TNr. 41: Erfüllung der Lehrverpflichtung an der Hochschule für Musik und Theater München

Der ORH und das Staatliche Rechnungsprüfungsamt Bayreuth haben 2017 an der Hochschule für Musik und Theater München (Musikhochschule) geprüft, inwieweit das hauptberufliche Personal, das vom ehemaligen Richard-Strauss-Konservatorium München (RSK) übernommen wurde, seine Lehrverpflichtungen in den vier Studienjahren 2012/13 bis 2015/16 erfüllte. Prüfungsmaßstab war die Lehrverpflichtungsverordnung (LUFV).
41.1 Ausgangslage
Die Musikhochschule ist eine der größten Hochschulen im kulturellen Sektor in Deutschland. Vor der Übernahme des RSK verfügte sie über 115 Planstellen für Professoren, Beamte und Angestellte. Der staatliche Zuschuss betrug 2007 11 Mio. €.[1] An ihr studierten rd. 750 Studierende.[2] Das RSK, Fachakademie für Musik der Landeshauptstadt München, wurde mit Wirkung zum 01.08.2008 in die Musikhochschule integriert. Der Freistaat übernahm 86 unbefristet angestellte bzw. beamtete Lehrkräfte und schuf 300 zusätzliche Studienplätze.
In der Übernahmevereinbarung war geregelt, dass der Freistaat das zum 01.08.2008 beschäftigte Personal übernimmt und bis zum 31.12.2011 ohne Zustimmung der Betroffenen auf Versetzungen an Einsatzorte außerhalb Münchens verzichtet. Ferner war vereinbart, dass die Beschäftigung durch Abordnung an eine andere staatliche oder - im Einvernehmen mit der Landeshauptstadt München - städtische Dienststelle in München sichergestellt werden kann, sofern an der Musikhochschule nicht für alle von der Landeshauptstadt München zu übernehmenden Lehrkräfte ausreichend Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen.
Die Beschäftigten wurden als hauptberufliche Lehrkräfte für besondere Aufgaben übernommen. Diesen obliegt überwiegend die Aufgabe, Studierenden Fachwissen, praktische Fertigkeiten und Kenntnisse zu vermitteln.[3] Ihre Lehrverpflichtung richtet sich nach den Vorschriften der Lehrverpflichtungsverordnung und beträgt 22 Lehrveranstaltungsstunden je Woche der Vorlesungszeit.[4]
41.2 Feststellungen
Im Wintersemester 2012/13 waren noch 67 der 86 Lehrkräfte des ehemaligen RSK im Einsatz. Ausweislich der von der Musikhochschule geführten Übersichten, die Lehrverpflichtung und erbrachte Lehrleistung gegenüberstellen, wurden die Lehrverpflichtungen aller Lehrkräfte des ehemaligen RSK im Durchschnitt zu 82% erfüllt. 47 übernommene Lehrkräfte erfüllten ihre Lehrverpflichtung im Durchschnitt nicht voll, wogegen nur 20 Lehrkräfte ihre Lehrverpflichtung vollständig erbrachten.Die Übersichten zu den erbrachten Lehrleistungen legte die Musikhochschule jedes Jahr dem Wissenschaftsministerium vor.[5] Dabei sicherte die Musikhochschule zu, die nicht erfüllten Lehrverpflichtungen im folgenden Studienjahr durch entsprechende Zuteilung neu aufgenommener Studenten auszugleichen. Ein solcher Ausgleich fand überwiegend jedoch nicht statt.
Nach Angaben der Musikhochschule seien die wesentlichen Gründe der nicht vollständigen Erfüllung der Lehrverpflichtung:
- Wenig Nachfrage in bestimmten Fächern (z. B. Dirigieren, Orgel, Violine).
- Keine Kürzung von Lehraufträgen in der Zeit nach der Übernahme des RSK, die von nebenberuflichen Lehrbeauftragten gehalten werden.
- In Einzelfällen mangelnde Expertise der übernommenen Lehrkräfte.
Zudem wies die Musikhochschule darauf hin, dass sie der Fusion nur unter der Bedingung zugestimmt habe, dass die bestehenden nebenberuflichen Lehraufträge nicht reduziert werden müssen. Es hätte eine mündliche Absprache mit dem Wissenschaftsministerium bestanden, dass bei Übernahme von fest angestellten Lehrkräften kein Lehrauftrag von nebenberuflichen Lehrbeauftragten gekürzt werden müsse oder gar entfallen solle.
Das Wissenschaftsministerium hat im Rahmen der Prüfung eingeräumt, dass die von der Musikhochschule übersandten Übersichten zur Erfüllung der Lehrverpflichtung nicht bzw. nicht gründlich genug geprüft worden seien.
41.3 Würdigung
Im Zuge der Übernahme des RSK entstanden Überkapazitäten mit der Folge, dass Lehrkräfte teilweise nicht ausgelastet wurden. Bezogen auf die vier geprüften Studienjahre sind damit 2,5 Mio. €[6] Bezüge bzw. Entgelte ohne entsprechende Lehrleistungen gezahlt worden. Das Wissenschaftsministerium und die Musikhochschule hätten für die Lehrkräfte von Anfang an alternative Einsatzmöglichkeiten prüfen müssen. Ergänzend hätten auch personalorganisatorische Maßnahmen in Erwägung gezogen werden müssen, wie beispielsweise Abordnungen und Versetzungen.
Das Wissenschaftsministerium hätte aus den von der Musikhochschule vorgelegten Unterlagen ohne besonderen Aufwand erkennen können, dass die Lehrverpflichtungen über Jahre nicht vollständig erfüllt worden sind. Es ist nicht nachvollziehbar, warum das Ministerium als Aufsichtsbehörde nicht reagiert hat.[7]
41.4 Stellungnahmen
41.4.1 Stellungnahme der Musikhochschule
Das Lehrdeputat der hauptberuflichen Lehrkräfte habe aufgrund der Entscheidung, dass die bestehenden nebenberuflichen Lehraufträge nicht reduziert werden, in vielen Fällen nicht ausgeschöpft werden können. Diese Situation bestehe teilweise bis heute fort.
Zudem sei die Musikhochschule davon ausgegangen, dass es ausdrücklich akzeptiert sei, Lehrverpflichtungen von Lehrkräften des ehemaligen RSK nicht zu nutzen.
Zwischenzeitlich seien neun Lehrkräfte ausgeschieden, acht Lehrkräfte würden verstärkt in der Lehre eingesetzt werden. Drei Lehrkräfte würden gegebenenfalls an Gymnasien in München abgeordnet werden; für weitere sieben Lehrkräfte führte die Musikhochschule Einsatzmöglichkeiten außerhalb der Lehre auf.
41.4.2 Stellungnahme des Wissenschaftsministeriums
Die von der Musikhochschule angeführte Absprache habe es nicht gegeben. Nur im Falle von langjährigen, besonders erfolgreichen und qualifizierten Lehrbeauftragten seien keine Einwände erhoben worden, die Lehraufträge im Interesse der Qualität der Ausbildung nicht zu reduzieren oder ganz zu beenden. Diese Aussage sei lediglich auf besondere Einzelfälle bezogen gewesen. Auch eine Zustimmung zur Fusion seitens der Hochschule unter der genannten Bedingung habe es nicht gegeben.
Das Wissenschaftsministerium hat dargelegt, dass die Musikhochschule gebeten worden sei, eine höhere Lehrauslastung oder andere Einsatzmöglichkeiten der Lehrkräfte zu prüfen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Insbesondere sollten auch fachfremde Einsatzmöglichkeiten innerhalb der Musikhochschule sowie Versetzungsmöglichkeiten an Schulen, Musikschulen oder andere Bildungs- und Kultureinrichtungen geprüft werden.
Ferner sei die Musikhochschule nochmals gebeten worden, auch bei weiteren betroffenen Lehrkräften verschiedene Einsatzmöglichkeiten zu prüfen und Bericht zu erstatten.
41.5 Schlussbemerkung
Das Wissenschaftsministerium hat es zusammen mit der Musikhochschule versäumt, die Lehrkräfte voll auszulasten, obwohl hierfür in der Übernahmevereinbarung ausdrücklich flexible Verwendungsmöglichkeiten geregelt wurden. Beide sind aufgefordert, die Erfüllung der Lehrverpflichtung bzw. die Auslastung des Personals sicherzustellen. Dazu muss das Wissenschaftsministerium seine Aufsicht wahrnehmen.
[2] Laut Bayerischem Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung.
[3] Art. 24 Abs. 3 S. 1 Bayerisches Hochschulpersonalgesetz (BayHSchPG).
[4] § 6 Abs. 1 Nr. 6 LUFV.
[5] § 8 LUFV.
[6] Ermittelt nach den veröffentlichten Personaldurchschnittskosten des Freistaates.
[7] Art. 74 BayHSchG.