TNr. 27: Bauunterhalt an Gebäuden der Schlösserverwaltung
Die knapp bemessenen Mittel für den Bauunterhalt wurden in erheblichem Umfang zweckentfremdet eingesetzt. Leistungen wurden überwiegend nicht im Wettbewerb vergeben.
27.1 Allgemeines
Die Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen (SV) ist zusammen mit den Staatlichen Bauämtern für den Bauunterhalt von über 900 Objekten mit einem Volumen von 3,3 Mio m³ umbauten Raum zuständig. Da es sich überwiegend um wertvolle historische Bausubstanz handelt, kommt der rechtzeitigen Instandhaltung eine besondere Bedeutung zu.
27.2 Haushaltsmittel
27.2.1 Entwicklung der Ausgaben für den Bauunterhalt
Bis 2003 lagen die aufgewendeten Mittel für den Bauunterhalt (Kap. 06 16) bei durchschnittlich 15 Mio € pro Jahr. Ab 2004 wurden diese um ein Drittel auf 10 Mio € gekürzt:
27.2.2 Mittelbedarf
Als Orientierungsgröße für den jährlichen Bedarf an Bauunterhaltsmitteln gilt ein Wert von 1,0 bis 1,5 % des Neubauwerts als gesichert. Für die vielen Gebäude der SV, die unter Denkmalschutz stehen, ist nach Auffassung des ORH der höhere Wert von 1,5 % maßgeblich. Bei einem mittleren Kubaturpreis bei Denkmalschutzobjekten von 500 €/m³ und einem umbauten Raum von 3,3 Mio m³ ergibt sich für die Gebäude der SV ein Wiederbeschaffungswert von 1,65 Mrd €. Daraus errechnet sich ein jährlicher Bedarf an Bauunterhaltsmitteln von 25 Mio €.
Die Haushaltsansätze und Mittelzuweisungen lagen um bis zu 50 % unter diesem Wert. Deshalb konnten weitere, dringend notwendige Bauunterhaltsmaßnahmen nicht durchgeführt werden. Sie werden immer weiter in die Zukunft verlagert und die Kosten steigen überproportional an.
27.3 Prüfungsfeststellungen
Der ORH und die Staatlichen Rechnungsprüfungsämter haben die Abwicklung von Maßnahmen für den Bauunterhalt geprüft und Folgendes festgestellt.
27.3.1 Zweckentfremdung von Mitteln für den Bauunterhalt
Bauunterhaltsmittel sind für Maßnahmen des laufenden Unterhalts zu verwenden, die grundsätzlich keine Veränderung der Grundstücke und Gebäude in ihrem Bestand zur Folge haben. Nur kleine bauliche Veränderungen bis 25 000 € sind im Zuge von Maßnahmen für den Bauunterhalt gestattet.
Nach den Feststellungen des ORH wurden die Mittel für den Bauunterhalt auch für kleine und große Baumaßnahmen sowie für andere Beschaffungen aller Art eingesetzt. Nachfolgend einige Beispiele, bei denen die Mittel zweckentfremdet verwendet wurden:
- Für die Neugestaltung des Eingangsbereichs der Residenz München wurden 1,5 Mio € für neue Kassentheken und Garderoben einschließlich der Neuinstallation der Gebäudetechnik sowie für die Außenanlagen ausgegeben.
- Mit einem Aufwand von 1,6 Mio € wurde in der Burganlage in Burghausen ein Burgstadl zu einem Restaurant ausgebaut.
- Beim Schloss Dachau wurden 2,1 Mio € für Baumaßnahmen im Gartensaal (Fußbodenheizung, Glastrennwand, Garderobe) und Schlosscafé (vollständige Sanierung der Küche und der haustechnischen Anlagen sowie Einbau eines Aufzugs) verwendet.
27.3.2 Ausschreibung und Vergabe von Leistungen für den Bauunterhalt
Ein weiterer Schwerpunkt der Prüfung war die Vergabe von Bauleistungen. Hierbei haben die örtlichen Erhebungen des ORH bei einer Abrechnungssumme von 20 Mio € ergeben, dass lediglich 9 % öffentlich ausgeschrieben wurden. Rund 50 % des Auftragsvolumens (10,1 Mio €) wurden überhaupt nicht dem Wettbewerb unterstellt. 12 % der Leistungen wurden über sog. Rahmenverträge abgewickelt, die aufgrund einer vorausgegangenen Beschränkten Ausschreibung geschlossen waren. Die festgelegten Laufzeiten dieser Verträge wurden häufig nicht eingehalten, Einzelaufträge wurden oft noch zwei Jahre nach Fristablauf an die gleichen Firmen vergeben.
Diese Feststellungen gelten auch für Bauunterhaltsleistungen, die durch die örtlichen Verwaltungen der SV vergeben wurden. Hier war auffällig, dass bei der Vergabe bestimmter Leistungen - insbesondere bei Materialbeschaffungen - immer wieder die gleichen Firmen berücksichtigt wurden.
Die Hochbauämter und die örtlichen Verwaltungen der SV begründen die Vergaben ohne förmliches Verfahren und ohne Wettbewerb vielfach damit, dass es sich um Bauleistungen handeln würde, für deren Ausführung nur bestimmte Unternehmer in Betracht kämen oder dass die Leistung nach Art und Umfang vor der Vergabe nicht eindeutig und erschöpfend festgelegt werden könne. Nach Ansicht des ORH können diese Begründungen zwar für einzelne Leistungen zutreffen, die Ausschaltung des Wettbewerbs im festgestellten Umfang jedoch bei Weitem nicht rechtfertigen.
27.4 Stellungnahme der Verwaltung
Der vom ORH dargestellte Rückgang der originären Bauunterhaltsmittel in 2004 beruhe auf einer Kürzung zur notwendigen Haushaltskonsolidierung. Hiervon habe auch die SV nicht ausgenommen werden können. Weitere Kürzungen seien aber nicht erfolgt, die Höhe der Haushaltsmittel für den Bauunterhalt sei seit 2004 gleich geblieben.
Die in der RLBau eingeführte Wertgrenze von 25 000 € für bauliche Veränderungen zulasten der Bauunterhaltsmittel erscheine inzwischen als zu niedrig bemessen. Das Staatsministerium werde sich deshalb mit der Obersten Baubehörde ins Benehmen setzen, um evtl. eine Änderung der Richtlinie herbeizuführen.
Die SV werde künftig den vom ORH beanstandeten Punkten verstärkt Beachtung schenken und im Rahmen ihrer Fachaufsicht bei den Hochbauämtern sowie bei den örtlichen Verwaltungen der SV darauf hinwirken, dass die Vergabe von Bauaufträgen soweit möglich durch Ausschreibung erfolgt.
27.5 Wertung des ORH
Der ORH hält es nicht für vertretbar, dass die knapp bemessenen regulären Bauunterhaltsmittel auch für Baumaßnahmen, die über die Substanzerhaltung hinausgehen, oder für Beschaffungen verwendet werden. Dadurch können noch weniger notwendige Bauunterhaltsmaßnahmen rechtzeitig durchgeführt werden. Mit der Verlagerung in die Zukunft kommt es in vielen Fällen zu einer deutlichen Verschlechterung der Bausubstanz und in der Folge zu einer überproportionalen Verteuerung der Maßnahmen.