TNr. 12: Personalmangel in der Steuerverwaltung

In der Steuerverwaltung besteht ein erheblicher Personalmangel. Dies führt zu massiven Steuerausfällen. Bayern liegt bei der Personalausstattung im Bundesvergleich auf den letzten Plätzen. Bei einem verstärkten Personaleinsatz insbesondere in den Prüfungsdiensten könnten Mehreinnahmen erzielt werden, die die zusätzlichen Personalkosten bei Weitem übersteigen.
Der ORH hält deutliche Schritte zum Abbau des Personalmangels beginnend mit dem nächsten Doppelhaushalt 2013/2014 für notwendig.
12.1 Ausgangslage
Der ORH hat bereits in vielen Jahresberichten auf die angespannte Personalsituation in verschiedenen Arbeitsbereichen hingewiesen und Verbesserungen angemahnt.[1] Im Folgenden wird die Personalsituation der Steuerverwaltung übergreifend dargestellt.
Die Steuereinnahmen haben in den letzten Jahren jeweils 30 Mrd. € betragen und damit rd. drei Viertel der Ausgaben abgedeckt. Sie sind damit die wichtigste Einnahmequelle. Der Steuerverwaltung, die die Steuern festsetzt und erhebt, kommt daher eine wichtige Aufgabe zu. Sie hat auch die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sicherzustellen.
12.1.1 Personalbedarfsberechnung
Die „Arbeitsgruppe Personalbemessung" erstellt sog. Berechnungsmuster. Mit diesen kann anhand aktueller Fallzahlen und erhobener Zeitwerte der Personalbedarf für die Durchführung der Aufgaben der Steuerverwaltung ermittelt werden. Der Arbeitsgruppe gehören Vertreter aller Länder und des Bundes an. Ihre Vorschläge sind nicht verbindlich, sondern haben nur Empfehlungscharakter und geben z. T. nur Rahmenwerte vor. So haben die Länder die Möglichkeit, Besonderheiten, z. B. in der Organisation, bei ihrer Personalbedarfsberechnung zu berücksichtigen. Diese ist ein wichtiges Steuerungsinstrument für die Personalverteilung.
12.1.2 Personalverteilungsberechnung
Der Personalbedarf, der sich nach den Empfehlungen der Arbeitsgruppe und den ggf. erforderlichen bayernspezifischen Anpassungen ergibt, ist regelmäßig höher als die im Haushalt ausgewiesenen Planstellen. Diese sind nur grob nach den Bereichen „Allgemeine Verwaltung", „Betriebsprüfung" und „Steuerfahndung" gegliedert. Die Verwaltung verteilt daher die Planstellen auf bestimmte Arbeitsbereiche und auf dieFinanzämter. Sie führt hierzu keine gesonderte Personalbedarfsberechnung mehr durch, sondern eine Personalverteilungsberechnung. Dabei werden bundeseinheitliche Grundsätze der Arbeitsgruppe, aber auch bayerische Besonderheiten berücksichtigt (z. B. Organisation). Wegen des Unterschieds zwischen dem Personalbedarf und den Planstellen nimmt die Verwaltung sog. Fehlbestandsabschläge vor, die sich von Arbeitsbereich zu Arbeitsbereich z. T. erheblich unterscheiden. Das Ergebnis ist das sog. Zuteilungssoll (ZuSo), das die konkrete Verteilung der Planstellen festlegt.
12.1.3 Ist-Besetzung
Das ZuSo ist nicht identisch mit den tatsächlich vorhandenen Arbeitskräften, der sog. Ist-Besetzung. Diese ist regelmäßig niedriger. Das rührt u. a. daher, dass die Stellen für die 2. und 3. Qualifikationsebene (QuE) [2] nur einmal im Jahr nach Abschluss der vorgeschalteten Ausbildung (nach-)besetzt werden. Für die 2. QuE ist dies im September, für die 3. QuE im Oktober der Fall. Abgänge während des Jahres, z. B. wegen des Eintritts in den Ruhestand, können daher nicht sofort ersetzt werden. Auch Faktoren wie die Wiederbesetzungssperre, die Freistellungsphase der Altersteilzeit, Weiterbildungsphasen von Beamten oder Stellenreserven für beurlaubte Beschäftigte spielen eine Rolle.
12.2 Feststellungen des ORH
12.2.1 Entwicklung der Personalbesetzung
12.2.1.1 Bayern im Bundesvergleich
Bayern nimmt im Jahr 2009 beim Vergleich der Personalausstattung mit den anderen 15 Ländern ausschließlich hintere Plätze ein.[3]
Auf der Basis der Zahlen des Jahres 2010 ergibt sich nach Auskunft des Finanzministeriums folgende Rangfolge:
12.2.1.2 Gesamtentwicklung in Bayern
Bayern führt keine offizielle Personalbedarfsberechnung mehr durch. Für Zwecke einer sachgerechten Personalverteilung, die sich so weit als möglich an der Verteilung des Arbeitsanfalls orientiert, werden die Werte der Personalbedarfsberechnung des Jahres 2000 in einem verwaltungsinternen Verfahren fortgeschrieben. Unter Berücksichtigung der in diesem Verfahren vorgenommenen Fehlbestandsabschläge ergibt sich für 2011 rechnerisch ein Personalbedarf von 19.844 VZK. Nach dem Haushaltsplan standen 16.457 Stellen zur Verfügung, zum 01.01.2011 waren 14.554 Stellen tatsächlich besetzt. Die Differenz zwischen vorhandenen Arbeitskräften zum errechneten Personalbedarf beträgt damit 5.290 VZK, zu den Planstellen 1.903 VZK.
Die prozentuale Unterbesetzung hat sich in den letzten vier Jahren kontinuierlich von 6,2 auf 11,6% erhöht.
Die Stichtagsbetrachtung zum 01.01. stellt im Hinblick auf die Ist-Besetzung einen günstigen Wert dar. Die Nachwuchskräfte werden nach Beendigung der Ausbildung nur einmal im Jahr im Herbst eingestellt. Durch die Abgänge während des Jahres wächst daher der Fehlbestand bis zur nächsten Neueinstellung kontinuierlich an.
12.2.1.3 Entwicklung 2. und 3. Qualifikationsebene
Die Bearbeitung der Steuerfälle erfolgt ganz überwiegend durch das Personal der 2. und 3. QuE. Für diese Bereiche ist eine längerfristige Planung des Personalbedarfs erforderlich, weil Ersatzkräfte erst nach einer zwei- bzw. dreijährigen Ausbildungszeit zur Verfügung stehen.
In diesen beiden QuE stellte sich die Entwicklung in den letzten Jahren wie folgt dar:
Die prozentuale Unterbesetzung stieg vom 01.01.2007 zum 01.01.2010 in der 2. QuE von 2,6 auf 7,9% und in der 3. QuE von 5,6 auf 9,1%. Die prozentuale Unterbesetzung ist damit um das Drei- bzw. Eineinhalbfache gestiegen.
12.2.2 Situation in einzelnen Arbeitsbereichen
Die einzelnen Arbeitsbereiche eines Finanzamtes unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Aufgaben und Tätigkeiten erheblich. Auch die Folgen einer personellen Unterbesetzung sind verschieden. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf zwei Kernbereiche, die Allgemeine Veranlagungsstelle und die Prüfungsdienste.
12.2.2.1 Allgemeine Veranlagungsstelle
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Arbeitsmenge und Personaleinsatz
Die Arbeitsmenge im Veranlagungsbereich ist durch die Zahl der Veranlagungen im Wesentlichen vorgegeben. Diese müssen möglichst zeitnah abgearbeitet werden. Zum einen ist es den Steuerbürgern nicht zuzumuten, längere Zeit auf eventuelle Erstattungen zu warten. Zum anderen würden Nachfragen wegen langer Bearbeitungsdauer zu einer weiteren Arbeitsbelastung führen. Aus organisatorischen Gründen sollen zudem nicht mehr als zwei Veranlagungszeiträume bearbeitet werden. Die zeitnahe Abarbeitung hat hohe Priorität und wird vom Landesamt für Steuern anhand von Statistiken überwacht.
Die prozentuale Unterbesetzung ist um das Dreieinhalbfache angestiegen.
Die Fallzahlen sind von 2006 bis 2010 um 138.000 gestiegen. Das tatsächlich eingesetzte Personal wurde um 66 VZK reduziert.
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Steuerausfälle
Da die Arbeitsmenge vom Finanzamt nicht steuerbar ist, müssen bei weniger Personal Abstriche bei der Bearbeitungsintensität gemacht werden, um die zeitlichen Vorgaben einzuhalten. Der ORH, aber auch die Geschäftsprüfung des Landesamtes für Steuern, hat bei Prüfungen festgestellt, dass einige Finanzämter sog. „Nichtaufgriffsgrenzen" festgelegt haben. Sachverhalte mit steuerlichen Auswirkungen im drei- bis vierstelligen Euro-Bereich wurden dadurch nicht mehr geprüft. Dies führt nicht nur im Hinblick auf die Vielzahl der Fälle im Veranlagungsbereich zu erheblichen Steuerausfällen. Auch das IT-unterstützte Risikomanagementsystem, das auf der Überprüfung risikobehafteter Fälle aufbaut, wird dadurch unterlaufen. Dies führt langfristig zu Fehlsteuerungen bei der Risikobewertung und weiteren Steuerausfällen über die ungeprüften Veranlagungen hinaus.
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Nur geringe Entlastung durch den IT-Einsatz
Die Steuerverwaltung will einfachere Fälle ohne personelle Überprüfung allein durch die IT bearbeiten. Zudem sollen die Bearbeiter bei schwierigeren Fällen auf Risiken hingewiesen und bei der Abarbeitung unterstützt werden, z. B. durch Checklisten.
Umfassend entlastet werden die Bearbeiter nur bei Fällen, die vollständig durch die IT bearbeitet werden. Dies erfolgt aber nur zu einem geringen Teil. Selbst im Arbeitnehmerbereich, wo der Risikofilter am ausgereiftesten ist und viele Fälle relativ unkompliziert sind, sind dies nur rd. 10% der Fälle. Da es sich um die einfacheren Fälle handelt, liegt der prozentuale Anteil für den Bearbeitungsaufwand und damit die Arbeitsentlastung deutlich unter 10%. In der Allgemeinen Veranlagungsstelle dürfte der Prozentsatz noch erheblich niedriger liegen.
Die IT-Unterstützung kann gerade bei schwierigeren Fällen die Bearbeitungsqualität durch Prüfhinweise erhöhen. Die Prüfung muss aber weiterhin personell erfolgen. Eine wesentliche Arbeitsentlastung erfolgt daher nicht.
Eine spürbare Erhöhung der rein maschinell bearbeiteten Fälle ist in den nächsten Jahren nicht zu erwarten. Insbesondere kann die Zahl nicht deutlich gesteigert werden, ohne Steuerausfälle in Kauf zu nehmen. -
Zusätzliche Arbeitsbelastung
Zudem kommen neue Aufgaben auf die Steuerverwaltung zu, für deren Bewältigung zum erheblichen Teil Personal aus der Allgemeinen Veranlagungsstelle eingesetzt wird. So verursachen die Besteuerung der Rentner oder die Übertragung der Elektronischen Lohnsteuerkarte auf die Finanzämter spürbaren Mehraufwand, ohne dass das Personal erhöht wurde.
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Mitarbeiterbefragung
Auch nach Einschätzung der Mitarbeiter steigt die Arbeitsbelastung an.
Bei der Mitarbeiterbefragung 2010 für alle Angehörigen der Steuerverwaltung sank die Bewertung bei der Frage: „Wie empfinden Sie Ihre Arbeitsbelastung" von der Notenstufe 3,46 im Jahr 2005 auf 3,68. Nur 3 von 53 Fragen wurden dabei im Vergleich zur vorherigen Befragung um mehr als 0,1 Notenstufen schlechter bewertet.
12.2.2.2 Prüfungsdienste
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Arbeitsmenge und Personaleinsatz
Im Gegensatz zum Veranlagungsbereich ist bei den Prüfungsdiensten die Arbeitsmenge nicht durch die Zahl der Veranlagungen vorgegeben. Die Prüfungsdienste prüfen nur einen Teil der Fälle, die zur Auswahl stehen. Steht weniger Personal zur Verfügung, kann entweder die Prüfungsintensität oder die Zahl der Prüfungen verringert werden. Das Personal in den Prüfungsdiensten hat sich wie folgt entwickelt:
Obwohl die Zahl der Planstellen gestiegen ist, hat sich die Ist-Besetzung verringert.
12.2.2.3 Situation in der Betriebsprüfung
Die Betriebsprüfung hat innerhalb der Prüfungsdienste den größten Personalkörper und den größten Anteil an den Mehrergebnissen. Eine wichtige Kennzahl ist der Prüfungsturnus, der angibt, in welchem Zeitabstand Betriebe geprüft werden. Der Turnus hängt davon ab, ob es sich um Groß-, Mittel- oder Kleinbetriebe handelt.
Nach Auskunft der Verwaltung werden bei der Betriebsprüfung folgende Turnusse angestrebt: Großbetriebe 4 Jahre; Mittelbetriebe 8,4 bis 10,5 Jahre; Kleinbetriebe 14,4 bis 20 Jahre.
Tatsächlich haben sich die Turnusse seit 2005 wie folgt entwickelt:
Die Übersicht zeigt, dass die angestrebten Prüfungsturnusse nicht erreicht wurden und sich die Situation in Bayern in den letzten Jahren noch verschlechtert hat.
In der nachfolgenden Übersicht ist die Personalentwicklung im Bereich der Betriebsprüfung dargestellt:
Das Verhältnis von Ist-Besetzung zur Zahl der Betriebe hat sich verschlechtert. Hinzu kommt, dass die für Prüfungen tatsächlich zur Verfügung stehende Zeit durch sog. prüfungsfremde Tätigkeiten (z. B. Ausbildung der Nachwuchsbeamten) weiter reduziert wird. Sie betragen bei der Betriebsprüfung derzeit rd. 10%. Bei der Untersuchung der Betriebsnahen Veranlagung (BNV) hat der ORH prüfungsfremde Tätigkeiten im Umfang von ca. 15% festgestellt.[4]
12.2.2.4 Situation bei anderen Prüfungsdiensten
In den vergangenen Jahren hat der ORH weitere Prüfungsdienste untersucht.
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Umsatzsteuerprüfung[5]
Den Umsatzsteuerprüfungsstellen kommt eine besondere Bedeutung bei der Bekämpfung der Umsatzsteuerhinterziehung zu. Neben konkreten Anlassprüfungen müssen sie eine angemessene Prüfdichte gewährleisten, um ausreichend präventiv zu wirken.
Aufgrund einer früheren Forderung des ORH[6] ist das Personal zunächst aufgestockt worden. Seit 2008 ist es wieder rückläufig, obwohl die Fallzahlen gestiegen sind. Am 01.01.2011 fehlten gegenüber dem von der Finanzverwaltung nach Fallzahlen errechneten Bedarf von 425 VZK 185 Umsatzsteuerprüfer. Ausgehend vom ZuSo von 291 Prüfern, das sich an den im Haushalt bewilligten Stellen orientiert, sind 51 Prüfer (17%) zu wenig eingesetzt.
Der erneute Personalabbau hatte zur Folge, dass die bereits bisher im Bundesvergleich sehr niedrige Prüfungsquote weiter zurückgegangen ist. Im Jahr 2010 wurde in Bayern nur mehr 1,12% des Fallbestandes geprüft. Bei verschiedenen Stellen lag die Prüfungsquote sogar unter 1%. Bundesweit lag die Quote bei 1,73%.
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Betriebsnahe Veranlagung[7]
Der Personalbedarf für die BNV-Stellen wird durch Multiplikation der Fallzahlen mit bestimmten Zeitwerten berechnet. Für 2010 errechnete sich so ein Personalbedarf von 542 VZK. Das ZuSo sah am 01.01.2011 für die BNV 388 Stellen vor. Tatsächlich waren nur 306 Stellen besetzt. Gegenüber dem Personalbedarf fehlten 236 VZK (43,5%), gegenüber dem ZuSo 82 VZK (21,1%).
Der ORH hat bereits im Jahresbericht 2004 auf die Unterbesetzung der BNV-Stellen hingewiesen und einen höheren Personaleinsatz für Außenprüfungen gefordert.[8] Das Personal wurde daraufhin bis Ende 2007 auf 354 VZK erhöht, danach jedoch auf 306 VZK zum 01.01.2011 reduziert.
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Steuerfahndungsstelle München
Das Personal der Steuerfahndungsstelle München sollte nach einem Landtagsbeschluss[9] aufgrund des Jahresberichts 2007 des ORH aufgestockt werden. Dies ist nicht dauerhaft gelungen. Tatsächlich waren zum 01.01.2011 sogar 9 Prüfer weniger eingesetzt als 2007.
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Entlastung durch IT und Risikomanagement
Auch in der Betriebsprüfung kann die IT nur Risikofälle aufzeigen, die Prüfung muss weiterhin personell erfolgen. Zudem ist das Risikomanagement insbesondere im Bereich der Gewinneinkünfte erst im Aufbau begriffen. Eine Entlastung, die Personaleinsparungen ermöglicht, ist derzeit nicht gegeben.
Die Verwaltung rechtfertigt den geringeren Personaleinsatz in der Steuerverwaltung mit einer im Ländervergleich besseren IT-Unterstützung. Dieser angebliche Entlastungseffekt wird zunehmend geringer, weil mit der Entwicklung des gemeinsamen Projekts KONSENS die IT-Ausstattung in den Ländern immer einheitlicher wird. Ein unterschiedlicher Personaleinsatz ist damit nicht begründbar.
12.3 Entwicklung des Personals
Das Finanzministerium hat mitgeteilt, dass die Ist-Besetzung der Finanzämter seit Jahren insbesondere aufgrund der bei den Ersatzeinstellungen zu beachtenden haushaltsrechtlichen Stellenabbauvorschriften rückläufig sei. So hat sich der Personalstand vom 01.01.2011 mit 14.554 VZK gegenüber dem Personalstand vom 01.01.2006 mit 15.340 VZK um insgesamt 786 VZK reduziert.
Mit dem Doppelhaushalt 2009/2010 wurden für die Steuerverwaltung 500 neue Stellen geschaffen. Dabei ist zu berücksichtigten, dass die auf diesen Stellen neu eingestellten Anwärter erst nach ihrer Ausbildung (zwei bzw. drei Jahre) und damit im Wesentlichen erst Ende 2012 bzw. 2013 als zusätzliche Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Außerdem müssen die zusätzlichen Kräfte teilweise auch dafür eingesetzt werden, die von den Kommunen in Zusammenhang mit der elektronischen Lohnsteuerkarte übernommenen Aufgaben zu erledigen.
12.4 Wertung durch den ORH
Die Steuerverwaltung in Bayern ist im Ländervergleich personell schlecht ausgestattet. Umso wichtiger ist, dass die Mitarbeiter so effektiv und effizient wie möglich arbeiten. Zudem muss die IT-Unterstützung weiterentwickelt werden. Der ORH hat wiederholt Vorschläge für mögliche Verbesserungen unterbreitet.[10]
Bei einem verstärkten Personaleinsatz können erhebliche Mehreinnahmen erzielt werden, die die zusätzlichen Personalkosten bei Weitem übersteigen:
- Bei der Umsatzsteuer werden jährlich Milliardenbeträge hinterzogen. In Bayern wird zur Bekämpfung der Umsatzsteuerhinterziehung deutlich zu wenig und weniger Personal als im bundesweiten Durchschnitt eingesetzt.[11]
- Zusätzliche Prüfer sollten insbesondere in den Bereichen eingesetzt werden, in denen keine fortlaufende Prüfung stattfindet, z. B. bei den Klein- und Kleinstbetrieben. Die Prüfungsquote bei prüfungsrelevanten Kleinstbetrieben beträgt derzeit 1%, bei Kleinbetrieben beträgt der Prüfungsturnus 37 Jahre.
2010 erzielte ein Prüfer bei Kleinbetrieben und der BNV, die u.a. Kleinstbetriebe prüft, durchschnittliche Mehrergebnisse von deutlich über 400.000 €. Im Bereich der BNV hat der ORH festgestellt, dass bei einigen Finanzämtern die durchschnittlichen Mehrergebnisse pro Prüfer regelmäßig sogar bei ca. 1 Mio. € lagen.[12]Das ist ein Vielfaches dessen, was ein Prüfer kostet.[13]
Der Personalstand wird weiter abnehmen:
- Nach den Berechnungen des Finanzministeriums müssen 2012 bis 2018 6.045 Nachwuchskräfte ausgebildet werden, um die Abgänge auszugleichen. Mit den derzeit unter Berücksichtigung der Wiederbesetzungssperre absehbaren Einstellungsmöglichkeiten können von 2012 bis 2018 nur 5.607 Nachwuchskräfte eingestellt werden.
- Durch die Wiederbesetzungssperre können frei werdende Stellen 12 Monate nicht besetzt werden. Dem Zweck der Wiederbesetzungssperre, Ausgaben einzusparen, stehen im Steuerbereich erheblich höhere Steuerausfälle gegenüber.
12.5 Stellungnahme der Verwaltung
Das Finanzministerium führt in seiner Stellungnahme aus, dass eine bessere Personalausstattung der Finanzämter sicherlich wünschenswert wäre. Allerdings habe die Haushaltslage in den vergangenen Jahren keine deutliche Verbesserung der Personalsituation zugelassen. Denn auch die Steuerverwaltung habe nicht von den zur Haushaltskonsolidierung notwendigen Sparmaßnahmen ausgenommen werden können.
Zur Verbesserung der Stellensituation seien aber inzwischen im Doppelhaushalt 2009/ 2010 500 neue Stellen ausgebracht worden, die zunächst mit Anwärtern besetzt worden seien.
Darüber hinaus werde das Ministerium in den kommenden Jahren durch die Neueinstellung von Nachwuchskräften sicherstellen, dass die ansteigenden altersbedingten Personalabgänge rechtzeitig ersetzt werden können.
12.6 Schlussbemerkung des ORH
Die Steuerverwaltung ist die zentrale Einnahmeverwaltung. Der ORH hat in mehreren Berichten aufgezeigt, dass mit mehr Mitarbeitern in der Steuerverwaltung auch Mehreinnahmen erzielt werden können, die die zusätzlichen Personalkosten bei Weitem übersteigen. Dieser Sondersituation sollte Rechnung getragen werden.
Personaleinsparmaßnahmen in der Steuerverwaltung dienen - anders als das Finanzministerium behauptet - gerade nicht der Haushaltskonsolidierung. Mehreinnahmen der Steuerverwaltung schaffen Gestaltungsspielräume in anderen Bereichen oder zum Schuldenabbau.
Der ORH hält deutliche Schritte zum Abbau des Personalmangels beginnend mit dem nächsten Doppelhaushalt 2013/2014 für notwendig.
[1]Zuletzt im ORH-Bericht 2011 TNr. 18 (Umsatzsteuer: Hinterziehungsbekämpfung ist unzureichend) und TNr. 19(Nach wie vor Defizite in der Betriebsnahen Veranlagung).
[2]Früher mittlerer und gehobener Dienst, BesGr. A 6 bis A 13.
[3]LT-Drucksache 16/4680.
[4]ORH-Bericht 2011 TNr. 19.
[5]ORH-Bericht 2011 TNr. 18.
[6]ORH-Bericht 2005 TNr. 24.
[7]ORH-Bericht 2011 TNr. 19.
[8]ORH-Bericht 2004 TNr. 26.
[9]LT-Drucksache 15/10908.
[10]Unter anderem ORH-Berichte 2010 TNr. 22 und 2009 TNr. 24.
[11]ORH-Bericht 2011 TNr. 18.
[12]ORH-Bericht 2011 TNr. 19.
[13]Personalvollkosten BesGr. A 10: 67.000 €.
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