Jahresbericht 2005

TNr. 25: Betriebsprüfung

CD_Betriebsprüfung

Für eine effiziente Arbeitssteuerung und ein wirksames Risikomanagement in der Betriebsprüfung müssen die Aussagekraft der Statistiken erhöht und der IT-Einsatz verbessert werden.Bei den Sachgebietsleitern sind Einsparpotentiale vorhanden. Diese können genutzt werden, um die Unterbesetzung bei den Betriebsprüfern zu reduzieren. Auch die Zahl der Schreibkräfte kann verringert werden.Die zeitliche Abwicklung der Prüfungen sollte gestrafft werden.

25.1 Prüfungsanlass

 

Eine risikoorientierte Fallauswahl sowie eine Arbeitssteuerung, die sich am möglichen Steuerausfall orientiert, sind für die Betriebsprüfung (Bp) von zentraler Bedeutung. Die Mehrergebnisse sind hierfür ein entscheidender Faktor. Deshalb hat der ORH zusammen mit einem Staatlichen Rechnungsprüfungsamt bei acht Finanzämtern untersucht, inwieweit die Statistiken aussagekräftige Daten über die Mehrergebnisse liefern, die bei der Bp erzielt wurden. Weiter wurde geprüft, ob Verbesserungen bei der Auswahl der Prüfungsfälle erreicht werden können und ob durch neue Entwicklungen bei IT und Organisation Personaleinsparungen bzw. Personalumschichtungen möglich sind; auch die zeitliche Abwicklung der Bp wurde untersucht.

25.2 Untersuchung der Mehrergebnisse

25.2.1 Echte - unechte Mehrergebnisse

 

Ziel der Querschnittsuntersuchung des ORH war es, u.a. festzustellen, in welchem Umfang in den statistischen Auswertungen über die Mehrergebnisse Steuern enthalten sind, die ohne Bp ausgefallen wären (echte Mehrsteuern), und inwieweit es sich nur um ein kurzfristiges Vorziehen der Besteuerung handelt (Verlagerung). Die aktuelle bundeseinheitliche Statistik sieht eine Aufgliederung nicht vor.

Der ORH hat 843 Bp-Fälle mit bestandskräftigen Mehrergebnissen von 63 Mio € ausgewertet. Damit wurden rd. 25 % der innerhalb eines Jahres von acht Finanzämtern geprüften Großbetriebe und Konzerne (G-Betriebe) sowie der Mittelbetriebe (M-Betriebe) untersucht.

Bei den geprüften 322 G-Betrieben und 521 MBetrieben betrug der Anteil an echten Mehrergebnissen bei den

G-Betrieben 49 % (Bandbreite von 42 bis 69 %) und bei den
M-Betrieben 72 % (Bandbreite von 45 bis 94 %).

Insgesamt liegt der Anteil an echten Mehrergebnissen damit bei rd. 52 %.

Die Erhebungen decken sich weitgehend mit dem Ergebnis einer bereits früher durchgeführten Prüfung.1

Der ORH hat im Rahmen der Querschnittserhebungen auch untersucht, auf welche Sachbereiche die Mehrergebnisse im Einzelnen zurückzuführen sind. Hierbei ergaben sich erhebliche Unterschiede zwischen den G- und den M-Betrieben.

25.2.2 Mehrergebnisse bei gemeldeten Fällen - Fallauswahl

 

Gegenstand der Erhebungen war auch, ob Fälle, die vom Innendienst zur Bp gemeldet waren, zu einem höheren Prüfungserfolg führten als die übrigen Fälle, die turnusgemäß geprüft werden. Von den 521 M-Betrieben waren 117 (22,5 %) vom Innendienst zur Prüfung gemeldet worden. Dabei wurde ein durchschnittliches Mehrergebnis (22.000 €) erzielt, das um rd. 30 % (5.000 €) höher lag als bei den sonstigen, nicht gemeldeten Fällen. Dieses Ergebnis zeigt die Bedeutung einer risikoorientierten Fallauswahl. Dem Informationsfluss zwischen der Bp und dem Innendienst kommt dabei erhebliche Bedeutung zu. Hierzu wurden bereits entsprechende Regelungen durch die Oberfinanzdirektionen (jetzt Landesamt für Steuern) vorgegeben (z.B. Informationsaustausch zwischen Bp-Stelle und dem Veranlagungsbereich, Aktensichtung durch erfahrene Betriebsprüfer, Auswahl von branchenbezogenen Risikogruppen mit hohem Bargeldumsatz, Prüfungen bisher ungeprüfter oder seit langen Jahren nicht mehr geprüfter M-Betriebe). Diese Maßnahmen sind bisher in der Praxis nicht ausreichend umgesetzt worden.

Nach Auffassung des ORH sollte versucht werden, IT-unterstützte Risikofilter zu entwickeln, um die Auswahl der Prüfungsfälle zu verbessern. Auch sollte geprüft werden, inwieweit schon jetzt mit den bereits vorhandenen Werten aus dem zentralen Datenbestand (z.B. Ergebnis der Vorprüfung) eine stärkere DV-Unterstützung möglich ist.

25.3 Personalausstattung

25.3.1 Gesamtpersonal

 

 

Die Personalausstattung der Bp in Bayern stellt sich 2005 wie folgt dar (Stand 1. März 2005):

Zahlenübersicht_1
Nach Auffassung des ORH ist das für Bp-Kanzlei und Sachgebietsleiter ausgewiesene Personalzuteilungssoll (ZuSo)2 zu hoch, weil sich die Grundlagen für die Berechnung verändert haben. Dies wurde bislang nicht berücksichtigt.

25.3.2 Bp-Kanzlei

 

Das ZuSo sieht für die Bp-Kanzlei seit 1998 für je 15 Betriebsprüfer eine Schreibkraft vor. Es wurde seitdem nicht mehr angepasst. Insbesondere aufgrund der Ausstattung der Betriebsprüfer mit PC und Notebooks haben sich die Schreibarbeiten in der Kanzlei erheblich reduziert. Die Schreibkräfte sind nun im Wesentlichen noch für die anfallenden Formatierungs-, Statistik- und Ergänzungsarbeiten zuständig. Nach Auffassung des ORH ist auch zu berücksichtigen, dass die Zahl der tatsächlich eingesetzten Prüfer aufgrund von Ausfallzeiten (z.B. Bp-fremden Tätigkeiten wie Unterricht, Fortbildung, Einsatz in anderen Arbeitsgebieten) deutlich unter dem ZuSo-Ausgangswert liegt.

Eine Anpassung des ZuSo ist daher dringend erforderlich. Beispielsweise ergäbe sich bei einer Reduzierung der Kanzleikräfte um 25 % eine rechnerische Einsparung von über 40 Vollzeit-Schreibkräften (Vergütungsgruppe BAT VII). Dies entspräche jährlich 1,9 Mio €.3

25.3.3 Sachgebietsleiter

 

Nach dem ZuSo sind den Sachgebietsleitern zwischen acht und zwölf Prüfer zugeteilt (sog. variable Leitungsspanne). Der ORH hat bei den untersuchten Bp-Stellen eine Bandbreite von sechs bis zwölf Prüfern festgestellt. Die durchschnittliche Ist-Zuteilung belief sich auf 9,6 Arbeitskräfte. Dies ist teilweise auch auf die nicht besetzten Prüferstellen zurückzuführen. Durch das 1999 erweiterte Zeichnungsrecht der Betriebsprüfer und die Einführung der maschinellen Fallverwaltung (Programm „bp-intern“) werden die Sachgebietsleiter spürbar entlastet. Daher ist eine Neufestlegung der Leitungsspanne geboten, wobei auch hier die Prüferausfallzeiten zu berücksichtigen sind. Das genaue Einsparvolumen hängt vom Ergebnis der Neubewertung durch die Verwaltung ab. Bei einer Erhöhung der durchschnittlichen Leitungsspanne um 25 % wäre beispielsweise rechnerisch eine Einsparung von mindestens 30 Sachgebietsleitern (Besoldungsgruppe A 13) erreichbar. Dies entspräche einem Volumen von 2,5 Mio € jährlich (siehe Fußnote 3), das zur Personalverstärkung bei den Betriebsprüfern genutzt werden sollte.

25.4 Zeitliche Abwicklung der Bp

 

Bei den insgesamt 843 ausgewählten Fällen hat der ORH auch den zeitlichen Prüfungsablauf vom Beginn der Bp bis zum Erlass der Steuerbescheide untersucht. Die dabei ermittelte Zeitspanne vom Beginn der Außenprüfung bis zur Abgabe des Prüfungsberichts wurde dem Betriebsprüfer, der Zeitraum zwischen Berichtsabgabe bis zur Versendung des Prüfungsberichts der Bp-Kanzlei sowie die verbleibende Zeitspanne bis zum Erlass der Steuerbescheide der Allgemeinen Verwaltung zugeordnet.

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Der tatsächliche Arbeitszeitanfall wurde nach den Aufschreibungen der Betriebsprüfer ermittelt. Er beträgt bei den G-Betrieben durchschnittlich 21 Arbeitstage (Bandbreite bei den geprüften Finanzämtern: 15 bis 30) und bei den M-Betrieben 10 Arbeitstage (Bandbreite bei den geprüften Finanzämtern: 8 bis 13).

Die Auswertungen ergeben, dass vom Beginn der Bp bis zum Erlass der Steuerbescheide ein Zeitraum von durchschnittlich rd. elf Monaten bei den G-Betrieben und rd. acht Monaten bei den M-Betrieben liegt. Dies ist z.T. auch auf die mangelnde Mitwirkungsbereitschaft der Steuerpflichtigen zurückzuführen, z.T. liegen die Ursachen auch bei der Verwaltung.

Die Bp verfolgt Prüfungshandlungen nicht immer mit dem notwendigen Nachdruck. Vermeidbare Prüfungsunterbrechungen verursachen unnötige Mehrarbeit, da häufig ein wiederholtes Einarbeiten in einen Fall erforderlich wird. Gründe für eine längere Prüfungsunterbrechung sind in den Akten nicht nachvollziehbar dokumentiert. Prüfungsfälle werden nicht abgeschlossen, obwohl weitere Prüfungshandlungen keine Änderungen des Ergebnisses mehr erwarten lassen. Mit der Abfassung der Bp-Berichte wird häufig bis zum Jahresende gewartet. Dies führt zu Belastungsspitzen und unnötig langen Durchlaufzeiten in der Bp-Kanzlei.

25.5 Folgerungen des ORH

  • Die Statistik über die Mehrergebnisse ist wegen des hohen Anteils von Gewinnverlagerungen nicht geeignet, detailliertere Erkenntnisse für die Arbeitssteuerung und insbesondere für ein Risikomanagement zu gewinnen. Der ORH hält deshalb eine Aufteilung der Mehrergebnisse in echte Steuern und Verlagerungen für zwingend erforderlich. Dabei lässt sich eine zwar nicht 100 %ige, aber ausreichend genaue Aufteilung mit vertretbarem Aufwand erzielen. Sollte eine bundeseinheitliche Weiterentwicklung der Statistik in absehbarer Zeit nicht erreichbar sein, ist eine eigenständige bayerische Lösung geboten.
  • Die Auswahl der zu prüfenden Betriebe muss weiter optimiert werden. Hierzu ist insbesondere ein verbesserter IT-Einsatz sowie ein verstärkter Informationsaustausch zwischen Innendienst und Prüfungsdienst erforderlich.
  • Nach Ansicht des ORH bestehen Einsparpotentiale bei den Kanzleikräften und den Sachgebietsleitern. Wegen der Entwicklungen in der IT und der Organisation ist es erforderlich, das ZuSo für Bp-Kanzlei und Sachgebietsleiter anzupassen. Die Einsparungen bei den Sachgebietsleitern sollten genutzt werden, um die Unterbesetzung bei den Betriebsprüfern zu reduzieren.
  • Die Verwaltung sollte eine schnellere Abwicklung der Bp auf allen Ebenen anstreben, um unnötige Mehrarbeit zu vermeiden und Steueransprüche zeitnah zu realisieren.

25.6 Stellungnahme der Verwaltung

 

Das Staatsministerium hat keine Einwände erhoben; die Empfehlungen des ORH würden aufgegriffen.


1) vgl. ORH-Bericht 1984 TNr. 29

2) Das ZuSo stellt nicht den ermittelten Personalbedarf dar, sondern lediglich eine auf dem Ergebnis der Personalbedarfsberechnung basierende Verteilung der vorhandenen Haushaltsstellen.

3) durchschnittliche Personalvollkosten 2004 lt. Anlage zum FMS Gz. 23-P-1509-001/14066/04

 



Zur Umsetzung dieses Prüfungsergebnisses