Jahresbericht 2020

TNr. E02: Entwicklung der Ausgabereste

Die Ausgabereste haben sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt und belaufen sich zum 31.12.2018 auf 7,3 Mrd.€. Nach Auffassung des ORH deutet diese Entwicklung darauf hin, dass dem Grundsatz der bedarfsgerechten Veranschlagung damit nicht ausreichend entsprochen wird.

Ausgabereste können gebildet werden, wenn die tatsächlichen Ausgaben geringer sind als die im Haushaltsplan veranschlagten Ansätze. Sie können unter bestimmten Voraussetzungen in das nächste Haushaltsjahr übertragen werden. Die Übertragung und Inanspruchnahme der übertragbaren Ausgabemittel bedürfen der Einwilligung des Finanzministeriums.[1]

Die Ressorts beantragen die Übertragung der Ausgabereste beim Finanzministerium mittels Resteplan. Dieser ist über die IHV-Verfahrenskomponente Restebearbeitung/Jahresabschluss zu erstellen. Hierbei können die Ressorts zunächst selbstständig nicht mehr benötigte übertragbare Ausgabemittel in Abgang stellen. Im Einwilligungsverfahren können vom Finanzministerium zusätzliche Ausgabereste eingezogen werden; diese werden im Resteplan mit "FM-Einzug“ kenntlich gemacht. Für 2018 ergibt sich folgendes Bild:

Tabelle 34

Mehr als 100 Mio.€ betrugen die einschließlich des Haushaltsjahres 2018 aufgelaufenen Ausgabereste in folgenden Fällen:

  • Schienenpersonennahverkehr (Kap. 03 67[2]) 841,9 Mio.€
  • Leistungen nach dem ÖPNV-Gesetz (Kap. 13 10 TG 81) 534,0 Mio.€
  • Wohnraumförderung (Kap. 03 64[3]) 413,4 Mio.€
  • Allgemeine Wirtschaftsförderung (Kap. 07 03) 326,2 Mio.€
  • TU München - Sonstige Ausgaben zulasten Mittel Dritter (Kap. 15 12 Tit. 547 41) 206,0 Mio.€
  • Förderung von Plankrankenhäusern nach dem KHG i. V. m. dem BayKrG (Kap. 13 10 TG 71, 72 und 74) 179,5 Mio.€
  • Förderung der Breitbanderschließung (Kap. 06 03 TG 72) 154,0 Mio.€
  • Programm zur Aufnahme zusätzlicher Studienanfänger (Kap. 15 06 TG 86) 128,3 Mio.€
  • Zuweisungen an Gemeinden zum Bau von Abwasseranlagen gemäß Art. 13e FAG (Kap. 13 10 Tit. 883 04) 126,5 Mio.€
  • Zuweisungen für den öffentlichen Personennahverkehr nach dem Entflechtungsgesetz (Kap. 13 10 Tit. 883 09, 883 10) 126,2 Mio.€
  • Errichtung und Betrieb des Digitalfunks für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) in Bayern (Kap. 03 03 TG 85) 120,1 Mio.€

Wesentlich erhöhten sich die Ausgabereste im Haushaltsjahr 2018 in folgenden Fällen:

  • Im Bereich der Wohnraumförderung (Kap. 03 64[4]) sind die Ausgabereste um 254,6 auf 413,4 Mio.€ gestiegen. Darin enthalten sind auch Kompensationsmittel des Bundes zur Wohnraumförderung. Grund für diesen Anstieg waren insbesondere die geringen Auszahlungen bei der Bayerischen Eigenheimzulage. Mit dem 2. NHG 2018[5] wurden hierfür erstmals Ausgabemittel von 150,0 Mio.€ bereitgestellt. Verausgabt wurden jedoch nur 7,3 Mio.€. Nach Darstellung der Verwaltung seien die Ausgabereste durch Inaussichtstellungen gebunden.
  • Mit dem Förderprogramm "Digitalbonus“ (Kap. 07 03 Tit. 683 01) sollen kleine und mittlere Unternehmen unterstützt werden, um sich für die Herausforderungen der digitalen Welt zu rüsten. Es soll den Unternehmen ermöglichen, sich durch Hard- und Software zu digitalisieren und die IT-Sicherheit zu verbessern. Die Ausgabereste hierfür erhöhten sich um 59,6 auf 68,1 Mio.€, da es zu Verzögerungen im Bewilligungsverfahren gekommen sei.
  • Im Rahmen eines Sonderprogramms gewährt der Freistaat nach Maßgabe der "Richtlinie zur Förderung von Investitionen im Rahmen des Investitionsprogramms Kinderbetreuungsfinanzierung“ 2017 bis 2020 Zuweisungen zu Investitionen zur Schaffung zusätzlicher Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren in einer Kindertageseinrichtung (Kap. 10 07 TG 87). Zuweisungsempfänger sind die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe (Landkreise und kreisfreie Städte) und die kreisangehörigen Städte und Gemeinden. Die Förderung erfolgt im Rahmen der vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel. 2018 sind die Ausgabereste um 51,8 auf 59,1 Mio.€ gestiegen und werden laut Mitteilung der Verwaltung zur Abfinanzierung der Investitionsmaßnahmen benötigt.
  • Krankenhäuser werden nach dem KHG in Verbindung mit dem BayKrG durch Übernahme von Investitionskosten öffentlich gefördert. Die Kommunen erbringen über den Kommunalanteil nach Art.10b BayFAG die Hälfte der Fördermittel. Für den Bereich Neu-, Um- und Erweiterungsbauten von Krankenhäusern, die Wiederbeschaffung mittelfristiger Anlagegüter und den Ergänzungsbedarf (Kap. 13 10 TG 71) gemäß Art.11 BayKrG stiegen die Ausgabereste 2018 um 45,0 auf 114,0 Mio.€ an. Diese seien zur Finanzierung laufender und anstehender Krankenhausbaumaßnahmen nötig; die Krankenhausträger haben nach dem KHG einen Rechtsanspruch auf die Finanzierung ihrer Investitionskosten.
  • Die Ausgabereste beim Schienenpersonennahverkehr nach dem Regionalisierungskonzept (Kap. 03 67[6]) erhöhten sich von 798,5 auf 841,9 Mio.€ (+ 43,4 Mio.€). Nach Aussage der Verwaltung werden die Ausgabereste in den nächsten Jahren für größere SPNV-Investitionen und Bestellungen von Verkehrsleistungen benötigt: Unter anderem für den Ausbau des S-Bahn-Systems in Nürnberg, den barrierefreien Ausbau von Bahnhöfen im Münchner S-Bahn-Netz, den Bau der zweiten Stammstrecke in München, den Erdinger Ringschluss zur Verbesserung der Schienenanbindung Nordost- und Südostbayerns an den Flughafen München, die Verlängerung der S 7 nach Geretsried und den Ausbau der S 4 Pasing - Eichenau.
  • Für den Bau und in Härtefällen für die Sanierung von Abwasserbeseitigungsanlagen (Kap. 13 10 Tit. 883 04) können Leistungen gemäß Art.13e BayFAG gewährt werden. Die Ausgabereste in diesem Bereich stiegen 2018 von 87,7 auf 126,5 Mio.€ (+ 38,8 Mio.€). Der zweckgebundene Ausgaberest wird nach Darstellung der Verwaltung zur Abfinanzierung der Investitionsmaßnahmen benötigt.
  • Bei den Leistungen der Digitalen Bildung (Kap. 05 04 TG 77) fielen 2018 Ausgabereste von 37,5 Mio.€ (+ 36,4 Mio.€) an. Mit dem 1. NHG 2018 wurden hierfür im Rahmen des "Masterplans Bayern Digital II“ zusätzliche Haushaltsmittel für mehrjährige Förderprogramme zur Verbesserung der IT-Ausstattung im Bereich Schule ausgebracht. Allein hier sind Ausgabereste von 36,0 Mio.€ angefallen, da in 2018 keine Mittel abgeflossen sind. Die Ausgabereste werden laut Verwaltung überwiegend zur Finanzierung der Bewilligungen im Rahmen der Förderprogramme "Digitalbudget“ und "iFU-Budget“ benötigt.


Abb 8

Die Ausgabereste sind in den letzten zehn Jahren um 117,2% angestiegen. Nach Auffassung des ORH deutet diese Entwicklung darauf hin, dass dem Grundsatz der bedarfsgerechten Veranschlagung nicht ausreichend Rechnung getragen wird. Im investiven Bereich könnte ein Anstieg der Ausgabereste vermieden werden, wenn verstärkt Verpflichtungsermächtigungen genutzt würden.

 


[1] Vgl. ORH-Bericht 2020 TNr. 1.2.1.
[2] Ab dem Doppelhaushalt 2019/2020 Kap. 09 07.
[3] Ab dem Doppelhaushalt 2019/2020 Kap. 09 04.
[4] Ab dem Doppelhaushalt 2019/2020 Kap. 09 04.
[5] GVBl. 2018, S. 613.
[6] Ab dem Doppelhaushalt 2019/2020 Kap. 09 07.