TNr. 18: Apotheken der Universitätsklinika und Aspekte zur strukturellen Entwicklung am Standort München

Die Arzneimittelkosten im Verhältnis zu den Krankenhauserlösen liegen beim Klinikum der Universität München weit über dem Durchschnitt aller bayerischen Universitätsklinika. Der ORH sieht erhebliche Einsparpotenziale durch ein besseres Controlling.
Am Standort München werden für die Apotheken des Klinikums der Universität München und des Klinikums rechts der Isar neue Betriebsräume erforderlich. Nach Ansicht des ORH sollte die Errichtung einer Zentralapotheke für die beiden Universitätsklinika geprüft werden.
Der ORH hat auf Basis der Zahlen des Jahres 2008 in einer Querschnittsprüfung die Apotheken der fünf bayerischen Universitätsklinika untersucht mit Schwerpunktsetzung auf die Arzneimittelkosten der stationären Krankenversorgung und die strukturelle Entwicklung in München.
18.1 Ausgangslage
Die Apotheken der Universitätsklinika setzen apothekenpflichtige Güter (Arzneimittel, Infusionslösungen etc.) in einer Größenordung von jährlich über 200 Mio. € um. Davon entfallen über die Hälfte auf die beiden Münchner Universitätsklinika. Zum Leistungsumfang der Klinikapotheken gehören im Wesentlichen die pharmazeutische Logistik (Lagerhaltung und Kommissionierung der Arzneimittel auf die Verbrauchsstellen, wie z. B. Stationen, Operationsbereiche, Labore), die Betreuung, insbesondere die Beratung der Ärzte und des Pflegepersonals und die Eigenherstellung von Arzneien. Ein bedeutender Bereich ist die Zubereitung von Zytostatika für die Chemotherapie bei Krebspatienten.
Das Klinikum der Universität München verfügt als einziges der Universitätsklinika über zwei Apotheken (an den Standorten Innenstadt und Großhadern) mit jeweils eigener Apothekenbetriebserlaubnis. Dies ist historisch bedingt, da das Innenstadt-Klinikum und das Klinikum Großhadern bis zur Fusionierung zum 01.10.1999 wirtschaftlich und organisatorisch selbstständige Klinika waren.
18.2 Feststellungen und Würdigungen des ORH
18.2.1 Arzneimittelkosten der stationären Krankenversorgung
Für die stationäre Krankenversorgung (Stationen, OP-, Labor- und sonstige Funktionsbereiche) fielen 2008 Arzneimittelkosten von 133 Mio. € an.
Die Erlöse der Universitätsklinika sind im Wesentlichen bestimmt durch die bundeseinheitlichen Regelleistungen des DRG[1] -Katalogs und sind daher miteinander vergleichbar.
Das KUM weist mit Abstand den höchsten Arzneimitteleinsatz im Verhältnis zu den erzielten Krankenhauserlösen aus. Die Kosten liegen um 38% über dem Durchschnitt der Universitätsklinika und betragen mehr als das Doppelte von Erlangen. Das Universitätsklinikum Erlangen führt konsequent ein Controlling des Arzneimittelverbrauchs durch.
Nach Auffassung des ORH lassen die hohen Verbrauchswerte beim KUM auf Defizite im Controlling schließen. Eine eingehende Analyse des Arzneimittelverbrauchs durch eine Apothekerin erfolgte nur bei der Klinik für Innere Medizin III (Hämatologie) am Standort Großhadern. Nur dort werden die in den Jahren 2003/2004 von einer externen Beratungsfirma vorgenommenen Analysen des Medizinischen Sachbedarfs (einschließlich Arzneimittel) fortgeführt.
Der ORH hält es unter wirtschaftlichen Aspekten für notwendig, das Controlling des Arzneimitteleinsatzes zu optimieren. Die Controlling-Ergebnisse sind mit den Budgetverantwortlichen der einzelnen Kliniken in regelmäßigen Abständen zu besprechen, um eine zeitnahe Kostensteuerung zu ermöglichen.
18.2.2 Strukturelle Entwicklung der Apotheken der beiden Münchner Universitätsklinika
Obwohl das Innenstadtklinikum und das Klinikum Großhadern zum 01.10.1999 fusioniert haben, wurden die beiden Apotheken erst Anfang 2009 mit der Ruhestandsversetzung des Leiters der Innenstadtapotheke organisatorisch zusammengeführt. Die Doppelgleisigkeit wurde in Teilbereichen aufgegeben, wie z. B. die Zytostatikazubereitung (nunmehr ausschließlich Großhadern), die Analytik und Sterilabteilung, das Handling von Chemikalien und Reagenzien (nunmehr ausschließlich Innenstadt). Die Logistik der Fertigarzneimittel wird weiterhin an beiden Standorten aufrechterhalten.
Die Apotheke Innenstadt befindet sich im Gebäude der Poliklinik an der Pettenkoferstraße. Diese ist in einem baulich desolaten Zustand und soll nach den Masterplanungen des KUM aufgegeben werden. Für die Apotheke Großhadern müssen neue Betriebsräume geschaffen werden, da die Verbindung des künftigen Operationszentrums mit dem Bettenhaus durch die Räumlichkeiten der Apotheke erfolgen soll.
Die Apotheke des Klinikums rechts der Isar befindet sich seit 1997 im Neubau des Versorgungszentrums an der Trogerstraße. Die Nutzfläche der Apotheke ist für das inzwischen stark ausgeweitete Leistungsspektrum des Klinikums zu knapp bemessen. Apothekengüter müssen z. T. auf Gängen gelagert werden. Ein Neubau bzw. eine Erweiterung in naher Zukunft ist hier unumgänglich.
Da sich für die Apotheken beider Münchner Universitätsklinika zeitgleich die Unterbringungsfrage stellt, sollte nach Ansicht des ORH die Errichtung einer gemeinsamen „Zentralapotheke" bzw. eine weitreichende Kooperation geprüft werden. Dies ließe Effizienzsteigerungen auf den verschiedensten Versorgungs-/Dienstleistungsebenen der Apotheke erwarten und würde zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit beider Klinika beitragen.
Beispiele:
- Schaffung neuer Raumstrukturen, die einen funktionalen und wirtschaftlichen Betrieb gewährleisten;
- optimierte Logistik der Fertigarzneimittel durch einen leistungsfähigen Automaten (bisher nicht vorhanden in Großhadern, obwohl umfangreichster Medikamentenumschlag);
- Möglichkeit zur Errichtung eines Reinraumlabors nach GMP[2]-Standard, vor allem zur Zubereitung von Zytostatika (bisher nur am Klinikum Erlangen vorhanden);
- Konzentration in der Beratung der Ärzte und des Pflegepersonals;
- Analysen des Arzneimitteleinsatzes im Vergleich der einzelnen Kliniken des KUM und MRI.
Der ORH weist darauf hin, dass sich Politik und Wissenschaft für eine strategische Neuorientierung und Bündelung von Ressourcen im Bereich der Münchner Hochschulmedizin ausgesprochen haben. In der Konsequenz bedeutet dies auch einen Abbau von Parallelvorhaltungen. Die gemeinsame Apotheke bzw. weitreichende Kooperation wäre ein Schritt in diese Richtung.
18.3 Stellungnahme des Wissenschaftsministeriums
Das Ministerium bemerkt zu den Arzneimittelkosten, dass viele besonders teure Arzneimittel über NUB-Entgelte (Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden) oder Zusatzentgelte mit den Krankenkassen abgerechnet würden und damit nicht Gegenstand der DRG-Vergütung seien. Beim KUM entfielen auf diese Sonderentgelte Arzneimittelkosten von 20,2 Mio. €. Ohne diese besonderen Behandlungsformen ergäbe sich ein Arzneimittelanteil an den Erlösen von lediglich 10,5%.
Zur Anregung des ORH, eine gemeinsame Apotheke zu errichten, führt das Ministerium insbesondere folgende Argumente an, die gegen eine gemeinsame Zentralapotheke sprächen:
- Beim Einkauf seien durch die bestehende Einkaufskooperation der Klinikapotheken keine weiteren Einspareffekte zu erwarten;
- die Versorgung der Klinika von einem Standort aus erfordere erhebliche Transportkapazitäten, deren Kosten möglichen Einspareffekten gegenüberzustellen wären;
- bei patientenindividuellen Zubereitungen, insbesondere von Zytostatika, könne es bei der Belieferung zu Zeitverzögerungen und infolgedessen zu Qualitätseinbußen kommen;
- einer gemeinsamen Krankenhausapotheke stünden rechtliche und steuerliche Aspekte entgegen.
Für möglich gehalten werde die Errichtung eines gemeinsamen GMP-Reinraumlabors.
18.4 Schlussbemerkung des ORH
Hinsichtlich des hohen Arzneimitteleinsatzes beim KUM teilt der ORH die Sichtweise des Ministeriums nicht. Den kostenintensiven Arzneimitteln für die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden stehen - durch gesondert mit den Krankenkassen vereinbarte Zusatzentgelte außerhalb des DRG-Budgets - auch deutlich höhere Erlöse gegenüber. Diese besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden erbringen alle Universitätskliniken - somit besteht für Vergleichszwecke eine geeignete Basis. Der ORH hält es nach wie vor für erforderlich, das Arzneimittel-Controlling insbesondere beim KUM zu intensivieren.
Zur strukturellen Entwicklung der Apotheken des KUM und MRI ist der ORH weiterhin der Ansicht, dass es möglich sein sollte, einen gemeinsamen Apothekenbetrieb von einem Standort aus zu führen. Ob dieser in Form einer selbstständigen Einrichtung in der Trägerschaft beider Universitätsklinika oder in Trägerschaft eines Klinikums unter Mitversorgungsauftrag des anderen Klinikums organisiert wird, sollte jedenfalls kein Hinderungsgrund sein; rechtliche und steuerliche Bedenken stehen einem gemeinsamen Apothekenbetrieb nicht entgegen.
Einen ersten Ansatz für eine weitreichende Kooperation der Klinika sieht der ORH im Betrieb eines gemeinsamen GMP-Labors, den das Ministerium ausdrücklich für möglich hält. Hier gelten allerdings in gleicher Weise die vom Ministerium angeführten Qualitäts- und Transportkostenaspekte. Daher sollte, bevor Neu- bzw. Erweiterungsbauten an den einzelnen Standorten in Angriff genommen werden, die Frage einer gemeinsamen Zentralapotheke noch einmal intensiv und ergebnisoffen geprüft werden.
[1]Diagnosis Related Groups = Diagnoseorientiertes Fallpauschalensystem.
[2]Good-Manufacturing-Practice.
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