TNr. 11: Staatliche Bürgschaften, Garantien, Gewährleistungen

Der Staat hat seine Bürgschafts- und Garantieverpflichtungen erheblich ausgeweitet. Die damit verbundenen Risiken sind bei der Aufstellung künftiger Haushalte zu berücksichtigen
11.1 Gewährte Bürgschaften und Garantien
Staatsbürgschaften werden nach dem Gesetz über die Übernahme von Staatsbürgschaften und Garantien des Freistaates Bayern (BÜG) vom Finanzministerium zulasten des Freistaates vergeben. Daneben reicht die LfA ‑ als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts ‑ im Rahmen ihres eigenen Förderauftrags sowie im Auftrag und nach näherer Weisung des Finanzministeriums Bürgschaften aus. Zusätzlich gibt es weitere spezialgesetzliche Ermächtigungsgrundlagen zur Übernahme von Bürgschaften.
Der maximale Gesamthaftungsbetrag des Staats aus allen Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen (ohne Gewährträgerhaftung) belief sich Ende 2008 einschließlich der in TNrn. 11.1.2, 11.1.3und 11.1.5 dargestellten Garantien auf rd. 11,5 Mrd. €. Hiervon sind 1,625 Mrd. € für die Garantie der BayernLB bereits als Verpflichtungsermächtigung im Haushalt ausgebracht (TNr. 11.1.3).
11.1.1 Bürgschaften nach dem BÜG
Nach dem BÜG können Staatsbürgschaften für Vorhaben der gewerblichen Wirtschaft, im sozialen, kulturellen oder wissenschaftlichen Bereich, im Bereich des Wohnungswesens, für Vorhaben der Land- und Forstwirtschaft sowie im Rahmen von Hilfsaktionen bei Naturkatastrophen gewährt werden.
Der Haftungshöchstbetrag aus den Bürgschaften darf maximal 5.475 Mio. € betragen. Diesen Ermächtigungsrahmen darf die Summe aus Haftungsbetrag und Anrechnungsbetrag nicht übersteigen. Der Anrechnungsbetrag ist die Summe, in deren Umfang der Freistaat Bayern aus Bürgschaften bereits in Anspruch genommen wurde. Das Finanzministerium errechnet einen Haftungs- und Anrechnungsbetrag von 2.508,4 und 90,3 Mio. €. Daraus ergibt sich ein freier Ermächtigungsrahmen von 2.876,3 Mio. €.
11.1.2 Bürgschaften der LfA Förderbank Bayern (LfA)
Die LfA ist die Förderbank des Freistaats Bayern, der als Gewährträger für die Bank haftet. Die LfA vergibt eigene Bürgschaften im Rahmen ihres Förderauftrags. Darüber hinaus hat sie die Erfüllungsübernahme bei einer etwaigen Inanspruchnahme aus Rückbürgschaften und ‑garantien erklärt, die der Freistaat gegenüber der Bayerischen Garantiegesellschaft für mittelständische Beteiligungen (BGG) und der Bürgschaftsbank Bayern GmbH (Bürgschaftsbank) übernommen hat. Dabei handelt es sich insgesamt um 705 Rückgarantien gegenüber der BGG über 237 Mio. € und 1.608 Fälle gegenüber der Bürgschaftsbank über 340 Mio. € mit einem Haftungsbetrag von zusammen 114,9 Mio. €.
Der Haftungsbetrag aus den Bürgschaften der LfA beläuft sich auf 1.120,9 Mio. €. Dieser Haftungsbetrag wird durch Rückgarantien des Bundes um 6,0 Mio. € vermindert.
Außerhalb des BÜG wurden der BayernLB durch spezialgesetzliche Regelungen folgende Garantien und Bürgschaften gewährt:
- Im Rahmen des 2. Nachtragshaushalts 2008[15] wurde der "Stabilisierungsfonds Finanzmarkt und BayernLB" eingerichtet. Damit wird das ABS-Portfolio der Bank in Höhe von rd. 21 Mrd. € (Stand: Dezember 2008) durch einen Garantievertrag von bis zu 4,8 Mrd. € abgeschirmt (vgl. TNr. 21.3.3). Die Garantie umfasst alle tatsächlichen Verlustrisiken zwischen 1,2 und 6 Mrd. €. Ausfälle bis zu 1,2 Mrd. € werden von der BayernLB getragen (Selbstbehalt).
- Basis für die Haushaltsaufstellung war eine tatsächliche Ausfallerwartung in einem mittleren Ausfallszenario von 2,825 Mrd. €. Nach Abzug des Selbstbehalts der BayernLB wären vom Freistaat 1,625 Mrd. € zu tragen. Nachdem davon auszugehen ist, dass der Freistaat in dieser Höhe voraussichtlich in Anspruch genommen wird, wurde gemäß Art. 38 BayHO in dieser Höhe eine Verpflichtungsermächtigung im Haushalt ausgebracht. Zahlungen aus dieser Garantie sind frühestens ab 2011 zu leisten.
In Höhe der restlichen 3,175 Mrd. € hat das Finanzministerium gemäß § 1 Nr. 3 b des 2. Nachtragshaushaltsgesetzes 2008 eine Garantie zugunsten der BayernLB übernommen. - Durch das Zweckvermögensgesetz vom 23. Juli 1994 wurde das Finanzministerium ermächtigt, die staatlichen Anteile an Wohnungsbaudarlehen der Landesbodenkreditanstalt auf die BayernLB zu übertragen. In diesem Zusammenhang hat das Finanzministerium zulasten des Freistaats für die Darlehen des Zweckvermögens eine Ausfallbürgschaft gegenüber der BayernLB in einer Gesamthöhe von bis zu 3 Mrd. € übernommen.
Bislang wurde der Freistaat aus dieser Ausfallbürgschaft mit rd. 2 Mio. € in Anspruch genommen.
11.1.4 Gewährträgerhaftung gegenüber der BayernLB
Unabhängig von Bürgschaften besteht noch die Gewährträgerhaftung des Freistaats Bayern für die BayernLB. Er haftet gemeinsam mit dem Sparkassenverband Bayern als Gewährträger für die Verbindlichkeiten der Bank ‑ einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts. Die EU-Kommission sah darin einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil für den gesamten öffentlich-rechtlichen Bankensektor. Um eine mit den EU-Beihilfebestimmungen konforme Weiterführung der Landesbanken auch in der Zukunft zu ermöglichen, wurde am 17. Juli 2001 mit der EU-Kommission die Abschaffung der Gewährträgerhaftung mit gewissen Übergangsfristen vereinbart. Im Einzelnen wurde Folgendes festgelegt:
- Vor dem 18. Juli 2001 eingegangene Verpflichtungen unterliegen vollständig der Gewährträgerhaftung.
- In einer Übergangszeit vom 18. Juli 2001 bis 18. Juli 2005 eingegangene Verpflichtungen mit einer Laufzeit bis maximal 31. Dezember 2015 unterliegen der Gewährträgerhaftung.
- Für alle übrigen Verbindlichkeiten haften Freistaat Bayern und Sparkassenverband Bayern künftig nicht mehr.
Die durch die Gewährträgerhaftung von Freistaat Bayern und Sparkassenverband Bayern gesicherten Verbindlichkeiten der BayernLB (ohne Landesbodenkreditanstalt und Landesbausparkasse) betrugen zum Jahresende 2008 insgesamt rd. 110 Mrd. € (einschließlich offener Kreditzusagen und Avale). Die weitere Entwicklung der voraussichtlichen Gewährträgerhaftung ist aus TNr. 21.3.4 Tabelle 24 zu ersehen.
Bislang musste der Freistaat Bayern keine Zahlungen aufgrund der Gewährträgerhaftung leisten.
11.1.5 Sonstige Garantien und Gewährleistungen
Daneben bestanden Ende 2008 aufgrund spezialgesetzlicher Regelungen noch folgende weitere staatliche Garantien/Gewährleistungen:
- Haftungsfreistellungen für Verkehrslandeplätze von bis zu je 5,11 Mio. € gegenüber den Städten Hof und Augsburg.[16]
- Garantien für die Erfüllung gesetzlicher Schadensersatzverpflichtungen gemäß § 13 Abs. 5 Atomgesetz bis zu insgesamt 19,15 Mio. €.[17]
- Garantieerklärung des Bundes gemäß § 3 der atomrechtlichen Deckungsvorsorge-Verordnung für eine Anlage der Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V. von 250.000 €. Der Anteil des Freistaats beläuft sich auf 3.450 €.[18]
- Garantieerklärung des Bundes zugunsten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e. V. von 15,34 Mio. €. Der Anteil des Freistaats beläuft sich in Abhängigkeit von einem zum Schadenszeitpunkt geltenden Schlüssel voraussichtlich auf nicht mehr als 1,53 Mio. €.[19]
- Absicherung von Risiken bei der Errichtung und dem Betrieb der mitteleuropäischen Rohölleitung mit einer Haftung von bis zu 40,9 Mio. €.[20]
- Übernahme einer Ausfallbürgschaft von 4,2 Mio. € zugunsten der GSB ‑ Sonderabfall-Entsorgung Bayern GmbH zur Absicherung einer Fremdkapitalaufnahme bis zu 20 Mio. €.[21]
- Patronatserklärung von 22,04 Mio. € gegenüber dem Eisenbahnbundesamt für die Hafen Nürnberg-Roth GmbH für eventuelle Rückzahlungen aus der Gewährung von Förder- und Darlehensmitteln.[22]
- Übernahme einer selbstschuldnerischen Bürgschaft zugunsten der Bayerischen Staatsbad Kur-GmbH Bad Reichenhall für die Darlehen des Unternehmens bis zu 9,5 Mio. €.[23]
- Bürgschaft gegenüber dem Bund zur anteiligen, nachrangigen Absicherung der Mietgarantie des Bundes für die "New Town" in der Stadt Eschenbach in der Oberpfalz.[24]
11.2 Absicherung der Risiken im Haushalt
Für Risiken künftiger Haushalte hat der Freistaat eine Haushaltssicherungs-, Kassenverstärkungs- und Bürgschaftssicherungsrücklage gebildet (Epl. 13, Anlage B, Kap. 80 01). Die Mittel dieser Rücklage können auch zur Abwendung von Schadensfällen und zur Realisierung von Sicherheiten für staatsverbürgte Kredite verwendet werden (Kap. 13 06 Tit. 870 01 ‑ 6).
Diese Rücklage belief sich zum Ende des Jahres 2008 auf rd. 4 Mrd. €. Im Doppelhaushalt 2009/2010 wurde sie allerdings fast vollständig für andere Ausgaben verplant (TNr. 8). Damit sind im Haushalt kaum noch Rücklagen vorhanden, wenn der Staat aus Bürgschaften, Garantien oder Gewährleistungen in Anspruch genommen wird. Die hierfür benötigten Mittel müssen dann aus dem laufenden Haushalt geleistet werden.
Nach Aussage des Finanzministeriums ist eine belastbare Abschätzung, ob und inwieweit der Staat ggf. in Anspruch genommen wird, nicht möglich. Soweit absehbar sei, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Inanspruchnahme des Staats gerechnet werden muss, würden keine Bürgschaften oder Garantien übernommen, sondern im Einklang mit den haushaltsrechtlichen Bestimmungen Verpflichtungsermächtigungen veranschlagt. Im Falle der BayernLB wurde deshalb eine Verpflichtungsermächtigung von 1,625 Mrd. € in den Haushalt eingebracht (TNr. 11.1.3).
11.3 Wertung des ORH
Das Bürgschafts- und Garantievolumen wurde im Haushaltsjahr 2008 enorm ausgeweitet. Mit den Garantien für die BayernLB wurden in erheblichem Umfang zusätzliche Verpflichtungen eingegangen. Die damit verbundenen Risiken sind bei der Aufstellung künftiger Haushalte zu berücksichtigen.
[15] 2. Nachtragshaushaltsgesetz 2008 vom 17. Dezember 2008, GVBl S. 958.
[16] Ermächtigungen: Art. 8 Abs. 2 HG 1977/1978 und 1981/1982 i. V. m. Art. 8 Abs. 1 HG 2007/2008.
[17] Ermächtigungen: Art. 8 Abs. 4 HG 1979/1980 und 1981/1982 i. V. m. Art. 8 Abs. 1 HG 2007/2008.
[18] Ermächtigung: Art. 8 Abs. 4 HG 1979/1980 i. V. m. Art. 8 Abs. 1 HG 2007/2008.
[19] Ermächtigung: Art. 8 Abs. 4 HG 1981/1982 i. V. m. Art. 8 Abs. 1 HG 2007/2008.
[20] Ermächtigung: Art. 8 Abs. 7 HG 1995/1996 i. V. m. Art. 8 Abs. 1 HG 2007/2008.
[21] Ermächtigung: Art. 8 Abs. 8 HG 2005/2006 i. V. m. Art. 8 Abs. 1 HG 2007/2008.
[22] Ermächtigung: Art. 8 Abs. 6 HG 2003/2004 i. V. m. Art. 8 Abs. 1 HG 2007/2008.
[23] Ermächtigung: Art. 8 Abs. 4 HG 2005/2006 i. V. m. Art. 8 Abs. 1 HG 2007/2008.
[24] Ermächtigung: Art. 8 Abs. 3 HG 2007/2008.