TNr. 48: Beschussverwaltung

Der ORH empfiehlt, die Effizienz weiter zu verbessern sowie für die KLR fachkundiges Personal einzusetzen und eine verlässliche Datengrundlage zu schaffen. Damit ließen sich auch Gebühren und Entgelte zutreffend festlegen.
Der ORH hat in den Jahren 2017 und 2018 den Einsatz der Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) in der Beschussverwaltung geprüft. Prüfungsziel war zu klären, ob mit der eingesetzten KLR das KLR-Rahmenkonzept des Freistaates korrekt angewendet und belastbare Daten bereitgestellt sowie die vom Ministerrat 2008 geforderte Erhöhung der "wirtschaftlichen Effizienz“ nachgewiesen werden können.
48.1 Ausgangslage
Die Beschussverwaltung mit den Beschussämtern München und Mellrichstadt ist ein Schwerpunktbereich des Landesamtes für Maß und Gewicht (LMG). Sie übernimmt hoheitliche sowie privatrechtliche Aufgaben: Im hoheitlichen Bereich ist sie zuständig für die beschusstechnische Prüfung von Waffen und Böllern sowie für die Zulassung von Munition und die Fabrikationskontrollen bei Munitionsherstellern. Das privatrechtliche Aufgabenspektrum umfasst ballistische und mechanische Materialprüfungen auf durchschuss-, durchwurf- und durchbruchhemmende Eigenschaften (z.B. bei Schutzwesten, Gläsern, Panzerungen) nach individuellen Kundenanforderungen und einschlägigen Normen (z.B. Richtlinien der Polizei).
Der ORH stellte 2003 infrage, ob es zweier Beschussämter bedarf bzw. ob überhaupt eine Bayerische Beschussverwaltung notwendig ist.[1] In den folgenden Jahren berieten Landtag und Staatsregierung über eine mögliche Privatisierung.
2008 entschied der Ministerrat, dass beide Beschussämter erhalten bleiben, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Effizienz jedoch insbesondere durch behördeninterne Reformmaßnahmen erhöht werden sollten; anzustreben sei die Einführung einer KLR. Zu den zentralen Zielen der Reform gehöre es, die "wirtschaftliche Effizienz“ zu erhöhen. Das sei eine wesentliche Voraussetzung dafür, die Beschussverwaltung langfristig zu sichern.[2] In der Folge führten die Beschussämter im Jahr 2010 eine KLR ein. Sie stellt den Ressourcenverbrauch (Arbeitseinsatz, Güter und Dienstleistungen) den erbrachten Leistungen gegenüber. Damit ergänzt sie die für die Staatsverwaltung geltende kameralistische Buchführung (Einnahmen- und Ausgabenrechnung), welche den Geldverbrauch abbildet.
Die Beschussverwaltung vereinnahmt für ihre Tätigkeit Entgelte und Gebühren. Im Jahr 2016 betrugen die Einnahmen 2,4 Mio. €. Die Höhe der Gebühr ist nach dem Verwaltungsaufwand zu bemessen.[3] Dabei wiederum sind nach Art. 5 Abs. 3 KG die Ergebnisse der KLR zu berücksichtigen und die Gebührensätze ggf. anzupassen. Dies wurde bei der Einführung der KLR auch als Ziel formuliert.
48.2 Feststellungen
Die Daten der KLR in der Beschussverwaltung waren im gesamten Betrachtungszeitraum (2012 bis 2016) unvollständig. Im Einzelnen wurde Folgendes festgestellt:
- Nur ein Teil der Ausgaben wurde in die KLR übernommen, weil bei den Haushaltsbuchungen KLR-Aspekte unzureichend berücksichtigt wurden. Daneben führte eine mangelnde Abbildung von personellen Änderungen zu fehlerhaft ausgewiesenen Personalkosten. Nach Feststellung des ORH waren 2016 in der KLR Kosten von 2,2 Mio. € erfasst und damit 720.000 € zu wenig berücksichtigt. Das Gesamtkostenvolumen der Beschussverwaltung lag damit mindestens bei 2,9 Mio. €, also deutlich über den Erlösen von 2,4 Mio. €.
- Ein weiterer Kostenblock in der KLR fehlte aufgrund der nicht durchgeführten Inventarisierung. So wurden allein in den Jahren 2015 und 2016 für die Erstausstattung des Beschussamts Mellrichstadt mit beschusstechnischen Prüfeinrichtungen 765.000 € im Haushalt veranschlagt. Für die entsprechenden Ausgaben hätten kalkulatorische Abschreibungen gebildet werden müssen.
- Die Periodenergebnisse waren unzutreffend, da die Beschussverwaltung Prüf- und Beschussmittel größtenteils auf Lager anschaffte, die Ausgaben jedoch in vollem Umfang zum Zeitpunkt der Beschaffung als Kosten in die KLR übernahm. So wurde im Monat des Einkaufs ein Ressourcenverbrauch von bspw. 20.000 € für Munition angesetzt. In den Folgemonaten wurde dementsprechend ein zu positives Ergebnis ausgewiesen, da die tatsächlichen Kosten für Munition nicht mehr berücksichtigt wurden.
Insgesamt war eine eindeutige Abgrenzung von auslagen- und gebührenrelevanten Positionen im KLR-System nicht durchgängig gegeben.
Zudem wurde festgestellt, dass es der Beschussverwaltung insgesamt an KLR-Fachwissen fehlte. Dies war insbesondere darauf zurückzuführen, dass das Referat "2.3 Kostenleistungsrechnung“ des LMG seit 2015 nicht besetzt war.
Die KLR-Daten wurden nicht in einem Berichtswesen aufbereitet. Es gab weder Kennzahlen zur Effizienz noch ein Controlling auf KLR-Basis.
48.3 Würdigung und Empfehlung
Die Beschussverwaltung war nicht in der Lage, belastbare Aussagen zur Leistungsfähigkeit und Effizienz zu treffen. Damit lässt sich die vom Ministerrat geforderte Erhöhung der "wirtschaftlichen Effizienz“ nicht nachweisen.
Eine zutreffende und nachvollziehbare Bemessung und Anpassung der Entgelte oder Gebühren war nicht möglich, obwohl dies bei der Einführung der KLR als wesentliches Ziel des verwaltungsinternen KLR-Fachkonzepts für die Bayerische Beschussverwaltung benannt war. Bei zutreffender Bemessung der Gebühren und Entgelte könnten jährlich über 500.000 € mehr vereinnahmt werden.
Für einen sachgerechten Betrieb der KLR empfiehlt der ORH, im Bereich KLR und Controlling Fachwissen aufzubauen. Ferner sollte das LMG eine verlässliche Datengrundlage schaffen. Nur so kann es seine Kosten und Leistungen transparent darstellen und eine Kalkulationsgrundlage für Gebühren und Entgelte bilden.
Im Weiteren empfiehlt der ORH den Aufbau eines am Bedarf orientierten Berichtswesens u.a. mit Kennzahlen zur Effizienz - als sichtbares Ergebnis der KLR - sowie die Einrichtung eines verbindlichen Controllingprozesses.
Die Umsetzung dieser Schritte ermöglicht, die vom Ministerrat bereits 2008 geforderte "wirtschaftliche Effizienz“ zu verbessern und nachzuweisen.
48.4 Stellungnahme der Verwaltung
Die Feststellung des ORH, dass es der Beschussverwaltung nicht gelungen ist, eine funktionierende KLR aufzubauen, anhand derer sich u.a. die vom Ministerrat geforderte Erhöhung der Effizienz nachweisen lässt, entspreche aus Sicht des Wirtschaftsministeriums den Tatsachen. Gleichwohl lasse dies nicht den Umkehrschluss zu, dass die Erhöhung der Effizienz ausgeblieben sei.
Der ORH führe zu Recht eine Reihe organisatorischer Schwächen an, die eine mangelnde Belastbarkeit der Datengrundlage zur Folge hatten. Das Wirtschaftsministerium verweist diesbezüglich vor allem auf den Verlust an Fachwissen durch den Weggang von am Einführungsprozess zentral beteiligten Personen. Erst ab dem Frühjahr 2017 sei die Neugewinnung eines Verantwortlichen für die Bereiche KLR, Berichtswesen und Controlling wieder aktiv vorangetrieben worden. Wesentliche Ursachen für die Verzögerung seien andere fundamentale Herausforderungen, wie der Neubau des Beschussamts Mellrichstadt und die Verlagerung des LMG-Hauptsitzes nach Bad Reichenhall, gewesen.
Die 2017 ausgeschriebene Stelle habe bisher nicht besetzt werden können. Mittlerweile laufe eine weitere Ausschreibung für einen Referatsleiter und einen Mitarbeiter. Bei erfolgreicher Besetzung könne die Betreuung der KLR voraussichtlich in Kürze deutlich verbessert werden.
Eine rasche und valide Datenübernahme in die KLR könne mit dem neuen und voraussichtlich im Jahr 2020 zur Verfügung stehenden "Beschussverwaltungsprogramm“ gewährleistet werden.
Laut Wirtschaftsministerium konnten die entstandenen Fehler im Bereich der Abbildung der Personalkosten bereits behoben und die Datenvalidität insgesamt verbessert werden. Die Inventarisierung sei im Juni 2018 wieder aufgenommen worden, die Anbindung an die KLR werde zügig erfolgen.
Ein aussagekräftiges Berichtswesen könne eingeführt werden, sobald das neue Beschussverwaltungsprogramm zur Lieferung der erforderlichen Daten eingeführt sei, die ausgeschriebenen KLR-Stellen dauerhaft zur Verfügung stünden und besetzt seien. Gleiches gelte für das Controlling, für welches aussagekräftige Ziele zu formulieren seien.
48.5 Schlussbemerkung
Der ORH empfiehlt, die "wirtschaftliche Effizienz“, an deren Erhöhung der Ministerrat den Fortbestand der beiden Beschussämter geknüpft hat, mittels sachgerecht betriebener KLR weiter zu verbessern und nachzuweisen. Dazu muss die vorhandene KLR unter Einsatz fachkundigen Personals so geführt werden, dass eine verlässliche Datengrundlage zur Verfügung steht. Damit ließen sich auch Gebühren und Entgelte zutreffend festlegen.
[1] ORH-Bericht 2003 TNr. 24.
[2] Bayerische Staatskanzlei, Pressemitteilung Nr. 458 vom 29.07.2008, S. 13.
[3] Art. 5 Abs. 2, 6 Abs. 2 KG i.V.m. § 2 Beschussgebührenverordnung vom 28.11.2012, GVBl. S. 669.