TNr. 51 Finanzhilfen für Dürreschäden 2018 in der Landwirtschaft

Der ORH und die Staatlichen Rechnungsprüfungsämter Augsburg und Würzburg prüften in Abstimmung mit dem Bundesrechnungshof (BRH) 2019/2020 die Finanzhilfen für landwirtschaftliche Betriebe, die über zwei zeitlich eng aufeinanderfolgende bayerische Hilfsprogramme zum Ausgleich von Dürreschäden im Jahre 2018 gewährt wurden. Mit Blick auf einen effizienten Einsatz von Haushaltsmitteln wurden das "Bayerische Hilfsprogramm Grundfutterzukauf Dürre 2018“ und das "Hilfsprogramm Existenzgefährdung Dürre 2018“, das mit Bundesmitteln kofinanziert wurde, geprüft. Ein weiterer Schwerpunkt der Prüfung war der ordnungsgemäße Verwaltungsvollzug.
51.1 Ausgangslage
Der Bund gab am 22.08.2018 bekannt, dass die Dürre 2018 zu den widrigen Witterungsverhältnissen gehört, die gemäß der Nationalen Rahmenrichtlinie[1] den Naturkatastrophen gleichgestellt sind. Entscheidungsgrundlage hierfür waren meteorologische Daten, Schadensmeldungen der Länder und die Erntestatistik. Letztere zeigte, dass Bayern in Bezug auf die Dürre nicht unter den fünf am stärksten betroffenen Ländern lag.[2]
Für betroffene landwirtschaftliche Betriebe in Bayern wurden zwei bayerische Hilfsprogramme geschaffen:
51.1.1 Bayerisches Hilfsprogramm Grundfutterzukauf Dürre 2018 (im Folgenden: Bayerische Dürrebeihilfe)
Der Ministerrat beschloss am 08.08.2018 aufgrund der Dürre eine Soforthilfe für landwirtschaftliche Betriebe mit Tierhaltung (z.B. Rinder, Schafe, Pferde) einzuführen. Die Hilfen sollten mit dem Bund noch abgestimmt werden. In seiner Sitzung vom 04.09.2018 stellte der Ministerrat für Bayern ein einer Naturkatastrophe gleichgestelltes widriges Witterungsverhältnis fest und beschloss zentrale Fördervoraussetzungen, nach denen das Landwirtschaftsministerium die Bayerische Dürrebeihilfe erarbeitete. Es veranschlagte Landesmittel von 20 Mio.€; gefördert wurde der Zukauf von Grundfutter (z.B. Heu), der "dürrebedingt notwendig“ war.
Die Bayerische Dürrebeihilfe sollte als Soforthilfe bei Zukauf wegen Futterknappheit "schnell und unbürokratisch“ helfen. Sie orientierte sich im Grundsatz an der seit Juni 2018 gültigen bayerischen Schadensausgleichrichtlinie[3]. In einem Anwendungserlass[4] legte das Landwirtschaftsministerium im Einvernehmen mit dem Finanzministerium gemäß Beschluss des Ministerrats dazu fest:
- Verzicht auf die Prüfung der Einkommensprosperität
Eine Prüfung der Einkommensprosperität[5] soll sicherstellen, dass Unternehmen keine Zuschüsse erhalten, wenn ihr Einkommen und damit ihre Leistungsfähigkeit ausreichend wäre, Schäden aus eigener Kraft zu tragen. Auf diese Prüfung wurde verzichtet.
- Verzicht auf die Anwendung des Mindestschadens von 5.000€[6]
Diese Regelung wurde aufgehoben und stattdessen ein Einbehalt von 500€ sowie eine Mindestförderung von 100€ festgelegt.[7] - Verzicht auf die Berechnung der Einkommensminderung bei Schadensermittlung
Zur Schadensermittlung wurde auf die Berechnung der Einkommensminderung verzichtet; d.h. die tatsächlichen betrieblichen Folgen der Dürre auf das Einkommen wurden nicht ermittelt. Stattdessen wurden die "dürrebedingten“ Ausgaben für den Grundfutterzukauf als Schaden anerkannt.[8]
51.1.2 Hilfsprogramm Existenzgefährdung Dürre 2018 (im Folgenden: Hilfsprogramm Existenzgefährdung)
Am 22.08.2018 gab der Bund bekannt, dass es sich bei der Dürre 2018 um ein Ereignis nationalen Ausmaßes handelt. Er beteiligte sich mit 50% an Hilfsprogrammen der Länder, um durch die Dürre in existenzielle Not geratenen landwirtschaftlichen Unternehmen zu helfen.
Der Bund vereinbarte dazu mit dem Freistaat und weiteren 13 Ländern am 02.10.2018 die genauen Voraussetzungen. Auf der Grundlage dieser Verwaltungsvereinbarung legte der Freistaat neben und in Ergänzung der Bayerischen Dürrebeihilfe Anfang November 2018 das bayerische Hilfsprogramm Existenzgefährdung als zweites Förderprogramm auf.[9] Dafür meldete er einen Bundesmittelbedarf von 11,5 Mio.€ an und plante Mittel in gleicher Höhe aus dem Landeshaushalt ein.
Im Hilfsprogramm Existenzgefährdung wurden Zahlungen für dürrebedingte Schäden und ggf. sonstige Kosten gewährt, die infolge der Dürre entstanden waren. Unter "sonstige Kosten“ dieses Programms fällt u.a. ein Zukauf von Grundfutter. Die Mindestschadenschwelle betrug 5.000€.
51.2 Feststellungen
51.2.1 Umsetzung der beiden Hilfsprogramme
Antragszeiträume, Zahl der Anträge und Auszahlung
Für die Bayerische Dürrebeihilfe lief der Antragszeitraum vom 01.10. bis 15.11.2018 und für das Hilfsprogramm Existenzgefährdung vom 26.11. bis 19.12.2018.
Anträge konnten in beiden Hilfsprogrammen gestellt werden. 3.489 Betriebe haben ausschließlich nach der Bayerischen Dürrebeihilfe (d.h. ausschließlich für Grundfutterzukauf) und 48 Betriebe ausschließlich nach dem Hilfsprogramm Existenzgefährdung eine Finanzhilfe erhalten. 15 Betriebe wurden aus beiden Programmen gefördert.
Die Auszahlung der Bayerischen Dürrebeihilfe erfolgte im Dezember 2018 und rund fünf Monate später die des Hilfsprogramms Existenzgefährdung.
Gesamtvolumen der Finanzhilfe
Aus der Bayerischen Dürrebeihilfe wurden insgesamt 14,1 Mio.€ Landesmittel ausgezahlt. Im Durchschnitt erhielten die Betriebe für den Zukauf von Grundfutter Zuwendungen in Höhe von 4.032€ bei einer Spanne von 100 bis 50.000€.
Aus dem Hilfsprogramm Existenzgefährdung wurden 1,14 Mio.€ ausgezahlt, die hälftig aus Bundes- und Landesmitteln finanziert wurden. Die durchschnittliche gewährte Finanzhilfe betrug 18.069€ bei einer Spanne von 2.654 bis 71.688€.
Aufgrund des dafür ursprünglich angemeldeten Finanzbedarfs von 11,5 Mio.€ wurden Bayern 10,23 Mio.€ Bundesmittel zugewiesen. Davon wurden letztendlich knapp 6% ausgereicht.
Existenzgefährdung als Fördervoraussetzung
Im Hilfsprogramm Existenzgefährdung war laut Landwirtschaftsministerium "auf Betreiben des Bundes“ das Vorliegen einer Existenzgefährdung vorausgesetzt. Damit musste bei allen Antragstellern geprüft werden, inwieweit eine Bedürftigkeit vorliegt.
Nach der Bayerischen Dürrebeihilfe erhielten Antragsteller einen Ausgleich für den Zukauf von Grundfutter ohne Prüfung einer Existenzgefährdung.
51.2.2 Abweichung von der Schadensausgleichsrichtlinie in der Bayerischen Dürrebeihilfe
Die von der am 01.06.2018 in Kraft getretenen Schadensausgleichsrichtlinie im Interesse einer schnellen und unbürokratischen Hilfe abweichenden Regelungen wirkten sich wie folgt aus:
Einkommensprosperität und Schadensermittlung
Bei keinem Antragsteller wurden die positiven Einkünfte erfasst und es wurde auch nicht geprüft, ob deren positive Einkünfte ausreichend gewesen wären, die Schäden aus eigener Kraft zu tragen. Zudem wurde in allen Fällen für die Schadensermittlung ausschließlich auf die "dürrebedingten“ Ausgaben für den Grundfutterzukauf abgestellt; die tatsächlichen betrieblichen Folgen der Dürre auf das Einkommen und auch auf das Betriebsergebnis blieben außer Betracht.
Mindestschaden
Statt einen Mindestschaden von 5.000€ vorauszusetzen, wurde der Zukauf von Grundfutter ab 1.200€[10] ausgeglichen. Die Auswertung der Förderfälle zeigt: Bei 1.539 Betrieben - das sind 44% aller Förderfälle der Bayerischen Dürrebeihilfe - lag der von der Verwaltung anerkannte Grundfutterzukauf zwischen 1.200 und 5.000€. Durchschnittlich erhielten diese Betriebe eine Finanzhilfe von 1.023€. Unter 500€ erhielten 286 Betriebe.
Die Abweichung von der Regelung der Schadensausgleichsrichtlinie zum Mindestschaden bei der Bayerischen Dürrebeihilfe führte zu Hilfen von 0,6 Mio.€. Es wurden über 1.500 Förderfälle von der Verwaltung bearbeitet, die bei Anwendung der Schadensausgleichsrichtlinie nicht angefallen wären.
51.2.3 Prüfung der Förderanträge
51.2.3.1 Bayerische Dürrebeihilfe
Der ORH hat 51 Förderfälle geprüft. Dabei wurden bei 40 Fällen (78%) Defizite in der Förderabwicklung festgestellt. Das Ministerium leitete bis zum 09.11.2020 insgesamt Rückforderungen in Höhe von über 140.000€ ein.
Höhe der Zuwendung
Förderfähig ist nur der Zukauf von Grundfutter, der durch die Dürre bedingt ist. Zum Teil kauften die Antragsteller auch Grundfutter in den Vorjahren zu, da ihre eigene Produktion nicht ausreichte. Diese Zukäufe waren im Förderantrag als regelmäßiger Grundfutterzukauf zu erfassen und bei der Festsetzung der Finanzhilfen abzuziehen.
Zum Zeitpunkt der Antragstellung Anfang Oktober 2018 war der Begriff "regelmäßiger Grundfutterzukauf“ weder im Antragsformular noch in weiteren Vorschriften definiert. Das Landwirtschaftsministerium stellte aufgrund von Rückfragen der Sachbearbeiter fest, dass die Auslegung zum regelmäßigen Grundfutterzukauf uneinheitlich erfolgte. Im Laufe der Bearbeitung der Förderfälle durch die Verwaltung konkretisierte das Landwirtschaftsministerium im November 2018 den Begriff. Dabei legte es fest, dass unter "regelmäßig“ ein Zukauf in mehr als einem der letzten Jahre zu verstehen sei. Eine konkrete Anzahl an Jahren wurde nicht vorgegeben.
In 24 der geprüften Förderfälle lag ein "regelmäßiger Grundfutterzukauf“ vor. Hierbei erfolgte in 16 Fällen durch die Sachbearbeiter keine Berechnung zum "regelmäßigen Grundfutterzukauf“, sodass diese Betriebe teilweise eine zu hohe Finanzhilfe erhielten. Beispielsweise ergab sich in einem geprüften Fall, dass der Betrieb 21.000€ zu viel an Dürrebeihilfen erhalten hatte.
In acht gleichgelagerten Fällen wurden von den Sachbearbeitern unterschiedliche Zeiträume für die Ermittlung des regelmäßigen Grundfutterzukaufs angesetzt. Der Bemessungszeitraum variierte von einem bis drei Wirtschafts- oder auch Kalenderjahren. Dies hatte zum Teil erhebliche Auswirkungen auf die Höhe der anzuerkennenden Ausgaben und damit auf die Förderung. In einem geprüften Fall ergab sich beispielsweise eine um 6.450€ zu hohe Zuwendung.
Rechnungen über Grundfutterzukäufe
Der Nachweis der Grundfutterzukäufe hat auf der Basis von Rechnungen zu erfolgen, die den umsatzsteuerlichen Vorgaben entsprechen müssen.[11] Die ausgewerteten 51 Förderfälle umfassten insgesamt 417 Rechnungsbelege. 79 (19%) entsprachen nicht den umsatzsteuerlichen Vorgaben. Im Verwaltungsvollzug wurden diese Belege mit einer Gesamtsumme von etwa 345.000 € nicht beanstandet und als zuwendungsfähige Ausgaben anerkannt.
51.2.3.2 Hilfsprogramm Existenzgefährdung
Der ORH prüfte in Abstimmung mit dem BRH alle 15 Förderfälle, in denen Anträge im Hilfsprogramm Existenzgefährdung und auch in der Bayerischen Dürrebeihilfe gestellt wurden. Dabei wurden bei 10 Fällen (66%) Defizite in der Förderabwicklung festgestellt.
Die errechnete dürrebedingte Schadenssumme ist zur Vermeidung einer Überkompensation um eingesparte Kosten und Zuwendungen aus anderen Hilfsprogrammen zu kürzen.[12]
Eingesparte Kosten
Der dürrebedingte Schaden wird anhand eines Vergleichs der Erträge im Dürrejahr mit drei vorhergehenden Wirtschaftsjahren ermittelt. Analog war mit den Kosten zu verfahren. Eingesparte Kosten, wie z. B. reduzierte Dünge- und Pflanzenschutzaufwendungen im Dürrejahr, vermindern den entstandenen Schaden.
Nach Erkenntnis des BRH lagen die berücksichtigten eingesparten Kosten in Bayern durchschnittlich bei 3% der Schadenssumme. In einem anderen geprüften Land lag dieser Wert laut BRH bei 11,7%.
In zehn Fällen der vom ORH geprüften Förderfälle wurden bei der Ermittlung des Gesamtschadens eingesparte Kosten generell nicht in Abzug gebracht. In einem Fall korrigierte die Verwaltung aufgrund der Rechnungsprüfung die zunächst übersehenen eingesparten Kosten. Im Ergebnis kam es zu einer Rückforderung von über 50.000 €.
Anrechnung der Bayerischen Dürrebeihilfe
Die Bayerische Dürrebeihilfe wurde in fünf Förderfällen nicht oder nicht korrekt angerechnet. Insgesamt wurde in diesen Fällen 17.149€ zu viel ausbezahlt.
51.3 Würdigung
51.3.1 Umsetzung der beiden Hilfsprogramme
Der zur Bayerischen Dürrebeihilfe ergangene Anwendungserlass des Landwirtschaftsministeriums wich nur drei Monate nach Fortschreibung der Schadensausgleichsrichtlinie mit dem Ziel einer schnellen und unbürokratischen Hilfe für einen Grundfutterzukauf gemäß Beschluss des Ministerrats bewusst von deren wesentlichen Fördervoraussetzungen ab.
Insbesondere wurde nicht auf die Bedürftigkeit abgestellt und auf die Festlegung einer angemessenen Mindestschadenssumme verzichtet. Da u.a. die Leistungskraft der Zuwendungsempfänger nicht berücksichtigt wurde, wich dies vom haushaltsrechtlichen Grundsatz der Subsidiarität staatlicher Hilfe ab. Das führte dazu, dass über 1.500 Anträge unterhalb der Mindestschadensschwelle gemäß Schadensausgleichsrichtlinie von 5.000€ lagen. 286 Anträge führten sogar zu Auszahlungen von unter 500€. Dies weist auf Mitnahmeeffekte und damit teilweise fehlende Effizienz der Bayerischen Dürrebeihilfe hin. Dadurch wurde unnötig Verwaltungskapazität gebunden.
Das Hilfsprogramm Existenzgefährdung hätte bevorzugt und nicht erst fünf Monate nach der Auszahlung aus der Bayerischen Dürrebeihilfe abgewickelt werden müssen, da es sich an existenzgefährdete Betriebe richtete. Der ORH sieht insoweit ebenfalls mangelnde Effizienz bei der Auszahlung der Hilfen.
Der ORH empfiehlt, künftig bei absehbar aufeinanderfolgenden Hilfsprogrammen auch im Interesse der harmonisierten und damit zügigeren Abwicklung die Regelungen der Schadensausgleichsrichtlinie zu beachten.
51.3.2 Prüfung der Förderanträge
51.3.2.1 Bayerische Dürrebeihilfe
Das Landwirtschaftsministerium definierte für die Sachbearbeiter und Antragsteller wesentliche Bestimmungen zum Teil erst, nachdem die Abwicklung der Förderfälle schon im vollen Gange war. Das Beispiel des "regelmäßigen Grundfutterzukaufs“ zeigt, dass der Begriff zum Zeitpunkt der Antragstellung völlig unbestimmt war. Auch die während der Förderabwicklung erlassenen Konkretisierungen hinsichtlich der Berechnung und des Bemessungszeitraums waren unzureichend.
Die Sachbearbeiter haben zum Teil die Förderfälle nicht mit der gebotenen Sorgfalt bearbeitet. So wurden bei wesentlichen Punkten nicht einmal Plausibilitätsprüfungen vorgenommen und jede fünfte Rechnung anerkannt, obwohl diese nicht den geforderten Vorgaben entsprach.
Im Ergebnis führte dies zu Ungleichbehandlungen der Empfänger. Ferner wurden zum Teil ungerechtfertigt zu hohe Zuwendungen gewährt.
51.3.2.2 Hilfsprogramm Existenzgefährdung
Der ORH kritisiert die sehr hohe Fehlerquote im Verwaltungsvollzug der wenigen Prüffälle, bei denen Anträge für beide Hilfsprogramme gestellt wurden. Die Verwaltung rechnete in jedem dritten geprüften Fall die Bayerische Dürrebeihilfe nicht entsprechend der Vorgaben des Landwirtschaftsministeriums an. Es kam somit zunächst zu einer Überkompensation.
Die Prüfung der von den Zuwendungsempfängern eingesparten Kosten zeigt, dass die Sachbearbeitung häufig unzureichend war und dadurch rechtsgrundlose Zuwendungen gewährt wurden.
51.4 Stellungnahme der Verwaltung
Der Ministerrat habe bereits am 08.08.2018 entschieden, finanzielle Hilfen speziell für die von der Dürre betroffenen Futterbaubetriebe zu gewähren.
Zu diesem Zeitpunkt habe die Bundesregierung den Forderungen der Praxis nach Hilfszahlungen immer noch zurückhaltend bis ablehnend gegenübergestanden und es sei nicht abzusehen gewesen, ob und in welcher Form sich der Bund überhaupt an Dürrehilfen beteiligen würde.
Der Bund habe sich in der Verwaltungsvereinbarung von 02.10.2018 letztlich gegen das Votum der Länder mit seinen restriktiven Forderungen durchgesetzt, die Dürrehilfen auf in ihrer Existenz gefährdete Betriebe zu beschränken und dabei auch Prüfungen des Privatvermögens verbindlich vorzusehen. Damit sei er weit über die in der einschlägigen Nationalen Rahmenrichtlinie enthaltenen Festlegungen hinausgegangen.
Demgegenüber habe das auf der Grundlage der Bund-Länder-Vereinbarung aufgelegte Hilfsprogramm Existenzgefährdung Dürre 2018 deutlich umfangreichere Vorarbeiten und auch wesentlich komplexere und damit zeitaufwendigere Verwaltungsprüfungen erfordert. Dazu käme, dass einige der für eine Antragsbearbeitung zwingend notwendigen Informationen (z.B. Ertragsdaten bei Stärkekartoffeln, Zuckerrüben) erst im Lauf des ersten Quartals 2019 verfügbar waren. All dies habe bedingt, dass die Auszahlungen in diesem Programm erst mit Zeitverzug im Mai 2019 erfolgen konnten. Eine Gewährung von Vorschusszahlungen auf der Basis eingegangener, zunächst aber gänzlich ungeprüfter Anträge wäre nach den Bundesvorgaben zwar zulässig gewesen, stellte für Bayern aber wegen der damit verbundenen Risiken keine Option dar.
Das Staatsministerium habe in der Kürze der verfügbaren Zeit bei beiden Hilfsprogrammen umfangreichste Anstrengungen unternommen und den Bewilligungsbehörden Informationen zur Verfügung gestellt, um einen einheitlichen Fördervollzug zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang wurden u.a. Checklisten und Berechnungsformblätter zentral gefertigt und den Bewilligungsbehörden verbindlich für die Bearbeitung vorgegeben. Der BRH habe dies bei seiner Prüfung des Hilfsprogramms Existenzgefährdung Dürre 2018 in Bayern im November 2019 ausdrücklich gewürdigt.
Der ORH habe sich in seiner Prüfung des Hilfsprogramms Existenzgefährdung Dürre 2018 überwiegend auf jene Förderfälle konzentriert, die beide Hilfsprogramme beantragt haben. Die von ihm anhand seiner 15 Stichprobenfälle ermittelte hohe Quote von 66% fehlerhaft bearbeiteter Anträge sei zum großen Teil auf einen auch vom BRH bereits erkannten zentralen Bezügefehler in einem Formblatt zurückzuführen, der sich nur bei der vergleichsweise kleinen Gruppe der "Doppelantragsteller“ auswirken konnte und in einigen Fällen zu überhöhten Auszahlungen geführt hat. Die ermittelte Fehlerquote sei so gesehen nicht repräsentativ für die Sachbearbeitung des Bayerischen Hilfsprogramms insgesamt.
Das Landwirtschaftsministerium sichere zu, die zu den Einzelfällen getroffenen Feststellungen des ORH abzuarbeiten, weist aber zugleich darauf hin, dass Fehler passieren, wenn schnell aufgesetzte Programme mit den vorhandenen Personalressourcen zusätzlich zu den bestehenden täglichen Aufgaben abgewickelt werden müssen. Ungerechtfertigt ausgereichte Hilfszahlungen würden zurückgefordert.
51.5 Schlussbemerkung
Die in der Stellungnahme der Verwaltung angeführte explizite Würdigung der erstellten Checklisten und Berechnungsformblätter war in der abschließenden Prüfungsmitteilung des BRH nicht enthalten. Vielmehr stellte der BRH[13] darin bei der Verwendung der Bundesmittel fest, dass Bayern z.B. bei einer wesentlichen Förderungsvoraussetzung von der Verwaltungsvereinbarung abwich.
ORH wie BRH haben festgestellt, dass die Anrechnung der Bayerischen Dürrebeihilfe im Rahmen des Hilfsprogramms Existenzgefährdung fehlerhaft war. Ursächlich waren Abweichungen von der mit dem Bund geschlossenen Vereinbarung sowie ein fehlerhafter Verweis in dem vom Landwirtschaftsministerium eigens entwickelten Formblatt. Hierzu hat der Bund Erstattungsansprüche gegenüber Bayern geltend gemacht.
Statt existenzgefährdeten Landwirten schnell zu helfen, wurden Verwaltungskapazitäten für die Entschädigung von Kleinstschäden in der Bayerischen Dürrebeihilfe gebunden. Zudem wurden Zuwendungsempfänger ungleich behandelt und rechtsgrundlos Zuwendungen gewährt. Der ORH vermisst die gebotene Sorgfalt bei der Sachbearbeitung. Der ORH empfiehlt, künftig auch im Interesse der harmonisierten und damit zügigeren Abwicklung von Hilfsprogrammen die auf Bedürftigkeit abstellenden Regelungen der Schadensausgleichsrichtlinie möglichst ungeschmälert anzuwenden.
[1] Nationale Rahmenrichtlinie zur Gewährung staatlicher Zuwendungen zur Bewältigung von Schäden in der Land- und Forstwirtschaft verursacht durch Naturkatastrophen oder widrige Witterungsverhältnisse vom 26.08.2015 (BAnzAT 31.08.2015 B4).
[2] Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: Pressemitteilung vom 22.08.2018, Nr.102/2018.
[3] Bek. des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 30.05.2018: Richtlinie zur Gewährung von Zuwendungen zum teilweisen Ausgleich von Schäden in der Landwirtschaft, Binnenfischerei und Aquakultur - Schadensausgleichsrichtlinie (Teil B).
[4] LMS vom 27.09.2018, Nr. G4-7297-1/519.
[5] Nr.4.5 der Schadensausgleichsrichtlinie (Teil B).
[6] Nr.5.2 der Schadensausgleichsrichtlinie (Teil B).
[7] Siehe auch TNr.2.1.2 zum Mindestschaden.
[8] Nr.3.4 Schadensausgleichsrichtlinie (Teil B).
[9] Bek. des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 08.11.2018: Richtlinie zur Gewährung von Billigkeitsleistungen zur Unterstützung von existenzgefährdeten Unternehmen der Landwirtschaft durch die Dürresituation im Jahr 2018 Hilfsprogramm Existenzgefährdung Dürre 2018.
[10] 1.200 € anerkannte Ausgaben x 50% Fördersatz = 600€ Zuwendung abzüglich 500€ Einbehalt = 100€ Mindestauszahlung.
[11] Nr.4 des Merkblatts Bayerisches Hilfsprogramm Grundfutterzukauf Dürre 2018.
[12] Nr.3.1.2 i.V.m. Nr.5.1 Hilfsprogramm Existenzgefährdung Dürre 2018 (vgl.Fn.9).
[13] Bundesrechnungshof: Abschließende Mitteilung an das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft über die Prüfung der Dürrebeihilfe 2018 vom 25.01.2021.