Jahresbericht 2007

TNr. 14: Versorgungsausgaben

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Aufgrund der Altersstruktur werden die Versorgungsausgaben für Richter und Beamte in den nächsten Jahren erheblich ansteigen. Um den Anstieg zu begrenzen, will die Staatsregierung einen Versorgungsfonds einrichten. Allerdings werden die bislang vorgesehenen Rücklagen nicht ausreichen, um die jährlichen Belastungen des Staatshaushalts wenigstens auf 4,2 Mrd € zu "deckeln". Der ORH fordert, da aufgrund der derzeit guten Haushaltslage finanzpolitische Spielräume bestehen, jetzt zu handeln und zusätzliche Beträge in den Versorgungsfonds einzuzahlen.

Bei der Haushaltsaufstellung bleiben bislang die im Haushaltsjahr neu entstandenen Versorgungsanwartschaften der aktiven Beamten und Richter unberücksichtigt. In diesem Umfang sind die Kosten für deren Arbeitsleistung im laufenden Haushalt nicht durch Einnahmen gedeckt. Die entstandenen Zahlungsverpflichtungen sind in künftigen Haushaltsjahren zu finanzieren und engen dann haushaltspolitische Handlungsspielräume ein.

Da für die Versorgungsverpflichtungen erst seit 1999 mit einer Versorgungsrücklage ein geringfügiger Kapitalstock besteht, ist in Kombination von Auswirkungen der demografischen Entwicklung und der überproportionalen Anzahl von Verbeamtungen in den 60er und 70er Jahren in den kommenden Jahren ein starker Anstieg der Versorgungsausgaben aus laufenden Haushaltsmitteln zu bewältigen.

Die Staatsregierung hat in ihrem Versorgungsbericht vom August 2007 die voraussichtliche Entwicklung der Versorgungsausgaben (ohne Beihilfen) bis 2050 dargestellt. Sie weist in ihrem Bericht darauf hin, dass zur Dämpfung der Versorgungsausgaben in den letzten zehn Jahren zahlreiche gesetzliche Maßnahmen getroffen wurden, mit denen das Versorgungsniveau um knapp 10 % abgesenkt worden ist. Trotzdem erhöhen sich die nominalen Versorgungsausgaben von 3,2 Mrd € im Jahr 2007 bis zum Ende des Prognosezeitraums auf 8,1 Mrd €.1

Dieser Zuwachs ist auf einen Mengen- und einen Preiseffekt zurückzuführen. Der Preiseffekt basiert auf künftigen Anpassungen des Besoldungsniveaus, die maßgeblich von der angenommenen Preissteigerungsrate beeinflusst werden. Der Mengeneffekt resultiert aus einer absolut zunehmenden Anzahl von Versorgungsempfängern als Folge der demografischen Entwicklung und der Stellenmehrungen in der Vergangenheit.

Für eine Analyse der künftigen Belastungen des Staatshaushalts durch die Versorgungsaufwendungen muss nach Ansicht des ORH auf die realen, also um die erwartete Preissteigerungsrate korrigierten Werte abgestellt werden. Damit werden prognostizierte Versorgungsausgaben verschiedener Jahre miteinander vergleichbar. Werden die voraussichtlichen Versorgungsausgaben um die Preissteigerung bereinigt, ergibt sich folgender Verlauf, der ausschließlich auf den strukturellen Anstieg der Versorgungsausgaben (Mengeneffekt) zurückzuführen ist:


Preisbereinigte Entwicklung der Versorgungsausgaben Schaubild 4
Schaubild 4: Preisbereinigte Entwicklung der Versorgungsausgaben

Das reale Niveau der Versorgungsausgaben (ohne Beihilfen) wächst von 3,2 Mrd € im Jahr 2007 kontinuierlich auf preisbereinigt 4,31 Mrd € im Jahr 2017 an.2 Durch Entnahmen aus dem Sondervermögen Versorgungsrücklage in den Jahren 2018 bis 2033 wird der reale Belastungszuwachs abgemildert; die realen Versorgungsausgaben stabilisieren sich in diesem Zeitraum in einer Größenordnung von rd. 4,5 Mrd €.3 Danach steigen die realen Versorgungsausgaben im Jahr 2034 sprunghaft an und erreichen mit einem preisbereinigten Prognosewert von 4,82 Mrd € ihr Maximum. Anschließend sinken sie bis zu einer Größenordnung von preisbereinigt 4,27 Mrd € im Jahr 2050 ab.

In Jahren mit Belastungsspitzen fallen in heutigen Preisen bis zu 1,6 Mrd € mehr Versorgungsausgaben an als im Jahr 2007. Somit müssten bezogen auf den Staatshaushalt 2007 1,6 Mrd € an anderer Stelle konsolidiert oder durch Steuermehreinnnahmen kompensiert werden, um die anfallenden Versorgungsverpflichtungen ohne Neuverschuldung zu finanzieren.4 In den Jahren 2017 bis 2050 belaufen sich die preisbereinigten Pensionsausgaben auf dauerhaft über 4,2 Mrd € und übersteigen damit den aktuellen Wert Jahr für Jahr um mindestens 1 Mrd €.

Die Belastung künftiger Haushalte durch Pensionsausgaben kann durch eine zusätzliche Rücklage (Pensionsfonds) begrenzt werden, die einschließlich Zinserträgen für eine Teilkompensation von Pensionslasten verwandt werden kann.

Der ORH hat errechnet, in welcher Höhe und bis zu welchem Zeitpunkt ein Pensionsfonds dotiert werden müsste, um bestimmte maximale reale Ausgabenlasten nicht zu überschreiten. Um den Staatshaushalt nicht über das Niveau des Jahres 2007 (3,2 Mrd €) hinaus mit Versorgungsausgaben zu belasten, müsste ein Pensionsfonds aktuell mit 24,9 Mrd € ausgestattet sein. Dies veranschaulicht die Größenordnung der Problematik.

In nachfolgender Zahlenübersicht 23 zeigt der ORH anhand von vier Beispielen auf, welches Fondskapital bis zu welchem Jahr gebildet sein müsste, um die reale Haushaltsbelastung auf die in der ersten Spalte genannten Werte zu begrenzen.

Übersicht 23: Szenarien für die Dotation eines Pensionsfonds

Sollen die Pensionslasten auf einen Betrag begrenzt werden, der in heutigen Preisen 4,2 Mrd € entspricht (1 Mrd € über dem Niveau 2007), müsste zu Beginn des Jahres 2017, in dem die erste Entnahme aus dem Fonds erforderlich wäre, ein Fondskapital von 7 Mrd € vorhanden sein. Würde bis 2020, und damit über einen Zeitraum von zwölf Jahren, ein Fondskapital von 4,1 Mrd € gebildet, könnten die realen Versorgungslasten nach derzeitigen Preisen auf einen Wert von 4,35 Mrd € begrenzt werden. Dies würde einer jährlich konstanten Zuführung zu einem Versorgungsfonds von 264 Mio € in den Jahren 2008 bis 2019 entsprechen.5

Die Staatsregierung hat am 31.07.2007 beschlossen, einen Versorgungsfonds einzurichten. Vorgesehen ist ein sukzessiver Anstieg der jährlichen Mindestzuführung zu diesem Fonds von 35 Mio € im Jahr 2008 auf 315 Mio € bis zum Jahr 2016. Eine Entnahme aus dem Fonds soll erstmals 2023 möglich sein. Das aus den vorgesehenen Mindestzuführungen der Jahre 2008 bis 2016 resultierende Fondsvermögen würde nach Berechnungen des ORH eine Begrenzung der realen Versorgungsausgaben auf rd. 4,45 Mrd € in den Jahren ab 2023 ermöglichen.

Das StMF weist darauf hin, dass nach dem Gesetzentwurf der Staatsregierung laufende Zuführungen über das Jahr 2016 hinaus vorgesehen sind. Dies würde bedeuten, dass sich das Ausgabevolumen für Versorgung und Fondsdotierung nochmals erhöht.

Der ORH gibt zu bedenken, die aktuellen und in den nächsten Jahren entstehenden finanzpolitischen Handlungsspielräume zu nutzen, um über die Mindestzuführungsbeträge hinaus zusätzliche Beiträge in den Versorgungsfonds einzubringen. Dadurch könnte der Versorgungsfonds in Jahren mit noch geringeren Versorgungslasten ausreichend dotiert werden, um die realen Versorgungsausgaben in den Jahren ab 2017 wirksam zu begrenzen.


1) Abgestellt wird auf das sog. "Ausgangsmodell" des Versorgungsberichts, das ab dem Jahr 2009 Bezügeanpassungen von 1,5% p.a., ab 2013 von 1,3% und ab 2018 von 1,5% unterstellt. Die Versorgungsausgaben beinhalten die auf Versorgungsempfänger entfallenden an die Versorgungsrücklage abzuführenden Beiträge sowie vorgesehene Entnahmen aus dem Sondervermögen zur Finanzierung der Versorgungslasten. Für Einzelheiten wird auf den Versorgungsbericht der Staatsregierung verwiesen.

2) Dies entspräche einem Anstieg der Versorgungs-Haushaltsquote von 8,9% (2007) auf 11,9% (2017).

3) Dadurch würde die Versorgungs-Haushaltsquote bis einschließlich 2032 auf 12,5% begrenzt.

4) Der Umschichtungsbedarf reduziert sich, wenn die Steuereinnahmen stärker steigen als die Preissteigerungsrate.

5) Bei einer Kapitalverzinsung von nominal 4,5%.