TNr. 24: Personal bei den Landwirtschaftsschulen abbauen

Der Zeitaufwand für die Vor‑ und Nachbereitung einer Unterrichtsstunde ist an den Landwirtschaftsschulen im Vergleich zu den Schulen im Kultusbereich deutlich zu hoch. Eine Angleichung an den Kultusbereich bietet erhebliches Einsparpotenzial.
Der ORH und die Staatlichen Rechnungsprüfungsämter Regensburg und Augsburg haben 2008 bis 2011 bei denÄmtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Landwirtschaftsschulen mit den beiden Abteilungen Landwirtschaft und Hauswirtschaft geprüft. Ziel der Prüfungen war u. a., ob das Lehrpersonal wirtschaftlich eingesetzt wird.
24.1 Ausgangslage
Die 46 Landwirtschaftsschulen gehören zum Geschäftsbereich des Landwirtschaftsministeriums und sind dort an den Landwirtschaftsämtern angesiedelt. Diese gliedern sich in die beiden Abteilungen Landwirtschaft und Hauswirtschaft auf.
- An 27 Standorten wird der Ausbildungsgang Landwirtschaft als dreisemestriger Studiengang angeboten. In zwei fachtheoretischen Wintersemestern mit jeweils 20 Unterrichtswochen und einem fachpraktischen Sommersemester mit 15 Schultagen werden künftige landwirtschaftliche Unternehmer und Betriebsführer auf ihre spätere Tätigkeit vorbereitet.
Die Landwirtschaftsschule baut auf dem in der betrieblichen Ausbildung und in der Berufsschule erworbenen Wissen und Können auf und dient der fachtheoretischen Vorbereitung auf die Meisterprüfung.
Studierende, die das 3. Semester bestanden haben, sind berechtigt, die Berufsbezeichnung "Staatlich geprüfter Wirtschafter für Landbau" zu führen. - Die 46 Abteilungen Hauswirtschaft der Landwirtschaftsschulen bieten zur fachkundigen Führung eines Haushaltes den Lehrgang "einsemestriger Studiengang Hauswirtschaft" an. Dieser Lehrgang umfasst rd. 700 Unterrichtsstunden und dauert bis zu 22 Monate. Mit entsprechender Praxiszeit kann nach dem Schulbesuch die Abschlussprüfung im Fach Hauswirtschaft abgelegt werden.
Prüfungsmaßstab war dabei der Vergleich mit den Schulen im Kultusbereich, insbesondere die Vor- und Nachbereitungszeiten. Da bei den Landwirtschaftsschulen eine Unterrichtsstunde 50 Minuten dauert und die Lehrer gleichzeitig als Berater eingesetzt sind, beziehen sich die folgenden Ausführungen auf Zeitstunden (Unterrichtsstunden) mit je 60 Minuten.
24.2 Feststellungen
24.2.1 Landwirtschaftsschule, Abteilung Landwirtschaft
Im Zeitraum April 2010 bis März 2011 wurden vom Personal der Ämter lt. KLR-Auswertung 84.930 Arbeitsstunden für Lehrtätigkeiten (Unterricht inkl. Vor- und Nachbereitungszeiten) aufgewendet. Der Unterricht wird von Beamten der Landwirtschaftsämter erteilt, die über die entsprechende Zusatzqualifikation verfügen.
Nach den Erhebungen des ORH entfallen an allen 27 Standorten rd. 13.900 Arbeitsstunden auf Praxistage, Betriebsbesuche und Seminare, die im Kultusbereich nicht in vergleichbarer Form anfallen (Besonderheiten der Landwirtschaftsschule). Dieser Ansatz wurde zunächst vom Ministerium ohne konkrete Widerlegung bestritten. Zudem sind die Aussagen des Ministeriums, welche anderweitigen Aufgaben beim KLR-Produkt Landwirtschaftsschule gebucht wurden, widersprüchlich.
Geht man von 71.000 Arbeitsstunden und der reinen Unterrichtszeit (lt. den Aufschreibungen der Lehrkräfte in den Semesterbüchern 17.571 Stunden) aus, entfielen auf 60 Minuten Unterricht etwa drei Stunden für Vor- und Nachbereitung. Im Kultusbereich liegen diese Zeiten - gemittelt über alle Schultypen - bei rd. 1,5 Stunden (für 60 Minuten Unterricht).
Würde die Vor- und Nachbereitungszeit an die Werte im Bereich des Kultusministeriums angepasst, könnten Zeitanteile eingespart werden, die zwischen 15 und 20 Vollzeitäquivalenten betragen.
24.2.2 Landwirtschaftsschule, Abteilung Hauswirtschaft
Der ORH führte 2008/2009 Erhebungen an 19 Schulen (u. a. strukturierte Befragungen, Auswertung der Semesterbücher) und dabei auch an den 6 Ämtern durch, an denen die KLR pilotweise erprobt wurde. Danach ergaben sich Vor- und Nachbereitungszeiten von mindestens 3 Stunden für 60 Minuten Unterricht.
Das Ministerium erhob Einwendungen gegen einzelne Feststellungen, sagte aber zu, die Vor- und Nachbereitungszeiten zu reduzieren.
Der ORH hat daraufhin 2010 nochmals an den sechs Pilotämtern die Erprobung der KLR geprüft. Die vom Ministerium zugrunde gelegten Unterrichtsstunden waren deutlich höher als die sich aus den Semesterbüchern ergebenden Stunden.
Die erneute Auswertung der KLR-Daten aller Schulen für die Jahre 2010 und 2011 hat die bisherigen Prüfungsergebnisse im Wesentlichen bestätigt. Laut KLR wurden in diesem Zeitraum insgesamt 127.144 Stunden vom Personal der Schulen aufgewendet, also je Semester 2.890 Arbeitsstunden. Nach ORH-Erhebungen wurden für ein Semester durchschnittlich 920 Stunden unterrichtet. Dies entspricht in etwa 770 Zeitstunden à 60 Minuten. Auf eine Stunde Unterricht von 60 Minuten entfallen somit 2,8 Stunden Vor- und Nachbereitung. Eine nennenswerte Reduzierung war nicht erfolgt.
Würden die Vor- und Nachbereitungszeiten an die Zeiten im Kultusbereich angepasst, ergäben sich freie Personalkapazitäten von bis zu 20 Vollzeitäquivalenten.
24.3 Stellungnahme des Landwirtschaftsministeriums
Aus der Sicht des Ministeriums kann der Personaleinsatz an den Landwirtschaftsschulen aufgrund des weiterbildenden Fachschulcharakters nicht an die Bedingungen im Kultusbereich angepasst werden. Fachschulniveau und Meisterbildung bedingen höhere Vor- und Nachbereitungszeiten. Die Vor und Nachbereitungszeit sei nicht so hoch wie vom ORH zugrunde gelegt. Gleichwohl ergäben sich hinsichtlich der Vor- und Nachbereitungszeiten Effizienzreserven an den Landwirtschaftsschulen. Daher sei aktuell für jede zu erbringende Unterrichtsdauer von 60 Minuten eine einheitliche Vorgabe von 3,0 Arbeitsstunden (Unterricht inkl. notwendiger Vor- und Nachbereitung) festgelegt.
24.4 Bewertung durch den ORH
Der ORH hält es für einen wichtigen Schritt, dass auf seine Prüfung hin die Verwaltung nunmehr Effizienzreserven anerkennt.[1]
Die vom ORH zugrunde gelegten Vor- und Nachbereitungszeiten wurden auf der Grundlage von KLR-Daten, den vom Ministerium für ein Semester als Planungsvorgabe vorgesehenen Vollzeitkräften, strukturierten Befragungen sowie Auswertungen von Semesterbüchern ermittelt. Das Ministerium konnte die Feststellungen des ORH nicht entkräften.
Der ORH fordert eine Anpassung der Vor- und Nachbereitungszeiten an die Werte, die im Kultusbereich gelten, und eine bessere Steuerung des Personaleinsatzes z. B. durch Nutzung der KLR. Die frei werdenden Personalressourcen sind in den allgemeinen Stellenabbau einzubeziehen.
[1] Vgl. auch TNr.23 Verbundberatung.