Jahresbericht 2016

TNr. 30: Förderung des S-Bahn-Ergänzungsnetzes Nürnberg

Bahnhof mit Nürnberger S-Bahn; Bild: ORH
Unzureichende Planungen und Nachträge führten beim S-Bahn-Ergänzungsnetz Nürnberg zu erheblichen Mehrkosten. Kartell-rechtswidrige Absprachen der Schienenhersteller verursachten zusätzliche Kosten. Die Mehrkosten trägt im Wesentlichen die öffentliche Hand, die das Verkehrsprojekt fördert.

Der Freistaat Bayern muss sicherstellen, dass die Planungen der DB hinreichend konkret sind und die Bauvorhaben wirtschaftlich umgesetzt werden. Dies ist insbesondere bei der Vertragsgestaltung mit der DB zu berücksichtigen.

Der ORH und das Staatliche Rechnungsprüfungsamt Augsburg haben 2012 und 2013 einzelne Baurechnungen der Vorhaben "S1 Verlängerung Lauf - Hartmannshof" und "S3 Nürnberg - Neumarkt" geprüft. Diese sind förderrechtlich derzeit noch nicht abgeschlossen.

30.1 Ausgangslage

Im Rahmen des "Gesamt-Verkehrsplans Großraum Nürnberg" wurde das S-Bahn-Grundnetz um die Strecken "S1 Lauf - Hartmannshof", "S3 Nürnberg - Neumarkt" und "S4 Nürnberg - Ansbach" erweitert. Hierbei wurden u. a. die eingleisigen Streckenabschnitte der "S1 zwischen Lauf l. d. P. - Hersbruck l. d. P." sowie der "S3 Fischbach - Feucht" zweigleisig ausgebaut.

Die Finanzierung der Grundlagenermittlung, Vorplanung, Entwurfs- und Genehmigungsplanung[1] wurde in der Planungsvereinbarung zwischen dem Freistaat Bayern und der DB[2] 2005 geregelt. Hinsichtlich Bau und Finanzierung wurde 2007 ein Bau- und Finanzierungsvertrag abgeschlossen. Nach § 3 Abs. 4 dieses Vertrages fördert der Freistaat Bayern Baukosten, soweit sie nach dem Bayerischen Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (BayGVFG) zuwendungsfähig sind.

Für eine Förderung nach dem BayGVFG[3] ist u. a. Voraussetzung, dass das Vorhaben bau- und verkehrstechnisch einwandfrei und unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit geplant ist. Daher finden die Bestimmungen des Vergaberechts Anwendung. Nach § 7 VOB/A sind Leistungen eindeutig und erschöpfend zu beschreiben, sodass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen können.

Das Ergänzungsnetz ging am 12.12.2010 in Betrieb.

Die zuwendungsfähigen Kosten wurden bis 2008 ausschließlich durch den Freistaat gefördert. Ab 01.01.2009 beteiligte sich der Bund mit einem Anteil von 60% der förderfähigen Baukosten an der Förderung der Maßnahmen. Damit werden die beiden S-Bahn-Vorhaben überwiegend vom Bund bezuschusst. Im Ergebnis wurden die Baukosten immer zu 100% gefördert. Dazu kam eine pauschalierte Förderung der Planungskosten von 7% der förderfähigen Baukosten.

Für die Fördermaßnahmen "S-Bahn Lauf - Hartmannshof" und "S-Bahn Nürnberg - Neumarkt" betrugen die Gesamtkosten 117,7 Mio. €. Entsprechend der einschlägigen Zuwendungsbescheide aus dem Jahr 2009 betrugen die zuwendungsfähigen Kosten 98,3 Mio. €. Bis einschließlich 2011 förderte der Freistaat Bayern die Maßnahmen mit insgesamt 40,1 Mio. €.

Abschließende Verwendungsnachweise liegen noch nicht vor. Der ORH hat im Interesse einer zeitnahen Prüfung nicht die außerordentlich langwierige Verwendungsnachweisprüfung abgewartet, sondern die Zwischenverwendungsnachweise geprüft.

30.2 Feststellungen und Bewertung

30.2.1 Qualität der Planung und Baudurchführung

Die DB hat die Bauleistungen für die Strecken Lauf - Hartmannshof und Nürnberg - Neumarkt über zehn Vergabepakete vergeben. Der ORH hat aus vier Vergabepaketen einzelne Maßnahmen geprüft und dabei die Anteile der Nachträge an den Abrechnungssummen ermittelt. Bei zwei Vergabepaketen betrugen die Nachträge über 50% der Abrechnungssummen.

Tab 39

Die stichprobenweise Prüfung ergab, dass die von der DB ausgeschriebenen Bauleistungen unzureichend geplant waren. In der Folge mussten bei laufendem Baubetrieb zahlreiche Planänderungen und zusätzliche Maßnahmen über Nachträge vergeben werden. Beispiele dafür sind:
  • Geplant war, eine Eisenbahnüberführung zurückzubauen. Stattdessen musste sie entsprechend dem Planfeststellungsverfahren saniert und verbreitert werden. Geplante Böschungen konnten nicht angelegt werden, weil sonst eine angrenzende Straße überschüttet worden wäre.
  • Übersehen wurde die Notwendigkeit, eine Hochspannungsleitung zu verlegen sowie einen Schuppen und eine Stützwand zu beseitigen. Ein Gleis musste in Lage und Höhe verschoben werden.
  • Zwei Wochen nach Montagebeginn wurde die Konstruktion für zwei Treppeneinhausungen geändert.
  • In verschiedenen Fällen meldeten die Auftragnehmer ausdrücklich Bedenken an (Behinderungsanzeigen), weil die Arbeiten nicht ausführbar waren. Dies führt vergaberechtlich i. d. R. zu höheren Entgelten.
  • Maßnahmen wurden ohne rechtskräftigen Planfeststellungsbeschluss vergeben. Dies führte in einem Fall zu einer Verschiebung des Baubeginns von 6 Monaten und zu Mehrkosten von 175.000 €.

Im Rahmen der Bauüberwachung stellte das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) massive Verstöße gegen die anerkannten Regeln der Technik bzw. die Vorschriften der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung fest. Bei der Baumaßnahme "Neubau Haltepunkt Fischbach, Mittelbahnsteig und Bahnsteigunterführung" wurden aufgrund des hohen Gefährdungspotenzials für Leib und Leben sogar zeitweilig die Bauarbeiten eingestellt.

Bewertung durch den ORH

Für einen ordnungsgemäßen und wirtschaftlichen Bauablauf wäre es notwendig gewesen, auf der Basis der Ausführungsplanung die Bauleistungen auszuschreiben. Die DB hat dagegen auf Basis einer unzureichenden Entwurfsplanung ausgeschrieben. Dies entsprach nicht den rechtlichen Vorgaben für die Finanzierung.

Aufgrund der notwendigen Umplanungen und Bauzeitverschiebungen entstanden zwangsläufig Mehrkosten. Auch wegen des fehlenden Wettbewerbs führen Nachträge zu Mehrkosten, die erfahrungsgemäß um mindestens 10% über den submittierten Preisen liegen.

Die Praxis, Ausschreibungen vor Fertigstellung der Ausführungsplanung durchzuführen, ist unwirtschaftlich. Der ORH fordert, dass die Verwaltung ihrer Steuerungsfunktion bei der Förderung stärker gerecht wird und auf eine Änderung der derzeitigen Planungsabläufe bei der DB hinwirkt.

Zu knappe Inbetriebnahmetermine sollten nicht vereinbart werden.

Die Verwaltung muss auch bei der Bauausführung dafür sorgen, dass die entsprechenden Vorschriften und die Richtlinien des EBA eingehalten werden. Diese Verpflichtungen sind in den neueren Verträgen zwischen dem Freistaat und der DB ausdrücklich enthalten. Insbesondere wird darin auf die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P), die besonderen technischen Vorschriften, die Richtlinien für Eisenbahninfrastrukturunternehmen und die vergaberechtlichen Vorschriften Bezug genommen. Diese vertraglichen Regelungen müssen in der Praxis beachtet werden.

30.2.2 Schienenkartell

Das Bundeskartellamt verhängte wegen wettbewerbswidriger Absprachen zulasten der DB 2012 gegen vier Schienen-Hersteller Bußgelder von insgesamt 124,5 Mio. € und 2013 gegen acht Unternehmen weitere Bußgelder von insgesamt 97,6 Mio. €. Damit wurden Preis-, Quoten- und Kundenschutzabsprachen zulasten von Nahverkehrsunternehmen, Privat-, Regional- und Industriebahnen sowie Bauunternehmen im Zeitraum 2001 bis Mai 2011 geahndet.

Die DB schloss bisher mit zwei Kartellanten einen Vergleich zur Schadensregulierung ab. Die Schadensrechnung der DB berücksichtigte die Kartellschäden nur in den Fällen, in denen sie die Schienen direkt von den Herstellern bezogen hatte. Unberücksichtigt blieben Fälle, in denen die Schienen über die Generalunternehmen (Bauunternehmen) beschafft wurden.

Die DB überwies einen Betrag von 179.062 € als Anteil an den Freistaat. Nach Auffassung des damals zuständigen Wirtschaftsministeriums war die Annahme des Vergleichs zweckmäßig und wirtschaftlich im Sinne des Haushaltsrechts (Art. 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayHO).

In einem Fall wurden Kosten für Schienen des S-Bahn-Netzes Nürnberg in den Vergleich einbezogen. Für drei weitere vom Freistaat geförderte, "kartellbetroffene" Maßnahmen im S-Bahn-Netz Nürnberg konnten jedoch noch keine Vergleiche erzielt werden.

Der Anteil der jeweiligen Fördermaßnahmen an der insgesamt mit den beiden Kartellanten erzielten Vergleichssumme lässt sich im Einzelnen nicht nachvollziehen. Ebenso ist es ohne weitere Daten nicht möglich, den Anteil kartellbetroffener Schienen an einzelnen Baumaßnahmen zu prüfen. Auch sind die Kosten, welche die DB für Rechtsverfolgung absetzt, nicht transparent.

Völlig offen ist vor allem noch, wie mit den Ansprüchen gegen die Hersteller zu verfahren ist, die keinen freiwilligen Schadensausgleich angeboten haben. Laut Aussage der DB sind mit diesen Herstellern bisher nur verjährungshemmende Vereinbarungen getroffen worden. Eine freiwillige Schadensregulierung im Verhandlungswege ist dabei nach Kenntnis des ORH bisher nicht erreicht worden.

Dies macht hinreichend deutlich, welche tatsächlichen Probleme bereits eine einigermaßen zuverlässige Erfassung von Schadensersatzansprüchen bei gesetzwidrigen Absprachen aufwirft. Auch die Höhe der Kartellschäden ist schwer zu greifen. Sie lässt sich nur über die Differenz zwischen den tatsächlich an die Kartellanten bezahlten Entgelten und hypothetisch angenommenen Wettbewerbspreisen abschätzen.

Bewertung durch den ORH

Der ORH sieht die Notwendigkeit, bei Kartellverstößen dort einen Schlussstrich zu ziehen, wo annehmbare Vergleichsangebote vorliegen. Bereits die Frage, welche Schäden im Einzelnen reguliert werden sollten, hat die Verwaltung vor eine Fülle von Nachweis- und Dokumentationsproblemen gestellt.

Bei den Kartellanten, die sich bisher einer vergleichsweisen Regulierung verschlossen haben, muss der Ausgang der zivilrechtlichen Schadensersatzklagen der DB abgewartet werden.

Die DB hat auf die offensichtlich gewordenen Probleme bei der Vergabe reagiert. So ist sie dazu übergegangen, Materialien direkt von den Herstellern zu beziehen. Eine nachträgliche Kartellschadensberechnung kann dadurch vereinfacht werden. Außerdem legt die DB seit 2013 für den Kartellfall über ihre allgemeinen Einkaufsbedingungen einen pauschalierten Schadensersatz von 15% des Auftragswerts fest.

Auch für den Freistaat ist zu prüfen, ob geeignete allgemeine Geschäftsbedingungen bzw. Nebenbestimmungen in Förderbescheiden über pauschalierte Schadensersatzzahlungen hilfreich sind. In diese Prüfung sollten möglichst alle Fallkonstellationen, wie auch der Einsatz von Generalunternehmern, einbezogen werden.

30.2.3 Prüfungsschriftwechsel

Die Prüfungsmitteilung des ORH vom 10.03.2014 ist von der Verwaltung noch unbeantwortet.

Anstatt zumindest zu den wesentlichen Gesichtspunkten der Prüfungsmitteilung Stellung zu nehmen, leitete die Regierung die Prüfungsmitteilung an das EBA mit der Bitte um Stellungnahme weiter. Das EBA sagte unwidersprochen zu, der Bitte im Rahmen der Verwendungsnachweisprüfung nachzukommen. Die verwaltungsinterne Prüfung des Verwendungsnachweises hängt dabei entscheidend von der Vorlage der Unterlagen der DB beim EBA ab. Nach Aussage des EBA sei die Verwendungsnachweisprüfung durch das EBA nicht vor 2016 zu erwarten. Nach Einschätzung des ORH ist mit einer deutlich längeren Bearbeitungszeit zu rechnen.

Durch die verzögernde Vorgehensweise nimmt sich die Verwaltung selbst die Möglichkeit, zeitnah Konsequenzen zu ziehen. Sie hat als zuwendungsgewährende Stelle im Interesse des Freistaates auf wirtschaftlichere Planungs- und Bauabläufe bei der DB zu achten und diese auch erforderlichenfalls durchzusetzen.

30.3 Stellungnahme der Verwaltung

Die Oberste Baubehörde weist darauf hin, dass sich die DB wegen der Bedeutung dieser beiden geprüften Vorhaben für den Schienenpersonennahverkehr im Großraum Nürnberg zu einer Fertigstellung Ende 2010 gegenüber dem Freistaat zumindest faktisch habe verpflichten müssen. Ein Bauzeiten- und Finanzierungsplan sei als Anlage zum Vertragsbestandteil erklärt worden.

Ende 2008 habe der Bund aufgrund der entsprechenden Verhandlungen des Freistaates entschieden, die für den Großraum Nürnberg nahverkehrlich dringend notwendigen Vorhaben ab 2009 in eine unmittelbare Förderung aus dem GVFG-Bundesprogramm zu überführen. Die beiden S-Bahn-Vorhaben seien seitdem überwiegend (60% der förderfähigen Baukosten) vom Bund gefördert worden. Der Freistaat werde dadurch spürbar entlastet. Um Doppelprüfungen (auch mit unterschiedlichen Ergebnissen und Folgen) zu vermeiden, seien sowohl in den Zuwendungsbescheiden des Bundes als auch in einem mit den Eisenbahninfrastrukturunternehmen geschlossenen Nachtrag zum Bau- und Finanzierungsvertrag im Ergebnis u. a. festgelegt worden, dass für die Verwendungsnachweisprüfung ausschließlich das EBA zuständig ist und der Freistaat dessen Prüfungsergebnisse anerkennt.

Bei Zuwendungen nach dem GVFG-Bundesprogramm würde es sich um Mischfinanzierungen handeln. Bund und Land seien anteilige Fördergeber. Die Prüfung der Verwendungsnachweise zunächst durch das EBA und konform hierzu nachgelagert durch den Freistaat entspreche dem Regelfall.

Dem EBA liege zwischenzeitlich eine Stellungnahme der DB zur Prüfungsmitteilung vor. Darin würden einzelne TNrn. ganz bzw. teilweise anerkannt. Die sich hieraus ergebenden Kürzungen durch das EBA und durch den Freistaat seien - soweit Überzahlungen vorlagen - erfolgt. Hinsichtlich der nicht anerkannten TNrn. erfolge zurzeit die Prüfung durch das EBA. Nach den Angaben des EBA sei vorgesehen, diese 2016 abzuschließen. Eine Stellungnahme der Verwaltung zu den wesentlichen Gesichtspunkten - wie vom ORH gefordert - sei dagegen nicht möglich, ohne der Prüfung des EBA vorwegzugreifen.

Die Verwaltung stimme zu, dass im Interesse des Freistaates auf wirtschaftliche Planungs- und Bauabläufe bei der DB geachtet werden müsse.

Im Übrigen habe die Regierung von Mittelfranken als Reaktion auf die Prüfungsmitteilung des ORH einem Antrag der DB auf eine Erhöhung der für das Haushaltsjahr 2014 bewilligten Zuwendungen mit Schreiben vom 31.10.2014 nicht entsprochen. Die Regierung von Mittelfranken habe daher - ohne einer erforderlichen Auswertung des EBA vorzugreifen - unmittelbare Konsequenzen aus der Prüfung des ORH gezogen.

Die Arbeiten für die vom ORH gerügten Nachträge und Mehrmengen seien dem Grunde nach für die beiden S-Bahn-Vorhaben erforderlich gewesen. Sie seien zu einem Großteil auch auf die Vorgaben des Freistaates zum Fertigstellungszeitpunkt zurückzuführen. Ob sie der Höhe nach gleichwohl vollumfänglich gefördert werden können, müsse der abschließenden Prüfung des für die Förderung federführenden EBA vorbehalten bleiben. Unabhängig hiervon haben sich gegenüber den veranschlagten Kosten aber auch deutliche Kostenminderungen ergeben. Eine Gesamtbetrachtung von Kostenmehrungen aufgrund der Nachträge und der sich ergebenen Kostenminderungen zeige, dass die beiden S-Bahn-Vorhaben im vereinbarten und geprüften Kostenrahmen liegen werden.

Zum Schienenkartell

Die Verwaltung erkenne die Sinnhaftigkeit einer vertraglichen Regelung zur künftigen Entschädigung des Freistaates bei Kartellverstößen, die nicht von einer praktisch undurchführbaren nachträglichen Kartellschadensberechnung abhängt, an.

Die Oberste Baubehörde habe daher die Thematik bei der letzten Sitzung des Arbeitskreises Bahnpolitik am 27.08.2015 eingebracht und sich für die Aufnahme einer Schadensersatzklausel in die mit der DB bestehenden Musterverträge ausgesprochen. Der AK Bahnpolitik habe daraufhin eine Arbeitsgruppe bestehend aus den Ländern Bayern, Sachsen und Hessen beauftragt, hierzu mit der DB in Verhandlungen zu treten. Auch die Entwicklung einer eigenständigen vertraglichen Regelung für Kartellfälle werde derzeit geprüft.

30.4 Stellungnahme der DB

Die DB weist darauf hin, dass die Prüfung ihrer Stellungnahme durch die EBA-Außenstelle Schwerin noch nicht abgeschlossen sei. Die DB gehe aber davon aus, dass das EBA seiner Bewertung folgt und daher keine wesentlichen Rückforderungen zu erwarten seien.

Weiter wendet sich die DB gegen die "pauschale Mutmaßung" des ORH, dass Nachträge "kostentreibend" seien. In den Bauverträgen der DB würde stets vereinbart, dass Nachträge auf Grundlage des Hauptvertrags und in Fortschreibung des Vertragsniveaus abgewickelt werden müssten.

Ebenfalls weist die DB den Vorwurf, dass die Planung der DB mangelhaft sei, zurück. Die Ausführungsplanung werde nach der gängigen Praxis in die Ausschreibungen mit einbezogen. Ausschreibungen auf der Grundlage einer bis ins Detail durchgeplanten Lösung würden kostengünstige Ausschreibungsergebnisse verhindern. In jedem Fall würden sich die Planungszeiten verlängern und die Projektkosten erhöhen.

30.5 Schlussbemerkung

Die Prüfungserfahrung des ORH zeigt immer wieder, dass nur durch eine sorgfältige Planung und Ausschreibung Mehrkosten zu vermeiden sind. Auch die unter TNr. 30.2.1 aufgeführten Beispiele machen dies hinreichend deutlich. Der ORH kann daher der Argumentation der DB nicht folgen. Im Übrigen weist der ORH darauf hin, dass entsprechend dem Bau- und Finanzierungsvertrag zwischen der DB und dem Freistaat nur die nach dem BayGVFG zuwendungsfähigen Baukosten gefördert werden.

Die Prüfungserkenntnisse des ORH und die Ausführungen der DB zeigen, dass die DB häufig auf Basis von unzureichenden Entwurfsplanungen ausschreibt. Dies entspricht nicht den rechtlichen Vorgaben und muss förderrechtlich Konsequenzen haben.

Die Vereinbarung der DB mit ihren Auftragnehmern, bei Nachträgen die kalkulatorischen Ansätze des Hauptvertrags anzusetzen, geht spätestens dann ins Leere, wenn Kalkulationsgrundlagen im Hauptvertrag nicht enthalten waren oder Preise aufgrund von beträchtlichen Massenänderungen nicht mehr richtig kalkuliert sind. Im Übrigen bleiben Form und Inhalt einer Urkalkulation dem Anbieter überlassen. Weiter ist zwischen vermeidbaren und nicht vermeidbaren Kosten zu unterscheiden. Die Argumentation der Verwaltung, dass zahlreiche Arbeiten dem Grunde nach erforderlich waren, überzeugt nicht. Häufig enthalten Abrechnungen über Nachträge wegen des fehlenden Wettbewerbs vermeidbare Kosten. Die Annahme des ORH, dass Nachträge zu 10% höheren Preisen führen, ist ein Durchschnittswert, der auf einer Vielzahl von Prüfungen basiert.[4]

Der Freistaat sollte allerdings auch vermeiden, zu knapp bemessene Termine für die Fertigstellung zu vereinbaren und dadurch selbst zu vermeidbaren Kostensteigerungen beizutragen. Die Verwaltung muss die Verträge mit der DB so gestalten, dass die Vorhaben wirtschaftlich umgesetzt werden können.

[1] Leistungsphasen 1 bis 4 der Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI).
[2] DB Netz AG, DB Station & Service AG und DB Energie GmbH.
[3] Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BayGVFG.
[4] Vgl. hierzu ORH-Bericht 2016 TNr. 29: Nachtragsmanagement.

Bildnachweis: ORH

 


 

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