TNr. 27: Förderung einer außeruniversitären Forschungseinrichtung

Der Staat fördert eine außeruniversitäre Forschungseinrichtung institutionell und bezahlt bei Drittmittelprojekten erneut Personalkosten, die bereits in der Förderung enthalten sind. Dies ist unzulässig.
27.1 Sachverhalt
Der Staat fördert gemeinsam mit dem Bund institutionell den Stammhaushalt einer außeruniversitären gemeinnützigen und unabhängigen Forschungseinrichtung in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins mit über 7 Mio € jährlich. Darüber hinaus zufließende Einnahmen aus Aufträgen sowie zweckfreie Spenden (Drittmittelhaushalt) werden vom Staatsministerium nicht zuwendungsmindernd auf die institutionelle Grundfinanzierung angerechnet.
Für den Verein wurde nach einem kritischen Votum des Wissenschaftsrats aus dem Jahr 1998 ein neues Konzept beschlossen, das insbesondere eine stärkere Politikorientierung, die Hinwendung zum internationalen Institutenvergleich und die Schaffung eines europäischen Forschungsnetzwerks enthielt. Damit verbunden war eine Kürzung der Fördermittel um 25 % (1,75 Mio € jährlich).
Im Zusammenhang mit seiner Neustrukturierung gründete der Verein Anfang 1999 zusammen mit einer Universität die Gesellschaft zur Förderung der Wirtschaftswissenschaften mbH. Zweck der Gesellschaft sind die wissenschaftliche Forschung, die Schaffung von Stiftungsprofessuren (die GmbH stiftet der Universität drei C3-Professuren) und die Forschungskooperation mit internationaler Ausrichtung.
Die GmbH, die 2002 zehn Mitarbeiter beschäftigte (davon vier hauptamtlich), wird vom Freistaat Bayern allein institutionell zu 100 % mit 1,75 Mio € jährlich gefördert.
Ziel der bayerischen Bemühungen und Finanzierungshilfen war und ist es, den neu strukturierten Verein wirtschaftlich zu konsolidieren und wieder zu einer renommierten Forschungseinrichtung aufzubauen.
27.2 Prüfung durch den ORH
27.2.1 Doppelfinanzierungen
Bei der Prüfung von Drittmittelprojekten, die der Staat beim Verein in Auftrag gegeben und zusätzlich bezahlt hat, wurden teilweise Kosten für das Stammpersonal (vor allem Wissenschaftler, aber auch wissenschaftliche Mitarbeiter) in die Berechnung des Finanzbedarfs einbezogen, die bereits institutionell zu 100 % gefördert worden waren.
Um solche Doppelfinanzierungen künftig zu vermeiden, sollte auf eine exakte Zuordnung und Abgrenzung der Kosten zwischen Stammhaushalt und Drittmittelhaushalt geachtet werden. Institutionell geförderte Kosten dürfen bei staatlich geförderten Projekten nicht erneut in Ansatz gebracht werden, bei staatlichen „Aufträgen“ müssen sie sich mindernd auf die institutionelle Förderung auswirken.
27.2.2 Gründung einer GmbH
Aus Sicht des ORH überschneiden sich die Aufgaben der GmbH mit denen des Vereins bzw. der Universität. Sie hätten ohne großen zusätzlichen Aufwand von diesen Einrichtungen mit wahrgenommen werden können. Dafür spricht auch, dass der Geschäftsführer und die vier Direktoren der GmbH zugleich im Verein oder an der Universität tätig sind. Dies verursacht zudem über die GmbH nochmals nicht unerhebliche Personalkosten, die aus öffentlichen Mitteln gedeckt werden.
27.3 Stellungnahme des Staatsministeriums
Das Staatsministerium vertritt die Auffassung, dass ein Anreiz für die geförderte Forschungseinrichtung, Mittel Dritter einzuwerben, nur dann bestehe, wenn sich Einnahmen aus Aufträgen und öffentlichen Fördervorhaben beim Zuwendungsempfänger nicht zuwendungsmindernd auf die institutionelle Grundfinanzierung auswirkten. Dies gelte auch bei anderen Forschungseinrichtungen und Hochschulen. Art und Umfang der Drittmittel-Einwerbung gälten als Qualitätsmaßstab und wichtiger Indikator bei Evaluierungen. Der Leistungsaustausch zwischen institutionell grund- und drittmittelfinanzierten Kapazitäten sei rechtlich zulässig und in der Praxis unentbehrlich. Eine Aufteilung der Aufgaben zwischen diesen Bereichen sei nicht möglich, die Aufteilung der Kosten sehr wohl.
Die gemeinsame Finanzierung von Bund und Ländern beschränke sich auf die Forschungseinrichtung, das neue Konzept sei aber von Anfang an auf den Forschungsstandort München insgesamt ausgerichtet gewesen und habe auf eine Bündelung der Potentiale gezielt. Demzufolge sei die Gründung einer Tochter-GmbH nur gemeinsam mit der Universität sinnvoll und erfolgversprechend gewesen. Die hierfür neu eingesetzten Mittel kämen nicht nur der Forschungseinrichtung, sondern allen Partnern zugute und dienten der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung am Standort insgesamt. Aus der Tatsache, dass GmbH und Verein in Personalunion geführt würden und Mitarbeiter im Nebenamt dort tätig seien, könne angesichts des nötigen Aufwands nicht geschlossen werden, dass die Aufgaben auch durch Universität oder Verein erledigt werden könnten.
Erst die Aktivitäten der eigens gegründeten GmbH hätten den schnellen Erfolg und die internationale Sichtbarkeit der wissenschaftlichen Forschung ermöglicht. Auf anderem Wege hätte diese Wirkung nicht erreicht werden können.
27.4 Schlussbemerkung
Der ORH ist der Auffassung, dass wie bei anderen Forschungseinrichtungen und Hochschulen in Bayern bei Bemessung öffentlicher Drittmittel grundsätzlich nur zusätzlich entstehende Kosten berücksichtigt und bereits vom Staat getragene Aufwendungen nicht nochmals in die Förderung einbezogen werden dürfen. Die der Forschungseinrichtung gewährte Sonderstellung lässt sich mit der gewünschten Anreizwirkung nicht begründen und führt zur Überfinanzierung, die gegen den Grundsatz von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit verstößt. Der ORH fordert deshalb eine kritische Überprüfung des staatlichen Finanzierungsbeitrags.
Er ist unverändert der Auffassung, dass die fachliche Neuausrichtung des Vereins nicht von der GmbH abhängt, sondern von Universität und Verein gemeinsam hätte kostengünstiger gestaltet werden können. Die infolge der Neueinstufung des Vereins frei gewordenen Haushaltsmittel hätten dann dem Staatshaushalt zugute kommen können.