TNr. 17: Unterhalt staatlicher Gebäude

Der Bauunterhalt wird nach wie vor vernachlässigt. Nicht rechtzeitig durchgeführte Maßnahmen führen zu überproportionalen Ausgaben und zu einer stärkeren Haushaltsbelastung in der Zukunft.
17.1 Rückblick
Der ORH hatte sich bereits 1998 eingehend mit Fragen des Bauunterhalts bei staatlichen Gebäuden befasst.1 Er hatte gefordert, dass auf der Grundlage einer sachgerechten Bedarfsermittlung die insoweit nötigen Mittel veranschlagt werden müssen, um den Wert der Gebäude langfristig zu sichern und aufwendige Sanierungen zu vermeiden. Der Landtag hatte daraufhin die Staatsregierung ersucht, die Bestandserhaltung stärker zu gewichten. Um den Mitteleinsatz für den Substanzerhalt des staatlichen Gebäudebestands zu verbessern, sollten neben einer angemessenen Dotierung der Ansätze für den Bauunterhalt sowie für die Instandhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen im Rahmen des Staatlichen Hochbaus die Möglichkeiten der dezentralen Budgetverantwortung verstärkt genutzt werden. Darüber sollte dem Landtag berichtet und dabei eine Liste der dringendsten Maßnahmen vorgelegt werden.2
17.2 Umsetzung des Landtagsbeschlusses
Nach dem Bericht der Staatsregierung wurden folgende Verbesserungen für den Bauunterhalt erzielt:3
- Verstärkung der Mittel ab 1998 durch einseitige Deckungsfähigkeit. Die Mittel können dadurch erhöht, aber nicht reduziert werden.
- Verstärkung der Mittel durch gegenseitige Deckungsfähigkeit von Bauunterhaltsmaßnahmen der Gruppe 519 und sog. kleinen Baumaßnahmen der Gruppe 701 ab 2001 bei gleichbleibenden Gesamtmitteln.
- Anhebung der Bauunterhaltsmittel bei den Universitätsklinika.
Der ORH hat bei seinen erneuten Erhebungen in den Jahren 2005/2006 Folgendes festgestellt:
17.3 Entwicklung der Ausgaben für den Bauunterhalt
Die Mittel für den Bauunterhalt der Gruppen 519 (alle Einzelpläne ohne Kliniken) und 682 (Kliniken) wurden von 184 Mio € im Haushaltsjahr 1998 auf 212 Mio € im Haushaltsjahr 2001 angehoben. Dies entsprach dem Beschluss des Landtags vom 11. Februar 1999. Inzwischen liegen die Bauunterhaltsmittel mit 175 Mio € aber wieder unter dem früheren Niveau (vgl. Schaubild 1).4 Nicht enthalten sind Mittel für Hochbaumaßnahmen im Bestand, die in der Anlage S veranschlagt und nicht für den laufenden Unterhalt bestimmt sind.
Wie schon im ORH-Bericht 1998 ausgeführt, halten Fachleute/Institutionen 5 zur Ermittlung des durchschnittlichen jährlichen Bedarfs den Erfahrungswert von 1,0 bis 1,5 % des Neubauwerts für sachgerecht. Danach wären jedes Jahr Mittel von 250 bis 375 Mio € 6 für den laufenden Bauunterhalt sowie zusätzliche Mittel für den Abbau des aufgelaufenen Sanierungsstaus erforderlich.
Der ORH hat die Ausgabenentwicklung bei zwei Einzelplänen mit besonders hohem Baubestand näher untersucht.
17.3.1 Einzelplan 15
Das Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (StMWFK) ist zuständig für den Bauunterhalt eines Gebäudebestands mit einer Kubatur von 20,8 Mio m³ (= 30 % des gesamten Bestands), wovon der überwiegende Anteil auf die Hochschulen entfällt. Der Bauunterhalt der Hochschulen hat sich seit 1997 wie folgt entwickelt:
Nach der RLBau M 8 ist für einzelne Gebäude der Bedarf an Mitteln für den Bauunterhalt detailliert zu ermitteln. Der festgestellte Bedarf an Haushaltsmitteln für die Gruppe 519 ist i.d.R. erheblich, z.T. um ein Vielfaches höher als die tatsächlich zugewiesenen Mittel. So hat 2005 ein Universitätsbauamt 21,7 Mio € angefordert, zugewiesen wurden aber nur 3,9 Mio €. Dadurch konnten die seit Jahren zunehmenden Bauschäden wieder nicht in ausreichendem Umfang behoben werden. Notwendige Instandsetzungs- und Reparaturarbeiten mussten zurückgestellt werden. Der ORH hat hierzu eine Prüfung bei der Universität Regensburg durchgeführt und die Ergebnisse in diesem Bericht (TNr. 41) dargestellt.
Dies zeigt, dass der im Bereich der Hochschulen eingetretene Sanierungsstau mit den bisher zur Verfügung gestellten Mitteln nicht abgebaut werden kann. Es führt zu einem Aufschub dringend notwendiger Maßnahmen für den Bauunterhalt und damit auch zu überproportionalen Kosten in den Folgejahren.7
Das StMWFK fordert in seiner Anmeldung zum Doppelhaushalt 2007/2008, die Ansätze 2007 auf 52,1 Mio € (+ 38,7 %) und 2008 auf 57,4 Mio € (+ 52,6 %) zu erhöhen. Die Bauämter haben den Mittelbedarf sogar auf 150 Mio € je Haushaltsjahr geschätzt. Der Staatshaushalt war bis zum Redaktionsschluss dieses Jahresberichts noch nicht abschließend behandelt. Der Regierungsentwurf vom September 2006 geht bisher von je 39,5 Mio € für 2007 und 2008 aus.
17.3.2 Einzelplan 06
Im Bereich des Einzelplans 06 ist ein Gebäudevolumen von 6,2 Mio m³ (= 10 % des Gesamtumfangs) zu betreuen. Die Ausgaben für den Bauunterhalt haben sich wie folgt entwickelt:
Seit 2001 sind die Bauunterhaltsmittel deutlich zurückgegangen. Der von den Bauämtern ermittelte Bedarf wird bei den Mittelzuweisungen regelmäßig höchstens zu zwei Dritteln erfüllt.
Die insoweit ohnehin zu knappen Bauunterhaltsmittel werden außerdem durch den Nutzer nicht immer bestimmungsgemäß verwendet.8 Dadurch erhöht sich der nicht gedeckte Bedarf von Jahr zu Jahr zusätzlich.
Rund 50 % der Ausgaben entfallen auf Baumaßnahmen der Verwaltung für die staatlichen Schlösser, Gärten und Seen. Der ORH hat den Bauunterhalt bei der staatlichen Schlösserverwaltung geprüft und in diesem Bericht (TNr. 27) dargestellt.
17.4 Stellungnahme der Verwaltung
Das Staatsministerium der Finanzen (StMF) begründet die rückläufigen Ausgaben für die Substanzerhaltungsmaßnahmen an staatlichen Gebäuden in den Jahren 2004 und 2005 mit Einbrüchen bei den Steuereinnahmen und den Bemühungen um einen ausgeglichenen Haushalt.
Dort wo massive Schäden im Gebäudebestand festgestellt werden, die zu überproportionalen Folgeschädigungen führen können, sollte auch aus Sicht des StMF schnell gehandelt werden. Im Einzelnen greife hier die Einzelverantwortung und die Prioritätensetzung des jeweiligen Ressorts unter Ausschöpfung der weitreichenden Verstärkungs- und Umschichtungsmöglichkeiten zugunsten des Bauunterhalts.
Im Übrigen seien bei den Mitteln für den Bauunterhalt die Bestandsmaßnahmen in der Anlage S einzubeziehen. So würden große Baumaßnahmen im Gebäudebestand der Einzelpläne 06 und 15, bei denen auch Bauunterhaltsmaßnahmen abgewickelt werden, insgesamt eine steigende Tendenz aufweisen. Sie stiegen von 72,5 Mio € im Jahr 2001 auf 80,1 Mio € im Jahr 2005. In allen Einzelplänen seien dafür rd. 130 Mio € jährlich ausgegeben worden.
Inklusive der Hochbaumaßnahmen im Bestand (Substanzerhaltung) würden z.B. im Jahr 2006 dadurch 1,36 % und im Entwurf des Doppelhaushalts 2007/2008 sogar jährlich 1,5 % des Neubauwerts erreicht.
Im Einzelplan 15 hätten sich die bereitgestellten Mittel für den Bauunterhalt deutlich erhöht, und zwar von 39,8 Mio € im Jahr 1998 auf 52,2 Mio € im Jahr 2005. Nicht von der Hand zu weisen sei allerdings, dass einige Stellen dem Bauunterhalt nicht die ihm gebührende Beachtung beigemessen hätten (Beispiel Universität Regensburg).
Der dargestellte Rückgang der Bauunterhaltsmittel im Einzelplan 06 ab 2002 beruhe insbesondere auf dem Auslaufen der IT-Verkabelungsmaßnahmen bei der Steuerverwaltung. Im Entwurf des Doppelhaushalts 2007/2008 seien die Ansätze der Gruppe 519 wieder um 18 % von 23,2 Mio € (Soll 2006) auf 27,4 Mio € (2007) bzw. auf 27,5 Mio € (2008) gesteigert worden.
17.5 Auffassung des ORH
Das Defizit bei der Bereitstellung der Bauunterhaltsmittel lässt sich nicht dadurch verringern, dass Ausgaben für Baumaßnahmen der Anlage S hinzugerechnet werden. Die vom StMF genannten Bestandsmaßnahmen sind Umbau-, Sanierungs-, Einrichtungs-, Verbesserungs- und Ersatzmaßnahmen, die nicht zum Bauunterhalt gehören, wie z.B. der Umbau des Plenar- und Senatsaals. Soweit im Einzelfall größere Sanierungen durchgeführt werden, dienen diese dem Abbau des Sanierungsstaus und nicht dem laufenden Bauunterhalt.
Dem Grunde nach sind sich ORH und Verwaltung einig, dass die Erhaltung des Gebäudebestands ein zentrales Anliegen des Staats sein muss. Nur die rechtzeitige Bereitstellung erforderlicher Mittel sichert einen kostengünstigen Bauunterhalt und damit auch einen langfristigen Substanzerhalt. Den Beschlüssen des Landtags, die Bestandserhaltung stärker zu gewichten, wurde zwar durch einzelne Maßnahmen Rechnung getragen. Der ORH hält es aber nach wie vor für erforderlich, den Fehlbedarf im Bauunterhalt abzubauen. Die Erhaltung wertvoller Bausubstanz darf nicht so weit in die Zukunft verschoben werden, dass eine Sanierung nur mit überproportionalen Kosten oder überhaupt nicht mehr möglich ist.
2) Landtagsbeschluss vom 11. Februar 1999 (LT-Drucksache 14/390 Nr. 2 a)
3) FMS vom 6. April 2001 Gez. 11-H3045-28/54-47112
4) Eine Indexbereinigung konnte wegen der geringen Baupreisveränderung seit 1996 vernachlässigt werden.
5) HIS-Hochschulinformationssystem: 1 bis 1,05; Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung KGSt: 1,2 %; Bundesbauministerium: 1,5 %
6) 62 Mio m3 x 400 €/m3 = 25 Mrd € Neubauwert, davon 1,0 % = 250 Mio € oder 1,5 % = 375 Mio €
7) Diese Wirkung hat der ORH auch schon beim Unterhalt von Staatsstraßen festgestellt (Jahresbericht 2004 TNr. 22).