TNr. 46 Corona-Förderprogramm „gemeinsam.Brücken.bauen“

Lehrer vor Schulklasse
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Viele Schulen haben wenige oder gar keine Fördermaßnahmen für den Ausgleich pandemiebedingter Nachteile durchgeführt. Besonders bei Mittelschulen kam es häufig zu keiner Förderung. Wesentliche Zielgruppen wurden bei Realschulen und Gymnasien, insbesondere aber bei Mittelschulen zu wenig erreicht. Der ORH empfiehlt, dieses Programm und künftige derartige Programme im Interesse der Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit so auszugestalten und umzusetzen, dass die Zielgruppen klar benannt und besser erreicht werden.

Der ORH hat 2021/2022 das Förderprogramm „gemeinsam.Brücken.bauen“ zusammen mit dem Staatlichen Rechnungsprüfungsamt Regensburg für den Zeitraum von Juni 2021 bis Juli 2022 bei staatlichen Mittelschulen, Realschulen und Gymnasien in den Regierungsbezirken Oberbayern, Mittelfranken und Oberpfalz geprüft. Schwerpunkte lagen u.a. auf der Umsetzung des Rahmenkonzepts des Förderprogramms[1] an den Schulen sowie dem teilnehmenden Personenkreis.

46.1 Ausgangslage

Seit dem Schuljahr 2019/20 kam es an vielen bayerischen Schulen aufgrund der Corona-Pandemie immer wieder zu unterschiedlich langen und häufigen Ausfällen des Präsenzunterrichts. In diesen Zeiten konnten die Schüler ihre Schulen nur unregelmäßig zum Lernen oder für soziale Begegnungen besuchen. Um die Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit für alle bayerischen Schüler zu wahren, hat die Staatsregierung das Corona-Förderprogramm „gemeinsam.Brücken.bauen“ auf den Weg gebracht.

Das Förderprogramm mit einem Gesamtvolumen von 210 Mio. € sollte zunächst in drei Phasen durchgeführt werden:

  • Phase I:   Zeitraum nach den Pfingstferien bis zu den Sommerferien 2021
     
  • Phase II:  Sommerferien 2021
     
  • Phase III: Schuljahr 2021/22

Vorgesehen war, das Programm in den Bereichen Lernförderung und Sozialkompetenz­förderung durch folgende Elemente umzusetzen:

  • Individuelle Förderung innerhalb des Regelunterrichts
     
  • Brückenkurse außerhalb des Regelunterrichts
     
  • Tutorenprogramme
     
  • Ferienkurse

Je nach Phase stand es den Schulen offen, für die Durchführung der Fördermaßnahmen pädagogisches Personal aus verschiedenen Personengruppen zu akquirieren. Das Kultusministerium nannte hierbei neben den unbefristet beschäftigten Stammlehrkräften einer Schule u. a. Lehramtsstudierende, Aushilfslehrkräfte, Honorarkräfte sowie pensionierte und beurlaubte Lehrkräfte.

46.2 Feststellungen

Um vollzogene Fördermaßnahmen an den einzelnen Schulen zu ermitteln, führte der ORH vom 29.11.2021 bis 14.01.2022 eine Online-Erhebung an allen staatlichen Mittelschulen, Realschulen und Gymnasien in den Regierungsbezirken Oberbayern, Mittelfranken und Oberpfalz durch. Von 737 befragten Schulen nahmen 693 Schulen an der Erhebung teil, was einer Teilnahmequote von 94% entspricht. Somit lagen Antworten von 393 Mittelschulen, 114 Realschulen und 186 Gymnasien vor. Zudem wurden in den o.g. Regierungsbezirken an insgesamt 3 Mittelschulen, 3 Realschulen und 3 Gymnasien sowie an 3 Schulämtern und 6 Dienststellen der Ministerialbeauftragten örtliche Erhebungen vorgenommen.

Die Stundenbudgets bzw. Haushaltsmittel wurden bei Mittelschulen, Realschulen und Gymnasien auf der Grundlage der Schülerzahlen festgelegt. Den Mittelschulen wurden die Fördermittel durch die Regierungen und Schulämter zugeteilt, den Realschulen und Gymnasien vom Kultusministerium.

46.2.1 Schulen ohne Fördermaßnahmen

Die Schulen der drei geprüften Regierungsbezirke machten folgende Angaben:

TNr 46 Abb 21 Schulen mit und ohne Fördermaßnahmen
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Bezogen auf die Gesamtzahlen ergaben sich für Schulen ohne Fördermaßnahmen folgende Quoten:

TNr 46 Tab 71 Schulen ohne Fördermaßnahmen (%)
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Der Anteil der Schulen ohne Fördermaßnahmen war also bei den Realschulen und Gymnasien stets geringer als bei den Mittelschulen.

46.2.2 Zielgruppen des Förderprogramms

In die nächsthöhere Jahrgangsstufe rücken Schüler vor, die während des laufenden Schuljahres oder des sonstigen Ausbildungsabschnitts die erforderlichen Leistungsnachweise erbracht und dabei den Anforderungen genügt haben.[2] Schülern, die die Erlaubnis zum Vorrücken in die nächste Jahrgangsstufe nicht erhalten haben, kann in einzelnen Schularten und Jahrgangsstufen das Vorrücken auf Probe gestattet werden[3] oder sie können die bisher besuchte Jahrgangsstufe derselben Schulart wiederholen.[4]

Das Kultusministerium hat im Rahmenkonzept explizit für diese beiden Gruppen pandemiebedingte Unterstützungsbedarfe benannt. Grundsätzlich stand das Programm allerdings allen Schülern offen.

46.2.2.1 Vorrückende auf Probe

In der Online-Erhebung wurde für alle Phasen des Förderprogramms die absolute Zahl der Vorrückenden auf Probe gestaffelt nach Schularten ermittelt. Zudem wurde auf Grundlage der Online-Erhebung die Zahl teilnehmender Vorrückender auf Probe an Fördermaßnahmen in den einzelnen Phasen bestimmt. Dabei ergab sich gegliedert nach Schularten in den abgefragten drei Regierungsbezirken Folgendes:

TNr 46 Abb 22 Teilnehmende und nichtteilnehmende Vorrückende auf Probe (VaP)
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Bezogen auf die Gesamtzahlen ergaben sich für auf Probe Vorrückende folgende Teilnahmequoten an den Fördermaßnahmen:

TNr 46 Tab 72 Teilnehmende Vorrückende auf Probe (%)
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Die Anteile der an Fördermaßnahmen teilnehmenden Vorrückenden auf Probe bewegten sich bei Realschulen und Gymnasien auf einem ähnlichen Niveau. Bei Mittelschulen ergaben sich geringere Quoten.

46.2.2.2 Wiederholende

In der Online-Erhebung wurde für alle Phasen des Förderprogramms die absolute Zahl der Wiederholenden gestaffelt nach Schularten ermittelt. Zudem wurde auf Grundlage der Online-Erhebung die Zahl teilnehmender Wiederholender an Fördermaßnahmen in den einzelnen Phasen bestimmt. Dabei ergaben sich gegliedert nach Schularten in den abgefragten drei Regierungsbezirken folgende Ergebnisse:

TNr 46 Abb 23 Teilnehmende und nichtteilnehmende Wiederholende
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Bezogen auf die Gesamtzahlen ergaben sich für Wiederholende folgende Teilnahmequoten an den Fördermaßnahmen:

TNr 46 Tab 73 Teilnehmende Wiederholende (%)
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Die Anteile der Wiederholenden an Fördermaßnahmen lagen bei den drei Schularten auf unterschiedlichem Niveau. Bei Mittelschulen ergaben sich die geringsten Quoten.

46.3 Würdigung und Empfehlungen

Viele Schulen haben keine Fördermaßnahmen durchgeführt. Dies betrifft Mittelschulen wesentlich stärker als Realschulen und Gymnasien.

Bei allen drei geprüften Schularten erreichte das Förderprogramm wesentliche Zielgruppen nicht ausreichend. Die geringsten Teilnahmequoten ergaben sich bei Mittelschulen, bei denen sich am wenigsten der Vorrückenden auf Probe und der Wiederholenden in Fördermaßnahmen befanden.

46.4 Stellungnahme der Verwaltung

Das Kultusministerium vertritt die Auffassung, dass „gemeinsam.Brücken.bauen“ auch an Mittelschulen die intendierte Wirkung entfalten konnte. Wiederholende sowie Vorrückende auf Probe seien für das Schuljahr 2021/22 nur exemplarisch als Zielgruppen des Förderprogramms benannt worden. Daraus könne man nicht ableiten, dass das Programm die Hauptzielgruppen insgesamt nicht ausreichend erreicht hätte. Zudem sei zu beachten, dass die Teilnahme an angebotenen Fördermaßnahmen freiwillig war und aus schulrechtlicher Sicht keine Teilnahmeverpflichtung für förderbedürftige Schüler festsetzbar gewesen wäre. Es sei zu berücksichtigen, dass angesichts der festgestellten veränderten Unterstützungsbedarfe und damit hinsichtlich der Zielgruppen eine Weiterentwicklung des Programms „gemeinsam.Brücken.bauen“ dahingehend erfolgt sei, dass die Schulen bereits im Sommer 2022 explizit aufgefordert worden seien, im Schuljahr 2022/23 auch Angebote zum Abbau psychosozialer Belastungen einzurichten. Insoweit würden sich die Angebote bereits ab dem Schuljahr 2022/23 auch an andere Zielgruppen als die im Frühjahr 2021 identifizierten primären Zielgruppen der Vorrückenden auf Probe und Wiederholenden richten.

46.5 Schlussbemerkung

Die Zahlen zeigen deutlich, dass die im Förderprogramm ausdrücklich genannten Zielgruppen jedenfalls nicht ausreichend erreicht wurden.

Ziel des Programms war, die Chancengleichheit und die Bildungsgerechtigkeit für alle Schüler aller Schularten zu wahren. Der ORH empfiehlt, dieses Programm und künftige derartige Programme so auszugestalten und umzusetzen, dass die Zielgruppen klar benannt und besser erreicht werden.



[1]     Abrufbar unter https://www.km.bayern.de/lehrer/meldung/7293/foerderprogramm-bietet-vielfaeltige-unterstuetzungsmoeglichkeiten.html zuletzt aufgerufen am 24.05.2023.
[2]     Art. 53 Abs. 1 BayEUG.
[3]     Art. 53 Abs. 6 BayEUG.
[4]     Art. 53 Abs. 2 BayEUG.