TNr. 13: Mangelhafte Besteuerung der landwirtschaftlichen Einkünfte

Die Besteuerung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft weist erhebliche Mängel auf. Es entstehen jährlich Steuerausfälle in zweistelliger Millionenhöhe.
Die Steuerverwaltung akzeptiert häufig unvollständige Steuererklärungen. Informationen der Landwirtschaftsverwaltung über Subventionen werden bei der Steuerfestsetzung nicht herangezogen.
Der ORH hat zusammen mit dem Staatlichen Rechnungsprüfungsamt Ansbach im Rahmen einer Querschnittsuntersuchung an sieben Finanzämtern die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (LuF) bei 966 Steuerfestsetzungen untersucht. Er hat hierzu auch von der EU veröffentlichte Daten über Zahlungen und Daten der Landwirtschaftsverwaltung herangezogen.
13.1 Ausgangslage
Die land- und forstwirtschaftlichen Einkünfte in Bayern beliefen sich im Veranlagungszeitraum (VZ) 2008 auf 2,25 Mrd. €. Die darauf festgesetzte Einkommensteuer betrug 345 Mio. €. Dies entspricht einer durchschnittlichen Steuerbelastung von 15%.
Die Ermittlung der Einkünfte aus LuF erfolgt abhängig von der Betriebsgröße nach verschiedenen Gewinnermittlungsarten. Es werden entweder die tatsächlichen Betriebsergebnisse (Betriebsvermögensvergleich bzw. Einnahmen-Überschussrechnung) oder eine pauschalierte Ermittlung nach Durchschnittssätzen zugrunde gelegt. Die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen ist gem. § 13a EStG nur zulässig, wenn bestimmte Größengrenzen, z. B. bei der selbst bewirtschafteten Fläche, nicht überschritten werden. Bei dieser pauschalierten Gewinnermittlung ergibt sich regelmäßig ein deutlich geringerer Gewinn als bei Anwendung des Betriebsvermögensvergleichs oder der Einnahmen-Überschussrechnung.[1]
Entspricht die Steuererklärung nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Gewinnermittlung, z. B. weil der Landwirt einer bestehenden Buchführungspflicht nicht nachkommt, schätzt das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen.
Der Anteil der Gewinnermittlungsarten, die durchschnittlichen Einkünfte und die durchschnittliche Einkommensteuerbelastung stellten sich im VZ 2008 wie folgt dar:
Zu den Betriebseinnahmen gehören grundsätzlich auch Agrarzahlungen von Land, Bund oder EU. 2008 haben Landwirte 120.000 Anträge gestellt und 1,36 Mrd. € Agrarzahlungen erhalten. Die Höhe der Zahlungen richtet sich u. a. nach der selbst bewirtschafteten Fläche. Um Zahlungen zu erhalten, muss der Landwirt jährlich einen Antrag beim zuständigen Landwirtschaftsamt (AELF) einreichen. In diesem hat der Landwirt die selbst bewirtschafteten Flächen genau anzugeben. Diese Angaben werden vom AELF gespeichert und überprüft. Im Antrag muss der Landwirt weder das für ihn zuständige Finanzamt noch seine Steuernummer nennen. Ein Datenaustausch zwischen dem AELF und dem Finanzamt findet nicht statt.
13.2 Prüfungsfeststellungen
13.2.1 Organisation in den Finanzämtern
Die Bearbeitung der Steuerfälle mit landwirtschaftlichen Einkünften (LuF-Fälle) ist in den Finanzämtern unterschiedlich organisiert. In der Regel werden die Fälle in der Allgemeinen Veranlagungsstelle bearbeitet. Im VZ 2008 gab es rd. 190.000 Steuerfälle mit Einkünften aus LuF. Das sind etwa 10% aller Fälle der Allgemeinen Veranlagungsstellen. Der Anteil der LuF-Fälle hat folgende Bandbreite:
Nach einer Vorgabe des Landesamts für Steuern kann die Bearbeitung der LuF-Fälle in eigenen Veranlagungsstellen zentralisiert werden, wenn die Quote dieser Fälle im Verhältnis zur Gesamtfallzahl weniger als 5% beträgt. Sechs Finanzämter haben zentrale Veranlagungsstellen eingerichtet. Bei einem Finanzamt gibt es eine ausschließlich für die landwirtschaftliche Bodengewinnbesteuerung zuständige Stelle. Die Bodengewinnbesteuerung greift, wenn Grundstücke aus dem landwirtschaftlichen Betrieb ausscheiden.
13.2.2 Bearbeitungsqualität und Aktenführung
Von den 966 geprüften Veranlagungen waren 312 fehlerhaft, dies entspricht einer Quote von 32%. Zwei der geprüften Ämter haben die Bearbeitung zentralisiert. Dort betrug die Beanstandungsquote durchschnittlich 13%. Bei der nicht zentralisierten Bearbeitung lag diese zwischen 26 und 54%. Selbst bei einem Finanzamt mit einem Anteil der LuF-Fälle von über 20% war die Fehlerquote doppelt so hoch wie bei den zentralisierten Veranlagungsstellen.
Insbesondere in den nicht zentralisierten Veranlagungsstellen fehlte vielfach das für die zutreffende Rechtsanwendung notwendige Spezialwissen. Selbst einfache und grundlegende Regelungen, wie die Flächenobergrenze von 20 ha für die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen, waren nicht bekannt. So wurden Landwirte häufig nach Durchschnittssätzen besteuert, obwohl sie die selbst bewirtschaftete Fläche mit über 20 ha angegeben hatten. Diese Art der Gewinnermittlung führt regelmäßig zu einer niedrigeren Steuer.
Die Besteuerung der landwirtschaftlichen Einkünfte ist aufgrund zahlreicher Sonderregelungen rechtlich komplex. Auch die Ermittlung des für die Besteuerung maßgeblichen Sachverhalts ist oft mit besonderen Schwierigkeiten verbunden. Zum Teil sind Jahrzehnte zurückliegende Sachverhalte von Bedeutung, z. B. bei der Besteuerung von Grundstücksveräußerungen oder Milchlieferrechten. Dies erfordert eine besonders sorgfältige und vollständige Aktenführung.
Sachverhalte, die erst Jahre später zu einer Besteuerung führen können, müssen nachvollziehbar dokumentiert werden. In den nicht zentralisierten Veranlagungsstellen waren die Akten häufig unvollständig und unübersichtlich geführt. Die Akten in den zentralisierten Stellen waren deutlich aussagekräftiger.
13.2.3 Unvollständige Steuererklärungen
Grundlage für die Besteuerung der Einkünfte aus LuF ist die Anlage L der Einkommensteuererklärung. Hierin sind u. a. Angaben zur selbst bewirtschafteten Fläche, zur Veräußerung bzw. Entnahme von Grundstücken und zur Veräußerung von Milchlieferrechten zu machen. Eigentums- und Pachtflächen sind als selbst bewirtschaftete Fläche detailliert anzugeben. Nach dieser Fläche richtet sich im Wesentlichen die zulässige Art der Gewinnermittlung.
Die Angaben in der Anlage L werden ausdrücklich von allen Steuerpflichtigen verlangt, die Einkünfte aus LuF erzielen. Dennoch hat der ORH festgestellt, dass die Anlage L häufig unvollständig bzw. unzutreffend ausgefüllt worden war. Selbst Landwirte, die steuerlich beraten waren, haben unvollständige Steuererklärungen abgegeben. Dadurch konnten die Bearbeiter für die Besteuerung relevante Sachverhalte nicht erkennen oder nur aufwendig aus den beigefügten Unterlagen ermitteln (z. B. Unterlagen über die Veräußerungen von Grundstücken oder von Milchlieferrechten). Ohne die Angabe der selbst bewirtschafteten Fläche ist es nicht möglich zu überprüfen, ob die steuerlich günstigere Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen zulässig ist. Dennoch haben die Bearbeiter in den Veranlagungsstellen fehlende Angaben nicht eingefordert.
Des Weiteren hat der ORH festgestellt, dass es landwirtschaftliche Betriebe gibt, die Agrarzahlungen erhielten, beim Finanzamt aber keine Steuererklärungen abgegeben haben.
13.2.4 Mängel bei der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen
Die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG) ist eine Vergünstigung für Landwirte, die ihren Betrieb selbst bewirtschaften und bestimmte Größengrenzen nicht überschreiten. Diese Landwirte müssen den Gewinn nicht umfassend ermitteln, sondern lediglich einzelne Angaben machen, z. B. zur selbst bewirtschafteten Fläche und zum Viehbestand.
Voraussetzung für die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen ist u. a., dass die selbst bewirtschaftete Fläche 20 ha nicht übersteigt. Der Landwirt muss die selbst bewirtschaftete Fläche in der Steuererklärung angeben. Diese Flächen müssen auch in den Anträgen auf Gewährung von Agrarzahlungen erklärt werden.
Der ORH hat einen stichprobenweisen Abgleich zwischen den Flächenangaben im Förderantrag und der Steuererklärung vorgenommen. In knapp 15% der Fälle wurden im Förderantrag selbst bewirtschaftete Flächen über 20 ha angegeben. In der Steuererklärung wurden weniger als 20 ha erklärt und die privilegierte Gewinnermittlungsart nach Durchschnittssätzen in Anspruch genommen.
Häufig wurden gar keine Flächenangaben gemacht. Weitere Angaben zur Gewinnermittlung - wie Einnahmen aus Dienstleistungen für Nichtlandwirte - sind ebenfalls unterblieben.
Auch Steuerfälle mit vollständigen Angaben wurden von den Finanzämtern teilweise unzutreffend bearbeitet.
Insgesamt ergaben sich bei 321 Steuerfällen 97 Beanstandungen.
13.2.5 Mängel bei der Besteuerung von Grundstücksverkäufen und -entnahmen
Nach den Veröffentlichungen des Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit[2] wurden 2010 etwa 75 Mio. m² hauptsächlich landwirtschaftlich genutzte Flächen in Siedlungs- oder Verkehrsflächen umgewandelt. Dies entspricht der Fläche von mehr als 10.500 Fußballfeldern.
Vom Ausscheiden eines Grundstücks aus dem landwirtschaftlichen Betrieb erfahren die Finanzämter durch Erklärung des Steuerpflichtigen, Veräußerungsanzeige des Notars oder durch die Gemeinde im Rahmen eines sog. Umlegeverfahrens. Bei diesem werden landwirtschaftliche Grundstücke gegen Ersatzland und eventuell Mehr- oder Minderzahlungen übertragen.
Anhand der vorgenannten Informationen haben die Finanzämter Grundstücksübertragungen steuerlich zu würdigen.
Werden Grundstücke aus einem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen für private Zwecke entnommen oder an Dritte veräußert, handelt es sich grundsätzlich um steuerpflichtige Vorgänge (Bodengewinnbesteuerung). Maßgebliches Kriterium ist das Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen.
Die Zugehörigkeit zum landwirtschaftlichen Betrieb ist oft schwer bestimmbar. Häufig ist streitig, ob die Grundstücke nicht bereits in der Vergangenheit aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden sind. Auch wenn die Grundstücke nicht mehr bewirtschaftet werden oder verpachtet sind, bleiben sie im Betriebsvermögen. Sie unterliegen daher grundsätzlich weiter der Bodengewinnbesteuerung. Deshalb sind teilweise Vorgänge zurück bis zur Einführung der Bodengewinnbesteuerung 1970 relevant.
Aus den Veräußerungsanzeigen war nicht immer ersichtlich, dass es sich um landwirtschaftliche Grundstücke gehandelt hat. Auch die (elektronischen) Akten der Finanzämter enthielten hierzu keine Hinweise. In der Vergangenheit wurde versäumt, die für die Beurteilung maßgeblichen Kriterien zur Betriebszugehörigkeit und zur Betriebsdauer vorzuhalten.
Vielfach waren auch Landwirte mit niedrigen Einkünften, bei denen sich eine festzusetzende Einkommensteuer nicht ergab, einkommensteuerlich nicht mehr erfasst. Dadurch unterblieb im Zeitpunkt der Veräußerung eine Zuordnung der Grundstücke zu einem landwirtschaftlichen Betrieb und damit auch die Besteuerung.
Bei Grundstücksübertragungen sind z. B. bei Erbengemeinschaften oder Schenkungen häufig zeitaufwendige und schwierige Nachforschungen erforderlich, um die Besteuerungsgrundlagen festzustellen. Hierzu ist oft eine Zusammenarbeit mit den Bewertungsstellen notwendig. Derartige Maßnahmen wurden i. d. R. aber von den Allgemeinen Veranlagungsstellen nicht durchgeführt. Die relevanten Vorgänge wurden nicht für eine zukünftige Besteuerung vorgehalten. In Zweifelsfällen verzichtete das Finanzamt letztlich auch auf eine Besteuerung, obwohl die Nachweispflicht beim Steuerpflichtigen gelegen hätte.
Die Bedeutung sowie die steuerlichen Konsequenzen der Umlegeverfahren waren weder in den Bewertungs- noch in den Veranlagungsstellen bekannt. Insbesondere wurde nicht berücksichtigt, dass das übertragene Ersatzland weiter zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehört, auch wenn es sich um Baugrundstücke handelt.
In den nicht zentralisierten Veranlagungsstellen unterblieben bei Grundstücksübertragungen häufig die erforderlichen Ermittlungen. Die auf die Bodengewinnbesteuerung spezialisierte Stelle führte die notwendigen Ermittlungen dagegen effizient und effektiv durch.
13.2.6 Erlöse aus der Veräußerung von Milchlieferrechten häufig nicht erfasst
Die 1984 eingeführte Milchquotenregelung soll die Produktion durch Milchlieferrechte beschränken. Diese knüpfen an den landwirtschaftlichen Grundbesitz an und sind seit 1993 selbstständig handelbar. Der Verkauf wird seit 2000 über eine zentrale Stelle der Landwirtschaftsverwaltung, die Landesanstalt für Landwirtschaft, abgewickelt. Bis Ende 2008 wurden Milchlieferrechte im Wert von 548 Mio. € veräußert. Dies entspricht einem jährlichen Handelsvolumen von 61 Mio. € und einem durchschnittlichen Erlös pro Verkäufer von 20.000 €.
Auch steuerrechtlich ist das Milchlieferrecht mit dem Wert des Grund und Bodens verbunden. Bei einem Verkauf des Milchlieferrechts vermindert sich daher der ursprüngliche (Buch-)Wert des Grund und Bodens dauerhaft um den Wert dieses Rechts. Bei einer späteren Veräußerung des Grundstücks wird bei der Ermittlung des steuerlichen Veräußerungsgewinns der Buchwert vom Verkaufspreis abgezogen. Die Reduzierung des Buchwerts führt zu einem geringeren Abzug und erhöht daher den zu versteuernden Gewinn.
Um im Verkaufsfall eine sachgerechte Besteuerung sicherzustellen, ist es erforderlich, die Veräußerung des Milchlieferrechts und die entsprechende Minderung des Buchwerts des Grund und Bodens in den Akten hinreichend zu dokumentieren.
Das Finanzamt erfährt von einem Verkauf des Milchlieferrechts ausschließlich durch die Erklärung des Steuerpflichtigen. Der Steuerpflichtige hat diesbezügliche Angaben in der Anlage L zu machen. Zusätzlich ist der Verkauf grundsätzlich im Rahmen seiner Gewinnermittlung zu erfassen.
Von den 2008 veräußerten Milchlieferrechten (135.700 t) hat der ORH 201 Vorgänge mit einem Zahlungsbetrag von mehr als 5.000 € geprüft. Diese beinhalteten ein Volumen von 3,33 Mio. €. Die Erlöse wurden von den Steuerpflichtigen in der Anlage L überwiegend nicht erklärt. Bei 42% der Fälle konnten sie vom Finanzamt auch anhand der vorliegenden Gewinnermittlungen nicht eindeutig festgestellt werden. Dies rührte daher, dass der Verkauf der Milchlieferrechte zusammen mit anderen Vorgängen in den Gewinnermittlungen in jeweils einem Posten zusammengefasst worden war. Bei über der Hälfte der untersuchten Steuerfälle unterließ der Veranlagungsbezirk die Vormerkung, wonach der Buchwert des Grund und Bodens durch den Verkauf des Milchlieferrechts dauerhaft reduziert ist. Hochgerechnet auf die Veräußerungen seit 2000 sind Minderungen des Buchwerts des Grund und Bodens von mindestens 150 Mio. € nicht vorgemerkt worden.[3] Dieser Betrag erhöht bei der Veräußerung landwirtschaftlicher Grundstücke die Gewinne.
13.2.7 IT-Unterstützung, Risikomanagement
Im Bereich der Einkünfte aus LuF findet derzeit kein IT-unterstütztes Risikomanagement statt. So fiel beispielsweise nicht auf, dass die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen erfolgte, obwohl die 20-ha-Grenze überschritten war.
Die Ermittlung der Einkünfte aus LuF ist nicht in das übliche maschinelle Festsetzungsverfahren einbezogen. Vielmehr hat der Bearbeiter anhand eines Word-Vordrucks die Berechnung der Einkünfte selbst vorzunehmen. Auch der Versand erfolgt per Hand.
13.3 Würdigung des ORH
Die Besteuerung der Einkünfte aus LuF weist erhebliche Mängel auf. Die Sonderregelungen für diesen Bereich werden häufig nicht beachtet und notwendige Sachverhaltsermittlungen nicht durchgeführt. Das Finanzamt akzeptiert, dass Steuerpflichtige die von der Verwaltung selbst in den Steuererklärungen geforderten Daten nicht angeben. In den Akten sind steuerlich relevante Sachverhalte nur unzureichend dokumentiert. Die IT-Unterstützung ist ungenügend, ein wirksames maschinelles Risikomanagement fehlt. Hierdurch entstehen jährlich Steuerausfälle in zweistelliger Millionenhöhe.
Die erheblich geringere Beanstandungsquote in den zentralisierten Veranlagungsstellen zeigt, dass eine Spezialisierung die Qualität der Bearbeitung und der Aktenführung deutlich erhöht. Dies war auch bei der zentralen Stelle für die landwirtschaftliche Bodengewinnbesteuerung der Fall.
Der ORH empfiehlt, die Besteuerung der Einkünfte aus LuF innerhalb der Finanzämter zu zentralisieren. Außerdem sollten zumindest in Ballungsräumen mit erhöhten Grundstückspreisen zentrale Stellen für die landwirtschaftliche Bodengewinnbesteuerung eingerichtet werden.
Sollte eine Zentralisierung aus organisatorischen Gründen nicht durchgehend möglich sein, müssen die Bearbeiter für die speziellen Probleme bei der Besteuerung der Landwirtschaft sensibilisiert werden. Hierzu gehören u. a. Kenntnisse in Bezug auf Grundstückssachverhalte, insbesondere in Zusammenhang mit Milchlieferrechten und Umlegeverfahren. Zudem sollten spezialisierte Ansprechpartner für die Besteuerung der Einkünfte aus LuF bestellt werden.
Die unvollständigen Angaben in den Steuererklärungen führen zu Steuerausfällen und erschweren die Bearbeitung durch die Finanzämter. Dem ORH ist nicht nachvollziehbar, warum man bei den Landwirten hierauf verzichtet, zumal der Aufwand für die Steuerpflichtigen, die ihnen vorliegenden Daten in die Anlage L einzutragen, gering ist. Der ORH hält es daher für zwingend, dass die Anlage L vollständig ausgefüllt wird.
Im Hinblick auf die hohe Zahl von unvollständigen und unzutreffenden Angaben sind wirksame Kontrollen einzuführen. Dazu wäre ein Datenaustausch mit der Landwirtschaftsverwaltung auch wegen der Milchlieferrechte notwendig.
Außerdem hält der ORH eine deutliche Verbesserung der IT-Unterstützung für erforderlich. Auch die landwirtschaftlichen Einkünfte sollten in das IT-unterstützte Risikomanagement einbezogen werden.
13.4 Stellungnahme der Verwaltungen
13.4.1 Stellungnahme des Finanzministeriums
Das Ministerium will die Vorschläge des ORH teilweise aufgreifen.
Es wolle für eine maschinelle Erfassung jener Angaben eintreten, die für die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen benötigt würden. Dadurch könne insoweit auch ein maschinelles Risikomanagement erfolgen. Die Einbeziehung der Schätzungslandwirte sei nicht mehr erforderlich, da deren Zahl deutlich reduziert worden sei.
Bei der Bodengewinnbesteuerung sollten künftig verstärkt die Informationen der Bewertungsstellen herangezogen werden. Steuerlich nicht mehr geführte Landwirte sollten wieder erfasst werden.
Ob Ansprechpartner für LuF-Fälle bestimmt werden, wolle das Ministerium noch klären. Zu der zentralen Bearbeitung der Bodengewinnbesteuerung hat es nicht Stellung genommen.
In wesentlichen Punkten lehnt das Finanzministerium die Anregungen des ORH ab. Zwar hat es eingeräumt, eine stärkere Zentralisierung führe zu einer besseren Bearbeitungsqualität. Es hält aber eine Erweiterung der Zentralstellen aus organisatorischen und arbeitstechnischen Gründen derzeit nicht für zweckmäßig. Insbesondere bei einem Anteil der LuF-Fälle von mehr als 20% an der Gesamtfallzahl geht es von einer ausreichenden Kenntnis des notwendigen Spezialwissens aus.
Das Finanzministerium hält es nicht für erforderlich, der seit Jahrzehnten eingeschliffenen Verfahrenspraxis der unzureichend ausgefüllten Anlage L entgegenzutreten. Es führt aus, dass nur Landwirte, die den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich oder durch Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln, keine Angaben in der Anlage L machen würden. Diese Praxis sei bundesweit anzutreffen. Die Angaben seien aber in den Gewinnermittlungen enthalten; die Flächenangabe wirke sich in diesen Fällen bei der Gewinnermittlung nicht aus. Das Ministerium hält angesichts der steuerlichen Auswirkung eine Änderung der Praxis für zu aufwendig.
Die Regelungen zur Kontingentierung des Milchmarkts seien auslaufendes Recht, sie würden daher ab dem Wirtschaftsjahr 2015/2016 steuerlich bedeutungslos.
Das Finanzministerium hat datenschutzrechtliche Bedenken gegen einen automatisierten Datenabgleich. Es sieht hierfür keine Rechtsgrundlage.
13.4.2 Stellungnahme des Landwirtschaftsministeriums
Auch das Landwirtschaftsministerium hat datenschutzrechtliche Gründe gegen eine automatisierte Datenübermittlung sowohl hinsichtlich der Förderanträge als auch der Milchlieferrechte angeführt. Es hat darauf hingewiesen, dass zur Lösung der vom ORH gesehenen Problematik gem. § 85 AO eine Rechtsverordnung des Bundes erforderlich wäre. Die derzeit geltende Mitteilungsverordnung lasse eine Übermittlung nicht zu.
13.5 Schlussbemerkung des ORH
Die vom ORH vorgefundene Praxis begünstigt eine Einkunftsart und ist ungerecht. Der ORH hält es für erforderlich, die Bearbeitungsqualität der LuF-Fälle nachhaltig zu verbessern. Die Ministerien machen es sich zu leicht, wenn sie die Anregungen des ORH ablehnen und selbst keine Vorschläge zur Abhilfe der Missstände machen.
Der ORH hält es weiterhin für erforderlich, vollständige Angaben in der Anlage L einzufordern, zumal der Steuerpflichtige diese Daten ohnehin in seine Gewinnermittlung einzubeziehen und daher zur Verfügung stehen hat. Nach Aussage des Finanzministeriums beschränkt sich das Nichtausfüllen der Anlage L auf bestimmte Gewinnermittlungsarten. Dies deckt sich nicht mit den Feststellungen des ORH. Es ist daher nicht hinnehmbar, dass bei der Landwirtschaft unvollständige Steuererklärungen akzeptiert werden. Dies steht in krassem Gegensatz zu den umfangreichen Werbekampagnen der Verwaltung, die Steuerpflichtigen in anderen Bereichen zur Abgabe detaillierter elektronischer Steuererklärungen zu bewegen.
Für ein künftiges Risikomanagement hält der ORH die Einschränkung auf die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen nicht für sachgerecht. Auch in den anderen Bereichen besteht ein hohes steuerliches Risiko.
Die Regelungen zur Kontingentierung der Milchmenge wurden schon zweimal verlängert. Die vom ORH geforderte Erfassung der Milchlieferrechte und die damit verbundene Reduzierung der Buchwerte für Grund und Boden werden sich unabhängig davon jahrzehntelang weiterhin steuerlich auswirken.
Für die Besteuerung relevante Sachverhalte sind in einer Vielzahl von Fällen nicht oder unzutreffend erklärt worden. Der ORH hält weiterhin einen Datenabgleich zwischen Landwirtschafts- und Steuerverwaltung für erforderlich, um die Besteuerung sicherzustellen. Da die Subventionen aus Steuermitteln gewährt werden und diese Daten dem Staat zur Verfügung stehen, müssen sie auch bei der Steuerfestsetzung herangezogen werden können. Wenn der Datenabgleich Gesetzesänderungen erfordert, sollten diese unverzüglich eingeleitet werden.
[1]BFH vom 05.12.2002 (IV R 28/02).
[2]http://www.stmug.bayern.de/umwelt/boden/flaechensparen/daten.htm
[3]Veräußerte Milchlieferrechte 2000 bis 2008: 1,028 Mio. t; fiktiver Abspaltungsbetrag 0,3 €/kg; Beanstandungsquote 50 %.