TNr. 23: Bayerische Landesstiftung

Das Vermögen der Bayerischen Landesstiftung besteht immer noch im Wesentlichen aus Aktien eines einzigen Unternehmens. Durch den Ausfall der Dividendenausschüttungen seit 2003 gingen die jährlichen Einnahmen der Stifung von 24 auf 3 Mio € zurück. Der ORH empfiehlt, wie schon in seinem Bericht 1996 (TNr. 31), diese risikoreiche Vermögensanlage so umzuschichten, dass sie die erforderliche Sicherheit wie auch einen stetigen Ertrag gewährleistet.
23.1 Aufgaben und Vermögen der Stiftung
Die Bayerische Landesstiftung wurde durch Gesetz mit Wirkung vom 1. April 1972 als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts errichtet. Die Stiftung verfolgt gemäß Art. 2 des Errichtungsgesetzes ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und mildtätige Zwecke auf sozialem und kulturellem Gebiet. Dazu gewährt sie Zuschüsse und Darlehen und übernimmt Bürgschaften. Sie erfüllt ihre Aufgaben im Wesentlichen aus den laufenden Erträgen ihres Stiftungsvermögens.
Die Stiftung wurde bei ihrer Errichtung mit vinkulierten Namensaktien der Bayerischen Vereinsbank (jetzt HypoVereinsbank) zum damaligen Kurswert von 141,1 Mio € und einem Geldbetrag von 7,7 Mio € ausgestattet. Dies war insgesamt der Gegenwert, den der Freistaat Bayern im Jahr 1970 aus dem Zusammenschluss der Bayerischen Staatsbank mit der Bayerischen Vereinsbank erhalten hat. Abgesehen von der Erstausstattung der Stiftung trifft das Errichtungsgesetz weiter keine Festlegungen hinsichtlich der Art der Vermögensanlage. In der Gesetzesbegründung wird allerdings auf mögliche Umschichtungen aufgrund der Verpflichtung des Vorstands hingewiesen, das Stiftungsvermögen sicher und ertragreich anzulegen.1
Im Fusionsvertrag verpflichtete sich die Bank dann auch, einer beabsichtigten unmittelbaren Veräußerung durch den Staat (bzw. durch die Stiftung) zuzustimmen, sofern ihre Platzierungsinteressen nicht beeinträchtigt werden. Sie verpflichtete sich außerdem, bei der Erteilung der Zustimmung zu Veräußerungen, Übertragungen und Umwandlung der Namensaktien in Inhaberaktien großzügig und loyal zu verfahren. Somit ergibt sich weder aus dem Fusionsvertrag noch aus dem Errichtungsgesetz eine dauerhafte Bindung der Stiftung an die Bank.
Das Vermögen einer Stiftung ist sicher und wirtschaftlich zu verwalten (Art. 11 Abs. 2 Bayerisches Stiftungsgesetz). Dazu ist es notwendig, das Vermögen so anzulegen, dass der Bestand gesichert und gleichzeitig stetige Einnahmen gewährleistet sind. Dem widerspricht es, wenn der größte Teil des Vermögens in risikoreiche Anlagen investiert wird, noch dazu in Aktien eines einzigen Unternehmens. Die Stiftung hat bis 1995 noch Aktien der Bayerischen Vereinsbank hinzugekauft - zunächst zu dem Zweck, sich an Kapitalerhöhungen zu beteiligen und damit ihre Beteiligungsquote aufrecht zu erhalten. Insgesamt hat sie dafür 164 Mio € aufgewendet. Die Mittel stammten mit 101 Mio € aus dem Staatshaushalt und mit weiteren 63 Mio € aus Rücklagen und Zustiftungen.
Mit ihrem Anlageverhalten ist die Stiftung ein extrem hohes Risiko eingegangen und hat ihr Schicksal bezüglich des Vermögens und der laufenden Erträge vollständig an die wirtschaftliche Entwicklung der Bank geknüpft. Der ORH hat dies bereits in seinem Jahresbericht 1996 (TNr. 31) kritisiert und eine Neuorientierung der Anlagepolitik angeregt. Er hat nicht nur auf die relativ geringen laufenden Erträge hingewiesen, sondern auch auf das hohe Risiko. Sicherheit und Ertragskraft sollten im Vordergrund stehen und nicht die Mehrung des Vermögens.
Diesem Vorschlag ist die Stiftung nicht gefolgt. Sie hat insbesondere auf den hohen Vermögenszuwachs durch gestiegene Kurse abgestellt, der mit festverzinslichen Wertpapieren nicht erreichbar gewesen wäre. Die Ausstattung der Stiftung mit Aktien der Bayerischen Vereinsbank habe zu den Grundentscheidungen des Gesetzgebers bei der Stiftungserrichtung gehört. Die Beteiligung diene im Übrigen auch der Sicherung des Standorts Bayern, der Wirtschaftskraft und der Arbeitsplätze.
Die Stiftung hat sich somit bei ihrer Anlagepolitik weniger von ihrem satzungsmäßigen Interesse an sicheren und kontinuierlichen Einnahmen zugunsten ihrer Fördertätigkeit leiten lassen als vom Streben nach möglichst hohen Vermögenswerten und gesellschaftsrechtlichen Einflussmöglichkeiten.2
1997 wollte die Stiftung ihre Stammaktien in einem Paket an einen Interessenten verkaufen. Sie ließ dazu für rd. 250.000 € ein Wertgutachten erstellen. Kurz vor Vertragsabschluss ließ der Interessent seine Kaufabsicht aber wieder fallen. Danach beschloss der Stiftungsrat erst wieder Ende 2000, einen Teil des Aktienvermögens schrittweise in ertragreichere Anlageformen umzuschichten. Da aber der Verkauf an ein hohes Kurslimit geknüpft wurde und die Aktienkurse kurze Zeit später einbrachen, kamen keine nennenswerten Verkäufe zustande.
Nach Abspaltung der Hypo Real Estate AG von der HypoVereinsbank im Jahr 2003 erhielt die Stiftung auch Aktien dieser Gesellschaft. Einen Teil der neuen Aktien hat sie 2003 und 2004 verkauft und den Erlös von rd. 39 Mio € in festverzinslichen Wertpapieren angelegt. Der Anteil an Aktien betrug Ende 2004 immer noch mehr als 80 %.
23.2 Erträge aus dem Stiftungsvermögen
Besonders nachteilig wirkte sich die versäumte Umschichtung auf die Stiftungserträge aus.
Von 1997 bis 2002 erhielt die Stiftung jährlich rd. 20 Mio € an Dividenden aus den Aktien der HypoVereinsbank. Sie hat in diesem Zeitraum jedes Jahr zwischen 18 und 25 Mio € an Fördermitteln bewilligt. Durch den Ausfall der Aktiendividende verbleiben der Stiftung seitdem nur noch geringe Einnahmen. Nahezu der gesamte Vermögensbestand blieb ab 2003 ertraglos. Die Zinserträge aus dem nicht in Aktien angelegten Grundstockvermögen betrugen 2003 und 2004 nur 1,4 bzw. 1,5 Mio €. Dazu kommen noch Zinseinnahmen aus bewilligten, aber noch nicht ausgezahlten Fördermitteln, Ablieferungen aufgrund des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Staatsregierung und eine einmalige Optionsprämie. So betrugen die Einnahmen der Stiftung in den Jahren 2003 und 2004 insgesamt rd. 5 bzw. 3 Mio € (vgl. Zahlenübersicht). Nachdem zusätzlich Reserven aufgelöst und Mittel aus früheren Bewilligungen frei geworden waren, konnten schließlich 10 bzw. 4 Mio € für Fördermaßnahmen bewilligt werden.
Demgegenüber verfügt die Bayerische Forschungsstiftung, die bei ihrer Errichtung im Jahr 1991 ebenfalls mit Aktien der Bayerischen Vereinsbank ausgestattet wurde, über laufende Zinseinnahmen von rd. 10 Mio € jährlich, obwohl sie nur gut die Hälfte des Vermögens der Landesstiftung hat. Sie ist der Empfehlung des ORH wenigstens insoweit gefolgt, als sie nach 1995 ihre zum Vermögensaufbau bestimmten Mittel nur noch in festverzinslichen Wertpapieren angelegt hat und daher nicht mehr allein von den Dividendenzahlungen der Bank abhängig ist.3
Aufgrund der unbefriedigenden Ertragslage kann die Landesstiftung ihren satzungsmäßigen Auftrag nur noch sehr eingeschränkt erfüllen. Um nicht eine Vielzahl von Förderanträgen ablehnen zu müssen, hat sie die Zuschüsse teilweise auf minimale Beträge herabgesetzt. Bei 45 der 151 Bewilligungen des Jahres 2004 belaufen sich die Förderbeträge auf nicht einmal 5.000 €. Der Stiftungsrat, der sich aus Mitgliedern der Staatsregierung, Landtagsabgeordneten und hochrangigen Vertretern der beteiligten Ressorts zusammensetzt, hat sich insofern auch mit vielen Bagatellförderungen befasst.
23.3 Stellungnahme der Stiftung
Die Landesstiftung weist die Kritik des ORH zurück. Ihre Teilnahme an Kapitalerhöhungen der Bank bis 1995 sei im Sinne einer langfristigen Wertentwicklung des Stiftungsvermögens erfolgt und habe sich als richtig erwiesen. Gleichzeitig betont sie, die Diversifizierung des Stiftungsvermögens sei seit langem wichtiger Bestandteil ihrer Anlagepolitik. Deshalb habe sie sich seit 1996 nicht mehr an derartigen Kapitalerhöhungen beteiligt. In der Folgezeit und nach der Beratung des ORH-Berichts 1996 im Landtag sei die Streuung des Vermögens im Interesse der Anlagesicherheit mehr in den Mittelpunkt gerückt. Nach Bekanntwerden der Bankenfusionspläne habe man 1997 sogar sämtliche Stammaktien an einen Interessenten verkaufen wollen. Dieser habe seine Kaufabsicht jedoch kurz vor Vertragsabschluss fallen gelassen.
1999 habe der Stiftungsrat dann erneut Überlegungen diskutiert, neben dem Aktienanteil ein „zweites Standbein“ zu stärken. Schließlich habe man im Dezember 2000 beschlossen, bis Ende 2003 ein Viertel der Stammaktien über die Börse abzugeben. Infolge des gesetzten Kurslimits hätten lediglich im Februar 2001 insgesamt 120.000 Aktien mit einem Erlös von rd. 8 Mio € verkauft werden können. Das Kurslimit von 65 € sei damals aber keineswegs unrealistisch gewesen.
Die Stammaktien der Hypo Real Estate AG seien mit erheblichem Gewinn verkauft und die Vorzugsaktien auf Antrag der Stiftung 2005 in Stammaktien umgewandelt worden.
Dies alles belege, dass die Stiftung in den letzten Jahren erfolgreiche Schritte zur Streuung des Vermögens eingeleitet habe. Mittelfristiges Ziel sei, den Aktienanteil auf unter 50 % zu verringern. Damit werde der Intention des ORH, sich in einem kontinuierlichen Prozess von den Aktien zu trennen, Rechnung getragen. Ein Verkauf richte sich nach dem Börsenkurs und den Rahmenbedingungen nach der Übernahme der HypoVereinsbank durch die italienische Unicredit Bank.
Der mehrmalige Dividendenausfall sei nicht vorhersehbar gewesen. Durch Einnahmen aus festverzinslichen Wertpapieren und die Auflösung von Reserven habe die Fördertätigkeit bei ohnehin konjunkturell bedingtem Rückgang der Antragszahlen fortgeführt werden können.
23.4 Zusammenfassende Würdigung
Der ORH sieht sich in seiner Kritik an der auf Aktien eines einzigen Unternehmens fokussierten Anlagepolitik der Landesstiftung durch die Einnahmeentwicklung in den letzten Jahren bestätigt und bekräftigt seine Empfehlung, das Vermögen allein nach den Interessen der Stiftung sicher und ertragbringend anzulegen. Dabei lässt das Kriterium der Sicherheit durchaus eine gewisse Beimischung von Aktien zu, allerdings bei sorgfältiger Risikoselektion und breiter Streuung.4 Die bisherige Kumulation von Anlagerisiken gefährdet sowohl den für die Erfüllung des Stiftungszwecks notwendigen Einnahmefluss als auch die Vermögenssubstanz.
Deshalb hätte die Stiftung ihre Absicht, wesentliche Teile ihrer Bankaktien zu verkaufen, viel entschlossener und konsequenter verfolgen müssen. Der Verkauf eines Teils der Hypo Real Estate-Aktien war nach Auffassung des ORH ein Schritt in die richtige Richtung. Der notwendige Umschichtungsprozess sollte jetzt nicht durch neuerliche Kursspekulationen im Zuge der Übernahme durch die Unicredit Bank oder durch stiftungsfremde Erwägungen einer Banken-Strukturpolitik hinausgezögert werden. Schließlich benötigt die Stiftung für ihre Förderaufgaben stetige Einnahmen.
1) Begründung zu Art. 10 Errichtungsgesetz
2) 1996 hielten die Landes- und die Forschungsstiftung zusammen 5,1 % des stimmberechtigten Aktienkapitals an der Vereinsbank. Nach der Fusion mit der Hypobank waren es 3,2 %.
3) ORH-Bericht 1993 TNr. 24
4) Beispielsweise liegt die Aktienquote deutscher Lebensversicherungs-Unternehmen derzeit bei knapp unter 10 %. Beim Sondervermögen "Versorgungsrücklage des Freistaats Bayern" liegt der Aktienanteil aktuell ebenfalls bei 10 %.