TNr. 16: Privatschulförderung: Unlautere Vertragsgestaltung zulasten des Staates

Ein privater Schulträger hat die ihm vom Staat gegen ein jährliches Nutzungsentgelt von 73.000 € überlassenen Grundstücksflächen an die eigene Tochtergesellschaft weitergegeben und diese Flächen dann für 157.000 € zurückgemietet. Diese Miete hat er dann als Schulaufwand bei der Regierung eingereicht und so insgesamt 68.000 € pro Jahr zu viel erstattet bekommen.
Die zu Unrecht geleisteten Erstattungen sind mit Zinsen in voller Höhe zurückzufordern. Das Kultusministerium muss über den Einzelfall hinaus vergleichbare Vertragsgestaltungen prüfen und ggf. förderrechtliche Konsequenzen ziehen.
Das Staatliche Rechnungsprüfungsamt Regensburg hat 2011 die Förderung für private Volksschulen[1] nach den Bestimmungen des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes (BaySchFG) geprüft.
16.1 Ausgangslage
Nach der bis zum 31.07.2011[2] geltenden Regelung erhielten Schulträger privater Volksschulen für ihren Sachaufwand einen staatlichen Zuschuss in Höhe von 80 %. Die Schulträger mussten hierzu die notwendigen und tatsächlich angefallenen Ausgaben des Schulbetriebs nachweisen. Die zuständigen Regierungen überprüften die einzelnen Ausgaben und zahlten die Zuschüsse aus.
16.2 Grundstücksflächen
Die geprüfte Schule befindet sich auf einem Grundstück, das im Eigentum des Staates steht. Der Staat hat dem Schulträger für zwei Teilflächen ein Nutzungsrecht zum Betrieb der Schule eingeräumt. Für die Hauptfläche von rd. 17.000 m² ist ein Nutzungsentgelt von jährlich 73.000 € vereinbart, eine Nebenfläche von rd. 9.000 m² wird dem Schulträger unentgeltlich überlassen.
Der Schulträger überließ seinerseits beide Grundstücksflächen seiner 100%igen Tochtergesellschaft, einer gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Im Gegenzug verpflichtete sich die Tochtergesellschaft zur Zahlung des Nutzungsentgelts von 73.000 € an den Staat. Dann mietete der Schulträger ab 2003 die Grundstücksflächen von der Tochtergesellschaft wieder an, und zwar für einen jährlichen Mietzins von 157.000 €.
Diese Miete, die der Schulträger an seine Tochtergesellschaft zahlte, machte er gegenüber dem Staat als Schulaufwand geltend. Davon wurden ihm 126.000 € (Anteilssatz von 80 %) erstattet.
Dem Schulträger entstehen durch die Nutzungsvereinbarung mit dem Staat über die Grundstücksflächen Kosten von jährlich 73.000 €. Davon wären im Rahmen des Schulaufwands 58.000 € (80 %) erstattungsfähig. Er hat aber nicht dieses Nutzungsentgelt als Schulaufwand geltend gemacht, sondern die wesentlich höhere Grundstücksmiete, die sich aus dem Mietvertrag mit seiner Tochtergesellschaft ergab.
Die interne Überlassung der Grundstücksflächen an die Tochtergesellschaft darf nicht dazu führen, dass er für diese Flächen ein höheres Entgelt an die eigene Tochtergesellschaft zahlt und dies dem Staat im Wege der Schulaufwandserstattung in Rechnung stellt. Der Schulträger erhält so Mietersatz sogar für die Nebenfläche, die ihm der Staat ohne Nutzungsentgelt überlassen hat.
Tatsächlich hätten dem Schulträger statt 126.000 nur 58.000 € erstattet werden dürfen. Daraus ergibt sich eine Überzahlung von 68.000 € pro Jahr. Für den Zeitraum von 2003 bis 2007 wurden somit 340.000 € Schulaufwand zu viel ausbezahlt. Aus Sicht des ORH ist dieser Betrag zuzüglich Zinsen zurückzufordern.
16.3 Stellungnahme des Kultusministeriums
Das Kultusministerium teilt mit, dass der Aktenbestand der Regierung eine umfassende Überprüfung der vertraglichen Beziehungen zwischen dem Schulträger und dem Staat nicht zulasse. Das Kultusministerium habe die Regierung aufgefordert, die in Rede stehenden Rückforderungen eigenverantwortlich zu prüfen und das Notwendige zu veranlassen.
Zudem hat es alle Regierungen aufgefordert, vergleichbare Vertragskonstellationen zu prüfen und die Ergebnisse mitzuteilen.
16.4 Schlussbemerkung des ORH
Der ORH hält es für erstaunlich, dass die Regierung dem Schulträger Jahr für Jahr Zuschüsse in erheblicher Höhe bewilligt, ohne dass ihr aus den Akten eine vollständige Beurteilung des Sachverhalts möglich ist.
Im vorliegenden Fall ist der für die Jahre 2003 bis 2007 zu Unrecht erstattete Schulaufwand für die Grundstücksflächen in Höhe von 340.000 € mit Zinsen in voller Höhe vom Schulträger zurückzufordern.
Mit der Überprüfung vergleichbarer Vertragskonstellationen bei allen Regierungen ist das Kultusministerium dem Vorschlag des ORH gefolgt.
[1] Die Bezeichnung "Volksschule" wird in den einschlägigen Vorschriften ab 01.07.2012 nicht mehr verwendet, da daraus zwei eigenständige Schularten - "Grundschule" und "Mittelschule" - entstanden sind.
[2] Art. 32 BaySchFG in der bis zum 31.07.2011 gültigen Fassung. Seit dem 01.08.2011 erhalten die Schulträger eine Pauschale je Schüler.