Jahresbericht 2008

TNr. 18: Verwaltung und Bewirtschaftung staatseigener Dienst- und Mietwohnungen

Dienstwohnungen

Mehr als 250 Behörden verwalten und bewirtschaften 2.922 staatseigene Wohnungen. Die Zuständigkeiten sind zersplittert, die Abläufe kompliziert. Die Strukturen und Abläufe müssen dringend professioneller gestaltet werden.

18.1    Wohnungsbestand


Der Staat ist Eigentümer von 4.922 Wohnungen, die er vorwiegend im Rahmen der staatlichen Wohnungsfürsorge oder als Dienstwohnungen für seine Mitarbeiter bereithält. Davon hat er bereits 2.000 Mietwohnungen an zwei staatliche Wohnungsunternehmen (StadiBau GmbH und Siedlungswerk Nürnberg GmbH) verpachtet.17

Die restlichen 2.922 Wohnungen (1.401 Dienst- und 1.521 Mietwohnungen)18 werden von staatlichen Stellen verwaltet und bewirtschaftet, und zwar von der Immobilien Freistaat Bayern (IMBY), den Grundbesitz bewirtschaftenden Dienststellen (in der Regel Behörden der verfügungsberechtigten Ressorts) sowie den Haus verwaltenden Behörden (Staatliche Bauämter).

Der ORH hat mit zwei Staatlichen Rechnungsprüfungsämtern in einer Querschnittsprüfung die Verwaltung staatseigener Dienst- und Mietwohnungen durch sieben Staatliche Bauämter untersucht, insbesondere die Organisation und Wirtschaftlichkeit der Wohnungsverwaltung, den Bedarf an Dienstwohnungen sowie die Entbehrlichkeit von Wohnungsanwesen. Wenngleich die Erzielung von Einnahmen hier nicht im Vordergrund steht, so ist auch bei der Verwaltung von Dienstwohnungen nach wirtschaftlichen Kriterien vorzugehen, angefangen vom Verwaltungsaufwand über die einzelnen Bewirtschaftungsmaßnahmen bis hin zum Werterhalt der Objekte.

18.2    Zersplitterte Zuständigkeiten


Verwaltung und Bewirtschaftung der 2.922 staatseigenen Wohnungen sind auf unterschiedliche Verwaltungsbereiche und eine Vielzahl von Dienststellen aufgeteilt und werden meist von Verwaltungskräften ohne einschlägige wohnungswirtschaftliche Fachkompetenz miterledigt.

1.517 Wohnungen werden von 231 Grundbesitz bewirtschaftenden Dienststellen direkt betreut, wobei 70% dieser Behörden nur bis zu drei Wohnungen bewirtschaften. Die Hausverwaltung für die übrigen 1.405 Wohnungen wurde auf 27 Bauämter übertragen, die für diese Aufgabe jeweils eigene Einheiten gebildet haben. 14 Bauämter betreuen lediglich bis zu 25 Wohnungen und nur 7 Ämter mehr als 100 Wohnungen. Zwar ist die Zuständigkeit der Bauämter für die Verwaltung der Mietwohnungen zum 1. Januar 2007 entfallen; die Staatsministerien hatten aber bis dahin noch keine Nachfolgeregelung getroffen, sodass die Bauämter zumindest teilweise und für eine gewisse Übergangszeit diese Tätigkeit weiterhin ausüben.

Die Staatlichen Bauämter - Bauverwaltung - sind ferner zuständig für den Bauunterhalt, die Sanierung und das technische Facility Management (z. B. Haustechnik) der staatseigenen Wohnungen. Die einzelnen Maßnahmen werden im Benehmen mit den Grundbesitz bewirtschaftenden Dienststellen durchgeführt, die auch die notwendigen Haushaltsmittel bereitstellen.

Seit 16.05.2006 verwaltet daneben die IMBY den staatlichen Immobilienbestand als Grundbesitz verwaltendeDienststelle.19 Sie ist zuständig für das Flächenmanagement und das kaufmännische Facility Management, insbesondere für den Abschluss von Mietverträgen auf Rechnung der Grundbesitz bewirtschaftenden Dienststellen.

Nach der derzeitigen Kompetenzverteilung ist eine Gesamtverantwortung für die staatlichen Wohnungen und deren wirtschaftliche Verwaltung nicht gegeben.

18.3    Komplizierte und aufwendige Abläufe


Aufgrund der zersplitterten Kompetenzen sind selbst mit Standardvorgängen, wie der Rücknahme einer Mietwohnung, bis zu fünf Sachbearbeiter mehrerer Dienststellen befasst und nehmen gegebenenfalls an Ortsterminen teil. Neben Parallel- und Doppelarbeiten führt dies zu einem zeit- und arbeitsintensiven Abstimmungsaufwand. Damit verbunden ist ein umfangreicher Austausch von Verträgen, Bescheiden, Unterlagen und Informationen zwischen den beteiligten Behörden.

Während die IMBY für eine Mietwohnung den Mieter sucht und den Mietvertrag abschließt, fließen die Mieteinnahmen der Grundbesitz bewirtschaftenden Dienststelle zu. Diese ermittelt auch die umlagefähigen Betriebskosten, teilt die entsprechenden Beträge dann der Haus verwaltenden Behörde mit, damit diese die Betriebskostenabrechnung für den Mieter erstellen kann. Für die kassentechnische Abwicklung ist wiederum die Grundbesitz bewirtschaftende Dienststelle zuständig. Eine Rückkoppelung findet in der Regel nicht statt. Die Haus verwaltende Behörde kann daher auch nicht den Zahlungseingang kontrollieren.

Ein Datenaustausch ist wegen des Fehlens einer einheitlichen Software bisher ebenfalls nicht möglich. Die einzelnen Behörden verwenden für ihre wohnungswirtschaftlichen Aufgaben daher unspezifische Tabellenkalkulationsprogramme. Teilweise errechnen sie die Betriebskosten sogar noch manuell.

Mittlerweile haben zwei Staatsministerien die IMBY beauftragt, die einmal jährlich anfallenden Betriebskostenabrechnungen und die dafür notwendigen Buchungen durchzuführen. Dagegen verbleibt auch in diesen Fällen die Vereinnahmung der Mieten und der Betriebskostenvorauszahlungen bei der Grundbesitz bewirtschaftenden Dienststelle. Diese als Vereinfachung angedachte Regelung führt jedoch zu einem kassentechnischen Mehraufwand. Der Mieter muss trotz erteilter Einzugsermächtigung Betriebskostennachzahlungen gesondert überweisen oder aber der IMBY eine weitere Einzugsermächtigung erteilen.

Die folgende Zusammenstellung verdeutlicht die zersplitterte Aufgabenverteilung und die damit verbundenen aufwendigen Arbeitsabläufe bei der Verwaltung von Mietwohnungen.

Aufgabenverteilung bei Mietwohnungen 

18.4    Mängel der Bewirtschaftung


Eine effiziente Wohnungsverwaltung setzt einen Überblick über alle einschlägigen  Objektdaten voraus. Die Prüfung des ORH ergab, dass diese Bedingung auch nicht annähernd erfüllt ist. Erforderlich wäre eine integrierte Gesamtlösung, die von allen beteiligten Stellen genutzt werden könnte. Das von der Finanzverwaltung eingerichtete Liegenschaftsinformationssystem (BayLIS) wird selbst diesen geringen Anforderungen nicht gerecht. Noch nicht einmal die Zahl der vorhandenen Dienstwohnungen konnte aus BayLIS zuverlässig entnommen werden.

Eine wohnungs- bzw. objektbezogene Erfassung und Zuordnung der Einnahmen und Ausgaben als Voraussetzung für eine Steuerung nach wirtschaftlichen Kriterien ist nicht vorhanden und wurde auch von keiner Seite nachgefragt. Insofern erfüllen die bestehenden Verwaltungsstrukturen und -abläufe einschließlich der derzeitigen Haushaltssystematik das haushaltsrechtliche Gebot der Wirtschaftlichkeit nur mangelhaft. Die Prüfungserfahrungen des ORH belegen, dass Investitionsentscheidungen bei Wohnimmobilien in der Regel rein nach Kassenlage getroffen und nicht durch Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen abgesichert werden. Fehlinvestitionen einerseits und Substanzverzehr durch unterlassenen Bauunterhalt andererseits sind die Folge.

Nur noch 47 % der von den geprüften Bauämtern verwalteten Wohnungen sind als Dienstwohnungen zugewiesen, die übrigen sind vermietet bzw. stehen leer. Insofern hätte ein Großteil dieser Wohnungen auf das Allgemeine Grundvermögen übertragen werden sollen. Danach wäre über eine Verwertung zu entscheiden gewesen, zumal auch durch die Vermietung frei verfügbarer Wohnungen nur eine geringe Rendite erzielt wird. Eine Konzentration auf die im dienstlichen Interesse des Staates erforderlichen Dienstwohnungen hätte auch angesichts der knappen Haushaltsmittel für die Instandhaltung dazu beitragen können, den Wert der staatlichen Wohnimmobilien zu sichern und unnötige Leerstände zu vermeiden.20

18.5    Verwaltung nach wirtschaftlichen Kriterien


Wohnimmobilien sind gebundenes Kapital und verursachen durch Vorhaltung, Bewirtschaftung und Bauunterhalt Kosten. Da es sich hier nicht um originäre Aufgaben des Staates handelt, sollte der staatseigene Wohnungsbestand nach strengen Maßstäben auf seinen dienstlichen Bedarf hin überprüft und entbehrliche privatisierungsfähige Wohnanwesen dem Allgemeinen Grundvermögen des Staates übertragen werden.

Die verbleibenden Wohnungen sollten kompetent und nach wirtschaftlichen Kriterien verwaltet werden:

  • Eigenständige Wohneinheiten, an denen nachhaltiges Staatsinteresse besteht, sollten nach Möglichkeit in die bestehenden Pachtverträge mit den staatlichen Wohnungsunternehmen aufgenommen werden. Diese Lösung hat sich bisher insgesamt als wirtschaftlich erwiesen.
  • Untrennbar in dienstliche Anwesen integrierte oder sonst zurzeit nicht verwertbare Wohnungen sollten in einer einheitlichen Organisation verwaltet werden. Hier sollten zumindest alle zur Verwaltung und Bewirtschaftung notwendigen Informationen gebündelt werden. Die staatlichen Wohnungsunternehmen können dabei als Beispiel dienen.


Auf diese Weise würden die staatlichen Behörden zudem von Randaktivitäten entlastet und könnten sich stärker auf ihre Kernaufgaben konzentrieren.

18.6    Stellungnahme des Staatsministeriums der Finanzen


Das Staatsministerium teilt die Auffassung des ORH, der Wohnungsbestand des Staates müsse stärker nach wirtschaftlichen Kriterien gesteuert werden, und verweist auf eigene Initiativen bereits vor Kenntnis der Prüfungsergebnisse. So sei die Einführung einer Objektbuchhaltung, die ein IT-gestütztes, ressortübergreifendes Kosten-Controlling und Benchmarking ermögliche, schon in den Ministerratsbeschlüssen zur Neukonzeption des Immobilienmanagements enthalten. Die IMBY arbeite intensiv an diesem Vorhaben, das sich jedoch wegen der Umstellung der Haushaltsvollzugsprogramme verzögere.

Ebenso sei die Verwaltung seit Jahren mit deutlichem Erfolg bemüht, die vorgehaltenen Dienstwohnungen entsprechend dem Beschluss des Landtags regelmäßig zu überprüfen und auf ein Mindestmaß zu beschränken.21Die letztendliche Entscheidungsbefugnis hierüber liege aber im Verantwortungsbereich der jeweiligen Ressorts.

Die kritisierten Zuständigkeitsabgrenzungen und Verfahrensabläufe seien Ausfluss der bestehenden Gesetzeslage. So habe der Gesetzgeber22 Wert darauf gelegt, die Fachverantwortung der Grundbesitz bewirtschaftenden Dienststellen zu wahren, was naturgemäß Abstimmungsbedarf erzeuge. Auch die baufachliche Betreuung durch die Bauämter sowie die Wahrnehmung von Buchungsaufgaben durch die Staatsoberkasse seien Folge der Kompetenzverteilung innerhalb der Staatsregierung.

Der angestellte Vergleich mit den staatlichen Wohnungsunternehmen könne insoweit nicht überzeugen, als deren Wohnungsbestände homogener und auf die Ballungsräume München und Nürnberg konzentriert seien. Im Übrigen bestünde auch zwischen den verschiedenen Abteilungen der Wohnungsgesellschaften ein Abstimmungsbedarf.

18.7    Schlussbemerkung des ORH


Das Staatsministerium der Finanzen hat die Notwendigkeit einer stärkeren Ausrichtung der Bewirtschaftung staatseigener Wohnungen nach wirtschaftlichen Kriterien durchaus erkannt und Schritte in die richtige Richtung eingeleitet, betont aber seine begrenzten Möglichkeiten aufgrund der bestehenden primären Zuständigkeit der Ressorts für „ihre“ Wohnungen.

Nach Auffassung des ORH ist eine professionelle Verwaltung und Bewirtschaftung der staatseigenen Wohnungen erforderlich. Die notwendigen wohnungswirtschaftlichen und bautechnischen Kompetenzen und Verantwortungen müssen gebündelt werden. Der ORH empfiehlt daher, die Ressorts von ihrer bisherigen Verantwortung für den jeweiligen Wohnungsbestand zu entbinden und die gesetzlichen Grundlagen für eine Neuorganisation zu schaffen.


17) Beide Unternehmen verfügen über insgesamt 12.000 eigene Wohneinheiten.

18) Ergebnis einer Abfrage bei allen Staatsministerien im Jahr 2006.

19) Ausgenommen sind u.a. die Bayerische Staatsforsten und die Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen.

20) Siehe auch ORH-Bericht 2007 TNr. 20.

21) Landtagsbeschluss vom 19. April 1996 (LT-Drucksache 13/4685 Nr. 2 a).

22) Art. 9a Abs. 3 HG 2005/2006 i.d.F. des Nachtragshaushaltsgesetzes 2006.