Jahresbericht 2005

TNr. 40: Personalkosten im Pflegedienst der Universitätsklinika

Eine Untersuchung der Kosten des Pflegepersonals an den fünf Universitätsklinika hat erhebliche Unterschiede ergeben. Nach Ansicht des ORH besteht in diesem Bereich ein beträchtliches Potential zur Kostensenkung.

Alle bayerischen Hochschulklinika haben inzwischen das neue, auf Fallpauschalen basierende Vergütungssystem (DRG1) eingeführt. Vor allem wegen der für alle Krankenhäuser Bayerns ab 2005 geltenden einheitlichen Basisfallwerte sind die Universitätsklinika in Zukunft einem erheblich stärkeren Wettbewerb ausgesetzt, der sie zu weiteren Einsparungen zwingen wird.

Für das Pflegepersonal haben die Hochschulklinika 259 Mio € (2004) aufgewendet. Eine Querschnittsuntersuchung des ORH hat in diesem Bereich erhebliche Unterschiede zwischen den Klinika aufgezeigt.

Das neue Vergütungssystem wird zu einem deutlichen Rückgang der Verweildauer führen. Eine Umfrage eines Beratungsunternehmens2 hat ergeben, dass sich die Mehrheit der Krankenhausmanager deshalb sicher ist, in den nächsten Jahren weniger Pflegepersonal aber mehr Ärzte zu benötigen. Auch die Hochschulklinika werden von diesem Trend nicht ausgenommen bleiben.

40.1 Gegenstand der Querschnittsuntersuchung

 

Zum Pflegedienst zählt nach den Vorgaben der Krankenhausbuchführungsverordnung die Pflegedienstleitung sowie das Pflege- und Pflegehilfspersonal im stationären Bereich einschließlich der Pflegekräfte in Intensivpflege- und -behandlungseinheiten sowie Dialysestationen. Ferner wurden dem Pflegedienst entsprechend der Fachliteratur folgende Bereiche zugeordnet: klinisches Hauspersonal, Zivil- und Ersatzdienstleistende, Helferinnen des freiwilligen sozialen Jahres, Praktikanten, Stationshilfen, Stations- und Sitzwachen, Mentoren, Schüler/innen in Krankenpflege, Kinderkrankenpflege und Krankenpflegehilfe, Stationssekretärinnen.

40.2 Gesamtvergleich

40.2.1 Bedarfsermittlung

 

Der Pflegepersonalbedarf wird im Bereich der Allgemeinpflege (rd. 90 % der aufgestellten Betten) von allen Universitätsklinika auf der Basis der Pflegepersonalregelung (PPR)3 ermittelt. Diese zum 2. Januar 1993 in Kraft getretene Bundesverordnung wird als Hilfe zur Bedarfsermittlung weiterhin angewendet, obwohl sie wegen der damit verbundenen, finanziellen Mehrbelastung des Gesundheitswesens zum 1. Juli 1997 wieder aufgehoben wurde. Weil die PPR-Vorgaben seitdem unverbindlich waren, haben sich bei der klinikinternen Umsetzung erhebliche Differenzen ergeben. Im Rahmen der Prüfungen wiesen die Pflegedirektionen auch darauf hin, dass die Soll-Werte zu hoch liegen und die Personalbemessungssysteme primär zur Verteilung des vorhandenen Personals auf die verschiedenen Fachrichtungen genutzt werden. Der ORH geht deshalb von den Ist-Werten aus. Hiernach ergibt sich für 2001 (Stichtag 31. Dezember 2001) nachfolgender Vergleich:

Zahlenübersicht_1

 

Bei diesem Vergleich ergeben sich die niedrigsten Zahlen bei der TUM und Großhadern. Hier dürfte sich der frühere Pflegepersonalmangel in München und die damals eingeschränkte Besetzungsmöglichkeit auswirken. In den Folgejahren hat die knappe Finanzlage eine Aufstockung des Personals verhindert.

Das Staatsministerium hat hierzu darauf hingewiesen, dass derzeit beim Klinikum der LMU 331 Kr-Stellen unbesetzt sind, was sich mit Einführung der DRG sicherlich positiv auswirken werde.

40.2.2 Pflegepersonalquoten

 

Wegen der unterschiedlichen Größe der Universitätsklinika ist ein unmittelbarer Vergleich der Pflegepersonalkosten nicht sinnvoll. Legt man als Vergleichsparameter die stationären Krankenhauserlöse (einschließlich Abführungen für Privatliquidationen) zugrunde, so ergibt sich für 2001 und 2004 Folgendes:

Zahlenübersicht_2
Von 2001 auf 2004 ist das Verhältnis der Pflegepersonalkosten zu den Erlösen geringfügig zurückgegangen. Die höchsten Pflegepersonalkosten hatte in beiden Jahren das Klinikum Würzburg. Der Unterschied der Pflegepersonalquote im Jahr 2004 zwischen den Hochschulklinika LMU (19,8 %) und Würzburg (28,8 %) beträgt 45 %.

Das Klinikum Regensburg mit der niedrigsten Pflegepersonalquote sollte nicht Vergleichsbasis sein. Es führt als Rumpfklinikum verschiedene Fachrichtungen nicht (Kinderheilkunde, Kinderchirurgie, Frauenheilkunde, Psychiatrie und Psychotherapie, Neurologie, Urologie und Orthopädie) und ist insoweit nur über Kooperationsverträge mit Krankenhäusern anderer Träger verbunden. Das volle Leistungsspektrum und eine hohe Zahl von Patienten mit höchst komplizierten Krankheitsbildern finden sich aber beim Klinikum der LMU mit der zweitniedrigsten Pflegepersonalquote.

Legt man das Klinikum der LMU als Maßstab zugrunde, so würde sich vor allem in Würzburg und Erlangen ein erhebliches Einsparpotential ergeben, das auch genutzt werden muss, um nach Einführung der DRG künftig Defizite zu verringern.

40.3 Vergleich der Fachrichtungen

 

Neben einer Gesamtbetrachtung (vgl. Zahlenübersicht 2) hat der ORH für 2001 auch die Fachrichtungen aller einzelnen Universitätskliniken untersucht (Stichtag 31. Dezember 2001). Um eine Beeinflussung durch individuelle Besonderheiten (z.B. Altersstruktur) zu vermeiden, wurden dem Ist-Personal die jeweiligen Personaldurchschnittskosten5 zugrunde gelegt. Auszubildende, die wegen ihres Durchlaufs durch verschiedene Stationen einer bestimmten Klinik nicht zuordenbar waren, blieben außer Betracht, ebenso Beschäftigte im Erziehungsurlaub, Drittmittelpersonal und Dauerkranke. Die Kosten für Gestellungsschwestern (LMU) und Leihkräfte sind enthalten. Mitarbeiter in Altersteilzeit sind entsprechend ihrer Arbeitsleistung erfasst.

Anders als beim Gesamtvergleich konnten die Erlöse als Maßstab nicht herangezogen werden, da bei den meisten Klinika die Kosten- und Leistungsrechnungen noch nicht bis auf Fachrichtungsebene verfeinert sind. Der ORH hat daher als Leistungsparameter die jeweilige Zahl der voll- und teilstationären Berechnungs-und Belegungstage6 zugrunde gelegt.

Ein Vergleich der wichtigsten Fachrichtungen zeigt erhebliche Unterschiede zur jeweils kostengünstigsten Klinik:

Zahlenübersicht_3

Basis:

  • Personaldurchschnittskosten des Krankenpflegedienstes (Kr-Stellen) Stand 2001
  • Abweichung zum jeweils kostengünstigsten Klinikum
  • Anteil der Intensivbetten an den aufgestellten Betten

 

Es ergeben sich z.T. erhebliche Abweichungen bei den Pflegepersonalkosten gleicher Fachrichtungen.

Das Staatsministerium hat speziell zum Vergleich der Fachrichtungen ausgeführt, dass dieser interessante Hinweise auf den Personaleinsatz an den einzelnen Standorten ergäbe. Nicht berücksichtigt seien aber das jeweils unterschiedliche Leistungsspektrum sowie wissenschaftliche und klinische Schwerpunkte und bauliche Strukturen.

Der ORH weist hierzu daraufhin, dass alle Universitätskliniken in gleicher Weise der Forschung und Ausbildung von Medizinstudenten dienen sowie die Krankenversorgung der höchsten Versorgungsstufe gewährleisten. Die Kosten wissenschaftlicher Schwerpunkte sind aus dem Landeszuschuss zu tragen. Im Übrigen entsteht hier kaum ein besonderer Bedarf im Bereich der Pflegekräfte, sondern bei den wissenschaftlichen Mitarbeitern. Der ORH vermag daher keine wesentlichen Gesichtspunkte zu erkennen, die einem Vergleich entgegenstünden.

40.4 Stellungnahme des Staatsministeriums

 

Das Staatsministerium teilt grundsätzlich die Ansicht des ORH, dass mit der Einführung des DRG-Systems und einem damit erheblich verstärktem Wettbewerb die Universitätsklinika gezwungen sein werden, Kostenreduzierungen vorzunehmen. Nachdem die Leistungen ausschließlich auf der Basis der landesweit einheitlichen Fallpauschalen vergütet werden, sei es notwendig, die Kosten pro Behandlungsfall so niedrig wie möglich zu halten und Einsparpotentiale zu identifizieren. Dabei komme auf Grund des hohen Personalanteils der Hochschulklinika der Steuerung des Personalbedarfs eine besondere Bedeutung zu.

Wie die ausgeglichenen Jahresergebnisse 2004 der bayerischen Universitätsklinika mit Ausnahme von Würzburg belegten, würden die Klinika aber alle Anstrengungen unternehmen, im Rahmen des geltenden Krankenhausfinanzierungssystems ihre bisherige Wirtschaftlichkeit zu erhalten. Dabei seien die Untersuchungen des ORH für den Vorstand eine Aufforderung zu einer ergebnisorientierten Planung, Steuerung und Überwachung des Unternehmens sowie zur Überprüfung der Unternehmensstrategien. Unterschiedliche Leistungsspektren, die baulichen und organisatorischen Voraussetzungen der Klinika bzw. einzelner Fachbereiche müssten dabei jedoch berücksichtigt werden.

Ungeachtet der gesetzlichen Verpflichtung der Klinikumsvorstände zur „eigenverantwortlichen“ Leitung der Geschäfte (Art. 52 g Abs. 1 Satz 1 BayHSchG) beabsichtige das Staatsministerium, die Entwicklung der Pflegepersonalkosten in künftigen Aufsichtsratssitzungen auf die Tagesordnung zu nehmen.


1) Diagnosis Related Groups

2) vgl. www.mummert-consulting.de

3) PPR vom 21.12.1992 (BGBl I S. 2316 ff.)

4) für den Krankenpflegedienst zugewiesene Stellen

5) gemäß jährlicher Bekanntmachung des StMF

6) gemäß § 14 Abs. 2 und 7 der Bundespflegesatzverordnung in der Fassung vom 27.04.2001

 



Umsetzung dieses Prüfungsergebnisses