Jahresbericht 2009

TNr. 25: Mängel bei der Erhebung der Grunderwerbsteuer

Haus aus Geldscheinen

In den Finanzämtern werden vorhandene Informationen über Sach­verhalte, die Grunderwerbsteuer auslösen, nicht ausreichend ver­wertet. Deshalb sind Steuerfestsetzungen unterblieben. Die Stich­proben des ORH führten zu Steuerfestsetzungen von über 1 Mio. €.

Der ORH hat geprüft, ob die Grunderwerbsteuerstellen die notwendigen Informa­tionen von den Veranlagungs- und Betriebsprüfungsstellen erhalten. Dabei hat er 119 Fälle untersucht, bei denen gesellschaftsrechtliche Änderungen auch grunder­werbsteuerliche Folgen hätten auslösen können.

25.1             Ausgangslage

Wenn bei einem Grundstück der Eigentümer wechselt, fällt Grunderwerbsteuer an. Auch rein gesellschaftsrechtliche Vorgänge können Grunderwerbsteuer auslösen, selbst wenn keine Eintragung in das Grundbuch erfolgt. Dies kann z. B. bei der Über­tragung von Gesellschaftsanteilen (z. B. einer GmbH) oder bei der Verschmelzung von Genossenschaften der Fall sein. Die Grunderwerbsteuer kann nur innerhalb von vier Jahren festgesetzt werden (Festsetzungsverjährung).

Die Festsetzung der Grunderwerbsteuer wurde im Jahre 2001 zentralisiert; seither liegt die Zuständigkeit bei zehn süd- und acht nordbayerischen Finanzämtern. Die Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer stehen ausschließlich den Ländern zu.

Das Landesamt für Steuern hat die Veranlagungs- und Betriebsprüfungsstellen ange­wiesen, die Grunderwerbsteuerstellen zu unterstützen. Alle den Veranlagungs- und Betriebsprüfungsstellen vorliegenden einschlägigen Informationen sind an die Grund­erwerbsteuerstellen z. B. durch Kontrollmitteilungen weiterzuleiten.

25.2             Feststellungen des ORH

Die örtlichen Erhebungen haben gezeigt, dass die Veranlagungs- und auch die Betriebsprüfungsstellen ihrer Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Festsetzung von Grunderwerbsteuer nicht im notwendigen Umfang nachkommen.

25.2.1          Fehlende Mitteilung der Veranlagungsstellen

Die für Gesellschaften zuständigen Veranlagungsstellen erhalten auch Informationen über Sachverhalte, die Grunderwerbsteuer auslösen können. Diese ergeben sich aus Verträgen, Handelsregisterauszügen oder auch Gewerbeabmeldungen wegen Verschmelzungen.

Trotz der Anweisung des Landesamts für Steuern gehen nur wenige Kontrollmittei­lungen bei den Grunderwerbsteuerstellen ein. Dies hat mehrere Ursachen:

  • Die Bearbeiter in den Veranlagungsstellen waren sich ihrer Mitwirkungspflichten gegenüber der Grunderwerbsteuerstelle nicht bewusst.
  • Mangels Schulung waren die entsprechenden Vorschriften des Grunderwerbsteu­errechts nicht bekannt.
  • Den Bearbeitern war nicht bekannt, dass die Zuständigkeit für die abschließende Prüfung, ob Grunderwerbsteuer anfällt, bei der Grunderwerbsteuerstelle liegt.

25.2.2          Unzureichende Beachtung in der Betriebsprüfung

Die Betriebsprüfung schenkt grunderwerbsteuerlichen Vorgängen teilweise zu wenig Beachtung. Dies zeigt sich darin, dass bei typischen gesellschaftsrechtlichen Verän­derungen die Frage nach der Grunderwerbsteuer nicht immer aufgeworfen wird.

Kam die Betriebsprüfung zu Feststellungen, war es wegen der vierjährigen Festset­zungsfrist manchmal unmöglich, die Steuer nachträglich festzusetzen.

25.2.3          Fehlerpotenzial

Bei den 119 untersuchten Fällen lagen in 32 Fällen (27%) Sachverhalte vor, die grunderwerbsteuerlich zu bearbeiten waren:

  • 24 Fälle (75% von 32) waren bereits in den Grunderwerbsteuerstellen erfasst. Die Grunderwerbsteuer wurde teilweise erst nach mehreren Jahren festgesetzt.
  • 8 Fälle (25% von 32) waren den Grunderwerbsteuerstellen noch nicht bekannt. Der ORH hat während der Prüfung veranlasst, dass die entsprechenden Informa­tionen an die Grunderwerbsteuerstelle weitergeleitet werden.

    In 7 Fällen wurden daraufhin Steuern von über 1 Mio. € festgesetzt.

    In dem weiteren Fall konnte die Grunderwerbsteuer von über 50.000 € nicht mehr festgesetzt werden, da bereits Verjährung eingetreten war. Die Betriebsprüfung hatte diesen Fall zuvor ohne Änderung abgeschlossen.

25.3             Forderung des ORH

Der Informationsfluss innerhalb der Finanzbehörden muss verbessert werden. Die Finanzverwaltung muss sicherstellen, dass die Mitarbeiter in den Veranlagungs- und Betriebsprüfungsstellen ihrer Pflicht zur zeitnahen Weitergabe von Informationen an die Grunderwerbsteuerstellen nachkommen.

Bei der Betriebsprüfung sollte darauf geachtet werden, dass in Fällen mit gesell­schaftsrechtlichen Veränderungen die Grunderwerbsteuer in die förmlichen Prüfungs­anordnungen aufgenommen wird. Dadurch würde auch der Ablauf der Festsetzungs­verjährung gehemmt.

25.4             Auffassung der Verwaltung

Das Landesamt für Steuern hat darauf hingewiesen, es sei vorgesehen, den Veranla­gungsbereich erneut auf seine Mitwirkungspflicht hinzuweisen. Es stünden auch ge­eignete Vorlagen und Merkblätter mit einem Hinweis auf die abschließende Zustän­digkeit zur Verfügung. Die Zusammenarbeit mit der Betriebsprüfung solle z. B. durch Schulungen verbessert werden.

Das Finanzministerium hat mitgeteilt, inzwischen seien konkrete Maßnahmen ergrif­fen worden, um die Kommunikation zwischen den beteiligten Arbeitsgebieten zu ver­bessern. So sei ein Ansprechpartner für die Grunderwerbsteuer an den Betriebsprü­fungsstellen eingerichtet worden. Anfang Oktober 2009 ergehe eine detaillierte Verfü­gung über die Zusammenarbeit zwischen diesen Stellen und den Grunderwerbsteuer­stellen. Betriebsprüfer könnten künftig die Fortbildungsveranstaltungen zur Grunder­werbsteuer besuchen. In die Vorlage der Prüfungsanordnungen werde die Grunder­werbsteuer aufgenommen und ab Frühjahr 2010 werde ein Leitfaden über die Mitwir­kungsaufgaben zur Verfügung stehen.

25.5             Schlussbemerkung des ORH

Nach Auffassung des ORH muss darauf geachtet werden, dass die ergriffenen Maß­nahmen nachhaltige Wirkung entfalten.