TNr. 49 Förderung von kommunalen Hochbaumaßnahmen

Der ORH hat 2020 zusammen mit dem Staatlichen Rechnungsprüfungsamt Bayreuth das Förderverfahren bei staatlich geförderten Hochbaumaßnahmen bei allen sieben Regierungen geprüft. Schwerpunkt der Prüfung war die Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens, insbesondere hinsichtlich der Erstellung der Zuweisungsbescheide. Prüfungsmaßstab waren Ordnungsmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, namentlich die FAZR.
49.1 Ausgangslage
Der Freistaat förderte kommunale Baumaßnahmen an Schulen, Kindertageseinrichtungen und sonstigen öffentlichen Einrichtungen nach Art. 10 BayFAG mit Ausgaben von 576 Mio. Euro im Jahr 2019 und 584 Mio. Euro im Jahr 2020. Bewilligungsstellen für diese Zuweisungen sind die sieben Regierungen.
Zuweisungen dürfen grundsätzlich nur für solche Vorhaben bewilligt werden, die noch nicht begonnen worden sind. Die Regierungen können den vorzeitigen Maßnahmebeginn im Einzelfall zulassen, wenn ein Vorhaben aus sachlichen oder wirtschaftlichen Gründen keinen Aufschub duldet. Dabei muss - zumindest überschlägig - die Finanzierung des Vorhabens einschließlich etwaiger Kosten der Vorfinanzierung und der Folgekosten gesichert erscheinen und die Maßnahme sachlich geprüft sein.1 Sofern diese Voraussetzungen nicht vorliegen, können die Regierungen nur in besonderen Ausnahmefällen Unbedenklichkeitsbescheinigungen2 erteilen.
Bei der Prüfung der Zuweisungsanträge müssen die Regierungen das Ergebnis dokumentieren. Dabei müssen sie insbesondere auch auf die Notwendigkeit und Angemessenheit der Zuweisung sowie den Umfang der zuweisungsfähigen Kosten eingehen.
Zuweisungen sind auf den notwendigen Umfang zu begrenzen sowie wirtschaftlich und sparsam zu verwenden.3 Dem Zuweisungsantrag sind daher Wirtschaftlichkeitsberechnungen für Bau und Betrieb beizufügen (z.B. Planungs- und Kostenrichtwerte).4 Bauunterlagen und Bauausführung sind im Rahmen der baufachlichen Beteiligung zu prüfen. Diese Prüfung muss sich auch auf die Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Planung und Ausführung sowie auf die Angemessenheit der Kosten erstrecken und dokumentiert werden.5
Zur Berechnung der zuweisungsfähigen Kosten sind für verschiedene Gebäudearten Kostenrichtwerte vorgegeben. Diese werden bei Neu- und Erweiterungsbauten als Kostenpauschale, bei Generalsanierungen, Umbauten und beim Gebäudeerwerb als Kostenhöchstwert angewandt. Bei der Förderung als Kostenpauschale werden die zuweisungsfähigen Ausgaben unabhängig von den dem Grunde nach zuweisungsfähigen Ausgaben pauschal nach den Kostenrichtwerten festgesetzt. In diesen Fällen ist eine vereinfachte baufachliche Prüfung nach Maßgabe der Zuweisungsrichtlinie zulässig, d. h. die Prüfung der Planung und Baukonstruktion entfällt.6 Der Kostenhöchstwert legt die Obergrenze fest, bis zu der Baukosten als zuweisungsfähig anerkannt werden können.
Der Zuweisungsbescheid muss den Umfang der zuweisungsfähigen Ausgaben und die Abgrenzung der nicht zuweisungsfähigen Ausgaben enthalten. Soweit dem Antrag des Zuweisungsempfängers nicht vollständig entsprochen wird, ist dies zu begründen. Um die Zweckbindung sicherzustellen, muss eine Zweckbindungsfrist festgelegt und der hinreichend genaue Zuweisungszweck angegeben werden.
49.2 Feststellungen
Die Regierungen meldeten insgesamt 1.461 kommunale Baumaßnahmen mit einem Gesamtfördervolumen von 1.968 Mio. Euro, die in den Jahren 2019 und 2020 - jedenfalls zumindest mit Teilbeträgen - erstmals gefördert wurden. Diese Maßnahmen und damit auch deren Förderung laufen regelmäßig über mehrere Jahre.
Aus diesen Erstbescheiden wählte der ORH insgesamt 50 Maßnahmen mit einem Fördervolumen von 300 Mio. Euro aus. Dabei berücksichtigte er neben der Zahl der o.g. Zuweisungsbescheide je Regierungsbezirk weitere fördererhebliche Merkmale wie die Art der förderfähigen Maßnahmen (wie etwa Schulen oder Kindergärten), Fördersätze und Gesamtinvestitionssummen. Der ORH bildete mit der Auswahl die Gesamtheit aller Förderfälle ab.
49.2.1 Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn
Bei 45 der 50 Maßnahmen (90%) stimmten die Regierungen vor Erlass des ersten Zuweisungsbescheids einem vorzeitigen Maßnahmebeginn zu. Bei vier weiteren Maßnahmen wurde eine Unbedenklichkeitsbescheinigung erteilt. Insgesamt konnten somit 49 von 50 Zuweisungsempfängern (98%) vor Erlass des ersten Zuweisungsbescheids mit dem Bau beginnen.
In allen Fällen hatten die Antragsteller jeweils ohne Begründung angegeben, das Vorhaben sei besonders bzw. äußerst dringlich. In keinem Fall hatten die Regierungen die Dringlichkeit geprüft.
Bei den 45 Maßnahmen mit Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn fehlte zudem in 36 Fällen (80%) die überschlägige Prüfung der Finanzierung einschließlich Folgekosten. In 4 Fällen (9%) wurde die Zustimmung erteilt, obwohl aus den Unterlagen keinerlei Anhaltspunkte für eine sachliche Prüfung der Maßnahme hervorgingen.
Nach den Angaben der Regierungen führten in nahezu allen Fällen fehlende Haushaltsmittel dazu, dass die Zuweisungsbescheide nicht erlassen werden konnten. In der Regel wären die vorhandenen Haushaltsmittel bereits für laufende Projekte gebunden. Für die Förderung aktuell anstehender Projekte hätten sie daher keine Bewirtschaftungsbefugnis. Damit die Vorhaben dennoch zeitnah realisiert werden konnten, erteilten die Regierungen auch für entscheidungsreife Vorhaben keinen Zuweisungsbescheid, sondern die Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn.
Der Investitionsstau bzw. ungebrochene Baubedarf, insbesondere im Bereich der Schulen und Kindertageseinrichtungen, ist seit Jahren bekannt. Daneben verursachen auch andere Faktoren einen höheren Mittelbedarf, wie beispielsweise die regelmäßige Anpassung der Kostenrichtwerte etwa an höhere energetische Anforderungen oder gestiegene Baukosten. Der Haushaltsansatz wurde deshalb seit 2018 jährlich um jeweils 50 Mio. Euro angehoben.
Das Gesamtfördervolumen für erstmals geförderte Maßnahmen in 2019 betrug 1.006 Mio. Euro, in 2020 insgesamt 962 Mio. Euro.7 Aufgrund fehlender Bewirtschaftungsbefugnis erstellten die Regierungen in nahezu allen Fällen zunächst nur Bescheide mit Teilbewilligungen mit Angabe der voraussichtlichen Gesamtzuweisung.
Bis zum Erlass des ersten Zuweisungsbescheids tragen die Antragsteller das volle Finanzierungsrisiko. Vom Eingang der Förderanträge bis zum Erlass der Zuweisungsbescheide dauerte es zwischen 7 und 44 Monate, im Durchschnitt 20 Monate. Die langen Verfahrensdauern wurden teilweise durch die fehlende Bewirtschaftungsbefugnis verursacht.
49.2.2 Dokumentation des Förderverfahrens
Die Prüfung der Förderanträge und deren Ergebnis war bei 40 der 50 Förderfälle (80%) unvollständig dokumentiert, darunter in 10 Fällen in nur lückenhaft ausgefüllten Formularen.
Bei 17 Maßnahmen waren keine, in den übrigen Fällen nur unzureichende Erläuterungen zur Festsetzung des Fördersatzes dokumentiert. Bei der Bemessung der Zuweisung ist beispielsweise die finanzielle Lage des Zuweisungsempfängers zu berücksichtigen, die in einer Gesamtschau mit mehrjähriger Betrachtung der Finanzdaten anhand bestimmter Kriterien zu beurteilen ist.8 Nur eine Regierung führte zur Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit eine Liste mit einer Rangfolge der Kommunen.
49.2.3 Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen
Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist bei Planung und Durchführung von Baumaßnahmen durch die Zuweisungsempfänger eigenverantwortlich zu beachten und gegenüber den Regierungen zu belegen. Bei allen Maßnahmen war vor der Verbescheidung eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung notwendig.9 In 30 von 50 Fällen (60%) fanden sich hierzu keinerlei Unterlagen. Häufig vermerkten die Regierungen, wegen der Förderung nach Kostenpauschalen wäre darauf verzichtet worden. Daneben wurden auch Zuweisungen bewilligt, obwohl die baufachliche Prüfung ergeben hatte, dass die Ausführung der Maßnahme unwirtschaftlich war bzw. das Raumprogramm deutlich überschritten wurde. Beispielsweise wurde der Neubau eines Kinderhauses gefördert, obwohl die baufachliche Stellungnahme eine Überschreitung des Kostenrichtwertes um 70% bescheinigt hatte.10 Ursache war eine sehr großzügige Planung mit vielen Flurflächen sowie die Kubatur des Gebäudes mit u.a. vielen Vor- und Rücksprüngen. Bei den 30 Fällen ohne Wirtschaftlichkeitsuntersuchung wurde der Kostenrichtwert um 40 bis 70% überschritten.
Von 16 Generalsanierungen enthielten die Unterlagen in 14 Fällen (88%) keinen Wirtschaftlichkeitsvergleich mit einem Ersatzneubau. Bei Generalsanierungen umfasst die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung auch die Betrachtung von Alternativen.11 Sollten hier nämlich die zuweisungsfähigen Ausgaben 80% der fiktiven Neubaukosten überschreiten, kommt ein Ersatzneubau in Betracht.
49.2.4 Festsetzung der Zuweisung
18 der 50 Zuweisungsbescheide (36%) enthielten keine Berechnungen bzw. Zusammenstellungen zu den zuweisungsfähigen Kosten. Die Abgrenzung nicht förderfähiger Kosten war nicht begründet. Häufig waren die zuweisungsfähigen Kostengruppen sowie die Förderung von Baunebenkosten aus den Bescheiden nicht ersichtlich. Zudem fanden sich meist keine Hinweise darauf, ob die Förderung als Kostenpauschalen oder nach Kostenhöchstwert erfolgt war. Dies kann je nach Kostenentwicklung der Baumaßnahme Auswirkungen auf die endgültige Zuweisungshöhe haben.12
In vielen Fällen enthielt der Zuweisungsbescheid einen Verweis auf andere Unterlagen oder dem Zuweisungsempfänger wurden Antragsunterlagen mit handschriftlichen Vermerken zurückgesandt. Auch in diesen Unterlagen war die Festsetzung der zuweisungsfähigen Kosten nicht nachvollziehbar dargestellt.
Bei 48 der 50 Zuweisungsbescheide (96%) bezogen die Regierungen den jeweiligen Zuweisungszweck ausschließlich auf die Baumaßnahme, ohne irgendeine Gebäudenutzung festzulegen. Zwei weitere Zuweisungsbescheide bezogen sich allgemein auf „die Verwendung der Anlage“. Letztlich blieb somit die Art der Verwendung bei allen 50 Maßnahmen offen. Darüber hinaus legten die Regierungen in 12 Fällen auch keine Zweckbindungsfrist fest. So wurde beispielsweise zur Sanierung und Aufstockung einer Grundschule eine Förderung von 3,92 Mio. Euro gewährt und hierbei weder eine Bindungsfrist noch die spätere Verwendung festgelegt.
49.3 Würdigung und Empfehlungen
49.3.1 Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn
Zuweisungen dürfen nur für solche Vorhaben bewilligt werden, die noch nicht begonnen worden sind. Denn grundsätzlich gilt im Falle bereits begonnener Maßnahmen die Vermutung, dass der Zuweisungsempfänger ausreichendes Eigeninteresse hat und auch über genügend eigene finanzielle Mittel verfügt, also keine Zuweisung benötigt. Der Ausschluss von der Förderung bei vorzeitigem Maßnahmebeginn soll Mitnahmeeffekte vermeiden und stellt eine Konkretisierung des Subsidiaritätsgrundsatzes dar. Daneben soll er Entscheidungsfreiheit und Einflussmöglichkeit der Bewilligungsbehörden gewährleisten. Den Zuweisungsempfänger soll der Ausschluss vor finanziellen Risiken bewahren, da er erst mit Bekanntgabe des Zuweisungsbescheids Rechts- und Finanzierungssicherheit erlangt.
Das Vorgehen der Regierungen, in beinahe allen vom ORH geprüften Fällen die Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn oder eine Unbedenklichkeitsbescheinigung zu erteilen, läuft dem Ausnahmecharakter der einschlägigen Vorschrift zuwider. Zudem begeben sich die Regierungen so der Möglichkeit, ggf. über Auflagen im Zuweisungsbescheid die konkrete Mittelverwendung zu regeln. Alle o.g. Ziele werden letztlich ausgehebelt. Das bleibt nicht ohne Folgen: Zuweisungsempfänger warten häufig mehrere Jahre auf ihren ersten Bescheid und tragen die Vorfinanzierung.
Die Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn sollte bei entscheidungsreifen Anträgen nicht dazu verwendet werden, die fehlende Bewirtschaftungsbefugnis aufgrund knapper Haushaltsmittel zu umgehen. Die Regierungen sollten künftig vor einer Zustimmung die Voraussetzungen prüfen und dies dokumentieren. Daneben muss insbesondere zur Dringlichkeit der Maßnahme eine nachvollziehbare Begründung vorliegen.
Zudem muss beachtet werden, dass durch die Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn Haushalte künftiger Jahre faktisch vorbelastet werden und die Unterdeckung weiter ansteigt. Alleine in den Haushaltsjahren 2019 und 2020 stehen Haushaltsansätzen von 1.160 Mio. Euro erstmals geförderte Maßnahmen mit einem Gesamtfördervolumen von 1.968 Mio. Euro gegenüber. Derzeit deckt die Anhebung der Haushaltsansätze um jährlich 50 Mio. Euro bei Weitem nicht den gestiegenen Investitionsbedarf.
49.3.2 Dokumentation des Förderverfahrens
Alle Behörden sind verpflichtet, Akten ordnungsgemäß zu führen.13 Die Regierungen müssen deshalb ihre Entscheidungen bei der Antragsprüfung vollständig dokumentieren. Die Bewilligungen müssen für alle am Verfahren Beteiligten transparent, nachvollziehbar, übersichtlich und verständlich sein. Eine lückenhafte Aktenführung lässt das Recht auf Akteneinsicht letztlich leerlaufen und erschwert damit die Kontrolle der Verwaltung.
Der ORH empfiehlt, das Bewilligungsverfahren anhand einheitlicher Verfahrensvorgaben, wie Checklisten und Ähnliches zu standardisieren.
49.3.3 Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen
Die Förderung kommunaler Baumaßnahmen sollte künftig nur erfolgen, wenn die Wirtschaftlichkeit durch die Zuweisungsempfänger nachgewiesen und durch die Regierungen auch geprüft worden ist.
Die Haushaltsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit erfordern ggf. auch die Untersuchung von Alternativen. Insbesondere ist anstatt der geplanten Generalsanierung ein Ersatzneubau häufig wirtschaftlicher. Auch bei deutlichen Überschreitungen der Kostenrichtwerte oder Raumprogramme handelt es sich um unwirtschaftliche Maßnahmen. Die Zuweisungsempfänger zeigen in Fällen deutlicher Überschreitungen der Kostenrichtwerte oder Raumprogramme, dass sie diese Maßnahmen - zumindest teilweise - aus eigener Kraft und somit auch ohne staatliche Förderung finanzieren könnten. Die uneingeschränkte Förderung widerspricht hier dem Subsidiaritätsprinzip und damit auch dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit.
Wenn Kommunen, z.B. aufgrund aufwendiger Architektur, überzogener Standards oder Überschreitung der notwendigen Raumprogramme besonders teuer bauen, sollten diese also deutlich weniger Förderung erhalten. Der ORH empfiehlt daher, bei Überschreitungen des Kostenrichtwerts, die nicht nur geringfügig sind, zumindest die Förderhöhe zu senken.
49.3.4 Festsetzung der Zuweisung
Die Praxis der Regierungen bei der Festsetzung der zuweisungsfähigen Ausgaben ist nicht ordnungsgemäß und rechtssicher. Die maximal zulässige Überschreitung der Kostengruppen kann so nicht geprüft und die zuweisungsfähigen Baunebenkosten können nicht festgesetzt werden. Bei einer Änderung der zuweisungsfähigen Kosten sind dann förderrechtliche Konsequenzen nicht durchsetzbar. So drohen finanzielle Nachteile für den Freistaat.
Die Zweckbindungsfrist muss im Zuweisungsbescheid als Nebenbestimmung festgelegt werden und sich auch auf die künftige Nutzung beziehen. Soweit sich der Zuweisungszweck ausschließlich auf die Baumaßnahme als solche bezieht, wäre dieser mit der Fertigstellung der Baumaßnahme auch erfüllt. Die anschließende Nutzung stünde dem Zuweisungsempfänger in solchen Fällen völlig frei. Auch wenn die Nutzung nicht dem Zuweisungszweck der FAZR entspräche, wäre eine Rückforderung der Zuweisungen sehr schwierig durchzusetzen.
Der ORH empfiehlt aufgrund der Fehlerhäufigkeit, dass das Finanzministerium den Regierungen einen Musterbescheid zur Verfügung stellt.
49.4 Stellungnahme der Verwaltung
Bezüglich der Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn weist das Finanzministerium darauf hin, dass es sich bei der Förderung von Schulen und Kindertageseinrichtungen um Zuweisungen zu nicht aufschiebbaren, kommunalen Pflichtaufgaben handle. Dies sei zudem ein Staatsziel der Bayerischen Verfassung. Aufgrund der hohen kommunalen Investitionstätigkeit seien die verfügbaren Haushaltsmittel aber im Regelfall vollständig für bereits laufende Maßnahmen gebunden. Für neue Maßnahmen könne folglich kein zeitnaher Zuweisungsbescheid ergehen. Entsprechend der jährlichen Freigabe durch das Finanzministerium würden die Regierungen regelmäßig von der Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn Gebrauch machen. So werde eine zeitnahe Realisierung von kommunalen Baumaßnahmen ermöglicht. Die Vorwegnahme der Förderentscheidung sei ausgeschlossen, die Einflussnahme der Regierungen dennoch möglich, da die Maßnahmen vor der Zustimmung sachlich geprüft worden seien und die Finanzierung - zumindest überschlägig - hinreichend gesichert erscheinen müssten.
In den letzten beiden Jahren habe sich nach Berechnungen des Finanzministeriums eine Unterdeckung von aktuell ca. 350 Mio. Euro ergeben. Um dem entgegenzusteuern und die Vorbelastungen zukünftiger Haushalte wieder stärker einzugrenzen, habe das Finanzministerium bereits 2020 den finanziellen Rahmen für Zustimmungen der Regierungen zum vorzeitigen Maßnahmebeginn abgesenkt und im Entwurf des Haushaltsplans 2022 beim Corona-Investitionsprogramm eine einmalige Verstärkung des Mittelansatzes um zusätzliche 360 Mio. Euro vorgesehen.14
Das Finanzministerium teile die Auffassung des ORH zur Abwicklung des Bewilligungsverfahrens. Es werde den Regierungen für die Förderung nach Art. 10 BayFAG ein Muster und einheitliche Vorgaben für den Prüfvermerk zur Verfügung stellen.
Grundlage für den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit seien nicht die Gesamtkosten, sondern die durch die Kostenrichtwerte begrenzten, zuweisungsfähigen Ausgaben. Den Kommunen stehe es deshalb frei, einen höheren Standard aus verbleibenden Mitteln selbst zu finanzieren.
Die Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit seien durch die Zuweisungsempfänger eigenverantwortlich zu beachten und Wirtschaftlichkeitsberechnungen seien in deren eigener Verantwortung durchzuführen. Bei einer baufachlichen Prüfung würde sich diese auch auf die Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Planung und Ausführung sowie auf die Angemessenheit der Kosten erstrecken.
Die Erreichung des Zuweisungszwecks, die Wirtschaftlichkeit der Mittelverwendung und die ordnungsgemäße Abwicklung des Zuweisungsverfahrens würden im Rahmen der Verwendungsnachweisprüfung geprüft.
49.5 Schlussbemerkung
Der ORH nimmt zur Kenntnis, dass das Finanzministerium mit einem Muster für einen Prüfvermerk ein einheitliches Vorgehen bei der Dokumentation des Bewilligungsverfahrens sicherstellen will. Nach Auffassung des ORH sollten aufgrund der Fehlerhäufigkeit in den Förderbescheiden zusätzlich Musterbescheide bereitgestellt werden.
Die Prüfung der Zuweisungsanträge hält der ORH weiterhin für unzureichend: Der Hinweis des Finanzministeriums, letztlich wären die Maßnahmen vor der Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn sachlich und hinsichtlich der Finanzierung geprüft, widerspricht den vom ORH festgestellten Tatsachen. Erst im Zuge des Verwendungsnachweises die Erreichung des Zuweisungszwecks, die Wirtschaftlichkeit der Mittelverwendung und die ordnungsgemäße Abwicklung des Zuweisungsverfahrens zu prüfen, kommt zu spät. Denn zu diesem Zeitpunkt sind die Maßnahmen bereits realisiert und eine steuernde Einflussnahme ist nicht mehr möglich.
Bei der Förderung kommunaler Hochbaumaßnahmen hat sich in den letzten Jahren ein enormer Finanzierungsstau aufgebaut. Die im Corona-Investitionsprogramm vorgesehenen zusätzlichen 360 Mio. Euro entsprechen in etwa der vom Finanzministerium genannten Unterdeckung der letzten beiden Jahre und sollen laut E-HG 2022 kreditfinanziert werden.15 Allein die Unterdeckung in den letzten beiden Jahren beziffert das Finanzministerium auf 350 Mio. Euro. Um ein erneutes Anwachsen der Unterdeckung in den künftigen Jahren zu verhindern, sollte die Staatsregierung gegensteuern: Insbesondere sollte die fast ausnahmslose Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn beschränkt, die Wirtschaftlichkeit der geförderten Maßnahmen strenger geprüft, die finanzielle Lage der Antragsteller stärker berücksichtigt und ggf. auch eine geringere Förderung in Betracht gezogen werden.
[1] VV Nrn. 1.3 Satz 1 und 1.3.3 zu Art. 44 BayHO.
[2] Nr. 5.2.2.4 Satz 3 FAZR.
[3] Art. 6 BayHO, Art. 7 Abs. 1 BayHO, Nr. 1.1 Satz 2 ANBest-K.
[4] Nr. 3 BayZBau und Nr. 4.5 der Anlage 4a zu Art. 44 BayHO.
[5] Nrn. 4.1 bis 4.3 BayZBau.
[6] VV Nr. 6.1 Satz 4 zu Art. 44 BayHO, Nr. 7.2.1 Satz 2 FAZR.
[7] Hierbei sind Zuweisungsbescheide, die nach dem 15.09.2020 erlassen wurden, noch nicht enthalten.
[8] Zum Beispiel Finanzkraft, Steuerkraft, freie Finanzspanne; Nrn. 5.3 und 5.3.1 FAZR.
[9] Nrn. 4.12.3 Satz 1 und 3.8.1 HvR 2021, ANBest-K Nr.1.1 Satz 2, Nr. 4.1 BayZBau, Nr. 2.1.3 Satz 3 3. Spiegelstrich FAZR.
[10] Die baufachliche Stellungnahme berücksichtigte hierbei nur Kostengruppen, die auch im Kostenrichtwert enthalten sind.
[11] Anlage zu den VV zu Art. 7 BayHO: Arbeitsanleitung Einführung in Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen - Rundschreiben des BMF vom 12.01.2011 II A3-H 1012-10/08/10004.
[12] Zum Beispiel bez. der Festsetzung der zuweisungsfähigen Baunebenkosten.
[13] §§18 ff. AGO.
[14] Kap. 13 18 Tit. 883 84.
[15] Vgl. zur Frage der Kreditfinanzierung TNr. 17.