TNr. 52 Finanzierung der Neue Materialien Bayreuth GmbH

Für das Kompetenzzentrum Neue Materialien waren Beiträge der regionalen Partner vorgesehen. Mehr als 20 Jahre danach sind noch 3,2 Mio. Euro des Regionalbeitrags der Stadt Bayreuth offen. Das kann zulasten des Freistaates gehen, wenn dieser die fehlenden Mittel als Zuschussgeber ausgleichen würde.
Der ORH empfiehlt, dass das Wirtschaftsministerium zur gesamten Entwicklung, ihren Hintergründen und Auswirkungen sowie deren weiterer Handhabung berichtet.
Der ORH hat nach 2008 im Jahr 2020 erneut die Betätigung des Freistaates als Gesellschafter der Neue Materialien Bayreuth GmbH (NMB) und der Neue Materialien Fürth GmbH (NMF) geprüft. Schwerpunkt der Prüfung war die Erbringung der Finanzierungsbeiträge durch die regionalen Partner (Regionalbeiträge) für das Kompetenzzentrum Neue Materialien (KNM).
52.1 Ausgangslage
Die Staatsregierung konzipierte als Teil der „High-Tech-Offensive“ (HTO) das KNM. Infolge wurden 2000 die Dachbetriebsgesellschaft Neue Materialien Nordbayern GmbH und drei Standortbetriebsgesellschaften in Bayreuth (NMB), Fürth (NMF) und Würzburg gegründet. Ziel war es, eine auf industriellen Leichtbau spezialisierte Forschungseinrichtung in Nordbayern aufzubauen und den Transfer von Ergebnissen aus Forschung und Entwicklung in die Praxis zu beschleunigen.
Der Freistaat leistete aus HTO-Mitteln eine Anschubfinanzierung von 56 Mio. Euro zur Errichtung des KNM. Davon entfielen auf den Standort Bayreuth 33 Mio. Euro, auf den Standort Fürth 17 Mio. Euro und auf den Standort Würzburg 6 Mio. Euro. Das Gründungskonzept des KNM sah daneben vor, die vom Kompetenzzentrum profitierenden regionalen Partner finanziell über Regionalbeiträge proportional zum jeweiligen Anteil der Anschubfinanzierung zu beteiligen.
Nach Auslaufen der HTO-Mittel 2008 war das KNM weiterhin auf finanzielle Unterstützung des Freistaates angewiesen. Um eine dauerhafte Grundfinanzierung durch Zuwendungen bereitstellen zu können, änderte der Freistaat die Gesellschaftsstruktur ab 2008 grundlegend: Er löste die Dachbetriebsgesellschaft auf und veräußerte die Betriebsgesellschaft in Würzburg. Seitdem hält er bei der NMB 55% und bei der NMF 51% der Gesellschaftsanteile. Neben dem Freistaat sind u.a. die Stadt Bayreuth (15%) an der NMB und die Stadt Fürth (15%) an der NMF beteiligt.
52.2 Feststellungen
Nach dem Gründungskonzept sollte die Region Fürth einen Regionalbeitrag von 3,3 Mio. Euro und die Region Würzburg von 1,1 Mio. Euro leisten. Der Beitrag der Region Bayreuth belief sich auf 6,3 Mio. Euro; Regionalpartner waren die Stadt Bayreuth und bis 2008 die Oberfrankenstiftung. Die Erbringung der regionalen Mittel sollte zeitlich parallel zu den staatlichen Leistungen erfolgen.
Bei seiner Prüfung 2008 stellte der ORH fest, dass von den Regionalbeiträgen von 10,7 Mio. Euro erst 6,6 Mio. Euro (61%) tatsächlich geflossen waren.
2010 erklärten das Wirtschafts- und Finanzministerium in einer gemeinsamen Stellungnahme gegenüber dem ORH: „Wie im Gründungskonzept vereinbart, sind die Regionen zur vollständigen Erbringung ihres jeweiligen finanziellen Beitrags verpflichtet.“ Der Stand der geleisteten Regionalbeiträge werde regelmäßig kontrolliert und thematisiert.
Die Regionen Fürth und Würzburg erbrachten ihre Regionalbeiträge bis 2010 in voller Höhe. Von der für die Region Bayreuth vorgesehenen Kofinanzierung von 6,3 Mio. Euro zahlten die Oberfrankenstiftung und die Stadt Bayreuth zusammen 3,1 Mio. Euro.
2011 bis 2014 erinnerte das Wirtschaftsministerium die Stadt Bayreuth mehrmals an den ausstehenden Regionalbeitrag und dessen „zwingende Erbringung“.
Der ausstehende Regionalbeitrag der Stadt Bayreuth beträgt 3,2 Mio. Euro. Die Stadt beruft sich darauf, dass der Freistaat keine zahlungsbegründenden Vereinbarungen vorlegen konnte. Auch dem ORH konnte das Wirtschaftsministerium hierzu keine Unterlagen vorlegen.
52.3 Würdigung
Das Wirtschafts- und Finanzministerium haben 2010 bekräftigt, dass die Regionen zur vollständigen Erbringung ihres jeweiligen Regionalbeitrags verpflichtet sind. Dennoch stehen immer noch 3,2 Mio. Euro des Regionalbeitrags der Stadt Bayreuth aus.
Mehr als 20 Jahre nach Gründung des KNM hat sich daran nichts geändert. Dies ist umso unverständlicher, als die Region Bayreuth - darunter auch die Stadt Bayreuth - bereits fast die Hälfte ihres Regionalbeitrags geleistet hat.
Bleibt es dabei, führt dies zu einer Besserstellung gegenüber den beiden anderen Regionalpartnern Fürth und Würzburg, die ihre Beiträge in voller Höhe geleistet haben. Gleichzeitig entgehen der NMB diese Fördermittel bzw. Betriebseinnahmen.
Um nicht zum Ausgleich der fehlenden Mittel als Zuschussgeber gefordert zu werden, ist das Wirtschaftsministerium dringend gehalten, der Stadt Bayreuth die zahlungsbegründenden Unterlagen vorzulegen. Nach der auch für das Wirtschaftsministerium geltenden Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern sind alle wesentlichen Unterlagen sorgfältig aktenmäßig zu erfassen und aufzubewahren. Dazu gehören insbesondere zahlungsbegründende Unterlagen. Der ORH hält es für nicht hinnehmbar, dass das zuständige Ressort solche Akten nicht vorlegen kann.
52.4 Stellungnahme der Verwaltung
In seiner Stellungnahme weist das Wirtschaftsministerium darauf hin, dass im Gründungskonzept zu allen Standorten des Kompetenzzentrums Neue Materialien Nordbayern aus dem Jahr 2000 neben den Mitteln des Freistaates eine Kofinanzierung der von dem Vorhaben profitierenden Regionen vorgesehen war. „Ob zum damaligen Zeitpunkt eine rechtlich bindende Verpflichtung zur Zahlung des Regionalbeitrags am Standort Bayreuth bestand, lässt sich nicht mehr nachvollziehen.“
Das Wirtschaftsministerium teilt zudem mit, dass es das Thema Regionalbeitrag anlässlich der Gesellschafterversammlung der NMB am 16.06.2021 aufgegriffen und im Nachgang weitere Gespräche geführt habe.
Der Stadt Bayreuth wurde ebenfalls Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
52.5 Schlussbemerkung
Mehr als 20 Jahre nach Gründung des KNM sind noch 3,2 Mio. Euro des Regionalbeitrags der Stadt Bayreuth offen. Das kann zulasten des Freistaates gehen, wenn dieser die fehlenden Mittel als Zuschussgeber ausgleichen würde.
Der ORH empfiehlt, dass das Wirtschaftsministerium zur gesamten Entwicklung, ihren Hintergründen und Auswirkungen sowie deren weiterer Handhabung berichtet.