TNr. 15: Externe Beratung und externes Controlling der regionalen Technologiekonzepte der der HTO

Im Rahmen der High-Tech-Offensive Bayern wurden auch regionale Technologiekonzepte gefördert. Externe Sachverständige waren bei der Auswahl der regionalen Projekte und dem begleitenden Controlling beteiligt. Vergabe, Vertragsgestaltung sowie haushaltsmäßige Abwicklung waren jedoch mangelhaft. Vor allem aber wurden die mit der Einschaltung der Externen angestrebten Ziele trotz Kosten von fast 4 Mio € nicht erreicht.
15.1 Allgemeines
Mit den Privatisierungserlösen aus dem Verkauf von Anteilen der VIAG AG in Höhe von rd. 1,2 Mrd € wurden ab dem Jahr 2000 Mittel für die „High-Tech-Offensive-Bayern“ (HTO) bereitgestellt. Erklärtes Ziel der Staatsregierung war es, mit dieser Initiative dem technologischen Fortschritt in Bayern einen landesweiten Schub zu geben.1
Ein erheblicher Teil der Mittel, nämlich rd. 183 Mio €, sollte dabei in regionale Technologiekonzepte fließen. Auswahlkriterien der Staatsregierung für die Projekte waren dabei die forschungs- und technologiepolitische Bedeutung, die Stärkung des Forschungs- und Technologienetzwerks, die Arbeitsplatzrelevanz und die Kosten-Nutzen-Relation.
Bereits bei der Vorbereitung der HTO war durch den Ministerrat bestimmt worden, dass die regionalen Technologiekonzepte selbständig durch die Regierungen erstellt, mit der regionalen Wirtschaft und den Kommunen abgestimmt sowie interministeriell koordiniert werden sollten. Dabei wurde auch festgelegt, externe Berater einzuschalten. Entsprechend einer Abstimmung mit den Regierungspräsidenten war vorgesehen, für jeden Regierungsbezirk einen eigenen Berater auszuwählen.
Die Aufträge an die Beratungsunternehmen im Gesamtumfang von 1 Mio € wurden nach vorangegangener Vergabebekanntmachung freihändig im Verhandlungsverfahren vergeben. Allerdings wurde insgesamt nur mit fünf Unternehmen verhandelt, obwohl sieben Lose (pro Regierungsbezirk ein Berater) zu vergeben waren. Im Ergebnis hat jeder Anbieter, obwohl deutliche Preisunterschiede in den Angeboten vorlagen, mindestens einen Auftrag erhalten.
Nach den Vorgaben der Staatsregierung sollte das gesamte Fördervolumen der regionalen HTO von 183 Mio € in einem Zug vergeben werden. Die Gutachter hatten darauf hingewiesen, dass es aufgrund der großen Eile und der unpräzisen Vorgaben erhebliche Probleme mit der Qualität der Projektvorschläge gebe und das vorgegebene Fördervolumen kaum ausgeschöpft werden könne, wenn die Auswahlkriterien ernst genommen würden. Die „dürftige Qualität vieler Projekte“ fiel zwar auch der Verwaltung auf, gleichwohl hielt sie daran fest, die verfügbaren Mittel bereits 1999 vollständig festzulegen. Bis Februar 2005 wurden 44 der rd. 160 im Nachtragshaushalt 2000 aufgeführten Projekte (27 %) zurückgezogen.
15.2 Externes Controlling
15.2.1 Vertragsgestaltung und -abwicklung
Nach einem Verhandlungsverfahren mit vorangegangener Vergabebekanntmachung schloss das Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie (StMWIVT) im Juli 2000 einen Vertrag mit einem Beratungsunternehmen über das externe Controlling der regionalen HTO. Die Leistung der Controllerin sollte aus vier Teilen bestehen:
- Finanzcontrolling,
- fachliche Prüfung einzelner Projekte, insbesondere Nachrückerprojekte,
- fachliche Begleitung und Coaching einzelner Projekte,
- Aufbau und Ausarbeitung eines internen Berichtswesens.
Im August 2004 wurde die Laufzeit des Vertrags bis Ende März 2006 verlängert. Insgesamt wird der Vertrag nach derzeitigem Stand rd. 2,9 Mio € kosten.
Der ORH hat festgestellt, dass die zu erbringenden konkreten Leistungen primär durch den Gutachter selbst bestimmt worden sind oder durch die Bezugnahme auf verschiedene, nicht widerspruchsfreie Dokumente der Auftragnehmerin (z.T. lediglich in Form von Präsentationsunterlagen) definiert sind.
Über die Einordnung der Vereinbarung als Werk- oder Dienstvertrag wurde kein Einvernehmen erzielt. Deshalb wurde generell von entsprechenden Vertragsbestimmungen abgesehen. Nicht einmal die Anzahl der zu leistenden Bearbeitertage - obwohl entscheidendes Kriterium bei der Auftragsvergabe - wurde ausdrücklich in den Vertrag aufgenommen. Mangels vertraglicher Regelungen wurden weder die werkvertraglichen Teilleistungen abgenommen noch die dienstvertraglichen Teilleistungen effektiv kontrolliert. Eine ordnungsgemäße Bewertung der Leistung der Auftragnehmerin als vertragsgemäß ist damit nicht möglich.
Das StMWIVT hält dem entgegen, die Leistungen der Auftragnehmerin seien immer in Abstimmung mit der Auftrag gebenden Verwaltung erbracht und - soweit es sich um werkvertragliche Leistungen handele - konkludent abgenommen worden. Insofern sei sichergestellt, dass die Leistungsinhalte nicht von der Auftragnehmerin selbst bestimmt wurden. Nach Auffassung des ORH ändert dies jedoch nichts an der Tatsache, dass der Vertragsinhalt primär durch Dokumente der Auftragnehmerin spezifiziert worden ist. Diese Dokumente waren zudem außer dem StMWIVT keiner Stelle, die Leistungen der Auftragnehmerin abrufen konnte, bekannt. Deshalb konnte die Verwaltung die konkret erbrachten Leistungen der Auftragnehmerin auch nicht an diesem Maßstab messen.
Später machte die Auftragnehmerin Aufwandsüberschreitungen geltend, da die Zahl der zu begutachtenden Projekte deutlich höher lag als bei Vertragsschluss angenommen. Außerdem berief sie sich auf erhöhten Aufwand bei der Pflege der Controlling-Datenbank. Dies führte dazu, dass wichtige Teilleistungen aus den Bereichen Finanzcontrolling und Fachliche Begleitung/Coaching reduziert oder fallen gelassen und das eigentliche Projektcontrolling damit massiv entwertet wurde. Das StMWIVT wendet ein, es habe sich lediglich um temporäre Leistungsreduzierungen und zeitliche Verschiebungen gehandelt, die ohne reale Folge geblieben seien. Wenn dies zutreffen würde, stellt sich allerdings die Frage, wie dadurch die geltend gemachten Aufwandsüberschreitungen bei der Auftragnehmerin hätten aufgefangen werden sollen.
Im Dezember 2002 standen den Zahlungen des Staates von fast 2 Mio € nur Gegenleistungen der Auftragnehmerin im Wert von rd. 1,7 Mio € gegenüber, obwohl sich die Zahlungen an den erbrachten Leistungen orientieren sollten. Diese Vorleistung war nicht von Art. 56 Abs. 1 BayHO gedeckt.
15.2.2 Mängel des externen Controllings
Die Ergebnisse des externen Controllings weisen aus der Sicht des ORH insbesondere folgende Mängel auf:
- Die Bewertungen für die Auswahl der Nachrückerprojekte sind z.T. inkonsistent und mangels Begründung nicht nachvollziehbar.
- Für ein effektives Controlling fehlte mit der Festlegung, die Daten im Regelfall nur zweimal jährlich zu aktualisieren, bereits die wichtigste Grundlage. Der formulargebundene Rückmeldeprozess war bürokratisch und aufwendig, die Meldungen kamen deshalb lange Zeit auch unzuverlässig. Dies führte zu einem Controlling auf Basis z.T. veralteter Daten.
- Die Controllerin beschäftigte sich in erheblichem Umfang mit der Datenerfassung, was zu Einschränkungen der eigentlichen Controllingaktivitäten führte (vgl. TNr. 15.2.1). Die Erfassung der projektbezogenen Informationen von allen an der Förderung beteiligten Stellen, deren zentrale Speicherung und die Aufbereitung für Auswertungen hätte mit eigenem Personal durchgeführt werden können.
- Die Validität der gemeldeten Daten sollte in einem Stichprobenverfahren vor Ort untersucht werden. Dies ist jedoch in viel zu geringem Umfang geschehen.
- Aufgabe des Controllings wäre es gewesen, Plan-Ist-Abweichungen zu erkennen und dadurch Projektrisiken frühzeitig zu identifizieren. Tatsächlich mussten bei der regionalen HTO die Projektverantwortlichen bzw. die beteiligten staatlichen Stellen die Risiken selbst erkennen und dann an die Controllerin melden. In keinem Fall konnte die Controllerin bei Projekten, die abgebrochen werden mussten, das hierfür verantwortliche Risiko vorher selbst identifizieren. Versuche, die Projektrisiken mit Hilfe der Controllerin zu beherrschen, sind nicht dokumentiert.
- Projekte mit aktuellen Problemen wurden anhand einer Ampelbewertung mit „gelb“ oder „rot“ gekennzeichnet. Diese Projekte sollten besonders intensiv beobachtet werden. Bislang erhielten lediglich 5 % der Projekte eine entsprechende Einstufung. Zu Empfehlungen für eine verbesserte Projektsteuerung durch die Controllerin kam es dabei kaum.
- Fachliche und methodische Unterstützungsleistungen sowie Leistungen im Rahmen eines Projektcoachings bewegten sich nach eigenen Angaben der Controllerin auf sehr geringem Niveau. Soweit solche Leistungen erbracht wurden, sind sie wegen fehlender Dokumentation nicht nachvollziehbar und haben sich zudem ganz überwiegend auf die Phase vor dem Projektstart bezogen. Eine verbesserte Projektsteuerung ist somit nicht erreicht worden.
15.2.3 Auffassung der Verwaltung
Nach der Stellungnahme des StMWIVT, die mit der Staatskanzlei abgestimmt ist, war ein Projektcontrolling in dem Sinne, wie es der ORH verstehe, von der Staatsregierung weder beabsichtigt noch mit den eingesetzten Ressourcen leistbar. Die Sichtweise des ORH weiche in diesem Punkt diametral von der Auftrag gebenden Verwaltung ab. Das Controlling sollte sich darauf beziehen, den Gesamterfolg des Programms sicherzustellen. Diese vertraglich geschuldete Leistung habe die Auftragnehmerin in vollem Umfang erbracht. Ein auf die Einzelprojekte bezogenes Projektcontrolling falle allein in die Zuständigkeit des Zuwendungsnehmers. Wäre damit die externe Controllerin beauftragt worden, hätte dies schlicht Doppelarbeit bedeutet, was vor dem Hintergrund der Notwendigkeit und Effizienz nicht zu verantworten gewesen wäre.
Zu den einzelnen angesprochenen Punkten bemerkt das StMWIVT, dass eine aus sich heraus nachvollziehbar transparente Projektauswahlbewertung einen mindestens dreifachen Zeitaufwand verursacht hätte, ohne inhaltlich eine Verbesserung zur Folge zu haben. Aus dem Ruder laufende Projekte seien mit einem Programmcontrolling, das allein vertraglich geschuldet gewesen sei, nicht unmittelbar und kurzfristig zu erkennen. Bei den Problemprojekten habe die Auftragnehmerin ihr Know-how, z.B. durch Kontakte mit den zuständigen Stellen und die Teilnahme an Sitzungen, eingebracht. Fachliche oder methodische Unterstützungsleistungen seien in der Umsetzungsphase i.d.R. nicht erforderlich gewesen, weil Antragsteller mit ungenügenden Managementfähigkeiten bereits durch die Projektauswahl ausgesondert worden seien.
Das StMWIVT bewertet das externe Controlling außerordentlich positiv. Es habe eine große Entlastung und Unterstützung bedeutet. Immer habe ein zeitnaher Überblick über den exakten Realisierungsstand bestanden, alle steuerungsrelevanten Informationen seien erkannt und dargestellt worden und die Mitglieder der Staatsregierung hätten für ihre Berichte und zahlreichen Termine aktuelle Datenlieferungen erhalten.
15.2.4 Auffassung des ORH
Den Gegenstand des externen Controllings nur auf ein Programmcontrolling zu beschränken, lässt sich nach Auffassung des ORH nicht mit den Vorgaben vereinbaren. Bereits im Ministerratsbeschluss vom 5. Oktober 1999 heißt es: „Für die Projekte der Regionalkonzepte werden eine fachliche Projektbegleitung und ein externes Controlling durch einen Gutachter installiert“. Der Landtag bat mit seinem Beschluss vom 12. Oktober 1999 „... einmal jährlich über die Umsetzung der einzelnen Projekte zu berichten. Dabei ist insbesondere auf den Mitteleinsatz, die Ausgestaltung der Erfolgskontrolle sowie die Zielerreichung bei dem jeweiligen Projekt einzugehen“.2 Nach den Erläuterungen des Haushaltsplans3 sollten die Mittel für externe Sachverständige eingesetzt werden, um die Projekte, soweit dies erforderlich erscheint, über den gesamten Förderzeitraum zu begleiten und zu evaluieren. Insbesondere sollte durch ein „Projekt-Controlling“ der Erfolg der Maßnahmen sichergestellt werden. Eindeutig ist auch die Beschreibung des Leistungsgegenstands Finanzcontrolling im Rahmen des Vergabeverfahrens. Darin heißt es: „Alle Projekte müssen, neben der subventionsrechtlichen Kontrolle durch Verwendungsnachweise ... einem Controlling unterworfen werden. Die Vermeidung von Folgekosten muss sichergestellt und die Einhaltung der Meilensteine überprüft werden. Bei Abweichungen sind mit den Antragstellern Gegenmaßnahmen zu erarbeiten“.4 Schließlich wurden auf die einzelnen Projekte bezogene Controllingleistungen auch vertraglich mit der Auftragnehmerin festgelegt:
- „Erkennung und Begrenzung der für die einzelnen Entwicklungsprojekte und für das gesamte Vorhaben zu erwartenden Risiken“,
- „Schaffung von Transparenz von Mängeln und Defiziten ... für die Einzelprojekte“,
- „frühzeitige Aufdeckung von Fehlentwicklungen in den einzelnen Projekten zur rechtzeitigen Gegensteuerung“,
- „Validierung der internen Projektabläufe der Einzelprojekte“.5
Vertragsgegenstand war somit keineswegs ein nur auf die regionalen Technologiekonzepte als Programm beschränktes Controlling. Die Erwartungen der Staatsregierung, des Haushaltsgesetzgebers und auch des ORH an das Projektcontrolling wurden deshalb zum großen Teil nicht erfüllt.
15.3 Zusammenfassende Bewertung
Aus Sicht des ORH ist abschließend Folgendes zu bemerken:
- Die Tätigkeit der externen Berater konnte wegen der ungünstigen Rahmenbedingungen nicht zu einer zufriedenstellenden Auswahl der zu fördernden Projekte führen.
- Bei der Gestaltung, Auslegung und Abwicklung des Vertrags über das laufende Controlling sind die staatlichen Interessen nicht ausreichend gewahrt worden.
- Eine frühzeitige Erkennung von Risiken sowie eine verbesserte Steuerung laufender Förderprojekte ist mit der Einschaltung der externen Controllerin nicht erreicht worden. Die Leistungen der externen Controllerin wurden im Einvernehmen mit der Verwaltung im Wesentlichen auf den Aufbau und die Pflege einer zentralen Datensammlung beschränkt. Damit wurde die für das externe Controlling zugrunde gelegte Zielsetzung praktisch aufgegeben.
1) Vgl. Regierungserklärung des Ministerpräsidenten vom 12.10.1999
2) TNr. 4 des Beschlusses des Bayerischen Landtags vom 12.10.1999, LT-Drucksache 14/1815
3) Nachtragshaushalt 2000, Kap. 1312 Tit. 526 81
4) Schreiben des StMWIVT vom 28.01.2000 Gz. 3600 - VIII/1d - 3148, Anlage Ausschreibungsunterlage TNr. II
5) Angebot der Auftragnehmerin vom 24.02.2000 TNr. 5.1.1