TNr. 29: Fördermittel für Berufshilfe wurden nicht zweckentsprechend verwendet

Der ORH hat in den Jahren 1999 bis 2006 Zuwendungen an Einrichtungen geprüft, die Maßnahmen der Berufshilfe durchführen. Die geförderten Liegenschaften müssen 25 Jahre für berufsbildende Maßnahmen genutzt werden (Zweckbindung). Ein Großteil dieser Einrichtungen wurde tatsächlich nicht oder nicht ausreichend für die Berufshilfe genutzt.Der ORH hat das Arbeitsministerium seit 1999 immer wieder auf diese Problematik hingewiesen. Trotzdem hat das Ministerium jahrelang keine förderrechtlichen Konsequenzen gezogen. Erst im Frühjahr 2009 ist es tätig geworden.Das Ministerium muss umgehend bei allen geförderten Einrichtungen prüfen, ob diese entsprechend der Zweckbindung genutzt werden und ggf. die Zuwendungen zurückzufordern sind.
Der ORH untersuchte in den Jahren 1999 bis 2006 die staatliche Investitionsförderung bei zehn Einrichtungen, die Maßnahmen der Berufshilfe durchführen. Das Fördervolumen betrug 7,6 Mio. €.
Prüfungsschwerpunkt war jeweils, ob das Ministerium sichergestellt hat, dass die mit den Mitteln errichteten Gebäude auch zweckentsprechend genutzt werden.
29.1 Ausgangslage
Das Ministerium hat bis 2004 Bau- und Modernisierungsmaßnahmen von Stätten der Berufshilfe gefördert. Dort werden Veranstaltungen zu Fragen des Arbeitslebens sowie zur beruflichen und überfachlichen Fortbildung durchgeführt.
Die Zuwendungsempfänger haben sich verpflichtet, die geförderten Einrichtungen in den nächsten 25 Jahren als Stätten der Berufshilfe zu betreiben (Zweckbindung). In einigen Fällen legte das Ministerium in Anlehnung an die Förderquote fest, welcher Prozentsatz aller Veranstaltungen solche der Berufshilfe sein müssen, in anderen Fällen dagegen nicht.
Bestandteil der Zuwendungsbescheide waren die ANBest-P. Darin werden die Zuwendungsempfänger verpflichtet, dem Ministerium unverzüglich anzuzeigen, wenn der Zuwendungszweck nicht (mehr) erfüllt wird.
29.2 Feststellungen des ORH
Der ORH hat festgestellt, dass die geförderten Bildungsstätten in geringerem Umfang als festgelegt oder überhaupt nicht für den Förderzweck Berufshilfe genutzt worden sind. Das Ministerium wurde darüber von den Zuwendungsempfängern nicht oder nur unzureichend informiert. Es hat allerdings diese Informationen auch nicht eingefordert.
Zu einzelnen Bildungsstätten hat der ORH Folgendes festgestellt:
- Der Staat hat 1991 den Um- und Erweiterungsbau einer Bildungsstätte mit rd. 580.000 € gefördert. Es wurden 13 Appartements, 3 Gruppenräume und 1 Saal neu geschaffen bzw. gestaltet. Die Kosten dieser förderfähigen Maßnahme beliefen sich auf 773.000 €. Im Zuwendungsbescheid gab es keine ausdrückliche Auflage, zu welchem Prozentsatz die Räume für Maßnahmen der Berufshilfe einzusetzen sind.
Der ORH hat 1999 festgestellt, dass die Appartements gar nicht für Maßnahmen der Berufshilfe verwendet worden sind. Über die Nutzung der Gruppenräume und des Saals waren keine Aufzeichnungen vorhanden. Nach den Auskünften des Zuwendungsempfängers ist dort der Zuwendungszweck nur in sehr geringem Umfang erfüllt worden. - 1997 baute der Träger einer Berufsbildungsstätte ein Hotel und Mehrzweckräume. Die Kosten hierfür beliefen sich auf 3,1 Mio. €. Der Staat förderte dies mit 1,5 Mio. €. Im Zuwendungsbescheid war die Auflage enthalten, die Räume zu mindestens 48% für Maßnahmen der Berufshilfe einzusetzen.
Die Prüfung ergab: Die Nutzung der Mehrzweckräume im Sinne des Zuwendungszwecks lag in den Jahren 2000 bis 2002 mit 24 bis 40% deutlich unter 48%. Das Hotel wurde so gut wie überhaupt nicht für Zwecke der Berufshilfe genutzt. - Der Staat förderte 1994/1995 einen Um- und Erweiterungsbau mit 808.000 €. Es wurden 10 Räume für Veranstaltungen geschaffen. Die Kosten dieser förderfähigen Maßnahme beliefen sich auf 1,4 Mio. €. Im Zuwendungsbescheid gab es keine ausdrückliche Auflage, zu welchem Prozentsatz die Räume für Maßnahmen der Berufshilfe einzusetzen sind.
Der ORH stellte 2002 fest, dass diese Räume nur zu 16% für Maßnahmen der Berufshilfe genutzt worden sind. - Der Staat förderte 2000 bis 2002 die Sanierung und Modernisierung eines Gebäudes mit 16 Mehrzweckräumen mit knapp 1,6 Mio. €. Die förderfähigen Kosten hierfür beliefen sich auf knapp 3,3 Mio. €. Im Zuwendungsbescheid war die Auflage enthalten, die Räume mindestens zu 49% für Maßnahmen der Berufshilfe einzusetzen.
Nach den Feststellungen des ORH wurden im Jahr 2004 14 Räume gar nicht und 2 mit lediglich 20% für Maßnahmen der Berufshilfe eingesetzt. - Für den Um- und Erweiterungsbau einer Einrichtung sind 1995 Mittel in Höhe von 196.000 € bewilligt worden. Es wurden 5 Gruppenräume und 1 Veranstaltungsraum geschaffen. Die förderfähigen Kosten beliefen sich auf 435.000 €. Im Zuwendungsbescheid gab es keine ausdrückliche Auflage, zu welchem Prozentsatz die Räume für Maßnahmen der Berufshilfe einzusetzen sind.
Der ORH hat 2004 festgestellt, dass diese Räume überhaupt nicht für Maßnahmen der Berufshilfe genutzt wurden. - Der Staat förderte 1995/1996 die Erweiterung eines Gebäudes mit 852.000 €. Es wurden 7 Mehrzweckräume und 2 Werkstätten neu geschaffen. Die förderfähigen Kosten der Maßnahme beliefen sich auf knapp 2,6 Mio. €. Im Zuwendungsbescheid gab es keine ausdrückliche Auflage, zu welchem Prozentsatz die Räume für Maßnahmen der Berufshilfe einzusetzen sind.
Eine Auswertung der Unterlagen durch den ORH ergab, dass die Räume 2004 lediglich zu 7% entsprechend dem Zuwendungszweck genutzt wurden. - In Meran (Südtirol) hat 2000 ein bayerischer Träger eine Einrichtung mit Hotelbetrieb modernisiert und erweitert. Die förderfähigen Kosten beliefen sich auf 1,35 Mio. €. Der Staat förderte hierbei einen Erweiterungsbau mit Mehrzweckräumen mit 256.000 €. Im Zuwendungsbescheid war die Auflage enthalten, die Räume des Erweiterungsbaus mindestens zu 21% für Berufshilfemaßnahmen bayerischer Teilnehmer zu nutzen.
Der ORH stellte 2006 fest, dass der Erweiterungsbau tatsächlich keinerlei Maßnahmen der Berufshilfe, sondern nur Veranstaltungen mit Freizeitcharakter diente.
29.3 Auffassung des ORH
Der Staat fördert nur Maßnahmen, an deren Durchführung er ein erhebliches Interesse hat (Art. 23 BayHO). Deswegen werden solche Zuwendungen regelmäßig unter Auflagen bewilligt, die diesen Zweck sicherstellen. Werden die Auflagen nicht erfüllt, ist die Zuwendung zurückzufordern.
Bei den geprüften Maßnahmen wurde den Empfängern auferlegt, die Einrichtungen 25 Jahre für berufsbildende Maßnahmen zu nutzen. Deswegen hätte sich das Ministerium während der gesamten Zweckbindungsfrist überzeugen müssen, dass der Zuwendungszweck auch tatsächlich erreicht wird. Es wäre dazu erforderlich gewesen, auf aussagekräftige und vollständige Unterlagen zur zweckentsprechenden Nutzung zu bestehen.
Dies gilt insbesondere, nachdem der ORH seine Einzelfeststellungen zwischen 1999 und 2007 dem Arbeitsministerium übermittelt hat.
In den Prüfungsmitteilungen hat der ORH das Arbeitsministerium jeweils aufgefordert, künftig Folgendes sicherzustellen:
- Die Empfänger der Zuwendungen müssen über die gesamte Laufzeit der Zweckbindung hinweg aussagekräftige Aufzeichnungen über die zweckentsprechende Nutzung (Berufsbildung) der geförderten Einrichtungen führen.
- Diese Aufzeichnungen müssen dem Arbeitsministerium vorgelegt werden.
- Das Arbeitsministerium überprüft, ob die geförderten Einrichtungen für Maßnahmen der Berufsbildung genutzt werden.
- Bei Verstößen gegen die Zweckbindung müssen die Fördermittel zurückgefordert werden.
29.4 Derzeitiger Sachstand
Das Arbeitsministerium hat die Angelegenheit trotz der Feststellungen des ORH nicht mit dem nötigen Nachdruck betrieben.
Erst nachdem der ORH das Ministerium auf eine mögliche Darstellung im Jahresbericht 2009 hingewiesen hatte, wurde dieses tätig. Im Juni 2009 hat es die Zuwendungsempfänger wegen möglicher Rückforderungen angehört. Allerdings beschränkte sich das Ministerium dabei auf die vom ORH geprüften Fälle und Zeiträume.
Der ORH hält dies für unzureichend und fordert umgehend folgende weitere Schritte einzuleiten:
- Zumindest in allen Fällen, in denen die Zweckbindungsfrist noch nicht abgelaufen ist, sind von den Zuwendungsempfängern Dokumentationen über die zweckentsprechende Nutzung vorzulegen. Diese sind vom Ministerium zügig zu überprüfen.
- Das Ministerium hat die Förderungen konsequent zurückzufordern, sofern und soweit die im Zuwendungsbescheid festgelegte Zweckbindung nicht eingehalten wurde.
29.5 Stellungnahme des Ministeriums
Das Ministerium hält die Behandlung der Förderverfahren aufgrund der vorliegenden Umstände für sachgerecht. Die Träger hätten nämlich in der Vergangenheit vorgetragen, dass insbesondere wegen des neuen Vergabeverfahrens bei der Bundesagentur für Arbeit, aber auch wegen der stärkeren Konkurrenz mit anderen Bildungseinrichtungen die Auslastung mit Veranstaltungen der Berufshilfe rückläufig sei. Das Ministerium wollte den Trägern deshalb Zeit einräumen, eine bestimmungsgemäße Nutzung der Häuser zu erreichen. Die Träger waren daher aufgefordert worden, diesbezüglich regelmäßig Nachweise zu erbringen.
Nachdem deutlich wurde, dass die Träger überwiegend die Anforderungen aus den Zuwendungsbescheiden dauerhaft nicht werden einhalten können, wurden vom Ministerium die Rückforderungsverfahren eingeleitet. Außerdem würde nunmehr auch in vom ORH bisher nicht aufgegriffenen Zuwendungsverfahren die Nutzung geprüft, soweit noch eine Zweckbindung besteht.
29.6 Schlussbemerkung des ORH
Der ORH verkennt nicht, dass die bestimmungsgemäße Nutzung der Häuser schwieriger geworden ist. Den Trägern dieser Einrichtungen obliegt es aber, entsprechende Anstrengungen zu unternehmen. Es hat hier jedoch in der Vergangenheit an der notwendigen Kooperationsbereitschaft der geförderten Stellen und insbesondere deren Einforderung durch das Arbeitsministerium gefehlt.
Im Übrigen wird der ORH die konsequente Umsetzung der angekündigten Maßnahmen verfolgen.