TNr. 25: Mängel bei der Erhebung der Grunderwerbsteuer

In den Finanzämtern werden vorhandene Informationen über Sachverhalte, die Grunderwerbsteuer auslösen, nicht ausreichend verwertet. Deshalb sind Steuerfestsetzungen unterblieben. Die Stichproben des ORH führten zu Steuerfestsetzungen von über 1 Mio. €.
Der ORH hat geprüft, ob die Grunderwerbsteuerstellen die notwendigen Informationen von den Veranlagungs- und Betriebsprüfungsstellen erhalten. Dabei hat er 119 Fälle untersucht, bei denen gesellschaftsrechtliche Änderungen auch grunderwerbsteuerliche Folgen hätten auslösen können.
25.1 Ausgangslage
Wenn bei einem Grundstück der Eigentümer wechselt, fällt Grunderwerbsteuer an. Auch rein gesellschaftsrechtliche Vorgänge können Grunderwerbsteuer auslösen, selbst wenn keine Eintragung in das Grundbuch erfolgt. Dies kann z. B. bei der Übertragung von Gesellschaftsanteilen (z. B. einer GmbH) oder bei der Verschmelzung von Genossenschaften der Fall sein. Die Grunderwerbsteuer kann nur innerhalb von vier Jahren festgesetzt werden (Festsetzungsverjährung).
Die Festsetzung der Grunderwerbsteuer wurde im Jahre 2001 zentralisiert; seither liegt die Zuständigkeit bei zehn süd- und acht nordbayerischen Finanzämtern. Die Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer stehen ausschließlich den Ländern zu.
Das Landesamt für Steuern hat die Veranlagungs- und Betriebsprüfungsstellen angewiesen, die Grunderwerbsteuerstellen zu unterstützen. Alle den Veranlagungs- und Betriebsprüfungsstellen vorliegenden einschlägigen Informationen sind an die Grunderwerbsteuerstellen z. B. durch Kontrollmitteilungen weiterzuleiten.
25.2 Feststellungen des ORH
Die örtlichen Erhebungen haben gezeigt, dass die Veranlagungs- und auch die Betriebsprüfungsstellen ihrer Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Festsetzung von Grunderwerbsteuer nicht im notwendigen Umfang nachkommen.
25.2.1 Fehlende Mitteilung der Veranlagungsstellen
Die für Gesellschaften zuständigen Veranlagungsstellen erhalten auch Informationen über Sachverhalte, die Grunderwerbsteuer auslösen können. Diese ergeben sich aus Verträgen, Handelsregisterauszügen oder auch Gewerbeabmeldungen wegen Verschmelzungen.
Trotz der Anweisung des Landesamts für Steuern gehen nur wenige Kontrollmitteilungen bei den Grunderwerbsteuerstellen ein. Dies hat mehrere Ursachen:
- Die Bearbeiter in den Veranlagungsstellen waren sich ihrer Mitwirkungspflichten gegenüber der Grunderwerbsteuerstelle nicht bewusst.
- Mangels Schulung waren die entsprechenden Vorschriften des Grunderwerbsteuerrechts nicht bekannt.
- Den Bearbeitern war nicht bekannt, dass die Zuständigkeit für die abschließende Prüfung, ob Grunderwerbsteuer anfällt, bei der Grunderwerbsteuerstelle liegt.
25.2.2 Unzureichende Beachtung in der Betriebsprüfung
Die Betriebsprüfung schenkt grunderwerbsteuerlichen Vorgängen teilweise zu wenig Beachtung. Dies zeigt sich darin, dass bei typischen gesellschaftsrechtlichen Veränderungen die Frage nach der Grunderwerbsteuer nicht immer aufgeworfen wird.
Kam die Betriebsprüfung zu Feststellungen, war es wegen der vierjährigen Festsetzungsfrist manchmal unmöglich, die Steuer nachträglich festzusetzen.
25.2.3 Fehlerpotenzial
Bei den 119 untersuchten Fällen lagen in 32 Fällen (27%) Sachverhalte vor, die grunderwerbsteuerlich zu bearbeiten waren:
- 24 Fälle (75% von 32) waren bereits in den Grunderwerbsteuerstellen erfasst. Die Grunderwerbsteuer wurde teilweise erst nach mehreren Jahren festgesetzt.
- 8 Fälle (25% von 32) waren den Grunderwerbsteuerstellen noch nicht bekannt. Der ORH hat während der Prüfung veranlasst, dass die entsprechenden Informationen an die Grunderwerbsteuerstelle weitergeleitet werden.
In 7 Fällen wurden daraufhin Steuern von über 1 Mio. € festgesetzt.
In dem weiteren Fall konnte die Grunderwerbsteuer von über 50.000 € nicht mehr festgesetzt werden, da bereits Verjährung eingetreten war. Die Betriebsprüfung hatte diesen Fall zuvor ohne Änderung abgeschlossen.
25.3 Forderung des ORH
Der Informationsfluss innerhalb der Finanzbehörden muss verbessert werden. Die Finanzverwaltung muss sicherstellen, dass die Mitarbeiter in den Veranlagungs- und Betriebsprüfungsstellen ihrer Pflicht zur zeitnahen Weitergabe von Informationen an die Grunderwerbsteuerstellen nachkommen.
Bei der Betriebsprüfung sollte darauf geachtet werden, dass in Fällen mit gesellschaftsrechtlichen Veränderungen die Grunderwerbsteuer in die förmlichen Prüfungsanordnungen aufgenommen wird. Dadurch würde auch der Ablauf der Festsetzungsverjährung gehemmt.
25.4 Auffassung der Verwaltung
Das Landesamt für Steuern hat darauf hingewiesen, es sei vorgesehen, den Veranlagungsbereich erneut auf seine Mitwirkungspflicht hinzuweisen. Es stünden auch geeignete Vorlagen und Merkblätter mit einem Hinweis auf die abschließende Zuständigkeit zur Verfügung. Die Zusammenarbeit mit der Betriebsprüfung solle z. B. durch Schulungen verbessert werden.
Das Finanzministerium hat mitgeteilt, inzwischen seien konkrete Maßnahmen ergriffen worden, um die Kommunikation zwischen den beteiligten Arbeitsgebieten zu verbessern. So sei ein Ansprechpartner für die Grunderwerbsteuer an den Betriebsprüfungsstellen eingerichtet worden. Anfang Oktober 2009 ergehe eine detaillierte Verfügung über die Zusammenarbeit zwischen diesen Stellen und den Grunderwerbsteuerstellen. Betriebsprüfer könnten künftig die Fortbildungsveranstaltungen zur Grunderwerbsteuer besuchen. In die Vorlage der Prüfungsanordnungen werde die Grunderwerbsteuer aufgenommen und ab Frühjahr 2010 werde ein Leitfaden über die Mitwirkungsaufgaben zur Verfügung stehen.
25.5 Schlussbemerkung des ORH
Nach Auffassung des ORH muss darauf geachtet werden, dass die ergriffenen Maßnahmen nachhaltige Wirkung entfalten.