TNr. 32: Förderung von Aquakultur- und Binnenfischereimaßnahmen

Für die Förderung der Erwerbsfischerei wurden in den Jahren 2002 und 2003 rd. 4,5 Mio € aus dem Staatshaushalt und aus EU-Mitteln bewilligt. Bei 75 % der Fälle handelte es sich um Förderungen von weniger als 5.000 €. Die finanzielle Leistungsfähigkeit der Antragsteller blieb unberücksichtigt.Der ORH empfiehlt, das Förderprogramm aufzugeben und künftig auf die EU-Mittel zu verzichten. Damit könnten staatliche Haushaltsmittel (einschließlich der Personalkosten) in einer Größenordnung von jährlich mehr als 1 Mio € eingespart werden.
32.1 Förderprogramm
Die Erwerbsfischerei wird von der EU in Bayern aus dem Strukturfonds „Finanzinstrument für die Ausrichtung der Fischerei (FIAF)“ gefördert. Die Gemeinsame EU-Fischereipolitik will vor allem Maßnahmen der Strukturverbesserung (Schutz der aquatischen Ressourcen, Aquakultur, Binnenfischerei, Verkaufsförderung, innovative Maßnahmen und technische Hilfe) unterstützen. Die EU-Mittel aus dem FIAF werden vom Staat kofinanziert. Teichwirtschaft wird in Bayern zu 98 % im Nebenerwerb (z.T. mit Hobbycharakter) betrieben. In den Jahren 2002 und 2003 wurden rd. 4,5 Mio € Fördermittel bewilligt (davon 2,3 Mio € EU und 2,2 Mio € Staat). Von diesen Mitteln flossen 70 % (3,2 Mio €) als Aquakulturmaßnahmen fast ausschließlich in den Teichbau oder in Teichsanierungen. Für Maßnahmen im Bereich Verarbeitung und Vermarktung wurden 20 % (0,95 Mio €) bewilligt.
32.2 Prüfungsfeststellungen
Personaleinsatz
Die FIAF-Anträge wurden 2004 von vier Vollarbeitskräften des gehobenen und des höheren Dienstes bearbeitet. Besondere Schwierigkeiten, die solche hochwertigen Stellen rechtfertigen, sind mit dieser Aufgabe nach Ansicht des ORH nicht verbunden. Die Bearbeitung dieser Förderanträge gehört grundsätzlich zum Aufgabenprofil des mittleren Dienstes. Mitarbeiter des höheren Dienstes mit wissenschaftlicher Ausbildung sind hierfür jedenfalls nicht adäquat eingesetzt, nicht notwendig und vor allem zu teuer.
Höhe der Förderungen
Der ORH hat die Bewilligungen in den geprüften Jahren ausgewertet und festgestellt, dass sich die bewilligten Fördermittel von 4,5 Mio € (EU und Staat) auf 867 Antragsteller verteilen. Im Durchschnitt wurden je Antrag 5.190 € bewilligt. Drei Viertel der Bewilligungen (649) waren Förderungen unter 5.000 €.
Finanzielle Leistungsfähigkeit der Zuwendungsempfänger
Nach den Feststellungen des ORH wird gefördert, ohne dass die Einkommens und Vermögenssituation der Antragsteller geprüft wird (Art. 23, 44 BayHO). So wurden z.B. einem Antragsteller trotz eines Jahreseinkommens von rd. 360.000 € (2001) für Teichbausanierungen 20.280 € bewilligt. Die Einkommenssituation des Zuwendungsempfängers war der Verwaltung bekannt.
32.3 Haltung des Staatsministeriums
Nach Ansicht des Staatsministeriums begründet die Komplexität der Fördermaterie, die Bandbreite der Fördertatbestände und die Notwendigkeit der intensiven Zusammenarbeit der Fachbehörden den Einsatz des höheren und gehobenen Dienstes. Nicht zuletzt die Beanstandungen des ORH hätten gezeigt, dass der Fördervollzug eine anspruchsvolle Tätigkeit darstelle.
Grundsätzlich ist das Staatsministerium der Auffassung, dass die Förderung schwerpunktmäßig dazu dient, einen Anreiz zu bieten, damit die Fischteiche weiter bewirtschaftet werden und die 10.000 Familienbetriebe in strukturschwachen Regionen einen Beitrag zu ihrem Einkommen erhalten. Vor dem Hintergrund dieser Strukturen sei eine breite Streuung der Förderung zielführend und gewollt.
Nur mit finanziellem Anreiz könne die Realisierung der Vorhaben sichergestellt werden. Die geförderten Vorhaben würden Belange des öffentlichen Gemeinwohls in besonderer Weise stärken. Als Beispiele nennt das Staatsministerium
- den positiven Einfluss der Teichwirtschaft auf den Naturhaushalt und die Erhaltung des Lebensraums für gefährdete Pflanzen- und Tierarten,
- den regulierenden Einfluss auf den Wasserhaushalt als Wasserspeicher im Sommer, aus dem das Wasser beim Abfischen im Herbst wieder abgegeben wird,
- die Erhaltung kleinteiliger Strukturen aus landeskulturellen Gründen.
Da die Anreizwirkung im Vordergrund stehe, bleibe die finanzielle Leistungsfähigkeit der Antragsteller ohne Einfluss auf den Fördervollzug. Bei der genannten Förderung trotz eines Jahreseinkommens von rd. 360.000 € handele es sich um einen Einzelfall, der - zugegebenermaßen - aus verwaltungsökonomischen Gründen in Kauf genommen worden sei. Bei der nächsten Programmperiode 2007 bis 2013 werde man die Frage der Prosperität erneut überprüfen, um solche Fälle mit vertretbarem Verwaltungsaufwand auszuschließen.
32.4 Haltung des ORH
Der ORH hat bereits im Jahresbericht 2003 die Förderung von Investitionen landwirtschaftlicher Selbsthilfeeinrichtungen (Trocknungsgenossenschaften), die über Barvermögen in Millionenhöhe verfügten, beanstandet.1 Der Landtag hat daraufhin in seinem Beschluss vom 17. März 2004 festgestellt, dass das Staatsministerium die finanzielle Leistungsfähigkeit der Trocknungsgenossenschaften hätte berücksichtigen müssen.2
Der ORH hat das Staatsministerium bei der Prüfung der Fischereiförderung auf diesen Beschluss hingewiesen. Das Staatsministerium lehnte eine entsprechende Anwendung dieses Beschlusses auf das geprüfte Programm ab und stellte eine Überprüfung dieser Frage für die nächste Programmperiode in Aussicht.
Der ORH bleibt bei seiner Auffassung, dass staatliche Zuwendungen grundsätzlich nicht zur Förderung von Vorhaben bestimmt sind, zu deren Ausführung und Finanzierung der Antragsteller auch ohne staatliche Hilfe in der Lage ist. Das Staatsministerium hat die Bayerische Haushaltsordnung zu beachten und noch in der laufenden Programmperiode umzusetzen. Ankündigungen, man werde diese Frage in der Zukunft prüfen, genügen nicht. Nicht zuletzt die Haushaltslage erfordert, dass das Staatsministerium seine Praxis der großzügigen und breit gestreuten Förderung ändert. Die Höhe der Förderung im Einzelfall zeigt, dass die Förderung zwar gern mitgenommen wird, aber für die gewerbliche Teichwirtschaft eher von nachgeordneter Bedeutung ist. Der ORH hat erhebliche Zweifel an der vom Staatsministerium vorgebrachten ökologischen und wasserwirtschaftlichen Bedeutung der Teichwirtschaft.
Angesichts des hohen Anteils staatlicher Haushaltsmittel, der notwendig ist, um die EU-Mittel zu binden, angesichts der Personalkosten für die Verteilung und Kontrolle der Mittel und angesichts der geringen Bedeutung für die Teichwirtschaft empfiehlt der ORH, in der nächsten Förderperiode (2007 bis 2012) auf die FIAF-Förderung zu verzichten und gleichzeitig die Förderung aus dem staatlichen Haushalt einzustellen. Neben den so eingesparten Fördermitteln würden gleichzeitig Personalkosten von jährlich 300.000 € wegfallen.
2) siehe Nr. 3 Buchstabe b des Landtagsbeschlusses vom 17.03.2004 (LT-Drucksache Nr. 15/648)