TNr. E18: Festsetzung der Versorgungsbezüge

Der ORH hatte 2012 bis 2015 mit dem Staatlichen Rechnungsprüfungsamt Regensburg beim Landesamt für Finanzen (LfF) Festsetzungen der Versorgungsbezüge geprüft und Fehler festgestellt, die zu erheblichen Fehlzahlungen geführt hätten.[2] Das Finanzministerium hatte im November 2016 erste Maßnahmen angekündigt und dem Landtag zuletzt im November 2017 über Verbesserungen des Qualitätsmanagements berichtet.[2]
In den Jahren 2016 bis 2018 wurden Festsetzungen der Versorgungsbezüge beim LfF erneut nach den gleichen Kriterien[3] geprüft.
E18.1 Ausgangslage
Das LfF setzt als staatliche Pensionsbehörde zu Beginn des Ruhestandes die Versorgungsbezüge fest, die Beamte und Richter nach der Pensionierung erhalten. Die Höhe richtet sich insbesondere nach den Bezügen und Dienstzeiten. Gegebenenfalls sind andere Einkünfte oder Renten auf die Versorgungsbezüge anzurechnen.
Für die Festsetzung benötigt das LfF die Personalakten des Beamten/Richters. Ein Sachbearbeiter berechnet die Versorgungsbezüge. Ein Arbeitsgruppenleiter überprüft diese Berechnung vor der Auszahlung (Vier-Augen-Prinzip).
E18.2 Feststellungen
In den Jahren 2016 bis 2018 erstellte das LfF 25.338 Festsetzungen[4] für Versorgungsbezüge (Tabelle 64). Der ORH überprüfte 842 nach Risikogesichtspunkten ausgewählte Festsetzungen (3,3%) vor deren Bekanntgabe. Das Ziel war, Fehlzahlungen aufgrund fehlerhafter Festsetzungen zu vermeiden, nicht aber eine repräsentative Aussage zur Qualität der Festsetzungen aller Versorgungsfälle treffen zu können.
In 174 Fällen (20,7%) der geprüften Festsetzungen wurden Fehler verschiedener Kategorien (Tabelle 65) festgestellt, die auch finanzielle Auswirkungen haben.
Beispiele aus der zeitnahen Prüfung der Versorgungsbezüge:
Bei der Festsetzung des Ruhegehalts für einen Universitätsprofessor der Besoldungsgruppe W3 wurde die Ruhegehaltfähigkeit der Hochschulleistungsbezüge[5] falsch beurteilt. Die Berichtigung der Festsetzung führt zu jährlichen Minderausgaben von 11.495€.
Einem Beamten der 2. Qualifikationsebene wurde eine Vordienstzeit, die nicht für die Berufung in das Beamtenverhältnis vorgeschrieben war, als ruhegehaltfähige Dienstzeit angerechnet. Dies war nicht zulässig.[6] Aufgrund der Berichtigung der Dienstzeitfestsetzung ergeben sich jährliche Minderausgaben von 1.915€.
Bei der Festsetzung des Ruhegehalts für einen Polizeivollzugsbeamten wurde die Zulage für besondere Berufsgruppen (Polizeizulage)[7] bei den ruhegehaltfähigen Bezügen nicht berücksichtigt. Die Korrektur der Festsetzung führt zu jährlichen Mehrausgaben von 1.330€.
Eine Beamtin wurde von einer Kommune in den Schuldienst des Freistaates versetzt. Bei der Festsetzung wurde der frühere Dienstherr im Hinblick auf die Teilung der Versorgungslast[8] nicht beteiligt. Dessen Beteiligung an der Versorgungslast führt zu jährlichen Mehreinnahmen des Freistaates von 13.445€.
Durch die Prüfungen der Jahre 2016 bis 2018 wurden Überzahlungen von 213.990€ und Unterzahlungen von 127.902€, also jährliche Gesamtfehlzahlungen in den beanstandeten 174 Fällen von 341.892€ verhindert.
Die Fehlerkategorien stellen sich wie folgt dar:
Die Rechnungsprüfung hat ihre Feststellungen für jeden geprüften Einzelfall dem LfF mitgeteilt. Zusätzlich übermittelt der ORH seit 2014 das Gesamtergebnis für jedes Jahr dem Finanzministerium.
E18.3 Würdigung
Das Finanzministerium hatte 2016 und 2017 Maßnahmen zugesagt, um die Qualität der Festsetzung der Versorgungsbezüge nachhaltig zu verbessern. Tatsächlich sind gerade in schwierigen Fallkonstellationen geeignete Maßnahmen zur Verbesserung der Bearbeitungsqualität erforderlich.
Trotz der angekündigten Verbesserungen ist der Anteil beanstandeter Fälle weiterhin erheblich. Dies betrifft insbesondere die Festsetzungen mit Fehlern in den Kategorien ruhegehaltfähige Dienstzeit, ruhegehaltfähige Bezüge und Beteiligung anderer Dienstherren an der Versorgungslast.[9]
E18.4 Stellungnahme der Verwaltung
Das Finanzministerium sieht die nach Risikogesichtspunkten ausgewählten Fälle als "Hochrisikofälle“ an. Diese hätten 3,3% aller Festsetzungen der Versorgungsbezüge betroffen, sodass bei 96,7% der Fälle erheblich weniger Fehlzahlungen vorliegen dürften. Zudem wären wahrscheinlich zahlreiche Fehler im Lauf der Zeit erkannt worden.
Der Saldo der jährlichen Fehlzahlungen von 340.000€ sei geringer, weil sie aus Über- und Unterzahlungen bestünden. Bei Versorgungsausgaben von 5,4 Mrd.€ jährlich betrage die Fehlzahlungsquote nur 0,006%, was ein hervorragender Wert sei und für die sehr gute Qualität des LfF spreche.
Das LfF habe neben Personalmehrungen zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um Fehler bei der Festsetzung zu reduzieren (z.B. Festsetzungsbogen, Prüfbogen für interne Prüfer, Einrichtung einer Wissensplattform, Workshops, Konzentration der Festsetzung für den Hochschulbereich). Zur Unterstützung sei beispielsweise Anfang 2019 die Umsetzung der sog. Dienstzeitengenerierung beauftragt worden, durch die im Personalverwaltungs- bzw. Bezügesystem vorhandene ruhegehaltfähige Dienstzeiten ohne Fehler bei der Vorgabe nach Prüfung der rechtlichen Voraussetzungen übernommen werden sollen. Dies werde die Sachbearbeiter erheblich entlasten. Finanzministerium und LfF würden weiterhin mit Hochdruck daran arbeiten, die Festsetzungsqualität zu verbessern.
E18.5 Schlussbemerkung
Der ORH hat zu bestimmten Zeitpunkten eine begrenzte Anzahl von Fällen ausgewählt. Hieraus kann weder gefolgert werden, dass er alle Risikofälle noch dass er nur "Hochrisikofälle“ ausgewählt hätte.
Die Überzahlung in Versorgungsfällen kann nicht mit der Unterzahlung in anderen Versorgungsfällen saldiert werden. In beiden Fallgruppen wurde fehlerhaft gehandelt, was sich finanziell auch für Versorgungsempfänger auswirkt.
Die vom ORH festgestellten Über- und Unterzahlungen von 340.000€ beziehen sich auf lediglich 842 geprüfte Fälle. Das Finanzministerium setzt das in unzutreffender Weise in Relation zum gesamten Versorgungsvolumen von 5,4 Mrd.€ aller 130.000 Versorgungsfälle.
Die Fehler bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge sind nach wie vor beträchtlich. Deshalb empfiehlt der ORH dringend, die Qualität der Festsetzungen der Versorgungsbezüge zu verbessern. Denn regelmäßig ist zu erwarten, dass sich die Über- und Unterzahlungen über lange Jahre auf Millionenbeträge addieren.
Aufgabe der Verwaltung bleibt, nachhaltige Qualitätssicherung zu betreiben. Das erscheint umso dringlicher, weil in den kommenden Jahren immer mehr Ruhestandsfälle und damit Versorgungsfestsetzungen anstehen werden.
[1] ORH-Bericht 2017 TNr. 29.
[2] Beschluss des Landtags vom 21.06.2017 (Drs. 17/17326 Nr. 2c); Beschluss des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen vom 11.04.2018.
[3] Beispiele: komplexe Dienstzeiten (z.B. umfangreiche Ausbildungszeiten), Dienstherrenwechsel, Hochschullehrer, familiäre Konstellationen (Versorgungsausgleich).
[4] Davon 5.534 Festsetzungen bei sog. Mütterrentenfällen, Art. 114a BayBeamtVG, Kindererziehungszuschlag für vor 1992 geborene Kinder.
[5] Art. 13 BayBeamtVG.
[6] Art. 20 Abs. 1 BayBeamtVG.
[7] Art. 34 Abs. 2 Nr. 2 BayBesG.
[8] Art. 109 BayBeamtVG.
[9] TNr. E18.2, Tabellen 65 und 67.