Jahresbericht 2005

TNr. 20: Ausgaben für die Medikamentenversorgung der Gefangenen

Der ORH hat bei der notwendigen Medikamentenversorgung der Gefangenen erhebliche Wirtschaftlichkeitspotentiale festgestellt.

Nach umfangreichen Analysen hat die Verwaltung Maßnahmen ergriffen, die ab 2005 zu jährlichen Einsparungen von 1 Mio € bzw. 40 % der bisherigen Ausgaben führen.

20.1 Ergebnisse der Rechnungsprüfung

 

Für Medikamente der Gefangenen wurden in den zurückliegenden Jahren jährlich 2,5 Mio € ausgegeben. Der ORH und die Staatlichen Rechnungsprüfungsämter haben diese Ausgaben wiederholt (zuletzt in einer Querschnittsprüfung in den Jahren 2002 und 2003) bei verschiedenen Justizvollzugsanstalten geprüft und Folgendes festgestellt:

  • Die Justizvollzugsanstalten1 haben ihre Medikamente bislang ausschließlich bei örtlichen Apotheken und überwiegend ohne Wettbewerb beschafft. Nur in wenigen Fällen wurden günstigere Sonder- oder Festpreise vereinbart.
  • Die Einkaufspreise für gleiche Medikamente unterschieden sich erheblich. Die Abweichungen zwischen dem jeweils billigsten und dem teuersten Einkaufspreis betrugen z.T. mehr als 100 %.
  • Obwohl die Gewährung von Skonti und Naturalrabatten branchenüblich ist, wurden lediglich von zwei kleinen Justizvollzugsanstalten 2 % Skonto und von vier Justizvollzugsanstalten Naturalrabatte vereinbart.
  • Es wurden in erheblichem Umfang Markenpräparate von den Ärzten verordnet, obwohl preisgünstigere wirkungsgleiche Präparate (Generika) zur Verfügung standen.
  • Erhebliche Einsparungen wären möglich, wenn eine pharmazeutische Beratung durch die Apotheken verbunden mit einer indikations- und kostenbezogenen Auswertung der Verordnungen erfolgen würde. Ein Controlling dahingehend haben nur drei Anstalten praktiziert.
  • Die Justizvollzugsanstalten haben auch ihren Bedarf an apothekenfreien Medikamenten ausschließlich bei ihren jeweiligen Lieferapotheken gedeckt. Freiverkäufliche Arzneimittel und Impfstoffe hätten aber direkt vom Hersteller oder Großhändler günstiger bezogen werden können. Diese Einsparmöglichkeiten blieben ungenutzt.
  • Nach dem Strafvollzugsgesetz haben die Gefangenen Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln, wobei sich Art und Umfang nach den Vorschriften des SGB V richten. Danach sind beispielsweise Arzneimittel bei Erkältungskrankheiten oder Mund- und Rachentherapeutika von der kostenfreien Versorgung ausgenommen; für Festbetragsarzneimittel bestehen Leistungsbeschränkungen. Der ORH hat festgestellt, dass sich unter den abgegebenen Arzneimitteln auch nicht erstattungsfähige Präparate befanden.

 

20.2 Maßnahmen der Verwaltung

 

Das Staatsministerium hat noch im Laufe der Querschnittsprüfung eine Arbeitsgruppe eingesetzt und u.a. damit beauftragt, Vorschläge zur Kostenoptimierung bei der Medikamentenversorgung der Gefangenen zu erarbeiten. Die Arbeitsgruppe hat eine zentrale Belieferung der Justizvollzugsanstalten mit Arzneimitteln, Medizinprodukten, ärztlichem Verbrauchsmaterial sowie die Bereitstellung der damit verbundenen Beratungs- und administrativen Leistungen empfohlen. Nachdem zum 1. Januar 2004 die rechtlichen Voraussetzungen für den Arzneimittelversand in Kraft getreten sind, erfolgte eine europaweite Ausschreibung im ersten Halbjahr 2004. Seit April 2005 werden nunmehr alle Justizvollzugsanstalten von einer Apotheke beliefert.

Das Staatsministerium hat außerdem eine Arzneimittelkommission für den bayerischen Justizvollzug eingerichtet, die sich vor allem mit den Fragen einer wirtschaftlichen Therapie und der Arznemittelverordnung befasst. In der Ausschreibung wurde bereits eine „Positiv-Liste“ besonders wirtschaftlicher Medikamente und pharmazeutischer Beratungsleistungen gefordert. Bestellsoftware, Lieferscheine und Rechnungen werden nunmehr so gestaltet, dass bei den von der Liste abweichenden Verordnungen entsprechende Hinweise gegeben werden.

Zur Verordnung nicht erstattungsfähiger Präparate hat das Staatsministerium mitgeteilt, dass es rechtlich nicht eindeutig sei, ob die Gefangenen an den Kosten beteiligt werden könnten. Mit den anderen Ländern sei vereinbart worden, zur Wahrung bundeseinheitlichen Handelns und zur Beseitigung bestehender Rechtsunsicherheiten eine entsprechende Gesetzesinitiative über den Bundesrat einzubringen.

Das Staatsministerium erwartet aufgrund der eingeleiteten bzw. bereits getroffenen Maßnahmen ab 2005 geringere Ausgaben von bis zu 1 Mio €, das ist eine Einsparung um 40 %.


1) Zum Zeitpunkt der Prüfung bestanden 36 Justizvollzugsanstalten mit 12.000 Gefangenen.