaat) gilt eine weitgehend inhaltsgleiche Regelung im BayBeamtVG.[3]

Die Versorgungslasten werden aufgeteilt, indem der abgebende Dienstherr innerhalb von sechs Monaten nach dem Personalwechsel an den neuen Dienstherrn die Abfindung zu entrichten hat.[4] Die Höhe der Abfindung richtet sich im Wesentlichen nach der Dienstzeit, die der Beamte beim früheren Dienstherrn zurückgelegt hat. Die Abfindungsansprüche erlöschen bzw. verjähren nach drei Jahren.[5]

Für Beamte, die vor Inkrafttreten des VLT-StV (01.01.2011) bundes- bzw. länderübergreifend den Dienstherrn gewechselt haben, wird die Abfindungszahlung erst bei Ruhestandsbeginn festgesetzt[6]


45.2 Prüfungsgegenstand

Alle Tätigkeiten, die mit Einnahme und Auszahlung von Abfindungen zusammenhängen, hat das LfF in einer zentralen Arbeitsgruppe an der Dienststelle München gebündelt. Die wesentlichen Aufgaben der Arbeitsgruppe sind die Abfindungen festzusetzen, die der Freistaat zu leisten hat (Personalabgänge), sowie die Abfindungen und Eingänge zu überprüfen und zu überwachen, die die abgebenden Dienstherrn an den Freistaat zahlen müssen (Personalzugänge).

Die Prüfung des ORH beschränkte sich darauf, ob die Abfindungen nach Personalzugängen von anderen Dienstherren eingenommen wurden. Hierfür war wesentlich, ob die Arbeitsgruppe über alle abfindungsrelevanten Personalzugänge informiert war. Untersucht wurde auch, inwieweit die personalverwaltenden Stellen bzw. die Bezügestellen Versorgung des LfF die erforderlichen Informationen vollständig an die Arbeitsgruppe übermittelt hatten. Dabei wurde nachgeprüft, ob die Verwaltung ihre Zusagen aus 2014 anlässlich der damaligen Prüfung des ORH eingehalten hat, den Informationsfluss zwischen personalverwaltenden Stellen und Arbeitsgruppe zu verbessern.[7]


45.3 Feststellungen

Zunächst hat der ORH festgestellt, dass die Verwaltung bis zum Beginn der örtlichen Erhebungen im November 2017 ihre Zusagen aus 2014 nicht eingehalten hat. Insbesondere wurden die zugesicherten Verbesserungen zur Übermittlung von Informationen über abfindungsrelevante Personalzugänge im Abrechnungsverfahren VIVA[8] nicht realisiert. Daher ist nach wie vor nicht sichergestellt, dass die zuständige Arbeitsgruppe sämtliche Informationen erhält, die für eine lückenlose Überwachung der zu vereinnahmenden Abfindungen anderer Dienstherren erforderlich sind.

Weiter hat der ORH 404 Fälle untersucht, bei denen nicht ausgeschlossen werden konnte, dass ein nicht oder nur unzureichend geltend gemachter Abfindungsanspruch des Freistaates vorliegen könnte.

219 der untersuchten Fälle waren dem LfF bekannt, wurden bereits bearbeitet oder waren mit gezahlten Abfindungen abgeschlossen.

Bei vier Fällen hat der ORH die Arbeitsgruppe gebeten, die Voraussetzungen für eine Versorgungslastenteilung erneut zu überprüfen. In einem Fall hat das LfF inzwischen veranlasst, dass die ursprünglich fehlerhafte Entscheidung korrigiert wird. Die Einnahmen für den Freistaat lassen sich noch nicht beziffern.

Von 181 Fällen hat die Arbeitsgruppe jedoch erstmalig durch die Prüfung des ORH Kenntnis erhalten. Der ORH hat der Arbeitsgruppe des LfF empfohlen, die 181 Fälle weitergehend zu überprüfen. Unter Berücksichtigung der Stellungnahme des LfF vom 19.12.2018 ergab sich Folgendes:

  • Bei 108 Personalzugängen besteht kein Abfindungsanspruch des Freistaates.
  • Bei 25 Personalzugängen ist möglicherweise ein Abfindungsanspruch gegeben, die Ermittlungen des LfF sind aber noch nicht abgeschlossen.
  • Bei 48 Personalzugängen besteht ein Abfindungsanspruch des Freistaates.

Von den 48 Personalzugängen, für die ein Abfindungsanspruch festgestellt wurde, konnte das LfF bisher 41 Fälle abschließend bearbeiten. Diese führten zu Einnahmen von 3,2 Mio. €. Dieses Ergebnis wird sich nach Abarbeitung aller Fälle noch erhöhen.


45.4 Würdigung

Die Abfindungsansprüche, die bei der Teilung von Versorgungslasten entstehen, haben in diesem Zusammenhang erhebliche finanzielle Bedeutung. Das Finanzministerium sollte mit dem LfF sicherstellen, dass alle Ansprüche, die der ORH bei seiner Prüfung aufgezeigt hat, und auch künftige Ansprüche lückenlos und zeitnah realisiert werden können.

Dazu sollte das Finanzministerium die technischen Maßnahmen nunmehr rasch umsetzen, die es 2014 nach der Prüfung des ORH zugesichert hatte. Dadurch lassen sich die auch bei dieser Prüfung des ORH wieder aufgezeigten Informationsverluste verhindern, sodass Lücken bei der Festsetzung und Überwachung von Abfindungsansprüchen des Freistaates nicht entstehen können.


45.5 Stellungnahme der Verwaltung

Das Finanzministerium wies darauf hin, bei den 181 Fällen, die dem LfF erstmals durch die Prüfung des ORH bekannt geworden seien, hätten die abgebenden Dienstherrn die Anzeige- und Zahlungsfristen zum Teil noch nicht überschritten. Daher könne nach den Erfahrungen des LfF davon ausgegangen werden, dass eine Vielzahl der Fälle noch rechtzeitig mitgeteilt worden wäre.

Das LfF werte jährlich aus, ob ein Abfindungsanspruch bestehen könne. Eine verbesserte Zugriffsmöglichkeit (wie 2014 zugesagt) habe aufgrund vordringlicher Aufgaben noch nicht installiert werden können. Dies solle bis zum Ende des 1. Quartals 2019 nachgeholt werden.

Das Finanzministerium sicherte zu, die Ressorts erneut an die Regelungen zur Versorgungslastenteilung zu erinnern.


45.6 Schlussbemerkung

Aufgrund der finanziellen Bedeutung der Abfindungsbeträge empfiehlt der ORH dringend, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um eine vollständige und zeitnahe Bearbeitung aller Abfindungsfälle sicherzustellen.

Zum Prüfungszeitpunkt waren bei 125 der 181 Fälle die Anzeige- und Zahlungsfristen bereits deutlich verstrichen. Im Hinblick darauf kann aus Sicht des ORH nicht davon ausgegangen werden, dass in einer Vielzahl der Fälle die Mitteilung über den Dienstherrnwechsel noch rechtzeitig erfolgt wäre.

Hinsichtlich der Forderungen des ORH hat das Finanzministerium erneut angekündigt, technische Maßnahmen nunmehr rasch umsetzen zu wollen.

 


[1] Vgl. ORH-Bericht 2015 TNr. 35.
[2] VLT-StV vom 16.12.2009 und 26.01.2010, GVBl. 2010 S. 206.
[3] Art. 94 ff. BayBeamtVG, GVBl. 2010 S. 410, 528.
[4] § 8 Abs. 2 Satz 1 VLT-StV, Art. 99 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG.
[5] § 195 BGB bzw. Art. 71 AGBGB.
[6] Schwebefälle nach § 11 VLT-StV; Dienstherrnwechsel vor dem 01.01.2011.
[7] Vgl. ORH-Bericht 2015 TNr. 35.5.
[8] Vollintegriertes Verfahren komplexer Anwendungen.