TNr. 33: Vollzug des Bayerischen Ausbildungsförderungsgesetzes

Die Zahl der Förderfälle würde sich ohne finanzielle Nachteile für die Leistungsempfänger um 40 % verringern, wenn Überschneidungen mit Leistungen der Jugend- und Sozialhilfe gesetzlich bereinigt würden. Zudem könnte in weiteren 20 % der Fälle die Förderung von Tagesheimkosten aufgegeben werden, da sie ausbildungsbedingt nicht notwendig ist. Insgesamt würde der Staatshaushalt um rd. 1 Mio € entlastet. Der mit dem Vollzug verbundene Aufwand würde mehr als halbiert.
33.1 Allgemeines
Beim Bayerischen Ausbildungsförderungsgesetz (BayAföG) handelt es sich um ein landesrechtliches Leistungsgesetz, wonach Schülern Ausbildungsförderung für den Besuch der Klassen 5 bis 10 von Realschulen und Gymnasien sowie für den Besuch der Klassen 7 bis 9 von Wirtschaftsschulen gewährt werden kann. Wesentliche Voraussetzung ist, dass die Schüler von der Wohnung der Eltern aus keine entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte erreichen können (Art. 6 Abs. 1 BayAföG) oder ein Tagesheim besuchen, das einer privaten Schule organisatorisch angegliedert ist (Art. 6 Abs. 2 BayAföG). Der Vollzug des BayAföG obliegt den Kreisverwaltungsbehörden.
Die Ausgaben im Vollzug des BayAföG belaufen sich auf 2,1 Mio € jährlich. Je Schuljahr werden durchschnittlich 700 Schüler gefördert.
33.2 Ergebnisse der Rechnungsprüfung
Der ORH und ein Staatliches Rechnungsprüfungsamt haben den Vollzug des BayAföG geprüft. Ermittlungs- und Festsetzungsfehler mit finanziellen Auswirkungen fanden sich nur in 2 % der geprüften Fälle. Erhebliche Einsparungen und eine Reduzierung des Verwaltungsaufwands könnten aber mit den nachfolgend angeregten Änderungen des BayAföG erreicht werden.
33.3 Überschneidung mit anderen Leistungsgesetzen
In 40 % aller BayAföG-Fälle werden zu den Kosten der Heimunterbringung oder der Vollzeitpflege1 des Schülers auch Leistungen der Jugendhilfe oder Sozialhilfe oder Leistungen nach Art. 25 Abs. 3 des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes (BaySchFG) gewährt. Hierfür müssen teilweise zwei Anträge gestellt, in jedem Fall aber die Nachweise für zwei unterschiedliche Rechtsansprüche erbracht werden. Zwei Verwaltungsstellen müssen über die Anträge entscheiden.
Die Förderung nach dem BayAföG wird in diesen Fällen vollständig auf die weiteren öffentlichen Leistungen angerechnet. Im Schuljahr 2005/2006 beliefen sich die in 225 Fällen auf die kommunalen Jugend- und Sozialhilfeleistungen angerechneten BayAföG-Leistungen auf 840.000 €. Um diesen Betrag wurden die Jugend- und Sozialhilfeträger durch den Staat entlastet. In weiteren 31 Fällen wurden BayAföG-Leistungen auf die Leistungen nach dem BaySchFG angerechnet. Diese sind kostenneutral, da es sich bei den Ausgaben nach dem BaySchFG ebenfalls um staatliche Ausgaben handelt. Sie verursachen aber unnötigen Verwaltungsaufwand.
Nach Auffassung des ORH sollte der Anspruch auf Leistungen nach dem BayAföG in den Fällen ausgeschlossen werden, in denen zu den Kosten der Heimunterbringung, der Vollzeitpflege oder der Unterbringung in einer Tagesstätte dem Grunde nach auch ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB VIII oder XII oder nach Art. 25 Abs. 3 BaySchFG besteht. Vergleichbar findet sich eine entsprechende Regelung in Art. 25 Abs. 3 BaySchFG. Den Betroffenen entstünde hierdurch kein finanzieller Nachteil; sie und die Vollzugsbehörden würden allerdings von bürokratischem Aufwand entlastet.2
33.4 Förderung der Kosten von Tagesheimen
Schüler von privaten Schulen, die bei den Eltern wohnen, allerdings den Nachmittag in einem der Schule angegliederten Tagesheim verbringen, erhalten als Ausbildungsförderung die Betreuungskosten bis zu maximal 77 € monatlich ersetzt. Im Schuljahr 2005/2006 wurden solche Förderungen in 148 Fällen (21 %) gewährt.
Diese Förderung geht über die ursprüngliche Zielsetzung hinaus. Der Besuch des Tagesheims ist nämlich nicht Voraussetzung für den Schulbesuch. Es handelt sich hier um eine zusätzliche Betreuung. Gefördert wird nicht die Ausbildung, sondern eine vom Schulbesuch unabhängige Tagesbetreuung, die an sich im Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz geregelt ist.
Nach den Feststellungen des ORH führt diese Regelung zu unbefriedigenden Ergebnissen. Zum einen wird nur der Besuch von Tagesheimen privater, nicht aber öffentlicher Schulen gefördert. Zum anderen erscheint es inkonsequent, dass Schüler, bei denen in den Tagesheimkosten auch Verpflegungsaufwendungen enthalten sind, eine um 20 € monatlich geringere Förderung erhalten als Schüler, bei denen der Pflegesatz lediglich die Betreuungskosten umfasst.3 Ferner fällt der Förderungsbetrag bei einem nur tageweisen Heimaufenthalt höher aus als beim Besuch an allen Wochentagen.4
Der ORH regt daher an, Art. 6 Abs. 2 BayAföG ersatzlos zu streichen.
33.5 Stellungnahme des Staatsministeriums
Das Staatsministerium hat zu den angeregten Rechtsänderungen keine inhaltlichen Einwände vorgetragen. Es beabsichtige, den angeregten Leistungsausschluss bei gleichzeitig bestehenden Ansprüchen auf Leistungen der Jugendhilfe, der Sozialhilfe oder nach Art. 25 Abs. 3 BaySchFG eingehend zu prüfen.
1) § 33 SGB VIII.
2) So bereits ORH-Bericht 2006 TNr. 35 und Landtagsbeschluss vom 17.04.2007 (LT-Drucksache 15/7950 Nr. 2 Buchstabe q).
3) Beispiel: Pflegesatz inkl./exkl. Verpflegungskosten 210 bzw. 140 €. Schüler mit Verpflegungskosten erhalten den Höchstbetrag von 77 € abzüglich Verpflegungspauschale (für 4 Wochen) von 20 € = monatlich 57 €; bei Schülern ohne Verpflegungskosten unterbleibt der Pauschalabzug, sodass diese monatlich 77 € erhalten.
4) Monatlicher Förderungsbetrag bei wöchentlich drei bzw. fünf Tagen: Höchstbetrag 77 € abzüglich Verpflegungspauschale (für 4 Wochen) von 12 bzw. 20 € = 65 bzw. 57 €.