TNr. 17: Basiskomponente Förderverfahren

An dem Ziel eines einheitlichen, ressortübergreifenden IuK-Verfahrens für das Förderwesen sollte festgehalten werden. Dazu müssten vor allem die Geschäftsprozesse in den Förderbereichen stärker aufeinander abgestimmt werden. Darüber hinaus wäre die Verantwortung für die Steuerung des IuK-Einsatzes und des IuK-Budgets in den jeweiligen Ressorts zusammenzuführen.
17.1 Basiskomponenten als Teil des eGovernment-Konzepts
Im Juli 2002 beschloss die Staatsregierung ein Konzept für die Einführung von eGovernment in der bayerischen Staatsverwaltung, das sich auf zwei Schwerpunkte konzentrierte: einen leichteren elektronischen Zugang zur Verwaltung für Bürger und Wirtschaft sowie eine vereinheitlichte IuK-Binnenstruktur. Innerhalb der Verwaltung sollten durch den Einsatz von Basiskomponenten eine weitgehende Interoperabilität erreicht sowie Medienbrüche und Mehraufwand für funktional ähnliche Systeme vermieden werden. Die Basiskomponenten sollten dabei für Querschnittsaufgaben der Verwaltung verwendet werden, die ressortübergreifend in gleicher Art und Weise anfallen. Nach dem Prinzip „Einer für alle“ sollten sie jeweils von einem Ressort federführend entwickelt und dann von allen übrigen übernommen werden.
17.2 Basiskomponente Förderverfahren
Vorbereitet durch die Projektgruppe Verwaltungsreform und den Arbeitskreis eGovernment beschloss die Staatsregierung im Juli 2003 einen Katalog von verschiedenen IuK-Anwendungen, die als Basiskomponenten dienen sollten. Darunter befand sich auch ein Verfahren, mit dem die Verwaltung der Förder- und Forschungsmittel unterstützt werden sollte. Federführend waren dabei das Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (StMUGV) und das Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten (StMLF).
Maßgeblich dafür war, dass das StMUGV sich bereits seit Ende 1999 damit beschäftigt hatte, innerhalb seines Geschäftsbereichs eine Zusammenführung zweier großer IuK-Förderverfahren zu realisieren. Außerdem hatte der ressortübergreifende IuK-Fachausschuss das StMUGV schon frühzeitig gebeten, sich mit anderen Ressorts abzustimmen und eine grundsätzliche Übertragbarkeit des IuK-Verfahrens sicherzustellen.
Das Projekt erhielt daraufhin den Namen „Bayerisches Integriertes Fördersystem (BayIFS)“.
17.3 Verfahrensentwicklung
17.3.1 Einführung im StMUGV
Mit der Entwicklung und Einführung des Integrationsverfahrens sollten folgende typische Schwachstellen beseitigt werden:
- redundante Datenbestände,
- mehrfache Erfassung aufgrund von Medienbrüchen,
- uneinheitliche Benutzerverwaltung,
- mehrfacher Administrations- und Pflegeaufwand der Einzelsysteme,
- mehrfacher Schnittstellenaufwand zu den Haushaltssystemen.
Das StMUGV hat das von einem Werkunternehmer erstellte BayIFS im Dezember 2005 abgenommen, mit dem Produktivbetrieb aber bislang nicht begonnen. Erst im Jahr 2008 soll BayIFS im gesamten Geschäftsbereich eingeführt werden.
Der ORH ist der Auffassung, dass die unbefriedigende Ist-Situation möglichst bald zu bereinigen und der aufwendige Parallelbetrieb des Integrationsverfahrens und der Altsysteme aufzugeben ist.
17.3.2 Wirtschaftlichkeit
Für die Entwicklung von BayIFS hat das StMUGV bis Mitte 2006 rd. 2,3 Mio € aus Haushaltsmitteln ausgegeben. Die zusätzlichen Personalkosten des StMUGV schätzt der ORH auf mindestens 1 Mio €.
In einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung aus dem Jahr 2001 hatte das StMUGV den Entwicklungskosten sowie den Betriebskosten den Nutzen aus wegfallenden Kosten für einen fünfjährigen Betrachtungszeitraum gegenübergestellt. Dabei ergab sich ein Nutzenüberschuss von 1,1 Mio €, der fast ausschließlich auf Personaleinsparungen zurückzuführen ist (19 Vollzeitkräfte).
Inzwischen hält das StMUGV Stelleneinsparungen durch die Einführung von BayIFS nicht mehr für möglich. Von dem integrierten Fördersystem seien zwar erhebliche Arbeitserleichterungen und Synergien zu erwarten. Diese würden aber benötigt, um die durch allgemeine Stelleneinsparungen entstandenen Engpässe aufzufangen. Im Übrigen habe es dringenden Handlungsbedarf gegeben, die Altsysteme abzulösen.
Der ORH hält es im Hinblick auf Art. 7 BayHO für geboten, den Nutzen zu realisieren, der sich aus Arbeitserleichterungen und Synergiegewinnen durch das neue IuK-Verfahren ergibt. Stelleneinsparungen, die bereits vollzogen wurden und nichts mit der Einführung von BayIFS zu tun haben, können nicht die Wirtschaftlichkeit dieses IuK-Verfahrens begründen.
17.4 Zielerreichung Basiskomponente
17.4.1 Vereinheitlichung der IuK-Infrastruktur
Hierzu hat der ORH Folgendes festgestellt:
- In keinem Geschäftsbereich außerhalb des StMUGV, auch nicht beim StMLF, das für die Basiskomponente Förderverfahren mit federführend war, bestehen konkrete Planungen, BayIFS einzusetzen.
- BayIFS ist plattformübergreifend ausgerichtet und basiert auf der Web-Technologie. Es besteht aus zwölf Modulen, von denen drei (Benutzerverwaltung, Haushaltsmittelverwaltung, Dokumentenverwaltung) fachneutral sind. Auch diese drei Komponenten werden außerhalb des StMUGV nicht verwendet. Das StMLF geht inzwischen davon aus, dass es wirtschaftlicher sei, ein bestehendes Altverfahren zu überarbeiten,1 als die BayIFS-Komponenten zusammen mit neu zu entwickelnden Komponenten zu nutzen.
- In Bayern werden nach wie vor über 20 unterschiedliche IuK-Förderverfahren eingesetzt. BayIFS wird lediglich im StMUGV zwei bisherige Systeme ersetzen sowie in einigen Förderbereichen zum Einsatz kommen, die derzeit noch ohne ein IuK-Verfahren abgewickelt werden. Neben BayIFS wird es aber auch im StMUGV weitere acht verschiedene IuK-Förderverfahren geben.
- An die Fläche gekoppelte Förderungen (z. B. in der Landwirtschaft), die ein Fördervolumen von weit über 1 Mrd € pro Jahr haben, sind konzeptionell nicht in BayIFS berücksichtigt worden.
- Weitgehend parallel zu BayIFS haben das Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie (StMWIVT) sowie das Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen (StMAS) ebenfalls neue IuK-Förderverfahren entwickelt, wofür Kosten von mehreren Millionen Euro angefallen sind.
- Eine ressortübergreifende Koordinierung und Vereinheitlichung der IuK-Infrastruktur ist auch daran gescheitert, dass schon in den Ressorts unterschiedliche Zuständigkeiten für die Steuerung des IuK-Einsatzes und für die IuK-Budgets im Förderwesen bestehen.
Mit der Basiskomponente Förderverfahren sollte die IuK-Infrastruktur vereinheitlicht, Synergiegewinne erzielt und Kosten verringert werden. Diese Ziele sind bisher nicht erreicht worden.
17.4.2 Ursachen für den Misserfolg
Die Entwicklung der Basiskomponente Förderverfahren war von Anfang an dadurch erschwert, dass ein laufendes Projekt nachträglich mit einer ressortübergreifenden Zielsetzung versehen wurde. Es wäre notwendig gewesen, das Projekt neu auszurichten und das größtenteils bereits fertiggestellte Fachkonzept nochmals zu überarbeiten. Das StMUGV sah hiervon jedoch aus Termingründen ab. StMUGV und StMLF waren sich sogar darüber einig, dass BayIFS keinesfalls bestehende IuK-Förderverfahren des StMLF unmittelbar ablösen solle. BayIFS wurde daher fachlich ausschließlich auf die Verhältnisse im StMUGV abgestellt.
Wesentlich für die Entwicklung einer Basiskomponente Förderverfahren wäre es zudem gewesen, die Geschäftsprozesse im Förderbereich vorher fachübergreifend zu vereinfachen und zu vereinheitlichen. Dies hat aber weder im StMUGV noch ressortübergreifend stattgefunden.
Etwa zeitgleich entwickelten auch das StMWIVT und das StMAS IuK-Förderverfahren, ohne sich allerdings an der Basiskomponente zu orientieren. Weder den beiden federführenden Ressorts noch der Staatskanzlei - Task Force IuK - gelang es, die verschiedenen Entwicklungsprojekte zusammenzuführen. Die Zentrale IuK-Leitstelle im Staatsministerium des Innern plädiert inzwischen dafür, BayIFS aus der Liste der Basiskomponenten zu streichen und hält eine länderübergreifende Fachkooperation für aussichtsreicher als eine ressortübergreifende Zusammenarbeit.
17.4.3 Auffassung des ORH
Der ORH hält die Entscheidung der Staatsregierung, die IuK-Binnenstruktur durch die Ausrichtung auf wenige Standardprodukte zu vereinheitlichen, für richtig. Dass dies auch im Förderbereich möglich ist, zeigen die Beispiele beim Bund und in anderen Ländern (z. B. Sachsen). Für den Einsatz einer Basiskomponente müssen die Arbeitsabläufe über die Ressort- und Behördengrenzen hinweg analysiert, optimiert und vereinheitlicht werden. Wenn dies wenigstens nachträglich geschähe, könnten zumindest das Architekturmodell und die fachneutralen Komponenten für weitere Förderbereiche genutzt werden. Auch eine zentrale bayerische Förderdatenbank wäre dann einfacher zu realisieren.
1) Zur Abwicklung der neuen Programmplanungsperiode der EU-Strukturfonds