TNr. 10: Staatliche Bürgschaften, Garantien und Gewährleistungen

Der Staat hat seine Bürgschafts- und Garantieverpflichtungen erneut um 700 Mio. € auf 12 Mrd. € ausgeweitet. Daneben wurde der Ermächtigungsrahmen um 2 Mrd. € erweitert. Das Bürgschafts- und Garantievolumen sowie der freie Ermächtigungsrahmen von derzeit 4,5 Mrd. € sollten reduziert werden.
10.1 Gewährte Bürgschaften und Garantien
Staatsbürgschaften werden nach dem Gesetz über die Übernahme von Staatsbürgschaften und Garantien des Freistaates Bayern (BÜG) vom Finanzministerium zulasten des Freistaates vergeben. Daneben reicht dieLfA Förderbank Bayern (LfA) - als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts - im Rahmen ihres eigenen Förderauftrags sowie im Auftrag und nach näherer Weisung des Finanzministeriums Bürgschaften aus. Zusätzlich gibt es weitere spezialgesetzliche Ermächtigungsgrundlagen zur Übernahme von Bürgschaften.
Der maximale Gesamthaftungsbetrag des Staates aus allen Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen (ohne Gewährträgerhaftung) belief sich Ende 2009 einschließlich der in TNrn. 10.1.2, 10.1.3 und 10.1.5 dargestellten Garantien auf rd. 12 Mrd. €. Hiervon sind 1,625 Mrd. € für die Garantie der BayernLBbereits als Verpflichtungsermächtigung im Haushalt ausgebracht (TNr. 10.1.3). Daneben besteht insgesamt noch ein freier Ermächtigungsrahmen von rd. 4,5 Mrd. € (TNrn. 10.1.1 4.383,4 Mio. € und 10.1.5 125,3 Mio. €).
10.1.1 Bürgschaften nach dem BÜG
Nach dem BÜG können Staatsbürgschaften für Vorhaben der gewerblichen Wirtschaft, im sozialen, kulturellen oder wissenschaftlichen Bereich, im Bereich des Wohnungswesens, für Vorhaben der Land- und Forstwirtschaft sowie im Rahmen von Hilfsaktionen bei Naturkatastrophen gewährt werden. Die Ansätze sind gegenseitig deckungsfähig.
Der bisherige Ermächtigungsrahmen für die Bürgschaften von 5.475 Mio. € wurde 2009 um 2.000 Mio. € (36,5%) aufgestockt und beträgt jetzt 7.475 Mio. €. Diesen Ermächtigungsrahmen darf die Summe aus Haftungsbetrag und Anrechnungsbetrag nicht übersteigen. Der Anrechnungsbetrag ist die Summe, in deren Umfang der Freistaat Bayern aus Bürgschaften bereits in Anspruch genommen wurde. Das Finanzministerium errechnet einen Haftungsbetrag von 2.833,5 Mio. € und einen Anrechnungsbetrag von 113,8 Mio. €. Zugesagt, jedoch noch nicht ausgereicht wurden darüber hinaus weitere 144,3 Mio. €. Damit verbleibt hier ein freier Ermächtigungsrahmen von 4.383,4 Mio. €.
10.1.2 Bürgschaften der LfA Förderbank Bayern
Die LfA ist die Förderbank des Freistaates Bayern, der als Gewährträger für die Bank haftet. Die LfA vergibt eigene Bürgschaften im Rahmen ihres Förderauftrags. Darüber hinaus hat sie die Erfüllungsübernahme bei einer etwaigen Inanspruchnahme aus Rückbürgschaften und -garantien erklärt, die der Freistaat gegenüber der Bayerischen Garantiegesellschaft für mittelständische Beteiligungen (BGG) und der Bürgschaftsbank Bayern GmbH(Bürgschaftsbank) übernommen hat. Dabei handelt es sich insgesamt um 696 Rückgarantien gegenüber der BGG über 236 Mio. € und 1.638 Fälle gegenüber der Bürgschaftsbank über 366 Mio. € mit einem Haftungsbetrag von zusammen 118,4 Mio. €.
Der Haftungsbetrag aus den Bürgschaften der LfA beläuft sich auf 1.302,9 Mio. €. Dieser Haftungsbetrag wird durch Rückgarantien des Bundes um 84,2 Mio. € vermindert.
10.1.3 Bürgschaften gegenüber der Bayerischen Landesbank (BayernLB)
Außerhalb des BÜG wurden der BayernLB durch spezialgesetzliche Regelungen folgende Garantien und Bürgschaften gewährt:
- Im Rahmen des 2. Nachtragshaushalts 2008[14] wurde der "Stabilisierungsfonds Finanzmarkt und BayernLB" eingerichtet. Damit wird das ABS-Portfolio der Bank in Höhe von rd. 21 Mrd. € (lt. Begründung zum 2. NHG 2008), Stand Dezember 2008, durch einen Garantievertrag von bis zu 4,8 Mrd. € abgeschirmt. Die Garantie umfasst alle tatsächlichen Verlustrisiken zwischen 1,2 und 6 Mrd. €. Ausfälle bis zu 1,2 Mrd. € werden von der BayernLB getragen (Selbstbehalt). Der ORH hatte in seinem Jahresbericht 2009 ausführlich über die Stützungsmaßnahmen für die BayernLB berichtet.[15]
Basis für die damalige Haushaltsaufstellung war eine tatsächliche Ausfallerwartung in einem mittleren Ausfallszenario von 2,825 Mrd. €. Nach Abzug des Selbstbehalts der BayernLB wären vom Freistaat 1,625 Mrd. € zu tragen. Nachdem davon auszugehen war, dass der Freistaat in dieser Höhe voraussichtlich in Anspruch genommen wird, wurde gem. Art. 38 BayHO in dieser Höhe eine Verpflichtungsermächtigung im Haushalt ausgebracht. Zahlungen aus dieser Garantie sind frühestens ab 2011 zu leisten (TNr. 23.3).
In Höhe der restlichen 3,175 Mrd. € hat das Finanzministerium gem. § 1 Nr. 3b des 2. NHG 2008 eine Garantie zugunsten der BayernLB übernommen.
- Durch das Zweckvermögensgesetz vom 23.07.1994 wurde das Finanzministerium ermächtigt, die staatlichen Anteile an Wohnungsbaudarlehen der Landesbodenkreditanstalt auf die BayernLB zu übertragen. In diesem Zusammenhang hat das Finanzministerium zulasten des Freistaates für die Darlehen des Zweckvermögens eine Ausfallbürgschaft gegenüber der BayernLB in einer Gesamthöhe von bis zu 3 Mrd. € übernommen.
Bislang wurde der Freistaat aus dieser Ausfallbürgschaft mit rd. 2 Mio. € in Anspruch genommen.
10.1.4 Gewährträgerhaftung gegenüber der BayernLB
Unabhängig von Bürgschaften besteht noch die Gewährträgerhaftung des Freistaates Bayern für die BayernLB. Er haftet gemeinsam mit dem Sparkassenverband Bayern als Gewährträger für die Verbindlichkeiten der Bank - einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts. Die EU-Kommission sah darin einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil für den gesamten öffentlich-rechtlichen Bankensektor. Um eine mit den EU-Beihilfebestimmungen konforme Weiterführung der Landesbanken auch in der Zukunft zu ermöglichen, wurde am 17.07.2001 mit der EU-Kommission die Abschaffung der Gewährträgerhaftung mit gewissen Übergangsfristen vereinbart. Im Einzelnen wurde Folgendes festgelegt:
- Vor dem 18.07.2001 eingegangene Verpflichtungen unterliegen vollständig der Gewährträgerhaftung.
- In einer Übergangszeit vom 18.07.2001 bis 18.07.2005 eingegangene Verpflichtungen mit einer Laufzeit bis maximal 31.12.2015 unterliegen der Gewährträgerhaftung.
- Für alle übrigen Verbindlichkeiten haften Freistaat Bayern und Sparkassenverband Bayern künftig nicht mehr.
Die durch die Gewährträgerhaftung von Freistaat Bayern und Sparkassenverband Bayern gesicherten Verbindlichkeiten der BayernLB (ohne Landesbodenkreditanstalt und Landesbausparkasse) betrugen zum Jahresende 2009 insgesamt rd. 89,7 Mrd. € (einschließlich offener Kreditzusagen und Avale). Bis Ende 2015 wird die Gewährträgerhaftung voraussichtlich auf 1,9 Mrd. € (Stand 30.06.2010) abgebaut sein.
Bislang musste der Freistaat Bayern keine Zahlungen aufgrund der Gewährträgerhaftung leisten.
10.1.5 Sonstige Garantien und Gewährleistungen
Daneben bestanden Ende 2009 aufgrund spezialgesetzlicher Regelungen noch folgende weitere staatliche Garantien/Gewährleistungen:
- Haftungsfreistellungen für Verkehrslandeplätze von bis zu je 5,11 Mio. € gegenüber den Städten Hof und Augsburg.[16]
- Garantien für die Erfüllung gesetzlicher Schadensersatzverpflichtungen gem. § 13 Abs. 5 Atomgesetz bis zu insgesamt 19,69 Mio. €.[17]
- Garantieerklärung des Bundes gem. § 3 der atomrechtlichen Deckungsvorsorge-Verordnung für eine Anlage der Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V. von 250.000 €. Der Anteil des Freistaates beläuft sich auf 3.300 €.[18]
- Garantieerklärung des Bundes zugunsten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e. V. von 15,34 Mio. €. Der Anteil des Freistaates beläuft sich in Abhängigkeit von einem zum Schadenszeitpunkt geltenden Schlüssel voraussichtlich auf nicht mehr als 1,53 Mio. €.[19]
- Absicherung von Risiken bei der Errichtung und dem Betrieb der mitteleuropäischen Rohölleitung mit einer Haftung von bis zu 40,9 Mio. €.[20]
- Übernahme einer Ausfallbürgschaft von 10,95 Mio. € zugunsten der GSB - Sonderabfall-Entsorgung Bayern GmbH zur Absicherung einer Fremdkapitalaufnahme bis zu 20 Mio. €.[21]
- Patronatserklärung von 17,97 Mio. € gegenüber dem Eisenbahnbundesamt für die Hafen Nürnberg-Roth GmbH für eventuelle Rückzahlungen aus der Gewährung von Förder- und Darlehensmitteln.[22]
- Übernahme einer selbstschuldnerischen Bürgschaft zugunsten der Bayerischen Staatsbad Kur-GmbH Bad Reichenhall für die Darlehen des Unternehmens bis zu 6,6 Mio. €.[23]
- Bürgschaft gegenüber dem Bund zur anteiligen, nachrangigen Absicherung der Mietgarantie des Bundes für die "New Town" in der Stadt Eschenbach in der Oberpfalz.[24]
- Globale Rückbürgschaft gegenüber der LfA in Höhe von jeweils 100 Mio. € in den Jahren 2009 und 2010 für Bürgschaften der LfA zugunsten kleiner und mittelständischer Unternehmen (Bayerischer Mittelstandsschirm).[25] Von der Ermächtigung für 2009 wurden rd. 74,7 Mio. € tatsächlich in Anspruch genommen. Für 2010 wurde im Nachtragshaushalt die Ermächtigung entsprechend um 25,3 auf 125,3 Mio. € erhöht.
10.2 Absicherung der Risiken im Haushalt
Für Risiken künftiger Haushalte hat der Freistaat eine Haushaltssicherungs-, Kassenverstärkungs- und Bürgschaftssicherungsrücklage gebildet (Epl. 13, Anlage B, Kap. 80 01). Die Mittel dieser Rücklage können auch zur Abwendung von Schadensfällen und zur Realisierung von Sicherheiten für staatsverbürgte Kredite verwendet werden (Kap. 13 06 Tit. 870 01 - 6).
Im Nachtragshaushalt 2010 wurde diese Rücklage fast vollständig für andere Ausgaben verplant. Damit sind im Haushalt kaum noch Rücklagen vorhanden, wenn der Staat aus Bürgschaften, Garantien oder Gewährleistungen in Anspruch genommen wird. Die hierfür benötigten Mittel müssen dann aus dem laufenden Haushalt geleistet werden.
Nach Aussage des Finanzministeriums ist eine belastbare Abschätzung, ob und inwieweit der Staat ggf. in Anspruch genommen wird, nicht möglich. Soweit absehbar sei, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Inanspruchnahme des Staates gerechnet werden muss, würden keine Bürgschaften oder Garantien übernommen, sondern im Einklang mit den haushaltsrechtlichen Bestimmungen Verpflichtungsermächtigungen veranschlagt. Im Falle der BayernLB wurde deshalb eine Verpflichtungsermächtigung von 1,625 Mrd. € in den Haushalt eingebracht (TNr. 10.1.3).
Der ORH hatte im Jahresbericht 2009 gefordert, die Risiken des Bürgschafts-, Garantie- und Gewährleistungsvolumens in künftigen Haushalten klarer strukturiert darzustellen. Der Landtag hat diese Forderung des ORH unterstützt und die Staatsregierung gebeten,[26] bis Ende November 2010 einen entsprechenden Vorschlag zu erarbeiten.
Das Finanzministerium hat mittlerweile erklärt, dass es die Anlage F zum Epl. 13 erweitern werde. Die vorgesehene künftige Struktur der Anlage F wurde einvernehmlich festgelegt, um die Risiken an dieser Stelle des Haushalts strukturiert und zusammengefasst darzustellen.
Der ORH weist im Übrigen darauf hin, dass für Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts eine Insolvenz ausgeschlossen ist und sich daraus verdeckte Risiken für die Haushalte ergeben können.
10.3 Stellungnahme des Finanzministeriums und Wertung des ORH
Der bisherige Ermächtigungsrahmen von 5,5 Mrd. € wurde um 2 Mrd. € erhöht, obwohl er bei Weitem nicht ausgeschöpft war. Es besteht derzeit ein freier Ermächtigungsrahmen von rd. 4,5 Mrd. €.
Das Finanzministerium hat ausgeführt, dass im Sinne der gewünschten Klarheit der Rechnungslegung und Transparenz des staatlichen Bürgschaftswesens im HG 2009/ 2010 der Teilbürgschaftsrahmen für Wohnungswesenbürgschaften erhöht wurde.
Zum 31.12.2009 habe der Haftungsbetrag des Freistaates aus übernommenen Wohnungswesenbürgschaften 2,802 Mrd. € betragen. Für 2010 seien bislang Globalbürgschaften von insgesamt 385 Mio. € ausgereicht worden. Diese Ausreichung wäre ohne die vorgenommene Erhöhung des Teilermächtigungsrahmens nicht mehr im Rahmen des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BÜG möglich gewesen. Man hätte damit bereits derzeit für andere Vorhaben vorgesehene Teilermächtigungsrahmen (gewerblicher Bereich, Hilfsaktionen) zugunsten von Wohnungswesenbürgschaften belasten müssen. Dies, so das Finanzministerium, erschien im Interesse der gebotenen Klarheit nicht sachgerecht.
Der ORH bleibt bei seiner Auffassung, dass der bisherige Ermächtigungsrahmen - auch über das Jahr 2009 hinaus - ausreichend Handlungsspielraum gewährleistet hätte. Die gebotene Transparenz wäre besser durch eine - auch haushaltsmäßig zulässige - Umwidmung zu erreichen gewesen. Im Bereich Gewerbliche Wirtschaft bestand Ende 2009 ein freier Ermächtigungsrahmen von über 2 Mrd. €; dieser hätte aufgrund der gegenseitigen Deckungsfähigkeit problemlos für den Bereich Wohnungswesen genutzt werden können. Zur Erhöhung des Ermächtigungsrahmens um 2 Mrd. € bestand jedenfalls kein sachlicher Grund.
Das Bürgschafts- und Garantievolumen wurde im Haushaltsjahr 2009 um weitere 700 Mio. € auf nunmehr rd. 12 Mrd. € ausgeweitet. Dieses Volumen sowie der freie Ermächtigungsrahmen von derzeit 4,5 Mrd. € sollten reduziert werden.
[14] 2. NHG 2008 vom 17.12.2008, GVBl S. 958.
[15] ORH-Bericht 2009 TNr. 21.
[16] Ermächtigungen: Art. 8 Abs. 2 HG 1977/1978 und 1981/1982 i. V. m. Art. 8 Abs. 1 HG 2009/2010.
[17] Ermächtigungen: Art. 8 Abs. 4 HG 1979/1980 und 1981/1982 i. V. m. Art. 8 Abs. 1 HG 2009/2010.
[18] Ermächtigung: Art. 8 Abs. 4 HG 1979/1980 i. V. m. Art. 8 Abs. 1 HG 2009/2010.
[19] Ermächtigung: Art. 8 Abs. 4 HG 1981/1982 i. V. m. Art. 8 Abs. 1 HG 2009/2010.
[20] Ermächtigung: Art. 8 Abs. 7 HG 1995/1996 i. V. m. Art. 8 Abs. 1 HG 2009/2010.
[21] Ermächtigung: Art. 8 Abs. 8 HG 2005/2006 i. V. m. Art. 8 Abs. 1 HG 2009/2010.
[22] Ermächtigung: Art. 8 Abs. 6 HG 2003/2004 i. V. m. Art. 8 Abs. 1 HG 2007/2008.
[23] Ermächtigung: Art. 8 Abs. 4 HG 2005/2006 i. V. m. Art. 8 Abs. 1 HG 2009/2010.
[24] Ermächtigung: Art. 8 Abs. 3 HG 2009/2010.
[25] Ermächtigung: Art. 8 Abs. 10 HG 2009/2010; siehe auch ORH-Bericht 2009 TNr. 12.1.4.
[26]LT-Drucksache 16/4894 Nr. 2 a.