Jahresbericht 2022

TNr. 61 Verpflegungspauschale für Beschäftigte von Krankenhäusern und vergleichbaren Einrichtungen

Teller mit Besteck und Serviette; Bild: WunderBild - stock.adobe.com
133 Mio. Euro wandte die Staatsregierung in Corona-Zeiten zur Verpflegung und Anerkennung von u. a. in Krankenhäusern Beschäftigten auf. Prüfungsergebnisse des ORH weisen darauf hin, dass wesentliche Teile davon zweckwidrig verwendet worden sind. Bei der Hilfeleistung wurden elementare haushaltsrechtliche Grundsätze außer Acht gelassen. Der ORH empfiehlt eine Überprüfung der gewährten Leistungen.

Der ORH hat 2020/2021 zusammen mit den Staatlichen Rechnungsprüfungsämtern Bayreuth, Regensburg und Würzburg den Vollzug der Richtlinie zur Gewährung einer Verpflegungspauschale für Krankenhäuser und vergleichbare Einrichtungen (Verpflegungs-R) geprüft.1 Insbesondere ging es dabei um die korrekte Überprüfung der Leistungsberechtigung durch die Bewilligungsbehörde sowie um die zweckentsprechende Verwendung der ausgereichten Verpflegungspauschalen im dafür festgesetzten Zeitraum. Nicht geprüft hat der ORH die Hilfeleistung dem Grunde nach. Prüfungsmaßstab waren die Ordnungsmäßigkeit und Notwendigkeit bei Ausführung des Haushaltsplans nach Art. 6 BayHO.


61.1 Ausgangslage

Am 24.03.2020 beschloss der Ministerrat die Unterstützung der Mitarbeiter der bayerischen Krankenhäuser, Universitäts- und Reha-Kliniken sowie Alten-, Pflege- und Behinderteneinrichtungen mit kostenfreier Verpflegung ab 01.04.2020.2 Dazu legte das Gesundheitsministerium dem Ministerrat ein Konzept vor, das der Ministerrat am 31.03.2020 beschloss. Dabei beauftragte er das Gesundheitsministerium zusammen mit dem Finanzministerium mit der Umsetzung und Schaffung der haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Finanzierung. Ergänzend beschloss der Ministerrat am 12.05.2020 das Ende der Verpflegungspauschale zum 31.05.2020.

Die vom Gesundheitsministerium erlassene Verpflegungs-R sieht eine Verpflegungspauschale vom 01.04. bis 31.05.2020 als Billigkeitsleistung nach Art. 53 BayHO vor. Die Verpflegungs-R wurde erst sechs Wochen nach Start des Programms am 19.05.2020 im Bayerischen Ministerialblatt veröffentlicht, trat rückwirkend zum 01.04.2020 in Kraft und mit Ablauf des 15.06.2020 außer Kraft.

Zweck der Verpflegungs-R war es, dass das Personal der begünstigten Einrichtungen während des wegen der Corona-Pandemie festgestellten Katastrophenfalls Arbeitsbedingungen vorfindet, die eine effektive Versorgung der Patienten bestmöglich unterstützen. Mit der Gewährung einer Verpflegungspauschale würdigt der Freistaat zudem den großen Einsatz des Personals in den genannten Einrichtungen.3 Die Höhe der Pauschale betrug 6,50 Euro für jeden Beschäftigten an 20 Tagen im Monat.4

Die Verpflegungspauschale wurde nicht direkt an die Beschäftigten selbst ausgezahlt, sondern an die jeweiligen antragstellenden Einrichtungen. Diese waren laut Verpflegungs-R leistungsberechtigt und verpflichtet, die erhaltene Verpflegungspauschale an das Personal weiterzuleiten oder dem Personal eine der Höhe des Tagessatzes entsprechende kostenfreie Verpflegung zu gewähren.

In Amtshilfe für das Gesundheitsministerium übernahm das Landesamt für Finanzen (LfF) als Bewilligungsbehörde die Auszahlung der beantragten Verpflegungspauschale.


61.2 Feststellungen

Das LfF zahlte 133,2 Mio. Euro für die Verpflegungspauschale aus. Diese Mittel verteilten sich auf 7.065 Auszahlungen für die beiden Monate April und Mai 2020. Nach einer Eingangsbestätigung erhielten die Antragsteller keine weiteren schriftlichen Informationen5 zu ihren Anträgen.

Die Antragstellung erfolgte über ein vorgegebenes Antragsformular. Der hierfür ab 03.04.2020 zur Verfügung gestellte Antragsvordruck 1 wurde ab 25.05.2020 durch einen überarbeiteten Antragsvordruck 2 ersetzt.

In Antragsvordruck 2 verpflichteten sich die Einrichtungen unter Hinweis auf Nr. 1 Verpflegungs-R, die erhaltene Verpflegungspauschale an das Personal weiterzuleiten oder dem Personal eine der Höhe des Tagessatzes entsprechende kostenfreie Verpflegung zu gewähren.6 Antragsvordruck 1 enthielt eine solche ausdrückliche Verpflichtung sowie Hinweise auf die später veröffentlichte Verpflegungs-R nicht. Zudem beinhaltete Antragsvordruck 1 keine explizite Zustimmung zur Prüfung durch den ORH.

Mit Antragsvordruck 1 - also dem ohne ausdrückliche Verpflichtung zur zweckentsprechenden Verwendung - wurden 6.604 Auszahlungen mit einem Volumen von 124,6 Mio. Euro beantragt, die das LfF auszahlte. 461 Auszahlungen mit einem Volumen von 8,7 Mio. Euro beruhten auf Antragsvordruck 2.

Der ORH prüfte aufgrund einer bayernweiten Zufallsstichprobe 60 Auszahlungen, die auf der Grundlage des Antragsvordrucks 2 erfolgten. Dabei wurden die unterschiedlichen Beschäftigtenzahlen der Einrichtungen in allen Regierungsbezirken - auch außerbayerischer Träger - berücksichtigt.


61.2.1 Angaben zur Leistungsberechtigung und deren Überprüfung

Die Zahl der Beschäftigten ist nach der Verpflegungs-R maßgebend für die Höhe des Betrags, der als Verpflegungspauschale an die beantragende Einrichtung ausgereicht wurde. Um den Ministerratsbeschluss vom 31.03.2020 umzusetzen, teilte das Finanzministerium dem LfF am 01.04.2020 mit, dass die Einrichtung im Rahmen der Antragstellung einen Nachweis über die Anzahl der in der Einrichtung Beschäftigten zu erbringen hat. In der Verpflegungs-R vom 19.05.2020 wurde keine entsprechende Verpflichtung verankert. Dementsprechend wurden im Antragsverfahren keine Nachweise gefordert und von den Einrichtungen regelmäßig auch nicht von selbst beigefügt.

Laut Verpflegungs-R7 behält sich die Bewilligungsbehörde eine Überprüfung der Angaben im Antragsformular vor. Das Gesundheitsministerium legte bereits am 06.04.2020 fest, dass eine Überprüfung weder seitens des Gesundheitsministeriums noch vom LfF vorgenommen werden könne. Es sei ausreichend, dass die Einrichtungen mit Stempel und Unterschrift die Richtigkeit der Angaben bestätigen würden. Tatsächlich forderte das LfF keine Nachweise zur Zahl der Mitarbeiter an und prüfte vor der Leistungsgewährung auch nicht die Antragsangaben, also die Grundlagen für die Höhe der beantragten Verpflegungspauschale.

Bei den vom ORH geprüften 60 Auszahlungen war in 6 Fällen (10%) die Mitarbeiterzahl zu hoch angegeben.

Beispiel:

Eine Einrichtung mit tatsächlich 12 Beschäftigten hat die Verpflegungspauschale für 21 Beschäftigte im April 2020 und 19 Beschäftigte im Mai 2020 beantragt und damit 2.080 Euro zu viel erhalten.


61.2.2 Zweckbindung der Verpflegungspauschale und deren Nachprüfung

Die Verpflegungspauschale diente lt. Antragsvordrucken der Erstattung der Verpflegungskosten für die Beschäftigten, lt. Verpflegungs-R auch der Anerkennung der Beschäftigten.

Das LfF bestätigte den Antragseingang und überwies die jeweiligen Pauschalen auf die angegebenen Konten. Es informierte die Einrichtungen schriftlich nicht darüber, ob und in welcher Höhe die Verpflegungspauschale gewährt wurde.

Bei Auszahlungen, denen Antragsvordruck 1 zugrunde lag (Volumen: 124,6 Mio. Euro), haben sich die Antragsteller nicht ausdrücklich zur zweckentsprechenden Verwendung der Verpflegungspauschale verpflichtet. Antragsvordruck 2, der ab dem 25.05.2020 zur Verfügung stand, enthielt den Hinweis, dass die Verpflegungspauschale zweckentsprechend zu verwenden ist; das Volumen der entsprechenden Auszahlungen betrug 8,7 Mio. Euro. Die Auszahlung der Verpflegungspauschale erfolgte also im Umfang von 93,5% des verausgabten Haushaltsvolumens aufgrund des Antragsvordrucks 1, ohne dass die Empfänger ausdrücklich zu einer vollständigen zweckentsprechenden Verwendung der Finanzmittel verpflichtet wurden.

Der Bewilligungsstelle war nicht bekannt, ob und in welcher Höhe die Einrichtungen die Verpflegungspauschale für den vorgesehenen Zweck verwendet haben. Laut Verpflegungs-R8 nimmt das LfF eine stichprobenartige Nachprüfung der bewilligten Leistungen vor.

Das LfF übermittelte am 10.03.2021 ein Schreiben an alle begünstigten Einrichtungen zur Datenerhebung für die Meldung nach §13 Abs. 1 Satz 1 der Mitteilungsverordnung, wonach die im Rahmen der Corona-Pandemie ausbezahlten Billigkeitsleistungen den zuständigen Finanzbehörden zu melden sind. Verbunden wurden die Aufforderungen mit einem Hinweis auf den Zuwendungszweck sowie auf mögliche Rückzahlungsverpflichtungen, soweit eine zweckentsprechende Verwendung nicht erfolgt ist. Dies sei laut Gesundheitsministerium als erster Schritt der in der Verpflegungs-R geforderten Überprüfung zu werten.

Die Feststellungen bei den vom ORH geprüften 60 Einrichtungen ergaben, dass bis zum 31.10.2020 (Beginn der örtlichen Erhebungen des ORH) von den geprüften Zahlungen von 1,7 Mio. Euro ca. 578.000 Euro (34,5%) der ausgezahlten Verpflegungspauschale nicht zweckentsprechend verwendet waren.

Beispiele:

Eine Einrichtung erhielt für April und Mai 2020 insgesamt 30.680 Euro. Für ein beauftragtes Catering-Unternehmen sowie weitere Verköstigung im Rahmen der Mitverpflegung gab sie 12.996,07 Euro aus. Der Restbetrag von 17.683,93 Euro wurde nicht an Mitarbeiter weitergeleitet und nicht zweckentsprechend verwendet.

Vier der vom ORH geprüften 60 Einrichtungen ließen bis 31.10.2020 die Verpflegungspauschale von 80.080 Euro vollständig ungenutzt, gaben diese also weder zur Verpflegung noch als Anerkennung an ihre Bediensteten weiter.


61.2.3 Verwendungszeitraum der Verpflegungspauschale

Die Verpflegungspauschale wurde nach Nr. 3.1 Verpflegungs-R für den Zeitraum vom 01.04. bis 31.05.2020 gewährt. Diesen Zeitraum hielten nicht alle Einrichtungen ein.

Die Verpflegungs-R vom 19.05.2020 und beide Antragsvordrucke enthielten keine Vorgaben dazu, in welchem Zeitraum die Einrichtungen die erhaltene Verpflegungspauschale für die Verpflegung der Mitarbeiter verausgaben dürfen.

Dem ORH teilte das Gesundheitsministerium im Februar 2021 mit, dass für die Verwendung der Mittel grundsätzlich der Bewilligungszeitraum, also der 01.04. bis 31.05.2020, maßgeblich sei.

Restbeträge, welche nach dem 31.05.2020 noch vorhanden wären, seien zurückzuerstatten. Ausgenommen seien lediglich Fälle, in denen die Verpflegungspauschale erst nach dem 31.05.2020 bewilligt und/oder ausgezahlt wurde. In diesen Fällen sei eine Verwendung der Mittel auch in den Folgemonaten gestattet.

Im Schreiben vom 10.03.20219 teilte das LfF allen begünstigten Einrichtungen mit, dass sich der Verwendungszeitraum auf den gem. Nr. 3.1 Satz 2 Verpflegungs-R maßgeblichen Bewilligungszeitraum April und Mai 2020 beziehe. Nicht ausgegebene Restbeträge seien daher dem LfF mitzuteilen und grundsätzlich zurückzuerstatten. Insbesondere aufgrund dieses Schreibens zahlten einige Einrichtungen vor dem 01.04.2021 vorhandene Restbeträge der Verpflegungspauschale bis Ende September 2021 an das LfF zurück; hierbei handelte es sich um 431 Rückzahlungen von Teilbeträgen der erhaltenen Verpflegungspauschale mit einem Gesamtvolumen von 6,9 Mio. Euro.

Im Mai 2021 veröffentlichte die Bayerische Krankenhausgesellschaft,10 dass das Gesundheitsministerium einem längeren Verwendungszeitraum zugestimmt habe: Demnach sei die Verpflegungspauschale nicht zurückzuerstatten, wenn sie bis zum 01.04.2021 zweckentsprechend verwendet worden sei. Dies sei laut Gesundheitsministerium aufgrund der weiterhin bestehenden pandemischen Notlage eine politisch wie fachlich angemessene, sachgerechte und dem Zweck der Maßnahme Rechnung tragende Entscheidung.


61.3 Würdigung und Empfehlungen

Der ORH verkennt nicht, dass die Corona-Pandemie in vielen Lebensbereichen konkrete existenzielle Notlagen ausgelöst hat. Unabhängig davon sind aber auch in einer Notlage bei Finanzhilfen elementare Grundsätze der Haushaltsführung sicherzustellen, etwa dass die Verpflegungspauschale bei den Beschäftigten in vollem Umfang ankommt (Notwendigkeit der Ausgaben im Einzelfall nach Art. 6 BayHO).


61.3.1 Angaben zur Leistungsberechtigung und deren Überprüfung

Für die ordnungsgemäße Verwendung der Haushaltsmittel ist es unverzichtbar, dass die Leistungsberechtigungen vor der Gewährung der Leistung überprüft werden. Das LfF hat nach Anweisung des Gesundheitsministeriums Leistungen von insgesamt 133,2 Mio. Euro ausgezahlt, ohne vorab Nachweise angefordert oder auf sonstige Weise vorweg geprüft zu haben, ob die Einrichtungen die Voraussetzungen für eine Auszahlung in dieser Höhe erfüllen. Das geschah entgegen den klaren Vorgaben des Finanzministeriums im Verantwortungsbereich des Gesundheitsministeriums. Auszahlungen der Verpflegungspauschale in ungerechtfertigter Höhe wurden damit in Kauf genommen.

Mit dem am 06.04.2020 festgelegten generellen Verzicht einer ordnungsgemäßen Antragsprüfung hat das Gesundheitsministerium das LfF angewiesen, die haushaltsrechtlich unerlässliche Prüfung der Notwendigkeit zu unterlassen. Dies wich zudem von den Vorgaben des Ministerrats und der Verpflegungs-R ab.

61.3.2 Zweckbindung der Verpflegungspauschale und deren Nachprüfung


Gesundheitsministerium und LfF haben es versäumt, von Anfang an Vorgaben zur Zweckbindung für die Einrichtungen rechtlich verbindlich zu verankern. Allgemeine, etwa für die Öffentlichkeit gegebene Informationen und die Verpflegungs-R selbst entfalten dazu keine rechtlich bindende Außenwirkung. Antragsteller sind damit hier nur im Rahmen der von ihnen unterschriebenen Anträge verpflichtet worden. Für die Einrichtungen, die Antragsvordruck 1 verwendet hatten, war nicht zwingend erkennbar, dass die Verpflegungspauschale vollständig für die Verpflegung oder zur Anerkennung der Beschäftigten aufzuwenden ist; diejenigen, die Antragsvordruck 2 unterschrieben haben, gingen hinsichtlich der Weitergabe an die Beschäftigten eine solche Verpflichtung ein. Somit hatten begünstigte Einrichtungen je nach Antragsvordruck unterschiedliche Vorgaben hinsichtlich der Zweckbindung der Verpflegungspauschale.

Der bloße Hinweis des LfF auf den Verwendungszweck und mögliche Rückzahlungsverpflichtungen kann keinesfalls als Prüfung möglicher Rückforderungen gewertet werden. Im Ergebnis prüfte das LfF bis Ende 2021 mögliche Rückforderungen der den Einrichtungen ungerechtfertigt gezahlten oder bei ihnen verbliebenen Verpflegungspauschale nicht und nahm zusammen mit dem Gesundheitsministerium in Kauf, dass ungerechtfertigt erhaltene oder verwendete Leistungen nicht festgestellt wurden.

Bei mehr als einem Drittel der vom ORH geprüften Fälle wurde die Verpflegungspauschale bis Ende Oktober 2020 nicht zweckentsprechend verwendet. Diese Steuergelder kamen somit nicht den Beschäftigten der Einrichtungen zugute; vielmehr verblieben sie bei den Einrichtungen. Vor diesem Hintergrund empfiehlt der ORH dringend zu prüfen, ob wesentliche Teile der eingesetzten Mittel von über 130 Mio. Euro zweckwidrig nicht zur Verpflegung oder Anerkennung der Beschäftigten verwendet worden sind.


61.3.3 Verwendungszeitraum der Verpflegungspauschale

Der Verwendungszeitraum ist weder in der Verpflegungs-R noch im Verwaltungsverfahren geregelt. Dadurch wurde der Zweck der Verpflegungspauschale teilweise verfehlt: Gesundheitsministerium und LfF hätten sicherstellen müssen, dass die Verpflegungspauschale den Beschäftigten der Einrichtungen zeitnah zugutekommt.

Die erst im Mai 2021 bekannt gewordene pauschale Verlängerung des Verwendungszeitraums durch das Gesundheitsministerium bis zum 01.04.2021 ist nicht mehr zweckentsprechend und bedarfsgerecht, da die Verpflegungspauschale gemäß Ministerratsbeschluss für April und Mai 2020 vorgesehen war. Die weitergehende Verlängerung durch das Gesundheitsministerium erfolgte ohne vorherige Zustimmung durch den Ministerrat.

Im Ergebnis hätte das Gesundheitsministerium an dem Verwendungszeitraum festhalten sollen, der sich am Zeitraum des Ministerratsbeschlusses orientiert. Dies hätte für Antragsteller und Bewilligungsbehörde klar geregelt, dass nicht zeitgerecht verwendete Auszahlungen zurückzuerstatten sind.

Die unklaren und widersprüchlichen Aussagen von Gesundheitsministerium und LfF hinsichtlich des Verwendungszeitraums sowie der inkonsequente und uneinheitliche Vollzug der Verpflegungspauschale führten dazu, dass einige Einrichtungen vor dem 01.04.2021 vorhandene Restbeträge zurückgezahlt hatten. Dies wiederum führte zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung der Einrichtungen und ihrer Beschäftigten.


61.4 Stellungnahme der Verwaltung

Im Rahmen des Vollzugs der Verpflegungs-R sei sichergestellt worden, dass ausschließlich Einrichtungen begünstigt worden seien, welche auch tatsächlich anspruchsberechtigt gewesen seien. Da ein Fokus bei der Gewährung der Verpflegungs-R auf einer unbürokratischen und effektiven Unterstützungsleistung gelegen hätte, habe es sich aus Sicht des Gesundheitsministeriums als angemessen dargestellt, von dem vorgesehenen Verfahrensablauf der Nachweisforderung über die Anzahl der Beschäftigten in der Einrichtung abzuweichen. Da die durch die Verpflegungs-R unterstützten Einrichtungen die tragenden Säulen der Pandemiebekämpfung dargestellt hätten und zu diesen Einrichtungen ein begründetes Vertrauensverhältnis bestehe, sei eine überobligatorische Nachweispflicht der Mitarbeiterzahl in der Pandemiesituation entbehrlich gewesen. Ferner hätte es keine Anhaltspunkte gegeben, welche die Richtigkeit der Angaben durch die Einrichtungen infrage gestellt hätten. Zudem sei die Maßnahme zeitnah auf einen Zeitraum von zwei Monaten beschränkt worden.

Dies stelle auch keinen Widerspruch zu einer ordnungsgemäßen und rechtmäßigen Bewirtschaftung von Haushaltsmitteln dar. Ein Verstoß gegen gesetzliche Vorgaben wegen einer Leistungsgewährung in ungerechtfertigter Höhe sei nicht erkennbar.

Dass eine Überprüfung durch das LfF bislang nicht stattgefunden habe, sei dem derzeitigen hohen Arbeitspensum zuzuschreiben und stehe einer kommenden Überprüfung nicht entgegen. Insbesondere vor dem Hintergrund der anhaltenden Pandemiesituation und der erforderlichen Priorisierung von Arbeitsressourcen erscheine es angemessen, dass eine Überprüfung der Leistungsgewährung auch in einem gewissen zeitlichen Abstand erfolgen könne.

Eine Verpflichtung zu einer zweckentsprechenden Verwendung der erlangten Mittel sei durch die Verpflegungs-R festgeschrieben gewesen. Diese hätte im Wege der unechten Rückwirkung auf die Vergangenheit zurückwirken können und sei daher nachträglich zum 01.04.2020 wirksam geworden. Eine weitergehende Verpflichtung durch einen entsprechenden Passus in den Antragsunterlagen hätte allein wiederholende und klarstellende Wirkung gehabt.

Bei der Festsetzung der Verpflegungspauschale sei zunächst davon ausgegangen worden, dass eine Verwendung der Mittel grundsätzlich innerhalb des Zeitraums vom 01.04. bis zum 31.05.2020 stattfinden könne. Nachdem sich in der praktischen Umsetzung jedoch gezeigt habe, dass diese nicht immer möglich gewesen sei, sei auf die tatsächlichen Umstände reagiert worden. Den Einrichtungen sei deshalb zugesagt worden, dass eine Verwendung auch nach Ablauf des in der Verpflegungs-R festgesetzten Verwendungszeitraums möglich sei, sofern die Mittel bereits zweckentsprechend eingeplant worden wären. Deshalb habe sich das Gesundheitsministerium mit Blick auf den wellenartigen Verlauf der Corona-Pandemie im April 2021 dazu entschieden, dass die nach dem 31.05.2020 von den Einrichtungen bereits zweckentsprechend eingesetzten Mittel nicht zurückzuerstatten seien.

Auf Betreiben des LfF sei bis Ende 2021 insgesamt ein Betrag von 9,5 Mio. Euro von den antragstellenden Einrichtungen zurückerstattet worden; ferner seien noch 26 Sollstellungen über 262.016 Euro offen gewesen.

Soweit eine Leistung nach der Verpflegungs-R ungerechtfertigt erlangt worden sei sowie wenn den Einrichtungen Restbeträge verblieben seien, die nicht zweckentsprechend verwendet worden seien, erfolge eine Rücknahme/ein Widerruf der bewilligten Leistungen auf Grundlage allgemeiner verwaltungsrechtlicher Vorschriften der Art. 48, 49 BayVwVfG sowie eine Rückforderung der entsprechenden (Teil-)Beträge nach Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG. Das Rückforderungsrecht der Bewilligungsbehörde bestehe daher vollumfänglich.


61.5 Schlussbemerkung

Die Corona-Pandemie und die Maßnahmen für ihre Bewältigung haben die Verwaltung vor enorme Herausforderungen gestellt. Dennoch sind auch in einer Notlage bei Finanzhilfen elementare Grundsätze der Haushaltsführung zu wahren. Dazu gehört hier auch, dass die Verpflegungspauschale bei den Beschäftigten in vollem Umfang ankommt.

Steuergelder in Höhe von 133 Mio. Euro wurden ohne Prüfung der Leistungshöhe und Festlegung des Zwecks bzw. ohne weitere schriftliche Vorgaben zur Verwendung und ohne Kontrolle der tatsächlichen Verwendung ausgereicht. Immerhin weisen die Prüfungsergebnisse des ORH darauf hin, dass wesentliche Teile der eingesetzten Mittel zweckwidrig nicht zur Verpflegung oder Anerkennung der Beschäftigten verwendet worden sind.

Der ORH empfiehlt, künftig auch bei Hilfeleistungen in Notlagen

  • vorab die Leistungsvoraussetzungen und die Vorgaben zum Verwaltungsvollzug klar zu definieren und
  • vor der Leistungsgewährung die Voraussetzungen ordnungsgemäß zu überprüfen sowie diese konsequent und einheitlich anzuwenden.

Im Hinblick auf die unzureichende Umsetzung der Verpflegungspauschale steht eine Überprüfung der gewährten Leistungen immer noch aus. Soweit möglich, sollten zu Unrecht ausgereichte oder nicht zweckentsprechend verwendete Finanzmittel eingefordert werden.

 


[1] Die Verwendung der Verpflegungspauschale bei Universitätsklinika ist nicht Gegenstand dieses Beitrags.
[2] Pressemitteilung Nr. 71 der Bayerischen Staatskanzlei vom 24.03.2020; Nr. 6 Kostenfreie Verpflegung für Personal an bayerischen Krankenhäusern, Universitäts- und Reha-Kliniken sowie Alten-, Pflege- und Behinderteneinrichtungen / Anerkennung für großen Einsatz bei der Bewältigung der Corona-Pandemie.
[3] Nr. 1 Sätze 3 und 6 Verpflegungs-R.
[4] Nr. 3.1 Satz 1 Verpflegungs-R.
[5] Nr. 6 Verpflegungs-R.
[6] Nr. 8 Satz 5 des Antragsformblatts nach Nr. 5 Satz 3 Verpflegungs-R „Erstattung von Verpflegungskosten des Personals nach der Verpflegungs-R während der Corona-Pandemie“.
[7] Nr. 7 Satz 1 Verpflegungs-R.
[8] Nr. 7 Satz 3 Verpflegungs-R.
[9] Vgl. TNr. 61.2.2.
[10] Mitteilungen der Bayerischen Krankenhausgesellschaft Nr. 63/2021 vom 07.05.2021.