Jahresbericht 2022

TNr. 59 BayernHeim GmbH

Baustelle mit Kran und Gerüsten; Bild: ORH

Der Freistaat gründete 2018 die BayernHeim GmbH mit dem Ziel, dass diese 10.000 Mietwohnungen bis 2025 für untere und mittlere Einkommensgruppen vorrangig auf staatlichen Grundstücken neu schafft.

Die BayernHeim GmbH hat mehr als drei Jahre nach Gründung noch keine Wohnung selbst neu geschaffen. Stattdessen hat sie nur wenige Wohnungen erworben, die ohnehin errichtet worden wären. Mit dem Ankauf von Wohnungen, die bereits den Bestimmungen der staatlichen Wohnraumförderung unterliegen, verfehlt die BayernHeim GmbH ihre Zielsetzung, Wohnraum neu zu schaffen.

Der ORH hat 2020/2021 gemeinsam mit dem Staatlichen Rechnungsprüfungsamt Augsburg die Betätigung des Freistaates als Alleingesellschafter der Bayern-Heim GmbH (BayernHeim) geprüft. Schwerpunkt der Prüfung war die Umsetzung des mit der Unternehmensgründung verfolgten Ziels, 10.000 Mietwohnungen bis 2025 neu zu schaffen.


59.1 Ausgangslage

Der Freistaat gründete im Juli 2018 als Alleingesellschafter die BayernHeim und stellte der Gesellschaft als Startkapital bis zu 500 Mio. Euro aus Grundstockmitteln zur Verfügung: Hiermit soll die BayernHeim 10.000 Wohnungen bis 2025 für untere und mittlere Einkommensgruppen neu schaffen. Dazu sollen alle staatlichen Grundstücke und Konversionsflächen genutzt werden.1


59.2 Feststellungen


59.2.1 10.000 neue Wohnungen bis 2025

Die BayernHeim hatte zum Jahresende 2021 einen Bestand von 234 bezugsfertigen Wohnungen. Keine dieser Wohnungen befindet sich auf einem staatlichen Grundstück. Die BayernHeim hat diese von Dritten erworben. Alle Wohnungen unterlagen bereits beim Erwerb den Bestimmungen der Einkommensorientierten Förderung (EOF).

Das Bauministerium erstellte 2018 einen Businessplan, der jährliche Zielwerte für die Fertigstellung von 10.000 neuen Wohnungen bis 2025 enthält. Danach hätten bis Ende 2021 insgesamt 2.000 Wohnungen bezugsfertig sein sollen:

Tabelle 81

Die von der BayernHeim entwickelten Planzahlen liegen unter den Zielwerten des Businessplans. Die Planzahlen in der Tabelle umfassen Projekte, zu denen bereits Vorplanungen erstellt, Realisierungswettbewerbe durchgeführt oder Verträge abgeschlossen worden sind. Dabei ist nicht in allen Fällen das Baurecht bereits gesichert; auch die Zahl der Wohnungen steht oftmals noch nicht endgültig fest.

Bis Ende 2025 sollen nach den Planzahlen der BayernHeim vom Juli 2021  15,7% der 10.000 Wohnungen bezugsfertig sein. Knapp die Hälfte der bisher geplanten Wohnungen soll nach 2025 bezugsfertig sein. Bis Ende 2030 rechnet die Bayern-Heim damit, dass insgesamt 3.017 der 10.000 Wohnungen (30,2%) fertiggestellt sein sollen, davon 1.773 auf staatlichen Grundstücken.

Abbildung 31


59.2.2 Bauen auf staatlichen Grundstücken

Die BayernHeim soll zur Schaffung der 10.000 Wohnungen vorrangig staatliche Grundstücke2 und somit Flächen nutzen, die dem freien Markt nicht zur Verfügung stehen. Das Bauministerium prüfte 140 von den Ressorts als entbehrlich benannte staatliche Grundstücke: Im Ergebnis komme der weit überwiegende Teil jedoch nicht bzw. allenfalls langfristig für eine Wohnbebauung infrage.

Nach den Planzahlen der BayernHeim vom Juli 2021 waren 1.773 Wohnungen bis zum Jahr 2030 auf staatlichen Grundstücken geplant. Dies entspricht 17,7% der 10.000 Wohnungen. Nach den Planzahlen vom März 2020 waren es noch 1.997 gewesen; bei fast der Hälfte dieser Wohnungen (924) war die Realisierung nicht gesichert, beispielsweise aus Gründen der Wirtschaftlichkeit, des Denkmalschutzes, kommunaler Vorgaben und örtlicher Besonderheiten.


59.2.3 Ankauf von EOF-Wohnungen

Die BayernHeim kaufte bis Juli 2021 von Dritten Projekte mit insgesamt 848 Wohnungen, von denen Ende 2021 insgesamt 234 bezugsfertig waren. Alle angekauften Wohnungen unterlagen bereits beim Erwerb den Bestimmungen der EOF. Mit der EOF fördert der Freistaat die Schaffung von Wohnraum für Haushalte mit niedrigem Einkommen.3 Eigentümer erhalten vom Freistaat Darlehen und Zuschüsse für den Wohnungsbau. Im Gegenzug ist der Eigentümer verpflichtet, die Wohnungen für 25 oder 40 Jahre an Haushalte mit niedrigem Einkommen zu vermieten (sog. Belegungsbindung).

Kommunen können im Rahmen ihrer Planungshoheit den Bau von geförderten Wohnungen verbindlich vorgeben. Dieses Instrument nutzen regelmäßig Kommunen, in denen günstige Wohnungen knapp sind. Beispielsweise verpflichtet die Landeshauptstadt München Projektentwickler über die Sozialgerechte Bodennutzung (SoBoN) dazu, bezahlbare Wohnungen zu schaffen. So sieht das Grundmodell der SoBoN vor, dass 60% des neu geschaffenen Wohnbaurechts im geförderten und preisgebundenen Segment entstehen und die Belegungsbindung 40 Jahre beträgt.

Soweit ein Projektentwickler diese geförderten Wohnungen veräußert, tritt die
BayernHeim neben anderen privaten Investoren (z.B. Immobilienfonds, Versicherungsunternehmen, Stiftungen, Rentenkassen) als Kaufinteressentin auf. So bewarb sich die BayernHeim um 146 EOF-Wohnungen aus einem Projekt in München. Den Zuschlag erhielt ein privater Investor im Januar 2020.


59.3 Würdigung

Die BayernHeim hat mehr als drei Jahre nach Gründung noch keine Wohnung selbst neu geschaffen. Stattdessen hat sie nur wenige Wohnungen erworben, die ohnehin errichtet worden wären.

Der ORH verkennt nicht, dass die bisher geringen Planzahlen der BayernHeim noch mit Unsicherheiten behaftet sind und weitere Wohnungen hinzukommen können. Er weist aber darauf hin, dass mehr als die bereits bis Ende 2025 geplanten Fertigstellungen aufgrund der erforderlichen langen Vorlauf-, Planungs- und Bauzeiten kaum noch erreichbar sind.

Anders als bei der Unternehmensgründung angenommen, stehen laut eigener Analyse der BayernHeim nur wenige staatliche Grundstücke für eine Wohnbebauung zur Verfügung. Das Ergebnis der Analyse überrascht nicht, denn staatliche Grundstücke werden im Wesentlichen für Verwaltungszwecke genutzt oder vorgehalten.4 Nicht benötigte Grundstücke wurden daher in der Vergangenheit regelmäßig veräußert.

Die BayernHeim verfehlt mit dem Ankauf von EOF-geförderten Wohnungen das Ziel, Wohnraum für einkommensschwache Bevölkerungsgruppen neu zu schaffen, denn aufgrund kommunaler Vorgaben stehen diese Wohnungen ja schon unabhängig vom Tätigwerden der BayernHeim einkommensschwächeren Bevölkerungsgruppen zur Verfügung.

Zudem tritt die BayernHeim hier in Konkurrenz zu anderen Unternehmen der Wohnungswirtschaft. Nach den haushaltsrechtlichen Vorgaben darf die BayernHeim jedoch nur am Markt tätig werden, wenn der Zweck nicht ebenso gut oder besser durch andere erreichbar ist.5 Dies ist dann nicht der Fall, wenn - wie hier - bereits andere private Unternehmen diese Aufgabe übernehmen.

Die BayernHeim sollte sich entsprechend ihrer Zielsetzung darauf konzentrieren, Wohnraum neu zu schaffen, anstatt Wohnungen aufzukaufen, die bereits den Bestimmungen der staatlichen Wohnraumförderung unterliegen.


59.4 Stellungnahme der Verwaltung

Das Bauministerium hebt hervor, dass die BayernHeim ein bedeutender Baustein in den langfristigen Bemühungen sei, ausreichend bezahlbaren Wohnraum im Freistaat zu schaffen. Der Beitrag der BayernHeim zum Wohnungsangebot werde sich dabei kontinuierlich steigern. Die Präsenz der BayernHeim als zusätzlicher Akteur auf dem Wohnungsmarkt werde sich langfristig als Mehrwert erweisen.

Der Erfolg einer Unternehmensgründung lasse sich nicht allein daran bemessen, ob die reale Unternehmensentwicklung kongruent zum Gründungsbusinessplan verlaufe. Entscheidend für die Zielerreichung sei vielmehr, ob flexibel und effektiv auf Änderungen der Gegebenheiten reagiert werde. So habe die BayernHeim auf die deutlich geringere Anzahl geeigneter staatlicher Grundstücke als ursprünglich angenommen reagiert und eine neue auf Grundstücksakquise und -entwicklung spezialisierte Organisationseinheit geschaffen, die inzwischen sechs Beschäftigte umfassen würde.

Die BayernHeim sehe ihr Handlungsfeld durch besondere Regeln, nicht zuletzt solchen des Haushaltsrechts, abgesteckt. Die Einhaltung der Regeln mit diversen Zielrichtungen führe zwangsläufig zu bremsenden Effekten. So würden der Subsidiaritätsgrundsatz und das Gebot der Wirtschaftlichkeit in einigen Fällen dazu führen, dass bei einem potenziellen Grundstückskauf weitere Kriterien bedacht werden müssten, als dies private Mitbewerber tun müssten. Daher sei es der BayernHeim im Gegensatz zu privaten Mitbewerbern verwehrt, Grundstücksspekulation zu betreiben, indem noch nicht baureife Grundstücke in der Hoffnung des Entstehens späteren Baurechts spekulativ erworben und gehalten werden.

Zum Jahresende 2021 habe sich die Planzahl der bezugsfertigen Wohnungen bis 2025 dynamisch entwickelt und in Summe um 636 erhöht.6 Gleichwohl könne aktuell keine belastbare Prognose der bis 2025 tatsächlich bezugsfertigen Wohnungen abgegeben werden.

Das Nebeneinander von eigenen Neubauvorhaben und Ankaufobjekten sei für die langfristige Zielerreichung erforderlich. Dass in den ersten Jahren insbesondere Ankaufsvorhaben bezugsfertige Wohnungen liefern, liege in der Natur der Sache. Deren Entwicklungen seien schließlich oft bereits vor der Gründung der Bayern-Heim begonnen worden.


59.5 Schlussbemerkung

Die BayernHeim hat mehr als drei Jahre nach Gründung noch keine Wohnung selbst neu geschaffen. Stattdessen hat sie nur wenige Wohnungen erworben, die ohnehin errichtet worden wären. Mit dem Ankauf solcher Wohnungen, die bereits den Bestimmungen der staatlichen Wohnraumförderung unterliegen, tritt sie in Konkurrenz zu privaten Mitbewerbern. Insgesamt verfehlt die BayernHeim damit ihre Zielsetzung, Wohnraum neu zu schaffen.

Der ORH empfiehlt, mit den vom Freistaat eingesetzten Mitteln zusätzlichen Wohnraum zu schaffen, anstatt Wohnungen aufzukaufen, die bereits den Bestimmungen der staatlichen Wohnraumförderung unterliegen. Zudem sollte die BayernHeim darlegen, ob und wie es ihr gelingen kann, in wirtschaftlicher Weise zu einer messbaren Belebung des Angebots neuer Mietwohnungen beizutragen.

 


[1] Begründung B) zum 2. NHG 2018, §1 Nr. 3 zu Abs. 19.
[2] Pressemitteilung Nr. 97 der Bayerischen Staatskanzlei vom 15.05.2018.
[3] Art. 11 BayWoFG.
[4] VV Nr. 6.2 zu Art. 64 BayHO.
[5] Art. 65 Abs. 1 Nr.1 2. Halbsatz BayHO.
[6] Stand 12/2021: 2.203 Wohnungen (1.567 Wohnungen (Stand: 7/2021 vgl. Tabelle 81) zuzüglich 636 zusätzliche Wohnungen).