TNr. 26: Veranlagungsstellen für Körperschaften umorganisieren

Die Steuerverwaltung setzt ihre Arbeitskapazitäten falsch ein. Der ORH regt an, die Körperschaftsteuerstellen neu zu organisieren. Dadurch könnten 100 Mitarbeiter in die zu schwach besetzte Betriebsprüfung umgesetzt werden.
Der ORH hat mit einem Staatlichen Rechnungsprüfungsamt an sieben Finanzämtern über 5.100 Fälle der Körperschaftsteuerveranlagung untersucht.
26.1 Ausgangslage
Die Körperschaftsteuerstellen an den bayerischen Finanzämtern sind für die Veranlagung der Kapitalgesellschaften (z. B. GmbH, AG) und der gemeinnützigen Organisationen zuständig. Die dafür eingerichteten Arbeitsbereiche sind grundsätzlich mit je einem Bearbeiter des gehobenen und einem Bearbeiter des mittleren Dienstes besetzt. Der gehobene Dienst führt in der Regel die Veranlagungen von Groß-, Mittel- und Kleinbetrieben durch. Der mittlere Dienst ist zuständig für die veranlagungsbegleitenden Tätigkeiten und die Veranlagung der Kleinstbetriebe. Die Fälle werden somit nach Betriebsgrößenklassen - unabhängig vom Risikopotenzial des konkreten Falls - verteilt.
Anfang 2009 arbeiteten in den Körperschaftsteuerstellen 195 Bedienstete des gehobenen und 201 Bedienstete des mittleren Dienstes. Jeder Bearbeiter hatte durchschnittlich 504 Fälle pro Jahr zu erledigen.
Nach dem Personalzuteilungssoll des Landesamts für Steuern sind die Körperschaftsteuerstellen mit 0,5% überbesetzt.
Zum Vergleich: Die Betriebsprüfung ist mit 12,2% unterbesetzt. Gleiches gilt für die Betriebsnahe Veranlagung, die bei Kleinstbetrieben die Betriebsprüfung durchführt. Sie ist mit 13,7% unterbesetzt.
26.2 Feststellungen des ORH
Der ORH hat bei den überprüften Fällen Folgendes festgestellt:
26.2.1 Mehrergebnisse
Die Mehrergebnisse, die die Körperschaftsteuerstellen bei ihren Ermittlungen erzielen, sind im Vergleich zu denen der Betriebsprüfung gering:
In 17% der überprüften Veranlagungen hat die Körperschaftsteuerstelle anlässlich der Veranlagung Ermittlungen angestellt. Diese führten zu einem durchschnittlichen Mehrergebnis von 58 € pro Fall.
Die Betriebsprüfung bzw. die Betriebsnahe Veranlagung der geprüften Finanzämter erzielten dagegen bei Außenprüfungen von Kapitalgesellschaften durchschnittliche Mehrergebnisse von 95.703 bzw. 24.210 € je Prüfung.
26.2.2 Gewichtigkeit der Fälle
Der überwiegende Teil der von den Körperschaftsteuerstellen bearbeiteten Fälle hat im Hinblick auf die Höhe der festzusetzenden Steuer nur eine geringe Relevanz:
Bei 63,4% aller Körperschaftsteuerveranlagungen in Bayern ergab sich keine Steuerschuld. Fast die Hälfte dieser Fälle wurde von den Bearbeitern des gehobenen Dienstes veranlagt.
Bei weiteren 18,1% lag die festgesetzte Körperschaftsteuer unter 3.000 € pro Veranlagungsjahr. Davon wurde rund ein Drittel von den Bediensteten des gehobenen Dienstes bearbeitet.
Steuerfälle mit festgesetzter Körperschaftsteuer von über 10.000 € wurden von den Körperschaftsteuerstellen häufig nur überschlägig überprüft und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung veranlagt. Diese Fälle unterlagen in aller Regel der Betriebsprüfung.
26.3 Anregungen des ORH
26.3.1 Änderungen innerhalb der Körperschaftsteuerstellen
Das Landesamt für Steuern sollte die Organisationsform der Veranlagungsstellen für Körperschaften ändern. Der Einsatz von Bearbeitern des gehobenen Dienstes ist bei Steuerfällen mit geringer steuerlicher Relevanz nicht erforderlich.
Nach Auffassung des ORH reicht es aus, die Arbeitseinheiten mit einem Bearbeiter des gehobenen Dienstes und zwei Bearbeitern des mittleren Dienstes zu besetzen. Die Verteilung der Fälle sollte sich nicht mehr an den Betriebsgrößenklassen, sondern am Risiko orientieren. Risikoträchtigere Steuerfälle sollten den Bearbeitern des gehobenen Dienstes und die anderen Fälle dem mittleren Dienst zugewiesen werden.
Die Besetzung der Arbeitseinheiten mit einem Bearbeiter des gehobenen und zwei Bearbeitern des mittleren Dienstes ist bei den Allgemeinen Veranlagungsstellen bereits Praxis und erscheint auch für die Veranlagung der Kapitalgesellschaften sachgerecht. Dabei sollte die Zahl der in den Körperschaftsteuerstellen eingesetzten Bearbeiter des mittleren Dienstes nicht erhöht werden. Die durchschnittliche Fallzahlenbelastung pro Bearbeiter läge dann bei rd. 680 Fällen pro Jahr und damit im Bereich der Belastung der Allgemeinen Veranlagungsstellen, die durchschnittlich 725 Fälle bearbeiten.
Die Folge wäre, dass sich die Zahl der Arbeitseinheiten um 50% verringern würde und bayernweit rd. 100 Stellen des gehobenen Dienstes frei werden würden.
26.3.2 Verstärkung der Betriebsprüfung durch die frei werdenden Stellen
Die so freigesetzten Stellen könnten den unterbesetzten Prüfungsdiensten (Betriebsprüfung und Betriebsnahe Veranlagung) zugeführt werden. Wegen des Grundsatzes der gleichmäßigen Besteuerung sollte deren Prüfungstätigkeit verstärkt werden.
26.4 Auffassung der Verwaltung
Das Finanzministerium räumt ein, dass die heutige Organisation der Körperschaftsteuerstellen den aktuell zu erledigenden Aufgaben nicht vollständig gerecht wird. Allerdings hätten die Körperschaftsteuerstellen besondere Aufgaben zu erledigen und müssten spezielle Aspekte des Körperschaftsteuerrechts berücksichtigen. Sie überlegt, zur Steigerung der Effektivität eine Selbstveranlagung bei der Körperschaftsteuer einzuführen. Dies werde sich allerdings erst mittelfristig umsetzen lassen. Deshalb erarbeite eine Projektgruppe ein Übergangskonzept zur Optimierung der Körperschaftsteuerstellen, das bis Ende 2009 vorliegen soll. Das vom ORH geforderte Konzept der Umsetzung hält sie bei vielen Finanzämtern nicht für sinnvoll. Die erforderliche Mindestanzahl an Arbeitseinheiten sei dann nicht mehr vorhanden.
26.5 Schlussbemerkung des ORH
Die Aktenstichproben haben gezeigt, dass spezielle körperschaftsteuerrechtliche Aspekte bei den Steuerveranlagungen überwiegend keine Rolle spielen. Der ORH hält daran fest, dass die von ihm aufgezeigte Organisationsform eine effektivere Arbeitsweise ermöglichen würde und bereits in naher Zukunft realisiert werden könnte.