TNr. 38: Förderung des Glasmuseums Frauenau

Der Anreiz erheblicher Mittel der EU (3,0 Mio €) sowie des Staats und sonstiger Zuwendungsgeber (3,4 Mio €) hat die Gemeinde Frauenau veranlasst, ihr seit 1975 bestehendes Glasmuseum neu zu bauen. Von staatlicher Seite wurde trotz unzureichender Planung und Kostenschätzung der vorzeitige Maßnahmebeginn genehmigt. Die Gesamtkosten sind von 6,9 auf 8,3 Mio € gestiegen.
Die finanzschwache Gemeinde sieht sich außerstande, diese Belastung zu tragen.
38.1 Glasmuseum Frauenau
Das 1975 eröffnete Glasmuseum der Gemeinde Frauenau (2.900 Einwohner) wurde in den Jahren 2003/2004 durch einen Neubau ersetzt. Die Hauptnutzfläche (HNF) des wiedereröffneten Museums verteilt sich wie folgt:
- Museum (HNF 2 126 m², Anteil 75,5 %)
- Fremdenverkehrsamt (HNF 596 m², Anteil 21,1 %)
- Nationalparkausstellung (HNF 95 m², Anteil 3,4 %)
38.2 Fördermittel
Im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative INTERREG III A (finanziert aus dem EFRE) für den bayerisch-tschechischen Grenzraum betrug der Anteil Bayerns an EU-Fördermitteln in der Programmperiode 2000 bis 2006 insgesamt 67,8 Mio €.1 Die Mittel werden der jeweiligen Regierung über die zuständigen Ressorts zur Bewirtschaftung zugewiesen. Die Regierung berät zugleich die Antragsteller, bearbeitet und prüft die Förderanträge und erlässt die Zuwendungsbescheide (ggf. mit Auflagen).
Das Glasmuseum wurde auf Antrag der Gemeinde im Oktober 2001 in das Programm INTERREG III A Bayern ‑ Tschechien aufgenommen. Gemeinsam mit den EU-Ziel-2-Mitteln standen EU-Mittel von 3,0 Mio € zur Verfügung; die Landesmittel betrugen 3,3 Mio €. Unter den bayerischen Museen erhielt dieses Projekt die mit Abstand höchsten Zuwendungen der EU.
Der Gemeinde Frauenau wurden insgesamt folgende Zuschüsse bewilligt:
38.3 Kostenentwicklung
Der Förderantrag vom April 2001 enthielt Baukosten für das Glasmuseum inkl. Verkehrsamt und Nationalparkausstellung von 6,9 Mio €. Bis Mai 2007 erhöhten sich die Kosten um 1,4 auf 8,3 Mio € (Steigerung um 20,4 %).
Die Übernahme der Mehrkosten bzw. eine Nachfinanzierung durch die Zuwendungsgeber waren im Juli 2007 noch offen.
Die Betriebskosten für das Museum, die nicht durch Eintrittsgelder gedeckt werden können, sind von der Gemeinde Frauenau zu tragen. Im Jahr 2006 waren dies 65.000 €. Eine Verbesserung dieser Situation ist nicht zu erwarten, zumal die Besucherzahlen bei jährlich 25.000 stagnieren.
38.4 Betreuung durch die Landesstelle für nichtstaatliche Museen
Der Landesstelle für nichtstaatliche Museen obliegt nach Art. 12 Abs. 2 Bayerisches Denkmalschutzgesetz bei musealen Fragen eine Beratungs- und Betreuungsfunktion. Gemäß dem vorgelegten Konzept befürwortete sie im März 2000 die Erweiterung des Glasmuseums Frauenau und die Neuaufstellung der Sammlung, wies aber gleichzeitig auf die Probleme der Betriebsträgerschaft hin. Diese Bedenken wurden jedoch von den anderen Zuwendungsgebern und Fachbehörden nicht beachtet.
38.5 Zuwendung aus dem Bayerischen Naturschutzfonds
Im Rahmen der „Offensive Zukunft Bayern II“ wurde ein Kapitalstock von 51,5 Mio € errichtet, dessen Kapitalerträge (anfangs jährlich 3,6 Mio €) dem Bayerischen Naturschutzfonds, einer 1983 gesetzlich errichteten Stiftung des öffentlichen Rechts, zufließen. Von den Kapitalerträgen waren haushaltsgesetzlich bis zu 2,6 Mio € für drei Einrichtungen im Nationalparkvorfeld Bayerischer Wald bestimmt, um die naturschutzpolitisch erwünschte Akzeptanz der Nationalparkerweiterung zu steigern. Auf die Erweiterung des Glasmuseums Frauenau entfielen davon 2,05 Mio €.
Am 08.02.2000 beschloss der Stiftungsrat des Naturschutzfonds, gemäß der haushaltsgesetzlichen Zweckbindung die Erweiterung des Glasmuseums zu fördern. Die Regierung gewährte am 27.04.2005 der Gemeinde aus dem Naturschutzfonds eine Zuwendung von 2,05 Mio € als Festbetragsfinanzierung zur Verstärkung ihrer geringen Eigenmittel.
38.6 Vorzeitiger Maßnahmebeginn
Der vorzeitige Maßnahmebeginn wurde am 18.06.2001 bei der Regierung beantragt und bereits drei Tage später genehmigt. Zu diesem Zeitpunkt lagen noch keine detaillierten Planungen vor, weshalb auch keine substantiierte Kostenschätzung möglich war. Auch innerhalb der zuständigen Sachgebiete der Regierung hatte noch keine Abstimmung stattgefunden.
Das Staatsministerium weist dazu darauf hin, dass im Hinblick auf den zeitlich langen Vorlauf des Projekts, die vorliegenden Unterlagen und die vielen Gespräche, die zur Maßnahme bereits stattgefunden hatten, nicht von unrealistischen Kostenschätzungen auszugehen gewesen sei. Zwei Monate vor Einweihung des Museums sei von 1,4 Mio € Mehrkosten nicht annähernd die Rede gewesen. Die Zustimmung zum vorzeitigen Baubeginn habe daher nicht ursächlich zu den Mehrkosten führen können.
Mangels einer detaillierten Planung und Kostenschätzung hätte nach Auffassung des ORH kein vorzeitiger Maßnahmebeginn genehmigt werden dürfen. Dies führte zusammen mit späteren Planungsänderungen zu Mehrkosten. Die Kostengruppen 2 (Erschließung) und 5 (Außenanlagen) waren z. B. in keinem Förderantrag enthalten, da hierfür Städtebaufördermittel beantragt werden sollten. Tatsächlich mussten diese Leistungen aber durch Einsparungen in der Kostengruppe 3 (Bauwerk) finanziert werden, was nicht gelang. Eine wesentliche Ursache für die Kostensteigerung waren das museale Konzept und die Museumsausstattung, die nicht der Kostenkontrolle des Architekten unterlagen. Die Kosten waren daher von Anbeginn an zu niedrig angesetzt.
38.7 Auffassung des ORH
38.7.1 Der Anreiz für die Verwirklichung dieses Projekts lag in der hohen EU-Förderung und einer staatlichen Zuwendung in Zusammenhang mit der Erweiterung des Nationalparks Bayerischer Wald. Das Projekt Glasmuseum Frauenau war von Anfang an ein verwaltungsmäßig schwieriges Unterfangen, weil zahlreiche Fördermöglichkeiten nebeneinander in Anspruch genommen worden sind. Nach Ansicht des ORH hat es die Verwaltung versäumt, die Gesamtsteuerung einem Zuschussgeber zu übertragen. Wegen fachlicher Kompetenz im Baubereich und Ortsnähe wäre es nahe liegend gewesen, die Regierung mit dieser Aufgabe zu betrauen.
Ferner hätte die Regierung zur Kostenkontrolle sowie zur Koordination von Museumskonzeption und -ausstattung für eine Projektsteuerung sorgen müssen. Im Hinblick auf die Komplexität des Bauvorhabens wäre dabei die Einsetzung eines Projektmanagements geboten gewesen. Damit hätte eine wirksame Begrenzung der Gesamtkosten erreicht werden können.
Eine Nachfinanzierung aus EU-Mitteln scheidet nunmehr aus. Bei einer realistischen Schätzung der Gesamtkosten hätte der später aufgetretene Nachfinanzierungsbedarf von 1,4 Mio € aber seinerzeit in die EU-Förderung einbezogen werden können. Im Zuwendungsbescheid für die Naturschutzfondsmittel wurde eine Nachfinanzierung etwaiger Mehrkosten ausgeschlossen. Die Prüfung, inwieweit in den anderen Bereichen eine Förderung der Kostensteigerungen möglich ist, wurde noch nicht vorgenommen.
38.7.2 Nach Auffassung des ORH sollte bei anspruchsvollen Projekten die Landesstelle für nichtstaatliche Museen auch bei der Bauplanung einbezogen werden. Ihre Stellungnahmen zum Museumskonzept sollten künftig durch andere Fördergeber und von den zuständigen Fachbehörden berücksichtigt werden. Die von der Landesstelle herausgegebenen Richtlinien für die Planung und Förderung von Museumsprojekten sollten für alle Zuwendungsgeber und Fachstellen für allgemein verbindlich erklärt werden, um bereits im Vorfeld finanziell nicht abgesicherte Projekte von einer staatlichen Förderung auszuschließen.
38.7.3 Angesichts der Vorgeschichte steht der Staat nach Ansicht des ORH in einer besonderen Verantwortung, an einem tragfähigen Konzept für die Betriebsträgerschaft des Glasmuseums mitzuwirken.