Jahresbericht 2010

TNr. 30: Leistungsbezogene Verteilung des Staatszuschusses an die Universitätsklinika

Medizinisches Personal, © Yuri Arcurs/Fotolia.de

Der Staatszuschuss wird zu 25% in einem bayernweit einheitlichen Verfahren an die Universitätsklinika nach leistungsbezogenen Kri­terien verteilt. Nach Ansicht des ORH ist eine weitere Erhöhung des Anteils der leistungsbezogenen Mittelvergabe sinnvoll.Allerdings orientiert sich die klinikumsinterne Verteilung durch die Hochschulen zu wenig an den Leistungsparametern. Das Wissen­schaftsministerium muss sowohl für die Definition der Leistungs­parameter als auch der sonstigen Trägeraufgaben klare und ein­heitliche Kriterien vorgeben.

Der ORH hat für das Jahr 2007 die Verteilung des Staatszuschusses an die Univer­sitätsklinika und beispielhaft die interne Verteilung bei den Fachrichtungen Dermato­logie, Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (HNO) und Neurochirurgie geprüft.

 

30.1 Ausgangslage


30.1.1 Verteilung des Staatszuschusses auf die einzelnen Universitätsklinika


Ursprünglich wurden durch den Staatszuschuss die Defizite aus der Krankenversor­gung ausgeglichen. Die Höhe des Zuschusses bemaß sich de facto nach dem Fehl­betrag eines Wirtschaftsjahres. Seit dem Doppelhaushalt 2003/2004 jedoch wurde dieser Zuschuss nicht mehr für den laufenden Betrieb, sondern zweckgebunden als ein gemeinsamer Zuschuss für Forschung und Lehre (F+L) sowie für sonstige Trä­geraufgaben (sTA) ausgereicht. Verbunden damit war auch die Verpflichtung zur Er­stellung getrennter Wirtschaftspläne.

Auf Empfehlung der Kultusministerkonferenz und durch Änderung des Bayerischen Hochschulgesetzes[62] wurde festgelegt, dass ein Anteil des Staatszuschusses nach leistungsbezogenen Kriterien zu verteilen ist (sog. Leistungsorientierte Mittelvergabe - LOM). Ziele der LOM sind vor allem die Förderung des Wettbewerbs unter den bzw. innerhalb der Hochschulklinika sowie die Profilbildung. Bayern verteilt derzeit 25% des Staatszuschusses nach LOM-Kriterien. Dies erfolgt seit 1999 bayernweit nach einem einheitlichen Maßstab: 10% für die Frauenförderung (Habilitationen, Anteil der Professorinnen), 58,5% für Forschungsleistungen (verausgabte Drittmittel, Anzahl der Publikationen), 4,5% für Nachwuchsförderung (Promotionen, Habilitatio­nen) und 27% für Lehrleistungen (erfolgreiche Examina).

Bei der Vergabe des Staatszuschusses an die Universitätsklinika behält das Wissen­schaftsministerium zunächst einen Teilbetrag (sog. LOM-Anteil) ein, der später nach leistungs- und belastungsbezogenen Kriterien verteilt wird. Der LOM-Anteil am Staats­zuschuss wurde für 1999 zunächst auf 2,5% (10,2 Mio. €) mit jährlicher Steigerung festgelegt. Für 2007 betrug der Anteil 16,5% (63,5 Mio. €); 2009 wurde ein Anteil von 25% (101 Mio. €) erreicht. Dieser Wert wurde 2010 fortgeschrieben.

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Der Gesamtbetrag des Zuschusses hat sich bis 2007 kaum verändert; erst in 2008 wurde der Zuschuss um rd. 10% erhöht. Seit Einführung der LOM hat sich eine Verschiebung zwischen den Universitätsklinika ergeben. Für das Jahr 2007 erzielte beispielsweise Regensburg einen Mehrbetrag von 2,2 Mio. €, während das KUM mit einem Kürzungsbetrag von 3,7 Mio. € belastet wurde, bezogen auf den durchschnitt­lichen LOM-Anteil von 16,5%.

30.1.2 Klinikumsinterne Verteilung des Staatszuschusses


Der Staatszuschuss wird den einzelnen Universitätsklinika vom Wissenschaftsminis­terium pauschal gewährt. Zu welchen Anteilen er für F+L sowie für sTA verwendet wird, hat der Dekan im Einvernehmen mit dem Klinikumsvorstand zu entscheiden.[63]

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30.2 Feststellungen des ORH

 

30.2.1 Zuschuss für Forschung und Lehre

Neben einer Grundausstattung für den Lehrstuhl sollen bei der klinikumsinternen Verteilung die jeweiligen Leistungen in F+L berücksichtigt werden. Anerkannte Maß­stäbe für die Evaluierung von Forschungsaktivitäten sind die Drittmitteleinwerbungen und die Analyse der Publikationsdaten wissenschaftlicher Beiträge in den einschlä­gigen Fachzeitschriften (Impact Faktoren). Der Querschnittsvergleich des ORH bei den drei ausgewählten Fachrichtungen ergab ein höchst unterschiedliches Bild:

  • So setzte Regensburg als Grundausstattung für den Lehrstuhlinhaber einen Sockelbetrag von 150.000 € an, Erlangen hingegen 420.000 €. Die Anteile am Staatszuschuss entsprachen zum überwiegenden Teil nicht den Verhältnissen bei den Drittmitteln und den erreichten Impact Faktoren.
  • Bei den Hautkliniken bewegten sich die Zuteilungen für F+L in einer Bandbreite von 382.200 € (Würzburg) bis 2.587.500 € (MRI). Obwohl die Hautklinik von Würzburg z. B. bei den Drittmitteln im Mittelfeld lag und bei den Impact Faktoren den höchsten Wert erreichte, erhielt sie einen vergleichsweise niedrigen Anteil am Staatszuschuss.
  • Die HNO Erlangen erzielte ein hohes Drittmittelaufkommen, während Würzburg sich sowohl bei Drittmitteln als auch Impact Faktoren im unteren Bereich be­wegte. Der Zuschussanteil war jedoch nahezu gleich: In Erlangen 1.659.600 € und 1.594.100 € in Würzburg.

    Die neurochirurgischen Fächer erhielten Zuteilungen von 358.400 € (Regensburg) bis zu 2.342.000 € (KUM). Auch hier ergab sich ein ähnliches Bild wie bei der Dermatologie und der HNO.

Generell ließ sich feststellen, dass sich die unterschiedlichen Leistungen bei der Zu­schussverteilung nicht ausreichend widerspiegeln. Die vom Wissenschaftsministe­rium festgelegten Kriterien zur Verteilung der LOM-Anteile zwischen den Universi­tätsklinika werden damit faktisch durch die Verteilung innerhalb der Klinika konterka­riert. Der Wettbewerb unter den Lehrstühlen wird durch eine solche Vergabepraxis nicht gefördert. Der ORH regt an, die interne Verteilung stärker an der Leistung aus­zurichten.

30.2.2 Zuschuss für sonstige Trägeraufgaben


Mit dem Zuschuss für die sTA sollen nichtentgeltfähige betriebsnotwendige Kosten abgedeckt werden, die nicht durch F+L verursacht sind. Nichtentgeltfähig sind: Kos­ten, die von den privaten und gesetzlichen Kostenträgern nicht übernommen werden.

Die Universitätsklinika und das Wissenschaftsministerium haben sich für den Anteil der sTA am gesamten Staatszuschuss auf eine Bandbreite von bis zu 25% verstän­digt. Bis auf Erlangen halten alle Klinika diese Vorgaben ein. Erlangen allerdings überschreitet mit 36% diese Vorgabe deutlich.

Für die sTA bestehen weder definierte noch annähernd vergleichbare Kriterien. Bis auf den Bauunterhalt, die Anmietungen und die ärztliche Fort- und Weiterbildung definieren die Klinika die sTA daher sehr unterschiedlich. So bezieht z. B. das MRI den Giftnotruf, den Betriebskindergarten, die Krankenhausseelsorge und die Patien­tenbücherei ein. Würzburg macht als sTA u. a. den Mehraufwand aufgrund der de­zentralen Struktur des Klinikums geltend: Zusätzlich erforderliche Pforten, unwirt­schaftliche Kleinstationen, Wärmeverluste infolge überalterter Bausubstanz. Erlan­gen hat auf Basis des Jahres 2004 für jede Klinik die Kosten der sTA ermittelt. Die Kosten werden seitdem fortgeschrieben, obwohl die damaligen Verhältnisse, wie z. B. Kleinstationen in der Neurochirurgischen Klinik, längst nicht mehr zutreffen.

Der ORH regt daher an, die unter den Begriff "sonstige Trägeraufgaben" fallenden Kosten eindeutig zu bezeichnen und dabei einen engen Maßstab anzulegen. Mehr­aufwendungen z. B. aufgrund einer dezentralen Struktur des Klinikums finden sich auch bei nichtuniversitären Kliniken und stellen nach Ansicht des ORH keine den sTA zurechenbaren Kosten dar. Im Übrigen sollten nach den Empfehlungen des Wissenschaftsrats vom 11.11.2005[64] die Mittel für F+L und sTA der Medizinischen Fakultät bzw. dem Universitätsklinikum gesondert zugewendet werden.

30.3 Stellungnahme des Wissenschaftsministeriums


Zur Zuschussverteilung äußerte das Wissenschaftsministerium, dass es die LOM-Anteile nach einem bayernweit einheitlichen Maßstab verteile und es den Fakultäten überlassen bleibe, wie die interne Verteilung vor Ort nach sachgerechten und erfolg­versprechenden Parametern vorgenommen werde. Das Ministerium achte nur darauf, dass hinreichend viele Mittel nach Leistungskriterien vergeben und dabei auch die Lehraufgaben angemessen berücksichtigt würden. Dabei müsse die akademische Selbstverwaltung respektiert werden. Eine Erhöhung des prozentualen LOM-Anteils sei in den nächsten Jahren beabsichtigt.

Zu den sTA teilte das Wissenschaftsministerium mit, dass den Anregungen des ORH zur größeren Transparenz künftig Rechnung getragen werde. Insbesondere Erlangen werde die Kosten künftig genauer den verschiedenen Zwecken zuordnen. Das Minis­terium wies darauf hin, dass die Universitätsklinika zugleich Aufgaben in F+L als auch in der Krankenversorgung zu erfüllen hätten. Deshalb unterliege die Zuordnung der Kosten stets einer gewissen Unschärfe.

30.4 Schlussbemerkung des ORH


In Bayern werden 25% des Staatszuschusses leistungsbezogen an die Universitäts­klinika vergeben. Der ORH hält einen höheren Anteil für sinnvoll und unterstützt die Absicht des Wissenschaftsministeriums, den LOM-Anteil zu steigern. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hält nach ihren Empfehlungen zu einer leistungsorientierten Mittelvergabe an den Medizinischen Fakultäten einen Anteil von bis zu 40% der Zuschüsse für F+L für angemessen. Damit ließe sich der Zuschuss leistungsorientiert weiter differenzieren und die Schwerpunktbildung intensivieren. Das Wissenschafts­ministerium kann sich nicht auf die "akademische Selbstverwaltung" zurückziehen, wenn die Vorgaben bei der internen Verteilung unzureichend berücksichtigt werden.

Bei der klinikumsinternen Verteilung des Zuschusses auf die Fachrichtungen soll­ten sich neben der Basisausstattung des Lehrstuhls die Beträge in höherem Maß an den Leistungsparametern Drittmittel und Impact Faktoren orientieren.

Das Verfahren der Kostenzuordnung zu den sTA hält der ORH für nicht transparent. Er regt an, diese eindeutig und möglichst einheitlich zu definieren und den Zuschuss für F+L sowie für sTA auch gesondert zuzuteilen.


[62] Art. 7 Abs. 1 Satz 2 BayHSchG vom 02.10.1998, jetzt: Art. 5 Abs. 2 in der Neufassung vom 23.05.2006. Ausgangspunkt war: Beschluss des Landtags vom 06.11.1996 "Die Bayerischen Universitätskliniken - Strukturen für die Zukunft" (LT-Drucksache 13/6264).
[63]Art. 13 Bayerisches Universitätsklinikagesetz.
[64] Stellungnahme zur weiteren Entwicklung der Medizinischen Einrichtungen der LMU München (Drs. 6901-05, Abschn. B.VII, S. 112).