Jahresbericht 2006

TNr. 25: Lohnsteuer-Außenprüfung

Prüfung

Die Lohnsteuer-Außenprüfung könnte durch eine verbesserte Auswahl der Prüfungsfälle und durch Schwerpunktbildung jährliche Mehreinnahmen in Millionenhöhe erbringen. Derzeit ergibt sich bei zu vielen Prüfungen kein oder nur ein geringes Mehrergebnis.

In den Ballungsräumen München und Nürnberg wird das vorhandene Personal zu wenig für die Prüfung von Körperschaften und zu stark für die Prüfung von Personenunternehmen eingesetzt. Dadurch entstehen Prüfungslücken und Steuerausfälle. Der ORH schlägt vor, hier zentrale Prüfungsstellen einzurichten, die für alle Arbeitgeber dieser Regionen zuständig sind.

25.1    Allgemeines

Die Lohnsteuer ist die bedeutendste Einnahmequelle für Bund und Länder. Im Jahr 2005 wurden in Bayern 25,6 Mrd € vereinnahmt; das sind 45 % des Kassenaufkommens. Die Lohnsteuer ist als besondere Form der Einkommensteuer vom Arbeitgeber einzubehalten, anzumelden und an den Fiskus abzuführen. In den Finanzämtern ist neben dem Innendienst die Lohnsteuer-Außenprüfung für den ordnungsgemäßen Vollzug des Anmeldeverfahrens zuständig. Derzeit sind - nach Vollarbeitskräften gerechnet - 542 Bearbeiter zur Betreuung und Überwachung der rd. 355 000 Arbeitgeber eingesetzt, 337 davon als Prüfer im Außendienst. Der ORH hat die Organisation und die Effektivität des Überprüfungsverfahrens untersucht.

25.2    Umfang und Ergebnisse der Außenprüfungen

Die Prüfung der Arbeitgeber richtet sich in erster Linie nach der Zahl ihrer lohnsteuerpflichtigen Mitarbeiter, aber auch nach dem Zeitpunkt der letzten Prüfung oder den dabei erzielten Mehrergebnissen. Betriebe mit mehr als 500 Beschäftigten sollen regelmäßig alle drei Jahre, die übrigen Betriebe mit mehr als fünf Arbeitnehmern, soweit möglich, alle vier Jahre geprüft werden. Bei den ca. 227 000 Kleinbetrieben mit bis zu fünf Arbeitnehmern wird die Lohnsteuer nur bei besonderem Bedarf vor Ort geprüft. Das Gesamtergebnis der Prüfungen lag in den letzten Jahren bei jeweils knapp über 100 Mio €.   

Bei den mittleren und kleinen Betrieben mit weniger als 100 Arbeitnehmern ist die Prüfungsdichte in den letzten Jahren zurückgegangen. Dies liegt teilweise an der knappen Personalausstattung. Zudem wird von der Möglichkeit verstärkt Gebrauch gemacht, nicht prüfungswürdige Betriebe auszusparen und stattdessen lohnende Fälle intensiver zu prüfen.   

Insgesamt blieben von allen Prüfungen im Jahr 2004 (ohne Kleinbetriebe mit bis zu fünf Arbeitnehmern) 40 % ohne Mehrsteuer und weitere 13 % unter 250 € Nachforderung. Bei Betrieben mit 6 bis 19 Arbeitnehmern ergaben sich sogar bei 62 % der Prüfungen ‑ wenn überhaupt ‑ Nachforderungen unter 250 €.   

Nach überschlägiger Berechnung liegen die Personalkosten einer Lohnsteuerprüfung bei Arbeitgebern mit bis zu 100 Mitarbeitern im Durchschnitt bei 350 €. Bei über der Hälfte der entsprechenden Prüfungen deckt das Ergebnis diese Kosten nicht ab.

25.3    Möglichkeiten der Effizienzsteigerung

Die Ergebnisse sind insgesamt nicht zufriedenstellend. Zu viele Fälle erbringen keine Mehrsteuern oder das Mehrergebnis ist im Verhältnis zum Prüfungsaufwand zu gering. Die Bemühungen müssen verstärkt darauf gerichtet werden, durch eine bessere Fallauswahl und durch gezielteres Prüfen die Ergebnisse zu steigern. Auch die Bandbreite beim Zeitaufwand für vergleichbare Prüfungen ist zu groß. Bei den Ämtern mit überdurchschnittlich langer Prüfungsdauer wäre deutlich mehr auf die Bildung von Schwerpunkten und den umgehenden Abschluss von Prüfungen zu achten, wenn diese keinen weiteren Erfolg versprechen. Dies schafft Kapazität für zusätzliche Prüfungen.   

Die Analyse hoher Einzelergebnisse zeigte, dass bestimmte Sachverhalte besonders häufig zu Nachforderungen führten oder einen hohen Anteil am Gesamtergebnis ausmachten. Häufigste und gewichtigste Feststellung war bei allen Betriebsgrößen die Besteuerung der Privatnutzung überlassener Dienstfahrzeuge, die bei nahezu der Hälfte der untersuchten Prüfungen mit Erfolg aufgegriffen wurde. Einen großen Block bildeten auch die Bereiche Zukunftssicherung, Annehmlichkeiten und Geschenke, Motivationsveranstaltungen sowie Geschäftsführerbezüge. Auf die genannten Sachverhalte wäre daher künftig besonders zu achten.   

Bei Arbeitgebern, die als juristische Person (zumeist GmbH) geführt werden, ergaben sich häufig höhere Mehrsteuern als bei gleich großen Personengesellschaften und Einzelunternehmen, deren Inhaber natürliche Personen sind. Dies liegt in erster Linie an den zahlreichen Neugründungen bei den Körperschaften. Entsprechend hoch ist der Anteil erstmaliger Prüfungen mit steuerlichem Mehrergebnis. Häufig werden die dabei getroffenen Feststellungen beachtet, so dass für Folgeprüfungen nur geringere Mehrsteuern zu erwarten sind. Der Unterschied zwischen beiden Fallgruppen wird aus den durchschnittlichen Ergebnissen des Jahres 2004 deutlich:

Durchschnittliche Ergebnisse

Der Unterschied ist insbesondere bei den aus Kapazitätsgründen nicht vollständig prüfbaren Betrieben mit weniger als 100 Arbeitnehmern groß. Deshalb ließe auch die vermehrte Prüfung von Körperschaften aus diesem Bereich bei sachgerechter Fallauswahl ein um mehrere Millionen Euro jährlich höheres Gesamtergebnis erwarten.

25.4    Prüfungsdefizite in München und Nürnberg

Der ORH hat bei den Körperschaften insbesondere in den Ballungsräumen München und Nürnberg eine unzureichende Prüfungsdichte festgestellt. Aufgrund dieser Defizite muss von erheblichen Steuerausfällen ausgegangen werden, zumal sich in Ballungsräumen erfahrungsgemäß höhere Mehrergebnisse erzielen lassen.   

Ursache der Fehlentwicklung ist in erster Linie die im Verhältnis zum Fallbestand nicht ausreichende Personalausstattung der ausschließlich für Körperschaften zuständigen Prüfungsstellen bei den Finanzämtern München für Körperschaften und Nürnberg-Zentral. Die Rationalisierungsmöglichkeiten der beiden Stellen sind weitgehend ausgeschöpft. Ohne Personalverstärkung können sie ihre Aufgaben nicht ausreichend und in einer mit den anderen Ämtern vergleichbaren Weise wahrnehmen. Dagegen sind die Prüfungsstellen der Personen-Finanzämter in München und Nürnberg vergleichsweise gut besetzt. Die Prüfungsdichte liegt hier sogar über dem Landesdurchschnitt.   

Der ORH hat vorgeschlagen, für München und Nürnberg zentrale, für sämtliche Arbeitgeber zuständige Prüfungsstellen einzurichten. Dies ermöglicht vor allem den notwendigen flexiblen Prüfereinsatz, mit dem der dringende Nachholbedarf bei den Körperschaften am schnellsten ausgeglichen werden kann. Bei Zuständigkeitsüberschneidungen, z.B. einem Rechtsformwechsel der Unternehmen oder bei Betriebsaufspaltungen, würde dies auch zu Synergieeffekten führen.

25.5    Stellungnahme der Verwaltung und Anmerkung des ORH 

Das Staatsministerium hat die Feststellungen im Wesentlichen anerkannt, bezweifelt aber, ob durch eine verbesserte Auswahl der Prüfungsfälle und durch Schwerpunktbildung jährliche Mehreinnahmen in der vom ORH geschätzten Höhe möglich sind.  

Im Hinblick auf die Prüfungsdefizite in München und Nürnberg werde dem Finanzamt München für Körperschaften umgehend zusätzliches Personal zugeteilt. Den Vorschlag, die Lohnsteuerprüfung bei jeweils einem Finanzamt in München und Nürnberg zu zentralisieren, wolle man zunächst nicht realisieren, da derzeit überörtlich die Bildung kombinierter Prüfungssachgebiete für alle laufend veranlagten Steuern geprüft werde. Teillösungen würden zum jetzigen Zeitpunkt die konzeptionellen Möglichkeiten beeinträchtigen.   

Der ORH ist nach wie vor der Auffassung, dass Ergebnisverbesserungen in der geschätzten Höhe möglich sind. Allein zusätzliche Prüfungen von Körperschaften in München und Nürnberg lassen zusammen jährliche Mehrergebnisse in Millionenhöhe erwarten. Auch am Vorschlag einer Zentralisierung der Lohnsteuerprüfung in München und Nürnberg wird festgehalten. Die Defizite in diesen Ballungsräumen könnten auf diese Weise am effektivsten und nachhaltig beseitigt werden.