TNr. 54 Kostencontrolling und Benchmarking bei staatlichen Immobilien

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Es gibt über 15 Jahre nach Projektstart noch immer kein Konzept, wie das Ziel eines ressortübergreifenden und objektbezogenen Kostencontrollings und Benchmarkings bei staatlichen Immobilien erreicht werden soll. Angesichts jährlicher Ausgaben für Bewirtschaftung und Instandhaltung von über 1 Mrd. € sieht der ORH Einsparpotenziale in dreistelliger Millionenhöhe pro Jahr.

Der ORH empfiehlt, zeitnah ein ressortübergreifendes und objektbezogenes Kostencontrolling und Benchmarking zu realisieren.

Der ORH hat 2022/2023 zusammen mit dem Staatlichen Rechnungsprüfungsamt Augsburg Umsetzung und Nutzung der im Bayerischen Liegenschaftsinformationssystem (BayLIS)[1] integrierten Objektbuchhaltung geprüft. Prüfungsmaßstab war der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit.

54.1 Ausgangslage

Die Immobilien Freistaat Bayern (IMBY) ist ein nach Art. 26 BayHO kaufmännisch eingerichteter Staatsbetrieb im Geschäftsbereich des Bauministeriums, dem die Rechts- und Fachaufsicht obliegt.

Die IMBY verwaltet ressortübergreifend den staatlichen Immobilienbestand. Es gehört zu ihren Aufgaben, die Verwendung und Verwertung des Immobilienbestands zu optimieren sowie Transparenz von Verwaltungskosten durch den Einsatz betriebswirtschaftlicher Steuerungsinstrumente zu schaffen.[2] Hierzu soll die IMBY als Teil des kaufmännischen Facility-Managements eine Objektbuchhaltung einrichten.

Damit sollen immobilienbezogene Einnahmen und Ausgaben konkreten Liegenschaften bzw. Objekten (Liegenschaftsprojekt[3], Flurstück, Gebäude, Nutzungseinheit) zugeordnet und so letztlich ein ressortübergreifendes und objektbezogenes Kostencontrolling und Benchmarking ermöglicht werden.

Die Bewirtschaftung der Immobilien selbst obliegt den Grundbesitz bewirtschaftenden Dienststellen.

Ein Kostencontrolling stellt regelmäßig alle steuerungsrelevanten Informationen strukturiert bereit. Datenerfassung und -qualität kommen eine entscheidende Funktion zu, um Kosten vollständig abzubilden. Benchmarking ist der kontinuierliche Vergleich dieser Kosten mit dem Ziel, Verbesserungspotenziale zu heben und den Abstand zum Besten zu reduzieren.

Der Erfolg eines Benchmarking-Projekts hängt im Wesentlichen von den Entscheidungen ab, die im Vorfeld bei der Projektplanung getroffen werden. Nach den IT-Richtlinien für die bayerische Staatsverwaltung (BayITR)[4] ist u.a. der Ist-Zustand zu analysieren und ein fachliches Gesamtkonzept zu erstellen, in dem insbesondere festgelegt wird, von wem und für welche Zwecke die Daten genutzt werden sollen.

54.2 Feststellungen

54.2.1 Fachliches Gesamtkonzept

Mit der Objektbuchhaltung wurde 2006 ein Benchmarking-Projekt gestartet. Das damals zuständige Finanzministerium erstellte für die Objektbuchhaltung ein Grobkonzept mit Implementierungsschritten und beauftragte die IMBY mit dessen Umsetzung. Das Konzept beschrieb allgemein die Anforderungen an die Objektbuchhaltung sowie den technischen Weg, wie die immobilienbezogenen Einnahmen und Ausgaben einem Objekt zugeordnet und aus den bestehenden Buchungssystemen über das Kassenbuchführungsverfahren (KABU) nach BayLIS übertragen werden sollen. Diese Zuordnung sollte ein ressortübergreifendes und objektbezogenes Kostencontrolling und Benchmarking ermöglichen. Ein fachliches Gesamtkonzept wurde nicht erstellt.

Als Zuordnungsmerkmal für ein bestimmtes Immobilienprojekt zu den Haushaltseinnahmen und -ausgaben wurde die Immobiliennummer eingeführt. Damit wurde für jedes Objekt, also jedes Liegenschaftsprojekt, Flurstück, Gebäude und jede Nutzungseinheit, eine gesonderte Immobiliennummer vergeben. Hierfür beauftragte die IMBY im Dezember 2007 die technische Umsetzung in BayLIS.

Seit Dezember 2012[5] sind die Objektbuchhaltung bzw. die Vorgaben zur Immobiliennummer Teil der Haushaltsvollzugsrichtlinien (HvR). Im Mai 2015 legte die IMBY fest, welche Daten bzw. Datenfelder für Auswertungen zur Verfügung stehen sollten. Nicht festgelegt wurde, wer die Daten für welche Zwecke nutzen soll. 2018 war eine Auswertung der bisher erfassten Daten erstmals möglich.

Im Februar 2018 vermerkte die IMBY, dass mit der ressortübergreifenden Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben zu konkreten Liegenschaften zumindest in der Theorie ein Zwischenziel der Objektbuchhaltung erreicht worden sei. Fraglich sei aber nach wie vor, wie mit dieser Zuordnung das Hauptziel der Objektbuchhaltung, ein ressortübergreifendes und objektbezogenes Kostencontrolling und Benchmarking, eingeführt werden könne.

Für die Implementierung und Pflege der Objektbuchhaltung in BayLIS fielen bis zum 31.12.2022 Sachkosten von 655.000 € an.

54.2.2 Daten und Datenqualität in der Objektbuchhaltung

In den geprüften Jahren 2019 bis 2021 gab es in KABU 2,2 Mio. immobilienbezogene Buchungen mit einem Finanzvolumen von 7,4 Mrd. €; dieses verteilte sich gleichmäßig auf die drei Jahre. Von den 2,2 Mio. Buchungen wurden 1,6 Mio. Buchungen nicht in die Objektbuchhaltung übertragen, da keine Immobiliennummer eingegeben worden war. Von den 660.000 übertragenen Buchungen konnten 57.000 Buchungen keiner Immobilie zugeordnet werden, da eine nicht existierende Immobiliennummer eingegeben worden war. Der IMBY standen damit 27% der in KABU erfassten Buchungen mit einem Finanzvolumen von 1,8 Mrd. € zur Auswertung zur Verfügung.

TNr 54 Abb 26 Finanzvolumen immobilienbezogene Buchungen 2019 bis 2021 (Mio. €)
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Nach den Haushaltsvollzugsrichtlinien sind die Einnahmen und Ausgaben grundsätzlich gebäudescharf zu erfassen. Dies bedeutet, dass sie einem Gebäude oder einer Nutzungseinheit zugeordnet werden müssen. Werden Einnahmen und Ausgaben demgegenüber auf ein Liegenschaftsprojekt oder ein Flurstück gebucht, sind sie im Verhältnis der Nutzungsflächen der zum Liegenschaftsprojekt bzw. Flurstück gehörenden Gebäude zu verteilen. Von den für Auswertungen zur Verfügung stehenden 1,8 Mrd. € wurden 513 Mio. € bzw. 214.000 Buchungen gebäudescharf erfasst. Dies entspricht 7% des Finanzvolumens von 7,4 Mrd. €.

54.2.3 Wirtschaftlichkeitsaspekte zur Objektbuchhaltung

Eine empirische Untersuchung[6] für den Bereich „öffentliche Verwaltung“ zeigt ein durchschnittliches Einsparpotenzial bei den Bewirtschaftungs- und Instandhaltungskosten von 38%. Auch nach den Prüfungserfahrungen des ORH besteht in diesem Bereich erhebliches Einsparpotenzial beim Freistaat: So wichen die Reinigungskosten bei Verwaltungsgebäuden nicht nur an unterschiedlichen Standorten, sondern auch an den einzelnen Standorten um bis zu 300% ab. Selbst innerhalb eines Gebäudes mit mehreren Dienststellen des Freistaates wichen die Reinigungskosten um 20% voneinander ab. Weitere erhebliche Einsparpotenziale ergaben sich im Energiebereich.[7]

2021 betrugen die Bewirtschaftungs- und Instandhaltungskosten[8] beim Freistaat 1,149 Mrd. €; 2022 beliefen sich diese Ausgaben auf 1,314 Mrd. €. Wenn der Freistaat durch ein funktionierendes Kostencontrolling und Benchmarking nur 10% seiner Bewirtschaftungs- und Instandhaltungskosten einsparen könnte, entspräche dies rechnerisch einem Einsparpotenzial von jährlich 130 Mio. €.

54.2.4 Weiteres Vorgehen bei der Objektbuchhaltung

Im Juni 2020 bat die IMBY das Bauministerium, der Einstellung der Objektbuchhaltung sowie der Kündigung der entsprechenden BayLIS-Programmteile bzw. der dazugehörigen Pflegeverträge zuzustimmen. Eine Fortführung der aktuellen Objektbuchhaltung in BayLIS sei nur sinnvoll, wenn die Aussagekraft der darin enthaltenen Daten verbessert werde und der damit verbundene Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zum damit verbundenen Nutzen stehe. Nach Einschätzung der IMBY stehe diesem Aufwand - wenn überhaupt - nur ein sehr beschränkter Nutzen gegenüber.

Das Bauministerium teilte grundsätzlich die Auffassung der IMBY. Es stellte eine Entscheidung angesichts einer zu dieser Zeit diskutierten IMBY-Reform zunächst zurück, um sich daraus ergebende Veränderungen ggf. einbeziehen zu können.

54.3 Würdigung und Empfehlungen

Das Ziel, ein ressortübergreifendes und objektbezogenes Kostencontrolling und Benchmarking zu etablieren, ist nach über 15 Jahren und bisher entstandenen Sachkosten von 655.000 € nicht erreicht.

Bis heute fehlt es an einem fachlichen Gesamtkonzept, wie es auch die BayITR-02 verbindlich vorgibt. So ist beispielsweise offen, von wem und für welche Zwecke die Daten genutzt werden sollen.

In der Objektbuchhaltung waren in BayLIS Daten überwiegend nicht bzw. unzureichend erfasst mit der Folge, dass von einem Haushaltsvolumen von 7,4 Mrd. € lediglich 513 Mio. € (7%) einem Kostencontrolling und Benchmarking zugänglich waren. Einsparpotenziale in Millionenhöhe können so jedenfalls nicht realisiert werden.

Wie bereits frühere Prüfungen des ORH zeigen, kann ein funktionierendes Kostencontrolling und Benchmarking einen wesentlichen Beitrag zur Kostenreduzierung leisten. Wenn nach Auffassung der IMBY die Objektbuchhaltung in ihrer jetzigen Ausgestaltung in BayLIS hierfür nicht geeignet ist, macht dies die Aufgabe nicht obsolet. Es ist an der Verwaltung zu entscheiden, wie ein im Sinne des Art. 7 BayHO wirksames Kostencontrolling und Benchmarking bestmöglich zu erreichen ist.

54.4 Stellungnahme der Verwaltung

Das Bauministerium und die IMBY teilen mit, dass die Objektbuchhaltung in BayLIS in ihrer derzeitigen Form nicht zielführend sei und eingestellt werden soll. Diese habe ursprünglich als betriebswirtschaftliches Steuerungsinstrument dazu dienen sollen, mehr Kostentransparenz zu schaffen. Auf Grundlage der Auswertungen bzw. des Berichts der IMBY vom Juni 2020 komme das Bauministerium zu dem Schluss, dass die mit der Objektbuchhaltung angedachten Ziele des Kostencontrollings und Benchmarkings durch die bloße Datengenerierung in BayLIS nicht erreicht werden können. Eine Fortführung der Objektbuchhaltung in BayLIS wäre nur dann sinnvoll, wenn die Aussagekraft der darin enthaltenen Daten verbessert würde. Auch in Anbetracht der bei der Bauverwaltung vorhandenen Systeme stehe der Aufwand in keinem angemessenen Verhältnis zum Nutzen. Zudem sei es Aufgabe der Ressorts, innerhalb ihres Verantwortungsbereichs für eine wirtschaftliche Verwendung der Haushaltsmittel zu sorgen.

Der ORH konstatiere zurecht, dass bislang nicht festgelegt wurde, wie und vom wem die Daten letztlich genutzt werden sollen. Daher handle es sich bei dem Projekt nach wie vor um einen laufenden Prozess. Vor der Entscheidung über die Beschaffung und/oder Nutzung einer alternativen Anwendung müsse ein neues Gesamtkonzept erstellt werden. In diesem sei der bereits vorhandene Datenbestand zu berücksichtigen und eine Entscheidung zu treffen, ob in Anbetracht des Ressortprinzips, der Vorgaben der Staatsregierung für Neubauvorhaben und der höchst unterschiedlichen Gebäudestrukturen bei den Ressorts ein ressortübergreifendes Kostencontrolling tatsächlich zielführend sei.

54.5 Schlussbemerkung

Es gibt nach über 15 Jahren noch immer kein Konzept, wie das Ziel eines ressortübergreifenden und objektbezogenen Kostencontrollings und Benchmarkings bei staatlichen Immobilien erreicht werden soll. Angesichts jährlicher Ausgaben für Bewirtschaftung und Instandhaltung von über einer Milliarde Euro sieht der ORH Einsparpotenziale in dreistelliger Millionenhöhe pro Jahr.

Die Ausführungen des Bauministeriums überzeugen nicht: Der Verweis auf die Ressortverantwortung entbindet die IMBY nicht von der Aufgabe, Kostentransparenz für die staatlichen Immobilien durch betriebswirtschaftliche Steuerungsinstrumente herzustellen. Erst der objektbezogene Überblick über die Einnahmen und Ausgaben des gesamten Immobilienportfolios schafft die notwendige Kostentransparenz; die vorhandenen Systeme reichen dafür alleine nicht aus.

Der ORH empfiehlt, zeitnah ein funktionierendes, ressortübergreifendes und objektbezogenes Kostencontrolling und Benchmarking für die durch den Freistaat bewirtschafteten Immobilien zu realisieren.



[1]     ORH-Bericht 2019 TNr. 38.
[2]     § 1 Nr. 5 des NHG 2006 mit amtlicher Begründung vom 09.05.2006, LT-Drs. 15/4775, S. 22 f.
[3]     Mehrere Flurstücke.
[4]     Diese Anforderungen galten bereits bei Einführung der Objektbuchhaltung gemäß dem Vorläufer der BayITR-02, den ADV-Projektrichtlinien vom 02.03.1978, StAnz Nr. 11, FMBl. S. 119.
[5]     Nr. 5.17 der HvR 2013/2014 vom 28.12.2012.
[6]     Abb. 8.40 Tilman Reisbeck/Lars Bernhard Schöne „Immobilien-Benchmarking: Ziele, Nutzen, Methoden und Praxis“, 3. Auflage, 2017.
[7]     ORH-Bericht 2023 TNr. 60.
[8]     Ausgaben Gr. 517 und 519.