Jahresbericht 2012

TNr. 09: Verschuldung

Leitzordner Schulden

Die valutierten Kreditmarktschulden zum 31.12.2010 lagen bei über 29 Mrd. €. Werden die aufgeschobenen Anschlussfinanzierungen in Anspruch genommen, erhöhen sich die gesamten Kreditmarktschulden auf 32,6 Mrd. €.

Nach Auffassung des ORH sollte im Interesse einer nachhaltigen Finanzpolitik die Haushaltssicherungsrücklage nicht weiter aufgestockt, sondern es sollten primär Schulden getilgt werden.

Von 2006 bis 2010 hat sich der Schuldenstand des Freistaates wie folgt entwickelt:

TNr 9 Tab 20

9.1 Kreditmarktschulden


Ende 2010 betrugen die Schulden am Kreditmarkt über 29 Mrd. €. Ein Drittel davon entfällt auf die Stützung der BayernLB.
 
Durch Rücklagen (insbesondere Haushaltssicherungsrücklage) und noch nicht abgeflossene Privatisierungserlöse verfügte der Freistaat 2008 und 2009 über hohe liquide Geldbestände. Nach Art. 8 Abs. 3 HG 2009/2010 können Rücklagenbestände sowie Bestände aus Sondervermögen bis zu ihrer Inanspruchnahme bei der Liquiditätssteuerung des Gesamthaushalts eingesetzt werden. Soweit dadurch bestehende Kreditermächtigungen für die Anschlussfinanzierung auslaufender Altschulden nicht beansprucht werden, können sie in den folgenden Haushaltsjahren nachgeholt werden. Die zurückgestellten Anschlussfinanzierungen beliefen sich Ende 2010 auf 3.306,8 Mio. €. In dieser Höhe bestehen Kreditermächtigungen fort. Werden sie in Anspruch genommen, so erhöhen sich die gesamten Kreditmarktschulden auf 32,6 Mrd. €.

Mit dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes[1] wurden in Art. 109, 109a und 115 GG neue Regelungen zur Begrenzung der Kreditaufnahme geschaffen. Zum Ausgleich der Haushalte der Länder ist ab 2020 grundsätzlich keine Neuverschuldung zugelassen. Nur bei Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen darf ein besonderer Finanzbedarf mit zusätzlichen Krediten gedeckt werden. Für die Rückführung dieser Schulden muss aber ein Tilgungsplan aufgestellt werden.

Einnahmen aus Krediten sind für die Länderhaushalte ab dem Jahr 2020 nicht mehr zugelassen. Die Länder können aber im Rahmen ihrer verfassungsmäßigen Kompetenz Regelungen treffen, um die Auswirkungen einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung abzufedern. Dabei sind die Auswirkungen im Auf- und Abschwung symmetrisch zu berücksichtigen. Im konjunkturellen Abschwung aufgenommene Kredite müssen im Aufschwung wieder abgebaut werden.
 
Der ORH empfiehlt, die grundgesetzliche Schuldenregel in der Bayerischen Verfassung zu verankern, um ihr in der Haushaltspraxis mehr Gewicht zu verleihen und darüber hinaus die vom Grundgesetz zugelassenen Ausnahmen in der Haushaltsordnung auszugestalten. Das Finanzministerium weist darauf hin, dass Art. 18 BayHO im Regelfall die Aufnahme neuer Schulden verbiete. Damit sei die zentrale Norm der neuen Schuldenbremse des Grundgesetzes in Bayern bereits seit Längerem geltendes Recht. In der Praxis habe der Freistaat seit 2006 in jedem Jahr dieses Ziel erreicht. Eine Ausnahme sei nur im Gefolge der Finanzmarktkrise für die Stabilisierung der BayernLB erforderlich gewesen. Auch der Regierungsentwurf des Nachtragshaushalts 2012 sehe keine neuen Schulden vor. Der Ministerpräsident habe bereits angekündigt, dass die neue Schuldenbremse des Grundgesetzes auch in der Bayerischen Verfassung verankert werden soll.
 
Die Haushaltssicherungsrücklage ist grundsätzlich ein geeignetes Instrument, um der grundgesetzlichen Regelung Rechnung zu tragen und unterschiedliche Konjunkturentwicklungen aufzufangen. Die Höhe dieser Rücklage muss sich aber an ihrer Zweckbestimmung (Risikovorsorge für künftige Haushalte) ausrichten.
 
Die liquiden Mittel der Rücklage können nach Art. 8 Abs. 3 HG im Rahmen der Liquiditätssteuerung eingesetzt werden. Soweit dabei Anschlussfinanzierungen für ausgelaufene Altschulden zeitlich aufgeschoben werden, bleibt die Kreditermächtigung für diese Anschlussfinanzierung erhalten. Damit wird vermieden, unwirtschaftliche Geldreserven aufzubauen. Der Rücklagenbestand selbst ändert sich dadurch nicht.
 
Nach Auffassung des ORH sollte aber auch laufend geprüft werden, inwieweit diese Kreditermächtigungen noch benötigt werden. Nachdem die Haushaltssicherungsrücklage Ende 2010 schon 2,3 Mrd. € betrug, sollte sie nicht weiter aufgestockt werden. Im Interesse einer nachhaltigen Finanzpolitik sollten primär Schulden getilgt werden.
 
Das Finanzministerium hat mit Schreiben vom 21.12.2011 dazu mitgeteilt, dass diese laufende Überprüfung bereits erfolge. Obwohl die gegenwärtige bayerische Regelung in Art. 18 BayHO ebenso wie die grundgesetzliche Schuldenbremse keine Verpflichtung zur Tilgung von Altschulden vorsehe, habe der Freistaat Bayern z. B. in den Jahren 2007 und 2008 Schulden in Höhe von insgesamt 500 Mio. € getilgt. Außerdem sei geplant, im Rahmen des Haushaltsabschlusses 2011 weitere 250 Mio. € zu tilgen. Die Stärkung der Haushaltssicherungsrücklage zur Absicherung des Haushalts ohne neue Schulden in der Zukunft und die Tilgung von Schulden seien beides Instrumente zur Gewährleistung der Generationengerechtigkeit.
 
Nach Auffassung des ORH könnte und sollte in Anbetracht der Steuermehreinnahmen 2011 von rd. 2,5 Mrd. € ein deutlich höherer Beitrag zur Schuldentilgung geleistet werden.
 
Die Staatsregierung hat inzwischen angekündigt, 2012 bis zu 1 Mrd. € tilgen zu wollen. Ziel sei ein schuldenfreies Bayern im Jahr 2030.


9.2 Andere Schulden


Die Schulden beim Bund sind Mittel zur Förderung des Wohnungsbaus, die als zweckgebundene Darlehen ausgereicht und entsprechend ihres Rückflusses getilgt werden.
 
Die Rahmenkredite sind zwar in den Kreditmarktschulden enthalten, sie werden aber nur bei Bedarf zur kurzfristigen Liquiditätsbeschaffung in Anspruch genommen.


9.3 Zinsaufwand für die Schulden am Kreditmarkt


Für die Schulden am Kreditmarkt mussten in den letzten Jahren folgende Zinsen bezahlt werden:

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Der Zinsaufwand ist in den letzten 20 Jahren nahezu konstant geblieben. Dies ist vor allem auf das niedrige Zinsniveau bei Anschlussfinanzierungen auslaufender Kredite sowie auf den Aufschub von Anschlussfinanzierungen im Rahmen der Liquiditätssteuerung zurückzuführen. Ab 2011 schlägt aber die kreditfinanzierte Kapitalzuführung an die BayernLB in vollem Umfang zu Buche. Sie kostet dann jährlich rd. 350 Mio. €.




[1] BGBl I 2009, S. 2248, 2249

 

ÄHNLICHE BEITRÄGE

>ORH-Bericht 2011 TNr. 9

>ORH-Bericht 2010 TNr. 9