TNr. 47 Digitalbudget für das digitale Klassenzimmer

Schüler lernen am Laptop
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Der Freistaat unterstützte die Schulaufwandsträger bei der IT-Ausstattung mit einem Förderprogramm aus Landesmitteln, dem Digitalbudget für das digitale Klassenzimmer. Die Förderung erfolgte unabhängig von der vorhandenen Ausstattung, deren Bestand regelmäßig an allen Schulen erhoben wird.

Der ORH empfiehlt, künftig bei Förderprogrammen stärker auf ohnehin vorhandene Daten zurückzugreifen, um die Haushaltsmittel möglichst effizient einzusetzen.

Der ORH hat 2021/2022 zusammen mit den Staatlichen Rechnungsprüfungsämtern Regensburg und Bayreuth in einer Querschnittsprüfung auf der Grundlage von Förderakten bei drei Regierungen das Förderprogramm „Digitalbudget für das digitale Klassenzimmer“ für die Jahre 2018 bis einschließlich 2021 untersucht. Unter anderem wurde geprüft, wie der Förderbedarf berücksichtigt wurde.

47.1 Ausgangslage

Der Freistaat unterstützt kommunale Träger öffentlicher Schulen sowie Träger staatlich genehmigter und anerkannter Ersatzschulen dabei, die IT-Ausstattung an ihren Schulen zu verbessern und insbesondere dabei „digitale Klassenzimmer“ einzuführen. Hierfür standen im Rahmen des Masterplans BAYERN DIGITAL II[1] ab dem Haushaltsjahr 2018 Haushaltsmittel in Höhe von 135 Mio. € („Digitalbudget“) bereit. Das Kultusministerium beabsichtigte damit weder eine Vollausstattung noch wäre das Digitalbudget betragsmäßig dafür ausreichend gewesen.

Um an den Schulen digitales Lernen und Lehren unter optimalen Bedingungen zu ermöglichen, hat das Kultusministerium das Förderprogramm „Digitalbudget für das digitale Klassenzimmer“ aufgestellt.[2]

Als Empfehlungen gibt der Beraterkreis zur IT-Ausstattung von Schulen jährlich ein sog. Votum[3] heraus. Dabei arbeiten Vertreter des Kultusministeriums, der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung, des Staatsinstituts für Schulqualität und Bildungsforschung und erfahrene Lehrkräfte zusammen.

Laut Definition im Votum 2021 (Kapitel 4) besteht ein digitales Klassenzimmer aus einem Lehrercomputer (Desktop-PC, Notebook oder Tablet), einer Präsentationseinrichtung (digitale Großbilddarstellung, Dokumentenkamera oder entsprechende Vorrichtung, Audiosystem) und der Möglichkeit für die Schüler, digitale Geräte (z.B. PCs, Notebooks, Tablets) unter Verwendung der schulischen Infrastruktur zu nutzen

47.2 Feststellungen

Jede Schule meldet ihre IT-Ausstattung bei einer regelmäßig durchgeführten IT-Umfrage mittels eines Online-Formulars der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung. Dabei sind auch die Komponenten eines digitalen Klassenzimmers getrennt voneinander zu erfassen.

Das Kultusministerium ermittelte anhand festgelegter Parameter auf Basis von Schülerzahlen für jede Schule ein individuelles Digitalbudget. Bei dessen Berechnung spielten die Daten der IT-Umfrage keine Rolle. Nach den Vorgaben des Kultusministeriums mussten weder die Schulaufwandsträger die bestehende Ausstattung ihrer Schulen im Zuwendungsantrag angeben noch konnten die Regierungen auf die Ergebnisse der IT-Umfrage zugreifen.

Im Zuwendungsantrag (Antragsfrist 31.12.2018) war von den Aufwandsträgern zu bestätigen, dass an den einzelnen Schulen ein Medienkonzept-Team schon gebildet worden war oder vor den beabsichtigten Investitionen noch eingerichtet wird. Ein vollständiges Medienkonzept musste nicht nachgewiesen werden; dieses war von den Schulen bis zum Ende des Schuljahres 2018/19 fertigzustellen.[4] Eine Säule des Medienkonzepts ist der Ausstattungsplan, der z. B. die vorhandene IT-Ausstattung (v.a. Hardware, Software, technische Infrastruktur) und den aktuellen Nutzungsumfang darstellt.

Eine Projektbeschreibung[5] musste im Antragsverfahren nicht vorgelegt werden. Konkrete Angaben zur geplanten Ausstattung waren nicht erforderlich.

Die geförderten Schulaufwandsträger waren verpflichtet, ein Ausstattungsverzeichnis darüber zu führen, welche Gegenstände sie mit dem Digitalbudget beschafft hatten. Den Regierungen mussten sie dieses im Rahmen des Verwendungsnachweises nicht vorlegen. Diese hatten damit teilweise keine Informationen dazu, welche Ausstattungsgegenstände die Schulen von ihren Schulaufwandsträgern im Rahmen der Förderung erhielten.

Aus den im Rahmen des Zuwendungsverfahrens vorgelegten Unterlagen ging nicht hervor, ob die Schulaufwandsträger alle oder nur einzelne Komponenten für ein digitales Klassenzimmer beschafften. Beispielsweise verwendete eine Schule die Fördermittel u.a. für Ersatzbeschaffungen, obwohl sie nach eigenen Angaben bereits vor dem Förderprogramm technisch gut ausgestattet gewesen sei. Festgestellt werden konnte zudem, dass die Beschaffungen, die mit den Fördermitteln bezahlt wurden, teilweise bereits in der Etatplanung der Schule vorgesehen waren.

Das Kultusministerium teilte dem ORH anhand der Angaben in der turnusmäßigen IT-Umfrage mit, dass die Gesamtzahl der digitalen Klassenzimmer seit 2017 kontinuierlich gestiegen sei:

TNr 47 Tab 74 Entwicklung der digitalen Klassenzimmer in Bayern
© ORH

Das Kultusministerium stützt die Zielerreichung des Förderprogramms auf diese Zahlen. Aus welchen Mitteln die gemeldete Ausstattung beschafft wurde, belegt die erhobene Statistik nicht.

47.3 Würdigung und Empfehlungen

Die regelmäßig gemeldeten Daten zur IT-Ausstattung der jeweiligen Schulen spielten bei der Festlegung des individuellen Digitalbudgets durch das Kultusministerium keine Rolle. Weder der Inhalt des Medienkonzepts noch eine Projektbeschreibung waren im weiteren Zuwendungsverfahren von Bedeutung. Dies vergrößerte die Gefahr von Mitnahmeeffekten. Der Rückgriff auf ohnehin vorhandene Daten hätte es erleichtert, die vorhandenen Haushaltsmittel möglichst effizient einzusetzen. Dies ist umso wichtiger als das Förderprogramm volumenmäßig nicht auf eine Vollausstattung der einzelnen Schulen ausgerichtet war.

47.4 Stellungnahme der Verwaltung

Das Kultusministerium erläutert, dass es bildungspolitisches Ziel gewesen sei, ausgehend von einem flächendeckend sehr geringen Ausbaustand einen gleichmäßigen Innovationsimpuls in allen Regionen Bayerns zu setzen. Nicht beabsichtigt gewesen sei dagegen, ein gleiches Ausstattungsniveau für alle rd. 2.500 Schulaufwandsträger in Bayern zu erreichen. Im Zentrum habe ein gesamtgesellschaftlicher und 2018 zeitkritischer Gestaltungsauftrag gestanden und weniger die einzelfallbezogene Kompensation eines isolierten Finanzierungsdefizits. Die vom Kultusministerium vorgenommene schulbezogene Budgetfestsetzung anhand festgelegter Parameter sei zwar eine vereinheitlichte und pauschalierte, aber keineswegs eine undifferenzierte Budgetfestsetzung ohne Bezug zum Bedarf der Schulen gewesen.

Die Prüfergebnisse des ORH würden die Notwendigkeit zeigen, die zwischenzeitlich aufgebaute und über den DigitalPakt Schule 2019 bis 2024 deutlich erweiterte Förderkulisse weiterzuentwickeln und perspektivisch durch dauerhafte, gesetzlich verankerte Finanzierungsinstrumente abzulösen. Das Kultusministerium werde unter Einbeziehung einer künftigen bundesseitigen Mitfinanzierung durch einen weiteren DigitalPakt Schule vertieft prüfen, inwieweit weitere sozio-ökonomische Rahmenparameter oder standortbezogene Investitionsbedarfe in die künftigen Finanzierungsstrukturen für die Schuldigitalisierung einbezogen werden könnten.

47.5 Schlussbemerkung

Der ORH empfiehlt, künftig bei Förderprogrammen stärker auf ohnehin vorhandene Daten zurückzugreifen, um die Haushaltsmittel möglichst effizient einzusetzen. Dann ließe sich die Wirksamkeit der Programme verbessern.



[1]     Die Staatsregierung beschloss den Masterplan BAYERN DIGITAL II am 30.05.2017. Er bildet die strategische Grundlage für ein auf fünf Jahre (2018 bis 2022) angelegtes, mit dem Nachtragshaushalt 2018 beginnendes Investitionsprogramm.
[2]     „Richtlinien für die Gewährung von Zuwendungen des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus - Digitalbudget für das digitale Klassenzimmer“, Bek. des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 26.06.2018 Az. I.4-BO1371.0/44/35 (KWMBl. Nr. 8/2018), zuletzt geändert durch Bek. vom 22.07.2021 (BayMBl. 2021, Nr. 695) und „Hinweise zum Vollzug des Förderprogramms“ mit Stand 18.10.2018, bekanntgegeben mit Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 23.10.2018 Az. I.4-BO1371.0/44/87.
[3]     Abrufbar unter https://www.km.bayern.de/allgemein/meldung/6054/.html und Empfehlungen zur IT-Ausstattung von Schulen | mebis Magazin (bycs.de).
[4]     Medienkonzept-Initiative des Kultusministeriums.
[5]     VV Nr. 3.2.1 zu Art. 44 BayHO.