Jahresbericht 2005

TNr. 42: Thurn und Taxis Museum

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In Regensburg wurde 1998 ein Zweigmuseum des Bayerischen Nationalmuseums eröffnet, in dem die 1993 vom Freistaat Bayern für 22 Mio € erworbenen Kunstgegenstände des Fürstenhauses Thurn und Taxis ausgestellt sind. Die Besucherzahlen sind von über 40 000 im Jahr 1999 auf nur noch 635 im Jahr 2004 zurückgegangen, weil die Stadt Regensburg ihren Verpflichtungen nicht nachkommt.Der ORH hält es für erforderlich, der Bevölkerung diesen seit Jahrzehnten größten Kunsterwerb besser darzubieten.

42.1 Allgemeines

 

Das Kultur- und Stiftungsförderungsgesetz1 ermöglicht es, nach dem Vorbild anderer europäischer Länder, auch in Deutschland Erbschaftsteuerschulden mit bedeutendem Kunstbesitz zu begleichen. Auf der Grundlage dieses Gesetzes hat der Freistaat Bayern 1993 mehr als 2.200 Kunstgegenstände für 22 Mio € vom Fürstenhaus Thurn und Taxis erworben. Ein so hoher Betrag stand für einen Ankauf bisher in keinem deutschen Museum zur Verfügung.

Mit dem Ankauf, dem eine gutachterliche Schätzung zugrunde lag, sollten die Kunstschätze vor einer Zerstreuung und Abwanderung gerettet und ihre Präsentation im historischen Umfeld des Fürstlichen Schlosses gesichert werden.

Die Sammlung wurde in einem Nebengebäude des Marstalls untergebracht, das die Stadt Regensburg vom Fürstenhaus angemietet und mit Baukosten von 1,1 Mio € hergerichtet hat. Von verschiedenen öffentlichen Institutionen erhielt die Stadt hierzu Zuschüsse von insgesamt 470.000 €. Für die Einrichtung der Schauräume hat das Bayerische Nationalmuseum, dem die Sammlung als Zweigmuseum zur konservatorischen und fachlichen Betreuung zugeordnet wurde, weitere 1,1 Mio € ausgegeben.

Die Einnahmen aus Eintrittsgeldern stehen der Stadt Regensburg zu.

42.2 Besucherentwicklung

 

Seit seiner Eröffnung Ende November 1998 verzeichnet das Zweigmuseum nach anfänglich großem Publikumszuspruch einen drastischen Rückgang der Besucherzahlen. Zum Vergleich sind in nachfolgender Übersicht die Besucherzahlen des Fürstlichen Schlosses angegeben, das sich in unmittelbarer Nachbarschaft befindet.

Zahlenübersicht_1

Wie der hohe Besucherzuspruch des Fürstlichen Schlosses zeigt, ist der Rückgang der Besucherzahlen beim Zweigmuseum um rund 97 % nicht auf mangelndes Publikumsinteresse zurückzuführen.

42.3 Verpflichtungen der Stadt Regensburg

42.3.1 Öffnungszeiten

 

Nach dem Vertrag zur Errichtung des Zweigmuseums hat sich die Stadt gegenüber dem Staat verpflichtet, das Museum an mindestens sechs Tagen in der Woche jeweils für mindestens fünf Stunden offen zu halten und hierfür ausreichend Personal zur Verfügung zu stellen. In den Wintermonaten wird eine etwaige Schließung mit dem Bayerischen Nationalmuseum und dem Fürstlichen Haus abgesprochen.

Tatsächlich wurde das Zweigmuseum im Dezember 2003 weitgehend geschlossen und war auch im ganzen Jahr 2004 abgesehen von wenigen Ausnahmen, wie z.B. angemeldete Führungen, für das Publikum nicht zugänglich. Das Bayerische Nationalmuseum hat sich mit der Schließung nicht einverstanden erklärt. Abgesehen von Führungsterminen ist das Museum im Jahr 2005 vom 1. April bis 31. Oktober nur an Samstagen, Sonn- und Feiertagen von 13.00 bis 17.00 Uhr geöffnet.

Diese Regelung entspricht nicht annähernd den vertraglich vereinbarten Öffnungszeiten. Die nachmittags angebotene Führung überschneidet sich im Übrigen mit der Führung durch das Fürstliche Schloss, so dass sie in der Regel mangels Teilnehmern entfällt.

42.3.2 Werbung, Publikationen

 

Die Stadt ist vertraglich verpflichtet, „für eine wirksame und dauerhafte Werbung insbesondere in den Dienststellen und Einrichtungen ihres unmittelbaren Zuständigkeitsbereichs (z.B. Schulen, Verkehrsämter) und in benachbarten Fremdenverkehrsgebieten Sorge zu tragen“. Tatsächlich beschränken sich die Werbemaßnahmen der Stadt auf die Vorstellung des Zweigmuseums in Broschüren, die das Kulturreferat für alle Museen herausgibt. Sonderaktionen und eine gezielte Werbung finden nicht statt. Ein mit Mitteln des Bayerischen Nationalmuseums hergestellter Museumsprospekt liegt noch in über 8.000 Exemplaren im Depot des Museums.

Das Bayerische Nationalmuseum hat ferner für 95.000 € einen Katalog herausgegeben (Auflage 10.000 Exemplare), der aber im Museumsshop nicht mehr zum Kauf angeboten wird. In einem Lagerraum der Stadt sind noch über 8.400 Restexemplare vorhanden.

42.4 Auffassung des ORH

 

Der ORH hält es für nicht hinnehmbar, dass ein mit großem staatlichen Finanzaufwand eingerichtetes Zweigmuseum nahezu brach liegt. Um die vom Staat erworbenen Kunstschätze dem Publikum besser darzubieten und damit höhere Besucherzahlen zu erreichen, sollte das Staatsministerium nachdrücklich die Einhaltung der vertraglich vereinbarten Öffnungszeiten und wirksame Werbemaßnahmen durch die Stadt verlangen. Bessert sich die Situation nicht, wäre der Vertrag mit der Stadt zu kündigen und das Zweigmuseum in die Führungslinie des Schlossmuseums einzubeziehen. Der Stadt Regensburg, die mangels Besuchern bereits jetzt kaum Einnahmen aus dem Museum erzielt, entstünde hierdurch kein wesentlicher Nachteil.

Das Staatsministerium hat von einer Stellungnahme abgesehen.


1) BGBl I 1990 S. 2775 bis 2778


Foto: Bayerisches Nationalmuseum

 



Umsetzung dieses Prüfungsergebnisses