Jahresbericht 2019

TNr. 46: Einsatz von Projektträgern bei der Förderabwicklung

Meeting; Bild: ijeab - stock.adobe.com
2009 bis 2015 gab das Ministerium für die Abwicklung von Förderprogrammen durch Dritte (Projektträger) 29,5Mio.€ aus, ohne Untersuchungen unter Einbeziehung verwaltungsinterner Lösungen zu dokumentieren.

Der ORH empfiehlt, die Ausgaben für Projektträgerleistungen in den Erläuterungen im Haushaltsplan offenzulegen. Bei neuen oder fortgesetzten Förderprogrammen ist dokumentiert darzulegen, ob die Förderung innerhalb oder außerhalb der Verwaltung besser und wirtschaftlicher abgewickelt werden kann.

Der ORH hat 2016/2017 eine Querschnittsuntersuchung zu den Projektträgerverträgen (PT-Verträgen) im Zuständigkeitsbereich des Wirtschaftsministeriums durchgeführt. Ziel der Prüfung war es, einen Überblick über Anzahl und Ausgestaltung der Verträge und die dadurch entstandenen Ausgaben zu erhalten. Prüfungsmaßstab war die wirtschaftliche und sparsame Verwendung der Haushaltsmittel (Art. 6 und 7 BayHO). Vergaben wurden nicht geprüft.


46.1 Ausgangslage

Das Wirtschaftsministerium wickelt einzelne Programme mit Projektträgern (PT) ab. Diese erledigen wissenschaftlich-technische und verwaltungsmäßige Arbeiten im Rahmen der Projektförderung. Aufgabe ist meist die fachliche und administrative Beratung der Antragsteller, die Vorbereitung von Förderentscheidungen sowie die Projektbegleitung und (sofern vorhanden) die Erfolgskontrolle; zum Teil wird in ihre Hände auch die Entscheidung über die Förderung gelegt. Sie sind entweder öffentlich-rechtlich (z.B. Universität) oder privatrechtlich (z.B. GmbH) organisiert. Letztere können hoheitliche Aufgaben (z.B. die Bescheiderstellung) nur erfüllen, wenn ihnen die Befugnis zur Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben mittels Beleihung übertragen wurde.


46.2 Feststellungen

19 der insgesamt 40 Förderprogramme im Zuständigkeitsbereich des Wirtschaftsministeriums (zwei davon im Bereich Medien[1] ) wurden 2009 bis 2015 mit 6 verschiedenen PT durchgeführt.

In diesem Zeitraum wurden an die PT Ausgaben von 29,5 Mio. € (25,1 Mio. € ohne Medien) aus den im Sachhaushalt ausgewiesenen Fördermitteln geleistet. Sie waren im Haushaltsplan nicht gesondert erläutert.

Die PT-Verträge, deren rechtliche Ausgestaltung und die Ausgaben hierfür wurden zum Zeitpunkt der Prüfung im Wirtschaftsministerium nicht zentral erfasst. Aggregierte Zahlen waren im Wirtschaftsministerium nicht vorhanden. Eine Evaluation des Einsatzes von PT erfolgte bislang nicht.


46.2.1 Vertragsabschluss

Die Entscheidung, einen PT hinzuzuziehen, traf das jeweilige Fachreferat in Abstimmung mit der Abteilungsleitung. Das Haushalts- und das Vergabereferat zeichneten die Vorgänge mit.

Nähere Überlegungen, unter Einbeziehung von Kosten, die auch alternative Verwaltungslösungen berücksichtigten (z.B. Abwicklung der Förderung ganz oder in Teilen durch die Regierungen), wurden nicht dokumentiert. Jedes Referat verhandelte in eigener Zuständigkeit mit den PT.

In einem Fall begründete das Wirtschaftsministerium gegenüber dem ORH die Vergabe an einen externen PT mit fehlender fachlicher Expertise im Ressort. Das Wirtschaftsministerium hatte dieses Förderprogramm in den Vorjahren gemeinsam mit den Regierungen fachlich betreut und administrativ vollzogen. Mit der Neuregelung wurde die Prüfung der Verwendungsnachweise von den Regierungen auf den PT verlagert; bewilligende und auszahlende Stelle blieb das Ministerium. Geprüft wurde in diesem Fall auch nicht, ob ein anderer PT, der bereits staatliche Mittel erhielt, die weitere Abwicklung dieses Förderprogramms ohne oder mit geringer zusätzlicher Bezahlung hätte übernehmen können. Als Kosten für den zusätzlichen PT fielen bis zu 50.000 € pro Monat an.


46.2.2 Vertragsdokumentation, -ausgestaltung und -erfüllung

Seit 2014 ist eine Universität als PT für das Wirtschaftsministerium tätig. 2014 wurden Beträge von 11.552€ und 2015 von 33.559€ ausgezahlt. Eine schriftliche Vereinbarung für die Betreuung des Förderprogramms existierte nicht.

In einem weiteren Fall endete der PT-Vertrag zum 31.08.2008; der Folgevertrag wurde erst im November/Dezember 2009 abgeschlossen. Die Leistungsabrechnung erfolgte ohne zugrunde liegende schriftliche Vereinbarung.

In Einzelfällen ließen PT-Verträge die genauen Pflichten von PT offen, wie z.B. eine Pflicht zur Überprüfung der Personaleingruppierung etwa nach TV-L beim Förderempfänger. Dieser für die Förderung bedeutsame Punkt wurde weder vom Ministerium noch vom PT beachtet.

In einem weiteren Fall regelte der PT-Vertrag die abschließende bzw. inhaltliche Prüfung der Verwendungsnachweise nicht. Nach Angaben des Ministeriums sei die inhaltliche Verwendungsnachweisprüfung explizit ausgenommen gewesen; tatsächlich erledigte sie der PT.

Die PT wurden auf Grundlage von Verträgen unterschiedlicher Art eingebunden: Geschäftsbesorgungsverträge, ein Zuwendungsvertrag mit institutioneller Förderung des PT und ein Beleihungsvertrag.

Ein sog. Projektträgerhandbuch des Ministeriums konkretisierte u.a. die definierten Aufgaben und die Zuständigkeiten. Allerdings wurde das Handbuch nur für zwei PT entwickelt und zudem nur für einige der von diesen betreuten Programme. Nur im Falle eines PT wurde es in den Vertrag einbezogen und damit verbindlich.


46.2.3 Personalkosten der PT

In zahlreichen PT-Verträgen war die Vergütung nicht eindeutig vereinbart: Vorgesehen war ein Selbstkostenerstattungspreis bis zu einem Höchstbetrag, der sich am "Zuwendungsvolumen“ orientierte. Nicht geregelt war, ob dafür das eingeplante, das bewilligte oder das ausgereichte Zuwendungsvolumen maßgeblich war. Zwischen eingeplanten und tatsächlich bewilligten Mitteln können sich erhebliche Unterschiede ergeben, da viele der Förderprogramme gegenseitig deckungsfähig sind und so die Mittel anders als geplant eingesetzt werden können.

In einem Fall wurden die für ein (inhaltlich unverändertes) Förderprogramm zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel von durchschnittlich 2,0 Mio. € pro Jahr (2009 bis 2014) auf 1,0 Mio. € pro Jahr (2017/2018) gekürzt. Gleichzeitig wurde der Kostenersatz für den PT von 35.000 € pro Jahr (2015/2016) auf 50.000 € pro Jahr (2017/2018) erhöht.

Der größte Kostenblock bei den PT, die Personalkosten, war in der Abrechnung in den seltensten Fällen nach Eingruppierung und Stundenanzahl aufgegliedert. Eine Plausibilitätsprüfung der Rechnung durch das Ministerium war folglich nicht möglich. Die vertraglich vorgesehene Höchstbetragsberechnung war nur in Einzelfällen Teil der Abrechnung; in einem Fall war nur ein Gesamtbetrag ausgewiesen. Das Ministerium forderte keine nachvollziehbare Rechnungslegung ein.

In einem Fall wies das Ministerium den PT bei Verlängerung des Vertrags darauf hin, dass der Aufwand, inklusive der Personalkosten, über die Regelung der institutionellen Förderung im Zuwendungsvertrag gedeckt sei. Dennoch wurden darüber hinaus 5,0 % der Bewilligungssumme an den PT bezahlt.


46.2.4 Einbeziehung Dritter durch PT

Nahezu alle PT-Verträge ließen die Hinzuziehung von "Sachverständigen, insbesondere als Berater, Gutachter oder Projektbegleiter“ zu. Dafür sahen die PT-Verträge in der Regel eine vorherige Zustimmung durch das Wirtschaftsministerium vor; sie konnte auch generell erteilt werden. Dabei erfolgte die "Berufung von Beratungsgremien und die Beauftragung von einzelnen Sachverständigen durch den PT […] im Namen und auf Rechnung des StMWi“.

Ein PT beauftragte 2015 47-mal externe Gutachter (für 68.000 €). Eine Zustimmung des Wirtschaftsministeriums konnte nicht vorgelegt werden.

Aus den Abrechnungen waren die Gutachterkosten in der Regel nicht ersichtlich. Diese waren nach Auskunft meist in den "sonstigen (Projekt-)Kosten“ enthalten.


46.3 Würdigung

Da die Ausgaben für die PT zulasten der jeweiligen Haushaltstitel gehen, empfiehlt der ORH, diese aus Gründen der Transparenz in den Erläuterungen auszuweisen. Nur so wird deutlich, welcher Anteil der für eine Aufgabe bewilligten Mittel für die Abwicklung durch Dritte ausgegeben wird.

Im Prüfungszeitraum (2009 bis 2015) wurden 29,5 Mio. € aus dem Sachhaushalt für PT ausgegeben. Das entspricht überschlägig der Bezahlung von 39 Vollzeitbeschäftigten entsprechend A13 oder E13 über sieben Jahre.

Nach Art. 7 Abs. 1 Satz 2 BayHO sind Aufgaben und Einrichtungen in geeigneten Fällen darauf zu untersuchen, ob und in welchem Umfang die Tätigkeit durch nichtstaatliche Stellen, insbesondere durch private Dritte oder unter Heranziehung Dritter, ebenso gut oder besser erledigt werden kann. Der ORH hält daher die Prüfung alternativer Lösungen zur Förderabwicklung innerhalb oder außerhalb der Verwaltung vor Einschaltung eines PT für unverzichtbar. Der Einsatz eines fachlich qualifizierten PT muss zudem entsprechend begründet werden.

Vergütungen ohne Rechtsgrundlage, wie sie wiederholt feststellbar waren, sind nicht zulässig.

Eine wirkungsvolle und wirtschaftliche Verwaltung erfordert klare und weitestgehend einheitliche Regelungen (z.B. durch ein Projektträgerhandbuch) und deren konsequente Beachtung.

Bei Rechnungslegung durch die PT und Rechnungsprüfung durch das Ministerium besteht erheblicher Nachbesserungsbedarf. Vor allem ist eine genaue kostenbezogene Regelung für die Aufwandserstattung an die PT notwendig. Einzufordern ist eine nachvollziehbare Rechnungslegung, wie sie in den PT-Verträgen festgelegt ist.

Beim Zukauf von (weiterem) Spezialwissen durch die PT darf auf die vorherige Zustimmung des Wirtschaftsministeriums nicht verzichtet werden, damit dies die Ausnahme bleibt.


46.4 Stellungnahme der Verwaltung

Vor jeder Einschaltung eines PT werde eine verwaltungsinterne Abwicklung geprüft. Scheitere diese jedoch mangels Spezialkenntnissen oder an nicht ausreichend vorhandenen Kapazitäten und könnten diese auch nicht rechtzeitig aufgebaut werden, würde regelmäßig im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung ein PT beauftragt. Im Übrigen stünde die Beauftragung von PT im Einklang mit Ziffer 5.1 der Fördergrundsätze[2], durch die Einschaltung nichtstaatlicher Stellen das Förderverfahren zu vereinfachen. Ohne Einschaltung der PT hätten die Förderprogramme nicht durchgeführt werden können. Die PT hätten die Technologie-Programme aus Sicht des Zuwendungsgebers und der Zuwendungsempfänger grundsätzlich effizient und wirtschaftlich abgewickelt. Erst durch die mit dem Doppelhaushalt 2017/2018 (Kap. 07 02 Tit. 428 13) geschaffene Möglichkeit, zur Programmabwicklung Arbeitnehmer befristet einzustellen, stelle sich die Abwicklung eines neuen Förderprogramms durch die Regierungen auch wieder als eine realistische Alternative dar. In der Folge sei den Regierungen der Fördervollzug des Digitalbonus und des 10.000-Häuser-Programms übertragen worden. Ebenso würde das anstehende Mobilfunkprogramm durch die Regierungen übernommen.

Die vereinzelten Unstimmigkeiten, zu denen es unstreitig gekommen sei, würden soweit möglich schon in der aktuellen Abwicklung und im Rahmen künftiger Gestaltungen der Verträge behoben.

Der dargestellte Ausgleich von Personalkosten über eine institutionelle Förderung und weitere Zahlungen beruhe auf missverständlichen Ausführungen des Wirtschaftsministeriums. Anfang 2015 sei die Vergütung geändert worden; es werde nur noch der tatsächlich entstandene Vollzugsaufwand erstattet.

Expertenwissen für Spezialthemen vorzuhalten, sei nicht immer und für jeden PT möglich; allerdings werde bereits seit 2016 auf eine standardmäßige Vergabe von Gutachten speziell bei der Abwicklung von zwei Förderprogrammen verzichtet. Lediglich in begründeten Einzelfällen sei die Unterbeauftragung von Gutachtern weiterhin möglich.

Zwar sei in der Lesart des Ministeriums die Bezugsgröße für die Höchstbetragsberechnung immer die "bewilligte Zuwendungssumme“; dennoch werde bei einer künftigen Neuvergabe eine eindeutige Formulierung gewählt.

Außerdem sollen ab dem Doppelhaushalt 2019/2020 Erläuterungen zu den PT-Verträgen in den Einzelplan 07 aufgenommen werden.


46.5 Schlussbemerkung

Der ORH begrüßt, dass Projektträgerleistungen aus Transparenzgründen in den Erläuterungen des Haushaltsplans künftig offengelegt werden.

Der ORH empfiehlt die konsequente Beachtung eines Projektträgerhandbuchs. Werden PT eingebunden, sind deren Leistungen präzise festzulegen und Nachweise einzufordern. Das Vergütungsmodell ist zu überprüfen.

Bei neuen oder fortgesetzten Förderprogrammen ist eine dokumentierte Untersuchung nach Art. 7 BayHO unverzichtbar. Dabei ist darzulegen, ob die Förderung innerhalb oder außerhalb der Verwaltung besser und wirtschaftlicher abgewickelt werden kann.

 


[1] Seit 21.03.2018 ist die Staatskanzlei (wieder) für den Bereich Medien zuständig und seit 12.11.2018 auch das Staatsministerium für Digitales.
[2] "Grundsätze für die Ordnung staatlicher Förderprogramme“, Anlage 1 zu den Richtlinien für die Wahrnehmung und Organisation öffentlicher Aufgaben sowie für die Rechtsetzung im Freistaat Bayern, Bek. der Staatsregierung vom 06.11.2001 (AllMBl. S. 634).