TNr. 28 Einsatz staatlicher Beamter im Kommunalwald

Staatliche Beamte bewirtschaften nach wie vor Wälder der Kommunen.
Die unternehmerische Tätigkeit im Kommunalwald ist keine originäre Staatsaufgabe. Sie steht auch in Konkurrenz zur Privatwirtschaft und kostet den Staat jährlich mehr als 4 Mio. €.
Die Forstverwaltung muss ein Konzept vorlegen, wie entsprechend der Reform "Verwaltung 21" der Rückzug aus der Bewirtschaftung des Kommunalwaldes aktiv erfolgen soll.
Der ORH hat mit einem Staatlichen Rechnungsprüfungsamt 2009 die Betreuung des Kommunalwaldes durch staatliche Beamte geprüft. 13 Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF) wurden untersucht und dort je 3 bis 5 Reviere örtlich geprüft.
28.1 Ausgangslage
Bis zur Forstreform hatte die Forstverwaltung die Verpflichtung, auf Wunsch einer Kommune die Bewirtschaftung ihres Waldes (Kommunalwald) gegen Erstattung eines Teiles der Personalkosten zu übernehmen.
Die Staatsregierung hat im Rahmen der Verwaltungsreform 2004 folgende Beschlüsse gefasst:
- Die staatliche Betätigung soll sich auf das strikt Notwendige und Unerlässliche beschränken.
- Es soll ein Ausstieg aus der Kommunalwaldbetreuung mit entsprechenden Übergangsfristen erfolgen.
- Es soll eine deutliche Anhebung der Entgelte für die staatliche Bewirtschaftung des Kommunalwaldes geben. Die Entgelte sollen Zug um Zug in Richtung Kostendeckung erhöht werden.
Der Landtag hat am 17.03.2004[59] u. a. beschlossen, dass die Bewirtschaftung des Körperschaftswaldes in Zukunft vorrangig von seinen Eignern (Kommunen) durchgeführt werden soll. Die Forstverwaltung könne gleichwohl auch künftig die Bewirtschaftung übernehmen.
In einer "Gemeinsamen Erklärung zur Sicherung der vorbildlichen Waldbewirtschaftung im Kommunalwald" der Staatsregierung und des Gemeindetags vom 16.11.2004 wurden einzelne Festlegungen konkretisiert:
"…Im Rahmen des Abbaus staatlicher Aufgaben wird die Verpflichtung der Forstverwaltung zur Übernahme der Betriebsleitung und Betriebsausführung im Kommunalwald abgeschafft.
Die Kommunen werden ihrerseits von dem Leistungsangebot der Forstbetriebsgemeinschaften zunehmend Gebrauch machen (z. B. Waldbewirtschaftungs- und Pflegeverträge).
Im Bereich der Forstverwaltung ist ein Personalabbau in Höhe von 20% über einen Zeitraum von 15 Jahren geplant. Die damit für die Kommunen verbundenen Auswirkungen verteilen sich über einen sehr langen Zeitraum. In diesem Zusammenhang wird angestrebt, besondere Härten insbesondere für Kommunen mit geringen Waldflächen bis zum Jahr 2010 zu vermeiden.
Für den Übergangszeitraum bis 01.01.2010 stellt die Forstverwaltung sicher, dass unbeschadet des Personalabbaus und anderweitiger staatlicher Einsatzmöglichkeiten auch weiterhin auf Wunsch der Kommunen vertraglich und gegen das jeweilig gültige Entgelt die Betriebsleitung und Betriebsausführung übernommen werden kann. Auch nach diesem Zeitpunkt kann die Forstverwaltung im Rahmen ihrer vorhandenen Personalkapazität diese Aufgabe wahrnehmen.
In 12 Jahren müssen die Entgelte … kostendeckend sein. Bei der Errechnung dieser Vollkosten werden auch die vom Kommunalwald zu erbringenden Gemeinwohlfunktionen im Rahmen der vorbildlichen Waldbewirtschaftung entsprechend berücksichtigt. Die Vollkosten sind somit kostendeckend, wenn sie 60% der für den Staat entstehenden Personalaufwendungen erreicht haben."
28.2 Feststellungen
28.2.1 Tätigkeit staatlicher Beamter im Kommunalwald
Nach den Angaben der aktuellen Kommunalwalddatei (10/2009) gibt es in Bayern eine Fläche von 263.000 ha Holzboden (Produktionsfläche) im Kommunalwald, die von 3.019 Betrieben bewirtschaftet wird.
Bezogen auf alle Kommunalwaldflächen erfolgt die Betriebsleitung durch staatliche Beamte in 108 Betrieben mit 33.000 ha (13% des Kommunalwaldes). Die Betriebsleitung umfasst u. a. die forstfachliche Leitung, forstbetriebliche Planung, Steuerung und Koordinierung, Aufsicht und Kontrolle der Betriebsausführung.
Neben der Betriebsleitung erfolgt auch die Betriebsausführung durch staatliche Beamte in weiteren 2.392 Betrieben mit 147.000 ha (56% des Kommunalwaldes). Die Betriebsausführung beinhaltet u. a. den Bereich der Produktion (Kulturmaßnahmen, Bestandspflege, Wegebau und Unterhalt, Koordination des Unternehmereinsatzes usw.), die Planung (zusammen mit der Betriebsleitung) sowie die Nachweisung (Lohnrechnung für die Waldarbeiter, Betriebsbuchhaltung, Lohn- und Leistungsstatistik usw.). Zur Betriebsausführung gehört auf Wunsch der Körperschaft auch die Holzaufnahme (Aufmessen, Güte- und Sortenbildung, Erstellen von Holzlisten als Verkaufsunterlage).
539 Kommunen haben einen Waldbesitz mit einer Fläche von mindestens 100 ha. Rund zwei Drittel dieser Kommunalwälder (358 mit einer Gesamtfläche von 108.595 ha) werden durch die ÄELF mit Betriebsleitung und Betriebsausführung bewirtschaftet.
28.2.2 Personaleinsatz
Das Forstministerium schätzt auf der Grundlage der KLR (lt. Schreiben vom 10.09.2010) den Personaleinsatz für 2010 auf derzeit 80 Mitarbeiterkapazitäten (MAK):
- 66 Revierleiter des gehobenen Dienstes für die Betriebsausführung,
- Beamte des höheren Dienstes für die Betriebsleitung und
- Sachbearbeiter an den ÄELF.
Der ORH hat bei den Revierleitern den Zeitaufwand für die Betriebsausführung im Kommunalwald erhoben. Daraus ergab sich, dass allein hierfür derzeit rd. 100 Beamte (gehobener Dienst) tätig sind, also deutlich mehr, als die von der Verwaltung angegebenen 66 Revierleiter.
Den Zeitaufwand für die Betriebsleitung konnten die ÄELF bei Umfragen vor Ort nicht schätzen.
Bei den Kommunalwäldern über 100 ha liegt nach Erhebungen des ORH der Zeitaufwand für einen Revierleiter im Schnitt bei einer Stunde pro Hektar und Jahr. Dies entspricht einem Personaleinsatz von 60 MAK für die Betriebsausführung.
28.2.3 Kostendeckung
Das Forstministerium hatte 2008 die Personalkosten für die Bewirtschaftung des Kommunalwaldes 2007 mit 6,9 Mio. € beziffert. Von den Kommunen wurden hierfür 2,7 Mio. € erstattet. Dies entspricht lediglich einer Kostendeckung von 39%. Tatsächlich liegt die Kostendeckung noch niedriger, weil faktisch - wie vom ORH erhoben - mehr Personalkapazitäten gebunden sind.
28.2.4 Fehlendes Konzept
Das Forstministerium hat bislang kein Konzept vorgelegt, wie der Ausstieg aus der Kommunalwaldbewirtschaftung erfolgen soll.
28.3 Bewertung durch den ORH
Der ORH hält den Rückzug der Forstverwaltung aus der Bewirtschaftung des Kommunalwaldes für eine geeignete Maßnahme zum Abbau von Staatsaufgaben. Die Forstverwaltung sollte nicht auf Dauer wie ein Forstunternehmen auf dem Markt tätig werden, sondern primär gemeinwohlorientierte Aufgaben, wie den Waldumbau (Förderung, Beratung), wahrnehmen.
Die Forstverwaltung muss ein Konzept vorlegen, wie der Rückzug aus der Bewirtschaftung des Kommunalwaldes erfolgen soll.
Die Verwaltung muss hierbei eine klare und begründbare Linie finden, welche Kommunen im Rahmen ihrer vorhandenen Kapazitäten noch betreut werden sollen. Es wäre z. B. Kommunen mit Waldbesitz über 100 ha zumutbar, sich den Forstbetriebsgemeinschaften (Forstliche Zusammenschlüsse, Waldbesitzervereinigungen) anzuschließen bzw. eigenes Forstpersonal einzusetzen (ggf. gemeinsam mit anderen Kommunen).
Die KLR muss auch so gestaltet werden, dass sie Aussagen über den Einsatz des Personals in den verschiedenen Aufgabenbereichen ermöglicht. Die Forstverwaltung beruft sich zwar auf die Daten der KLR, entgegnet aber andererseits, wenn der ORH die KLR bei der Forstverwaltung prüfen will, dass die Daten noch nicht valide seien.
Bei der Anhebung des Bewirtschaftungsentgelts muss gegenüber Anbietern forstlicher Dienstleistungen des freien Marktes Chancengleichheit hergestellt werden. Der Verzicht auf ein Entgelt, das die dem Staat entstehenden Personalvollkosten vollständig deckt, führt zu einer Wettbewerbsverzerrung zulasten anderer Anbieter (z. B. freiberufliche Förster, eigenes Forstpersonal der Kommunen).
28.4 Äußerung der Forstverwaltung
Die Forstverwaltung hat in ihren Stellungnahmen angemerkt, dass sie ihren Personaleinsatz im Rahmen der staatlichen Betriebsleitung bzw. Betriebsausführung weiterhin dynamisch anpassen wird. Die Zahl der eingesetzten Mitarbeiter sei auch niedriger als vom ORH angenommen. Die Forstverwaltung arbeite bei der Frage der Rückführung dieser Tätigkeit durchaus konzeptionell. Bis 01.01.2010 sei den Kommunen die staatliche Dienstleistung allerdings zugesagt gewesen. Es sei letztlich auch kein Ausstieg aus der Betreuung des Kommunalwaldes beschlossen worden, sondern nur eine "Rückführung". Neben dem fortschreitenden Weggang von Kommunen aus der "staatlichen Beförsterung" habe die Forstverwaltung Anträge mehrerer Kommunen auf Übernahme der Betriebsausführung durch die Forstverwaltung abgelehnt. Diese Entwicklung werde vermutlich anhalten. Dem ORH sei zuzugestehen, dass Kommunen mit kleinerem Waldbesitz ein höheres Interesse an staatlicher Betreuung hätten.
Eine Abkehr von der politisch festgesetzten stufenweisen Erhöhung der Entgelte auf 60% bis 2016 der dem Staat entstehenden Personalaufwendungen sei nicht vorgesehen. Die Forstverwaltung sehe in der praktizierten Entgeltbemessung keine Wettbewerbsverzerrung.
28.5 Schlussbemerkung des ORH
Nur durch einen konsequenten Abbau von Staatsaufgaben können die Ziele der Reform "Verwaltung 21" erreicht werden. Für ein Aufweichen des von der Staatsregierung ursprünglich beschlossenen Ausstiegs aus der Kommunalwaldbetreuung und dem damit verbundenen Stellenabbau gibt es angesichts der derzeitigen Haushaltslage keinen Spielraum. Die Forstverwaltung muss unverzüglich ein Konzept vorlegen, wie der Rückzug aus der Bewirtschaftung des Kommunalwaldes umgesetzt wird. Hierbei soll auch dargelegt werden, in welchen Schritten die Deckung von 60% der tatsächlichen Kosten erreicht wird.