TNr. 31: Besteuerung von beschränkt Steuerpflichtigen

Bei der Besteuerung von Einkünften beschränkt Steuerpflichtiger stellte der ORH Bearbeitungsdefizite fest. Die starke Zersplitterung der Zuständigkeit führt z. T. zu geringen Fallzahlen und dazu, dass Bearbeiter mit speziellen Rechts- und Sachverhaltsfragen zu wenig vertraut sind. Der ORH empfiehlt insbesondere die Bearbeitung derjenigen Fälle, für die nicht das Finanzamt München zuständig ist, möglichst weitgehend zusammenzufassen.
Der ORH hat 2015 zusammen mit dem Staatlichen Rechnungsprüfungsamt Augsburg in acht Finanzämtern die Besteuerung von Einkünften beschränkt Steuerpflichtiger untersucht.
Zuständig für die Besteuerung der Einkünfte beschränkt Steuerpflichtiger ist in der Regel das Finanzamt, in dessen Bezirk sich der wertvollste Teil des Vermögens befindet. In den Finanzämtern werden die beschränkt Steuerpflichtigen natürlichen Personen und Körperschaften jeweils in einer eigenen Veranlagungsstelle bearbeitet. Die Verwaltung begründet dies mit den für diesen Bereich erforderlichen Spezialkenntnissen.
Ein wesentlicher Unterschied zur unbeschränkten Steuerpflicht besteht darin, dass die persönlichen Verhältnisse nicht (z.B. außergewöhnliche Belastungen) oder nur sehr eingeschränkt (z.B. Sonderausgaben) berücksichtigt werden. Darüber hinaus enthalten die Steuergesetze eine Reihe weiterer Besonderheiten, die bei beschränkter Steuerpflicht zu beachten sind, wie beispielsweise umfangreiche und komplexe Zuordnungsregelungen für die Gewinnaufteilung bei Betriebsstätten.
Eine erweiterte beschränkte Steuerpflicht für deutsche Staatsangehörige besteht nach einem Wegzug in ein Niedrigsteuergebiet, wenn sie inländische Einkünfte über 16.500 € pro Jahr erzielen (§ 2 Außensteuergesetz).
31.2 Feststellungen
Erhebliche Steuerrisiken sah der ORH vor allem bei der Gewinnaufteilung von Betriebsstätten und bei der Besteuerung ausländischer Kapitalgesellschaften mit inländischem Grundbesitz:
Der ORH empfiehlt, die Bearbeitung derjenigen Fälle, für die nicht das Finanzamt München zuständig ist, möglichst weitgehend zusammenzufassen. So würden für natürliche Personen und Körperschaften ähnlich große Organisationseinheiten entstehen wie im Finanzamt München. Dies würde aus Sicht des ORH zu einer effizienteren und qualitativ besseren Bearbeitung der Veranlagung beschränkt Steuerpflichtiger führen. Spezialwissen würde gebündelt und die Bearbeiter könnten eine bessere Arbeitsroutine entwickeln. Die Zentralisierung würde auch eine engere Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen der Betriebsprüfung ermöglichen, z.B. in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe.
31.1 Ausgangslage
Natürliche Personen ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland sind grundsätzlich beschränkt steuerpflichtig, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 Einkommensteuergesetz (EStG) erzielen. Körperschaften sind mit solchen Einkünften gemäß § 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) beschränkt steuerpflichtig, wenn sie weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz im Inland haben.Zuständig für die Besteuerung der Einkünfte beschränkt Steuerpflichtiger ist in der Regel das Finanzamt, in dessen Bezirk sich der wertvollste Teil des Vermögens befindet. In den Finanzämtern werden die beschränkt Steuerpflichtigen natürlichen Personen und Körperschaften jeweils in einer eigenen Veranlagungsstelle bearbeitet. Die Verwaltung begründet dies mit den für diesen Bereich erforderlichen Spezialkenntnissen.
Ein wesentlicher Unterschied zur unbeschränkten Steuerpflicht besteht darin, dass die persönlichen Verhältnisse nicht (z.B. außergewöhnliche Belastungen) oder nur sehr eingeschränkt (z.B. Sonderausgaben) berücksichtigt werden. Darüber hinaus enthalten die Steuergesetze eine Reihe weiterer Besonderheiten, die bei beschränkter Steuerpflicht zu beachten sind, wie beispielsweise umfangreiche und komplexe Zuordnungsregelungen für die Gewinnaufteilung bei Betriebsstätten.
Eine erweiterte beschränkte Steuerpflicht für deutsche Staatsangehörige besteht nach einem Wegzug in ein Niedrigsteuergebiet, wenn sie inländische Einkünfte über 16.500 € pro Jahr erzielen (§ 2 Außensteuergesetz).
31.2 Feststellungen
31.2.1 Geringe Fallzahlen außerhalb des Finanzamts München
2013 waren in den Veranlagungsstellen für beschränkt Steuerpflichtige landesweit 23.000 natürliche Personen und 2.300 Körperschaften erfasst. Etwa jeweils die Hälfte davon entfiel auf das Finanzamt München. Die übrigen Fälle verteilten sich bei den natürlichen Personen auf 78 andere Finanzämter. Viele von diesen führten weniger als 100 Fälle. Bei den Körperschaften verteilten sich die übrigen Fälle auf 38 andere Finanzämter, bei denen die Zahl der Fälle meistens unter 50 lag. Entsprechend gering waren die Zeitanteile, die den Beschäftigten - neben ihren anderen Aufgaben - für die Bearbeitung dieser Fälle zur Verfügung standen.31.2.2 Steuerrisiken und Bearbeitungsdefizite
Die beschränkte Steuerpflicht resultierte häufig aus der Vermietung inländischer Immobilien, aus Beteiligungen an inländischen Gesellschaften und bei Körperschaften auch aus inländischen Betriebsstätten. Der ORH untersuchte 202 Körperschaftsteuerfälle und 227 Fälle natürlicher Personen auf eine erweiterte beschränkte Steuerpflicht. Bei etwa einem Drittel bzw. einem Viertel stellte der ORH Bearbeitungsmängel fest, meist unzureichende Sachverhaltsermittlungen.Erhebliche Steuerrisiken sah der ORH vor allem bei der Gewinnaufteilung von Betriebsstätten und bei der Besteuerung ausländischer Kapitalgesellschaften mit inländischem Grundbesitz:
- Die Gewinnaufteilung zwischen Stammhaus im Ausland und inländischer Betriebsstätte ließ sich häufig nicht nachvollziehen. Die Steuerakten enthielten zum Teil keinerlei Informationen zum Stammhaus, zu dessen Tätigkeit und Aufgaben. Betriebswirtschaftliche Kennzahlen ließen sich nicht vergleichen, weil diese für das Stammhaus nicht vorlagen. Oft war unklar, wie bei der Verrechnung von Leistungen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte verfahren wurde. Ohne ausreichende Sachverhaltsermittlung zu solch grundlegenden Informationen konnten die Veranlagungsstellen die Gewinnaufteilung auch nicht überschlägig prüfen.
- Bei ausländischen Immobiliengesellschaften wurden häufig hohe Zinsaufwendungen an verbundene Unternehmen unzureichend geprüft. Auch bei Darlehen in Millionenhöhe lagen Darlehensverträge nicht immer vor. In keinem Fall wurde geklärt, ob Darlehensgeber eine Domizilgesellschaft (Briefkastenfirma) war. Die Steuerpflichtige müsste dann nachweisen, wer die hinter der Gesellschaft stehenden Personen waren und wem die Zinserträge tatsächlich zuzurechnen sind.
- Bei mehreren Immobiliengesellschaften mit hohen Verlustvorträgen, teils in Millionenhöhe, waren die Beteiligungsverhältnisse nicht dokumentiert. In den Steuererklärungen fehlten häufig Angaben zu den Anteilseignern. Die Beteiligungskette bis hin zum eigentlichen Investor war nur in wenigen Fällen ermittelt. Eine Änderung der Beteiligungsverhältnisse kann dazu führen, dass bis dahin aufgelaufene Verluste nicht mehr abziehbar sind (schädlicher Beteiligungserwerb im Sinne des § 8c KStG). Ein schädlicher Beteiligungserwerb kann so leicht unerkannt bleiben.
31.3 Würdigung
Die Besteuerung beschränkt Steuerpflichtiger beinhaltet eine Reihe spezifischer Prüffelder und birgt vor allem bei Körperschaften besondere Steuerrisiken. In den meisten Finanzämtern ist die Zahl der Fälle aber so gering, dass die Bearbeiter kaum Sicherheit und Routine im Umgang mit den speziellen Problemen entwickeln können. Um die Qualität der Bearbeitung zu verbessern, empfiehlt der ORH folgende Maßnahmen, auch mit dem Ziel möglichst qualifizierter Meldungen für die Außenprüfung:31.3.1 Veranlagung beschränkt Steuerpflichtiger zentralisieren
Die Zuständigkeit für die Veranlagung beschränkt Steuerpflichtiger ist stark zersplittert. Sie verteilt sich für natürliche Personen auf 79 und für Körperschaften auf 39 Finanzämter.Der ORH empfiehlt, die Bearbeitung derjenigen Fälle, für die nicht das Finanzamt München zuständig ist, möglichst weitgehend zusammenzufassen. So würden für natürliche Personen und Körperschaften ähnlich große Organisationseinheiten entstehen wie im Finanzamt München. Dies würde aus Sicht des ORH zu einer effizienteren und qualitativ besseren Bearbeitung der Veranlagung beschränkt Steuerpflichtiger führen. Spezialwissen würde gebündelt und die Bearbeiter könnten eine bessere Arbeitsroutine entwickeln. Die Zentralisierung würde auch eine engere Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen der Betriebsprüfung ermöglichen, z.B. in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe.
31.3.2 Betriebsstättengewinne genauer prüfen
Die Bearbeiter in den Veranlagungsstellen sollten mit den Grundzügen der Gewinnaufteilung bei Betriebsstätten besser vertraut gemacht werden. Die wesentlichen Grundlagen für die Gewinnaufteilung sollten bereits bei erstmaliger Veranlagung ermittelt und wichtige betriebswirtschaftliche Kennzahlen regelmäßig mit dem Stammhaus verglichen werden.31.3.3 Geschäftliche Verflechtungen bei Immobiliengesellschaften aufklären
Die Finanzämter sollten die geschäftlichen Verflechtungen regelmäßig mithilfe der Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen des Bundeszentralamts für Steuern aufklären. Grundstückskauf- und Darlehensverträge sollten immer angefordert und Zinsaufwendungen gegenüber Unternehmen im Ausland gründlich geprüft werden. Bei Zahlungen an eine Domizilgesellschaft müssen die Steuerpflichtigen auch die hinter der Gesellschaft stehenden Personen benennen.31.3.4 Änderung der Beteiligungsverhältnisse überwachen
Um einen schädlichen Beteiligungserwerb zu überwachen, sollten die Beteiligungsverhältnisse elektronisch gespeichert werden. Bei der Veranlagung muss die Anlage zur Steuererklärung mit den Angaben zu den Anteilseignern vorliegen, gegebenenfalls zusätzlich ein Organigramm, um auch Veränderungen bei mittelbaren Beteiligungen erkennen zu können.31.3.5 Besteuerung erweitert beschränkt Steuerpflichtiger sicherstellen
Wohnt ein erweitert beschränkt steuerpflichtiger Deutscher in einem Niedrigsteuergebiet, wäre ein elektronischer Prüfhinweis auf den § 2 Außensteuergesetz sinnvoll. Die Prüfung der erweiterten beschränkten Steuerpflicht würde durch eine Checkliste erleichtert.31.4 Stellungnahme der Verwaltung
Die Steuerverwaltung hat die Prüfungsfeststellungen des ORH bestätigt. Sie würden sich grundsätzlich mit deren eigenen Erkenntnissen decken.- Eine Zentralisierung der Veranlagung beschränkt Steuerpflichtiger auf wenige Finanzämter nach Herkunftsländern sei angedacht. So könnten länderspezifische Kompetenzen (Mentalität, Sprache) in den Finanzämtern gezielt erworben und genutzt werden.
- Zur Gewinnaufteilung bei Betriebsstätten seien Fortbildungen geplant. Neue Bearbeitungshilfen und überarbeitete Formulare sollten die Prüfung dieser Fälle erleichtern und verbessern.
- Hilfreich sei, bei ausländischen Immobiliengesellschaften generell die Informationsmöglichkeiten des Bundeszentralamts für Steuern zu nutzen. Noch zu klären sei, inwieweit der Innendienst darüber hinaus Unterlagen anfordern sollte, wenn eine Außenprüfung vorgesehen ist.
- Die Finanzämter würden angewiesen, die unmittelbaren Beteiligungsverhältnisse in den dafür vorgesehenen "Festsetzungsnahen Daten" zu erfassen. Mittelbare Anteilseignerwechsel könnten allerdings nicht grundsätzlich und umfassend überwacht werden, da entsprechende Ermittlungen nur bei Außenprüfungen oder konkreten Anhaltspunkten erfolgten.
- In den neuen Steuererklärungsvordrucken 2015 werde auch nach einem Wegzug in ein Niedrigsteuergebiet gefragt. Die Prüfung der erweiterten beschränkten Steuerpflicht solle dabei durch einen Prüfhinweis angestoßen und durch eine Checkliste unterstützt werden.
31.5 Schlussbemerkung
Der ORH erwartet, dass die Steuerverwaltung die angedachte Zentralisierung der Veranlagung beschränkt Steuerpflichtiger und die vom ORH vorgeschlagenen Maßnahmen zur Verbesserung der Bearbeitungsqualität zügig umsetzt.