Jahresbericht 2013

TNr. 13: Einführung des Digitalfunks im finanziellen "Blindflug"

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Die voraussichtlichen Kosten für die Einführung des Digitalfunks haben sich seit 2007 von 650 Mio. € auf über 1 Mrd. € erhöht.

Nach wie vor ist offen, ob, wann und mit welchem finanziellen Aufwand eine flächendeckende Nutzung des Digitalfunks in Bayern erreicht werden kann. Die Teilnahme der nicht staatlichen Nutzer (Feuerwehr und Rettungsdienst) ist zu klären.

Das Innenministerium muss seine Verantwortung für das Gesamtprojekt wirksamer wahrnehmen. Dazu ist eine belastbare und stets aktuelle Gesamtkostenschätzung zu erstellen.

Der ORH hat 2011/2012 die Einführung des Digitalfunks in Bayern geprüft und hierbei insbesondere das Projektmanagement, die Kostenentwicklung und Wirtschaftlichkeit des Vorhabens untersucht. Baumaßnahmen bleiben einer eigenen Prüfung vorbehalten.

13.1 Ausgangslage


13.1.1 Allgemeines

Der Bund und die Länder haben am 26.06.2003 beschlossen, schrittweise ein bundeseinheitliches digitales Sprech- und Datenfunksystem für alle Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) einzuführen.

Als Vorteile des Digitalfunks, der den bisherigen Analogfunk ablösen soll, werden insbesondere folgende Punkte angeführt:

  • Deutliche Verbesserung der Sprachqualität,
  • Möglichkeit zur einsatzbezogenen Gruppenkommunikation,
  • Datenübertragung zusätzlich zur Sprachübertragung,
  • eindeutige Identifikation der Teilnehmer sowie
  • Abhörsicherheit durch eine aufwendige Ende-zu-Ende-Verschlüsselung des Funkverkehrs.

Bei der Einführung des Digitalfunks stellen sich insbesondere folgende Probleme:

  • Ein ausreichender Funkempfang in geschlossenen Räumen,
  • die Einschränkung der Nutzungsfähigkeit des Netzes durch eine aufwendige technische Verschlüsselung,
  • hohe Investitionskosten, da vor allem die bisherigen analogen Endgeräte nicht mehr verwendbar sind,
  • höhere Betriebskosten für alle Nutzer.

Durch das Gesetz über die Errichtung einer Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben vom 28.08.2006 wurde die Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BDBOS) mit Sitz in Berlin gegründet. Ihr obliegt die Aufgabe, den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben bundesweit aufzubauen, zu betreiben und seine Funktionsfähigkeit sicherzustellen.

Die Beteiligung der Länder am Aufbau und Betrieb des Digitalfunks, die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern sowie die Finanzierung des Digitalfunks und der BDBOS wurden in dem Verwaltungsabkommen vom 01.06.2007 geregelt. Danach ist der Freistaat verpflichtet, geeignete Standorte für die erforderlichen Basisstationen zu ermitteln, diese vertraglich zu sichern und für ihre Nutzung durch den Digitalfunk vorzubereiten. Die BDBOS kann zur Erfüllung ihrer Aufgaben diese Basisstationen und Übertragungsstrecken nutzen.


13.1.2 Kostenaufteilung zwischen Bund und Land

Die Kostenaufteilung zwischen Bund und Ländern stellt sich im Wesentlichen wie folgt dar: Der Bund finanziert die Kosten des Aufbaus und Betriebs eines Kernnetzes mit Vermittlungsstellen und Übertragungsstrecken in einer für das Ausbaugebiet festgelegten Grundausstattung.

Die darüber hinausgehenden Kosten des erweiterten bundesweiten Funknetzes sowie der BDBOS werden vom Bund und den Ländern gemeinsam getragen und nach den Regelungen im Verwaltungsabkommen aufgeteilt.

Bund und Länder haben die Einführung des mit einer bundeseinheitlichen Technik ausgestatteten Systems für die BOS beschlossen, das auf einem gemeinsam festgelegten Mindeststandard ("Gruppe Anforderung an das Netz" - GAN) basiert. Spezielle Anforderungen eines Landes an das Netz, die zu erhöhtem Aufwand führen, werden lt. Verwaltungsabkommen gesondert erfasst und abgerechnet.

Bayern trägt daher alle Kosten, die sich aus dem erhöhten Standard GAN+X Bayern ergeben. Der Ministerrat hat diesen Standard am 26.07.2005 beschlossen, um den besonderen topografischen Bedingungen und landesspezifischen Anforderungen Rechnung zu tragen. Neben einer praktisch vollständigen Digitalfunkabdeckung des Staatsgebiets wird damit - so wird es auf den Internetseiten des Ministeriums ausgeführt - eine überdurchschnittliche Funkversorgung mit bundesweit höchsten Qualitätskriterien[1] angestrebt.


13.1.3 Einführung des Digitalfunks in Bayern

Im Herbst 2007 wurde zur Einführung des Digitalfunks bei der bayerischen Polizei und allen teilnehmenden BOS in Bayern die Projektgruppe DigiNet beim Innenministerium eingerichtet.

Im Projektauftrag wurden die Aufgaben, Ziele und Ressourcen der Projektgruppe sowie Verantwortlichkeiten festgelegt. Das Innenministerium behielt sich eine Zustimmung zu wesentlichen Projektschritten vor, z. B. hinsichtlich der Grundsatzentscheidungen zur Vorgehensweise oder Einleitung von Vergabeverfahren.

Vom Projektauftrag an die Projektgruppe ausdrücklich ausgenommen wurden u. a. die Gewinnung des Personals, die Finanz- und Haushaltsplanung, die Klärung der innerbayerischen Kostenverteilung sowie Fragen der Förderung für die nicht staatlichen Nutzer des Digitalfunks. Insoweit bleibt die originäre Zuständigkeit des Innenministeriums unberührt.

Die grundsätzlichen Beschlüsse der Projektgruppe werden vom Lenkungsausschuss gefasst, in dem neben Vertretern des Innenministeriums auch Vertreter der nicht staatlichen BOS, der sog. "Blaulichtorganisationen", vertreten sind.

Im Projektauftrag wurde 2007 als Ziel definiert, dass der Digitalfunk in Bayern bis Ende 2010 im Wesentlichen aufzubauen ist und die BOS ab 2011 bayernweit damit arbeiten können. Ende 2009 wurde der Projektauftrag aktualisiert und die Projektgruppe dem zuständigen Staatssekretär direkt unterstellt. Als Ziel der Projektgruppe wurde nunmehr festgeschrieben, dass das Digitalfunknetz in Bayern im Wesentlichen bis Ende 2012 aufzubauen ist.

Mit Stand Juli 2012 teilte das Innenministerium mit, dass es Ziel bleibe, in weiten Teilen Bayerns 2014 den Digitalfunk zu beginnen und bis 2015 den flächendeckenden Digitalfunk sicherzustellen.[2]


13.1.4 Gesamtkosten des Projekts

Die vom Innenministerium angegebenen geschätzten Gesamtkosten des Freistaats haben sich in den letzten Jahren kontinuierlich und massiv erhöht:

TNr 13 Tab 24

Die Gesamtkostenschätzungen enthalten die Mittel für staatliche Investitionen und Betriebskosten. Darüber hinaus umfassen sie die Kosten, die Bayern an die BDBOS zu entrichten hat, sowie die, die für die Projektgruppe anfallen.

Nicht enthalten sind darin die Mittel für die Förderung von Investitionen und Betriebskosten nicht staatlicher Digitalfunknutzer; nach derzeitigem Verhandlungsstand belaufen sie sich auf insgesamt 135 Mio. € (90 bzw. 45 Mio. €). Diese werden in der TG 86 des Kap. 03 03 ausgewiesen.

Ausgegeben wurden bis Ende des Jahres 2011 129 Mio. €.


13.2 Feststellungen und Wertung des ORH


13.2.1 Teilnahme der nicht staatlichen BOS

Den Digitalfunk sollen nach Ablösung des Analogfunks künftig nicht nur die staatlichen, sondern auch die nicht staatlichen Nutzer wie Feuerwehren und Rettungsdienste verwenden. Die auf Bayern entfallenden Kosten des Digitalfunks sind zwischen Staat, Kommunen und Sozialversicherungsträgern entsprechend den Anteilen der jeweiligen Nutzer aufzuteilen.

Die Kosten für Netzaufbau und Betrieb des Digitalfunks in Bayern trägt - abzüglich einer Beteiligung des Bundes für seinen Aufwand für das Kernnetz - zunächst der Freistaat.

Zur Beteiligung der Kommunen und der Sozialversicherungsträger an den netzseitigen Betriebskosten wurde 2009 eine Vereinbarung getroffen, nach der die Kommunen jährlich pauschal 3 Mio. € als Betriebskostenanteil für die Feuerwehren tragen. Darüber hinaus verpflichteten sich die Kommunen, Antennenstandorte zur Verfügung zu stellen. Die Beteiligung der Sozialversicherungsträger als Kostenträger der Rettungsdienste wurde durch die Vereinbarung auf 6 Mio. € pro Jahr festgelegt.

Darüber hinaus hat der Freistaat den nicht staatlichen BOS eine Förderung der Investitionskosten, u. a. zur Beschaffung der Endgeräte zugesagt.

Sowohl die Ausgestaltung der Betriebskostenförderung als auch die der Investitionskostenförderung wurden bis Ende 2012 erneut mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Sozialversicherungsträgern verhandelt und die Förderhöhe deutlich erhöht.

Die Teilnahme der nicht staatlichen BOS am Digitalfunk ist jedoch nach wie vor nicht gesichert.

Das Innenministerium hat darauf hingewiesen, dass die nicht staatlichen BOS rechtlich nicht zur Nutzung des Digitalfunks verpflichtet seien. Eine fehlende Beteiligung der nicht staatlichen BOS hätte gravierende negative Auswirkungen auf den Digitalfunk in Bayern. Um die Bereitschaft zur Teilnahme der nicht staatlichen BOS am Digitalfunk zu erhöhen, werde der Freistaat zentrale nutzerseitige Kosten im Wege einer (freiwilligen) Zuwendung übernehmen. Das Innenministerium bestreitet, dass sich wegen der fehlenden Beteiligung aller BOS das Projekt bereits erheblich verzögert habe.

Der ORH hält es für wichtig, die Teilnahme der nicht staatlichen Digitalfunknutzer zu klären. Sonst besteht die Gefahr weiterer Verzögerungen und Kostensteigerungen des Projekts, auch aufgrund eines aufwendigen Parallelbetriebs von Analog- und Digitalfunk.

In Bayern stehen derzeit Ausgabereste in Höhe von 58,5 Mio. € bei der zweckgebundenen Feuerschutzsteuer zur Verfügung. Sie könnten vom Haushaltsgesetzgeber zur Förderung von Aufwendungen der kommunalen Feuerwehren im Rahmen der Digitalfunkeinführung verwendet werden.


13.2.2 Keine fortlaufend aktualisierte und ausreichend belastbare Gesamtkostenschätzung

Die Gesamtkostenschätzung, die die Kosten bis zum Jahre 2021 berücksichtigt, wurde jährlich nur jeweils anlässlich der Haushaltsverhandlungen fortgeschrieben. Zudem fehlten in der Kostenschätzung einzelne Positionen, andere waren unbeziffert oder nur grob geschätzt (z. B. Funkversorgung von baulich komplexen Anlagen, technische Ausfallsicherungen wie Notstromversorgung, Kosten für Leitstellenanbindungen und Betriebsstellen oder die Wartung der Basisstationen).

Nach Auffassung des ORH ist die bislang praktizierte Fortschreibung der Gesamtkostenschätzung ungenügend. Bereits zu Beginn des Projekts hatte der Lenkungsausschuss in der Sitzung vom 24.09.2007 die Installation eines Finanzcontrollings gefordert, "um jederzeit einen Überblick über Ausgaben und Finanzbedarf zu haben".

Verlässliche und nachvollziehbare Informationen zum Finanzierungsbedarf des Vorhabens müssen jederzeit zur Verfügung stehen. Nur dann können auch Dritte, die in das Projekt eingebunden sind, zuverlässig und rechtzeitig über die Folgen, die sich aus dem Projekt auch für sie ergeben, informiert werden (z. B. zu künftigen Betriebskosten).

Der ORH fordert daher eine mindestens vierteljährliche aktualisierte Fortschreibung einer vollständigen und belastbaren Gesamtkostenschätzung.

Auch nach Auffassung des Innenministeriums müssen die Kostenschätzungen angesichts der sich fortentwickelnden Rahmenbedingungen regelmäßig überprüft werden. Es handle sich um ein "lebendes" Projekt, das immer wieder angepasst werden müsse. Eine vierteljährliche Erhebung sämtlicher Kosten im Sinne einer Gesamtkostenschätzung wäre jedoch zu aufwendig und zudem aufgrund der zahlreichen Unsicherheiten und Schwankungen nur bedingt aussagekräftig. Die Forderung des ORH zur Kennzeichnung und Erläuterung von Schätzungen und Risikopositionen werde bei der nächsten Bottom-up-Schätzung berücksichtigt.

Der ORH hält es bei einem Projekt dieser Größenordnung für unverzichtbar, dass die Kosten fortlaufend ermittelt werden und aktuell abrufbar sind. Eine fortlaufende Kostenfortschreibung sowie eine jeweils aktuelle belastbare Gesamtkostenschätzung sind wesentliche Grundlagen, um Kostensteigerungen entgegensteuern zu können.


13.2.3 Fehlende Nutzen-Kosten-Untersuchung

Die Einführung des bundesweit einheitlichen Digitalfunks wurde von Bund und Ländern beschlossen. Bei der Umsetzung dieses Beschlusses haben die Länder Gestaltungsmöglichkeiten, u. a. hinsichtlich eines erhöhten Standards.

Gemäß Art. 7 Abs. 2 Satz 1 BayHO sind Nutzen-Kosten-Untersuchungen für geeignete Maßnahmen von erheblicher finanzieller Bedeutung anzustellen.

Für die Einführung des Digitalfunks mit dem erhöhten Standard GAN+X Bayern sowie zu den nachfolgenden Entscheidungen zur Vorgehensweise (z. B. Auswahl und Sicherung der Standorte der erforderlichen Basisstationen) und auch den Festlegungen der technischen Standards und Ausstattungen wurden keine Alternativen geprüft und keine Nutzen-Kosten-Untersuchungen erstellt.

Nach Auffassung des ORH wären Nutzen-Kosten-Analysen notwendig gewesen. Dies gilt insbesondere, da es sich bei dem Projekt nicht um eine Maßnahme, sondern um ein höchst komplexes Maßnahmenbündel handelt. Handlungsspielräume bestanden z. B. hinsichtlich des erhöhten Landesstandards GAN+X Bayern und der technischen Ausstattung unter Berücksichtigung der vielfältigen Nutzerwünsche. Auch in der Projektdurchführung kann eine Vielzahl von möglichen Vorgehensweisen in Betracht gezogen werden.

Das Innenministerium macht geltend, dass die Einführung des Digitalfunks insgesamt alternativlos war und dabei der "GAN+X-Standard" in Bayern zwingende Anforderung gewesen sei. Statt einer Nutzen-Kosten-Analyse würden weitaus effizientere Maßnahmen zur Steuerung des Projekts eingesetzt, wie insbesondere ein Finanzcontrolling außerhalb der Projektgruppe durch das Innenministerium selbst, ein aufwendiges Projektmanagement, eine externe Projektsteuerung des Netzaufbaus und ein externes Controlling.

Der ORH weist demgegenüber darauf hin, dass die vom Innenministerium aufgeführten Instrumente eine Nutzen- Kosten-Analyse nicht ersetzen.


13.2.4 Mängel bei der Durchführung des Projekts

Das zeitliche Ziel des Innenministeriums vom September 2007, "dass bis Ende 2010 der Digitalfunk in Bayern im Wesentlichen aufgebaut ist und ab 2011 bayernweit die BOS damit arbeiten können", ist nicht erreicht worden. Eine Digitalfunknutzung zumindest durch den staatlichen Bereich wurde nicht realisiert.

Im Rahmen seiner Prüfung hat der ORH darüber hinaus folgende Mängel festgestellt:

  • Unzureichende Abstimmung innerhalb des Ministeriums zwischen der Projektgruppe und anderen Organisationseinheiten,
  • unzureichende Abstimmung mit der Bauverwaltung bei der Errichtung der Basisstationen,
  • unzureichende Öffentlichkeitsarbeit bei der Auswahl der Standorte und dadurch geringe Akzeptanz in der Bevölkerung für die Funkmasten,
  • unzureichende Zusammenarbeit externer Dienstleister mit Behörden bei der Standortfindung,
  • kein effektives Controlling, da diese Aufgabe sowohl innerhalb der Projektgruppe als auch von externen Dienstleistern unabgestimmt wahrgenommen wurde.

Nach Ansicht des ORH haben die aufgezeigten Mängel dazu beigetragen, dass das Projekt nicht zeitgerecht realisiert wurde.

Die Steuerung des Gesamtprojekts ist Aufgabe des Innenministeriums. Es muss die Projektsteuerung mit ausreichenden und klar definierten Verantwortlichkeiten einrichten.


13.3 Stellungnahme des Innenministeriums

Das Innenministerium führt mit Schreiben vom 05.12.2012 aus, dass die Beauftragung von "GAN+X" den einsatztaktischen Anforderungen an das künftige gemeinsame Netz aller BOS in Bayern geschuldet und mit allen BOS abgestimmt sei. Mit dem vom Freistaat aufgrund der bereits gegebenen fachlich zwingenden Anforderungen aus dem abzulösenden Analogfunk definierten Standard "GAN+X in Bayern", der auch entsprechend in anderen Bundesländern gewählt wurde, verfüge der Freistaat nach Hessen und neben Baden-Württemberg über den höchsten Standard. Daher liege es mit an der Spitze bei der Funkversorgungsqualität in der Bundesrepublik Deutschland.

Die Sicherheit der Bevölkerung und der BOS-Kräfte im Einsatz sei monetär nicht quantifizierbar. Insofern könne den Kosten prinzipiell kein quantifizierbarer "Nutzen" gegenübergestellt werden. Daher sei auch von der Erstellung einer expliziten Wirtschaftlichkeitsbetrachtung zum Funkversorgungsgrad abgesehen worden. Sofern es darum gehe, mit welchen Mitteln ein bestimmter Zweck oder bestimmte fachliche Anforderungen erreicht werden könnten, seien im Detail und im Rahmen der im Bericht erwähnten Planungs- und Controllingprozesse sehr detaillierte Wirtschaftlichkeitsanalysen durchgeführt und als Grundlage von wichtigen Entscheidungen herangezogen worden. In diesem Sinne sei der Forderung des ORH bereits jetzt Genüge getan. Im Übrigen werde bezweifelt, dass mit einer formalen Nutzen-Kosten-Untersuchung gegenüber den vom Innenministerium eingesetzten Controlling- und haushaltswirtschaftlichen (Überwachungs-)Instrumenten eine wirksamere und präzisere finanzielle und fachliche Steuerung des Projekts möglich gewesen wäre.

In der Stellungnahme wird weiter ausgeführt, dass in der Gesamtkostenschätzung alle zum Zeitpunkt der Erstellung bekannten und vom Projektauftrag umfassten Kostenpositionen einfließen würden. Viele notwendige Rahmenbedingungen würden sich jedoch erst im Projektverlauf konkretisieren. Außerdem ergäbe sich fortlaufender Anpassungsbedarf durch von außen herangetragene neue oder geänderte Anforderungen.

Im Interesse größtmöglicher Transparenz sowie Haushaltsklarheit und -wahrheit habe der Freistaat im Gegensatz zu anderen Ländern eine Kostendarstellung bis 2021 gewählt. Deshalb könnten bis heute nicht sämtliche Kosten für die Einführung und den Betrieb des Digitalfunks abschließend präzise beziffert werden.

Dem ORH werde zugestimmt, dass eine Festlegung der Kostentragung unerlässlich für den Projektfortschritt sei. Inzwischen sei auch das "Sonderförderprogramm Digitalfunk" erlassen worden. Zudem hätten sich sowohl die kommunalen Spitzenverbände als auch die Sozialversicherungsträger mit dem Kompromissvorschlag des Freistaates hinsichtlich der Kostentragung der nutzerseitigen Betriebskosten einverstanden erklärt.

Dieses Ergebnis zeige, dass der vom Freistaat gewählte Weg, den Kostenträgern der nicht staatlichen BOS bei der Finanzierung des Digitalfunks teilweise entgegenzukommen, richtig gewesen sei. Nur so habe eine zeitnahe Einführung des Digitalfunks für alle nicht polizeilichen BOS sichergestellt werden können.

Aus Sicht des Innenministeriums sei die angeregte Verwendung der Feuerschutzsteuer für die Übernahme nutzerseitiger Investitions- und Betriebskosten abzulehnen, da diese Mittel für geplante und bis 2018 zu realisierende Infrastrukturmaßnahmen an den drei staatlichen Feuerwehrschulen benötigt würden.

Im Übrigen bestreitet das Innenministerium, dass die Bauverwaltung nicht ausreichend einbezogen wurde.


13.4 Schlussbemerkung des ORH

Bis heute gibt es keine verlässliche Aussage darüber, ob, wann und mit welchem finanziellen Aufwand eine flächendeckende Nutzung des Digitalfunks durch alle BOS in Bayern erreicht werden kann. Es ist unerlässlich, sich Klarheit über die finanziellen Folgen zu verschaffen, die aus den bisher bereits getroffenen und künftigen Entscheidungen zum Digitalfunk resultieren.

Für eine laufend aktualisierte und belastbare Gesamtkostenschätzung ist Sorge zu tragen. Bei den staatlichen Förderungen sollte geprüft werden, inwieweit auch das Feuerschutzsteueraufkommen herangezogen werden kann. Darüber hinaus ist die Teilnahme der nicht staatlichen Nutzer des Digitalfunks und deren jeweiliger Finanzierungsanteil zu klären.

Das Innenministerium muss seine Verantwortung für das Gesamtprojekt wirksamer wahrnehmen.

 


[1] Erläuterung auf den Internetseiten des Innenministeriums unter
http://www.stmi.bayern.de/sicherheit/digitalfunk/netzaufbau/detail/17332, Stand: 10.10.2012.
[2] Erläuterung auf den Internetseiten des Innenministeriums unter Häufige Fragen & Antworten
www.stmi.bayern.de/sicherheit/digitalfunk/service/detail/17445/.

 

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