Jahresbericht 2013

TNr. 18: Lohnsteuer: Wieder mehr Arbeitgeber prüfen

Leitzordner "Lohnsteuer", Geldscheine, Taschenrechner

Dem Fiskus gehen bei der Lohnsteuer jährlich zweistellige Millionenbeträge verloren, weil die Arbeitgeber nicht häufig genug geprüft werden.
Der ORH fordert insbesondere für das Finanzamt München mehr Personal und insgesamt eine effizientere Organisation bei der Lohnsteuerprüfung.

Der ORH hat zusammen mit dem Staatlichen Rechnungsprüfungsamt Ansbach die Lohnsteuer-Außenprüfung geprüft. Dazu hat er beim Landesamt für Steuern und bei zehn Finanzämtern Untersuchungen vorgenommen. Die Prüfung knüpfte an die Untersuchung 2005 zum selben Thema an.[1]


18.1 Ausgangssituation

Die Lohnsteuer ist eine besondere Erhebungsform der Einkommensteuer bei Arbeitnehmern. Sie ist vom Arbeitgeber einzubehalten und an den Fiskus abzuführen. In Bayern ist sie seit Jahren die Steuer mit dem höchsten Aufkommen. 2012 wurden 33,7 Mrd. € vereinnahmt, das sind 42,7 % des bayerischen Steueraufkommens (vgl. TNr. 3.1 Tabelle 11).


18.2 Prüfungsfeststellungen


18.2.1 Fallzahlen und Organisation

Derzeit sind 380.000 Arbeitgeber zur Abführung von Lohnsteuer verpflichtet. Ihre Zahl ist seit 2006 um 7,3 % angestiegen. Pro Jahr sind von den Finanzämtern insgesamt 2,7 Millionen Anmelde- und Zahlungsvorgänge abzuwickeln.

Zur Bearbeitung der Lohnsteuerfälle sind bei allen 76 bayerischen Finanzämtern und bei 4 Außenstellen sog. Arbeitgeberstellen mit angeschlossenen Lohnsteuerprüfungsstellen eingerichtet. Die Prüfung von Großbetrieben mit mehr als 500 Arbeitnehmern ist bei 38 Finanzämtern konzentriert.

In München wurde 2009, wie vom ORH im Jahresbericht 2006 empfohlen, aus den früheren sechs Einzelstellen eine Zentraleinheit gebildet. Sie ist mit 53,75 VZK im Außendienst die mit Abstand größte Stelle.

Nürnberg hat keine Zusammenlegung vorgenommen. Um die erheblichen Prüfungsrückstände abzubauen, wird ein Teil der Fälle des Zentralfinanzamts von den Finanzämtern Nürnberg Süd und Nürnberg Nord im Rahmen von Auftragsprüfungen bearbeitet. Dies verursacht allerdings zusätzlichen Verwaltungsaufwand.


18.2.2 Personaleinsatz

Zum 01.01.2012 waren in der Lohnsteuer-Außenprüfung 280 VZK eingesetzt. Gegenüber den von der Verwaltung vorgesehenen Stellen von 378 VZK fehlten 98. Damit ist ein Viertel der Stellen nicht besetzt. Hinzu kommt, dass Prüfer zeitweise im Innendienst aushelfen müssen.

Die Personalausstattung der Prüfungsstellen weist eine große Bandbreite auf. Der Personaleinsatz reicht von 0,75 bis 53,75 VZK. Mehr als zwei Drittel der Prüfungsstellen verfügt über 3 oder weniger Vollzeitkräfte.


18.2.3 Prüfungsumfang und Prüfungsquoten

2005 wurden 23.900 Lohnsteuerprüfungen durchgeführt, 2011 waren es 15.336. Die Zahl der jährlichen Prüfungen ist damit um ein Drittel zurückgegangen.

Die Überprüfung der Anmeldungen erfolgt im Wesentlichen durch die Lohnsteuer-Außenprüfung. Die Prüfungssteuerung orientiert sich an der Anzahl der Arbeitnehmer. Die Verjährungsfrist beträgt vier Jahre. Danach können die Steuerfestsetzungen nicht mehr berichtigt werden. Die Verwaltung strebt daher grundsätzlich an, dass jeder größere Betrieb alle vier Jahre einmal geprüft wird (Prüfungsquote 25 %). Die Prüfungsquoten bei Betrieben mit 20 oder mehr Arbeitnehmern stellten sich 2011 tatsächlich wie folgt dar:

TNr 18 Tab 27

Die Tabelle zeigt, dass viele Fälle ungeprüft verjähren. Besonders gering ist die Prüfungsdichte im Wirtschaftsraum München.


18.2.4 Mehrsteuern durch die Prüfungen

Im Untersuchungszeitraum wurden insgesamt jährlich 100 Mio. € Mehrsteuern festgesetzt, davon jeweils 30 bis 40 Mio. € in München.

Pro Prüfer der Münchner Stelle wurde in den letzten drei Jahren ein durchschnittliches Mehrergebnis von 570.000 € jährlich erreicht. Bei den Prüfern anderer Finanzämter fielen landesweit - mit regionalen
Schwankungen - jährlich durchschnittlich 280.000 € an.


18.3 Würdigung und Anregungen des ORH


18.3.1 Personal verstärken und sachgerecht verteilen

Die zu geringe Zahl an Prüfern führt dazu, dass viele Lohnsteuerfestsetzungen nicht innerhalb der Verjährungsfrist geprüft werden.

Vor allem beim Finanzamt München sind Personalverstärkungen dringend erforderlich. Hier sind die Prüfungsquoten deutlich niedriger. Hinzu kommt, dass hier mehr als doppelt so hohe Mehrergebnisse anfallen wie bei den anderen Finanzämtern. Die Stelle in München muss daher kurzfristig personell deutlich gestärkt werden.


18.3.2 Rahmenbedingungen durch straffere Organisation verbessern

Die stark aufgesplitterte Organisation mit 80 Stellen in ganz Bayern, davon viele Kleineinheiten mit nur wenigen Vollzeitkräften, sollte gestrafft werden. Bei größeren Einheiten mit einem umfangreicheren Fallbestand wäre eine bessere Fallauswahl möglich. Auch Innendienstvertretungen könnten leichter aufgefangen werden.

Der ORH empfiehlt, die Lohnsteuerstellen bei den Finanzämtern zu konzentrieren, die für die Prüfung von Großbetrieben zuständig sind. Damit ließe sich die Zahl der Organisationseinheiten etwa halbieren. Für die Arbeitgeber ist dies nicht von Nachteil, da die Klärung von Lohnsteuerfragen ohnehin über Steuerberater oder telefonisch erfolgt.

Die Lohnsteuerstellen in den Nürnberger Finanzämtern sollten, wie bereits bei der Prüfung 2005 angeregt, zusammengelegt werden. Auf diese Weise ließe sich der gesamte Nürnberger Fallbestand verwaltungs- und prüfungstechnisch flexibler und effizienter bearbeiten. Die vielen Auftragsprüfungen der letzten Jahre sind wegen des erhöhten Verwaltungsaufwands keine geeignete Dauerlösung.


18.4 Stellungnahme der Verwaltung

Das Finanzministerium trägt zur Personalsituation vor, dass der Personalstand der Finanzämter seit 2007 wegen Stellenabbauverpflichtungen um 780 VZK zurückgegangen sei. Vor allem die Prüfungsdienste hätten deshalb nicht im gewünschten Umfang besetzt werden können. Im Bereich der Lohnsteuer-Außenprüfung habe der Rückgang über 50 Stellen betragen.

Im Doppelhaushalt 2010/2011 seien 500 zusätzliche Stellen ausgebracht worden, die sich aber erst 2012/2013 nach Ausbildung der Nachwuchskräfte auswirken können. Die weiteren hohen Einstellungszahlen in den Folgejahren würden auch den Prüfungsdiensten, insbesondere im Ballungsraum München, zugutekommen.

Die Empfehlung, größere Organisationseinheiten einzurichten, werde grundsätzlich begrüßt und auch von der Verwaltung angestrebt. Da es aber auch in anderen Arbeitsgebieten der Finanzämter kleinteilige Strukturen gebe, sei eine Optimierung der Lohnsteuer-Außenprüfung nur im Rahmen eines Gesamtkonzepts sinnvoll. Derzeit seien alle Kapazitäten der Verwaltung im Organisationsbereich gebunden, so dass aktuell keine zusätzlichen Großprojekte in Angriff genommen werden können. Die Überlegungen für eine Strukturreform würden zu gegebener Zeit wieder aufgenommen.


18.5 Schlussbemerkung des ORH

Der ORH hält an seiner Forderung einer Konzentration der Lohnsteuerprüfung fest. Diese ist auch außerhalb einer auf unbestimmte Zeit verschobenen Gesamtreform möglich.

Es müssen wieder mehr Prüfer eingesetzt und mehr Fälle geprüft werden. Die jährlichen Mehrergebnisse pro Prüfer von durchschnittlich fast 570.000 € in München und 280.000 € bei den anderen Finanzämtern zeigen, dass jährlich Steuereinnahmen in zweistelliger Millionenhöhe verlorengehen.


[1] ORH-Bericht 2006 TNr. 25.

 

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