TNr. 15 Finanzierungsrahmen Corona

Die Kreditaufnahme im Staatshaushalt beim Sonderfonds Corona-Pandemie wurde 2022 abgeschlossen. Insgesamt wurden in den Jahren 2020 bis 2022 neue Kredite in Höhe von 10,2 Mrd. € für coronabedingte Maßnahmen aufgenommen. 2023 wurden 100,0 Mio. € dauerhaft getilgt. 2024 und 2025 sollen jährlich weitere 50,0 Mio. € getilgt werden.
Beim BayernFonds wurden in den Jahren 2020 bis 2022 insgesamt 40,4 Mio. € neue Kredite aufgenommen; ab 2023 erfolgte keine weitere Nettokreditaufnahme im Sondervermögen mehr. Der BayernFonds wurde zum 31.07.2024 aufgelöst und die Schulden vollständig getilgt.
Zur Finanzierung von Maßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie wurden erhebliche Mittel veranschlagt bzw. Ermächtigungen zu Bürgschaftsübernahmen geschaffen. Diese Maßnahmen wurden zum einen über den Staatshaushalt, insbesondere beim Kap. 13 19 (Sonderfonds Corona-Pandemie) und in den Jahren 2022 und 2023 auch beim Kap. 13 18 (Corona-Investitionsprogramm), sowie zum anderen - außerhalb des Staatshaushalts - im Sondervermögen BayernFonds abgewickelt.
Grundsätzlich ist der Haushalt ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen (Schuldenbremse). Ausnahmen sind unter den Voraussetzungen der Art. 109 Abs. 3 Satz 2 GG und Art. 82 Abs. 3 Satz 1 BV möglich.
Mit Urteil vom 15.11.2023 in Sachen 2. NHG 2021 des Bundes hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erstmals höchstrichterlich die verfassungsrechtlichen Anforderungen für eine Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung von der Schuldenbremse für Naturkatastrophen und außergewöhnliche Notsituationen festgestellt.[1] Danach ist neben den im Grundgesetz geschriebenen Voraussetzungen insbesondere ein sachlicher Veranlassungszusammenhang zwischen der Naturkatastrophe oder außergewöhnlichen Notsituation und der Überschreitung der Kreditobergrenze erforderlich.[2] Zudem stellte das BVerfG ausdrücklich klar, dass sich die haushaltsrechtlichen Grundsätze der Jährlichkeit, Jährigkeit und Fälligkeit auch auf die Ausnahmeregelung zur Schuldenbremse bei Naturkatastrophen und außergewöhnlichen Notsituationen erstrecken und nicht durch den Einsatz von Sondervermögen umgangen werden können.[3]
Aus Sicht der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder bewährte sich die verfassungsrechtlich normierte Schuldenbremse, denn sie eröffnete Bund und Ländern in Krisensituationen mit ihren Ausnahmeregelungen die nötigen Kreditspielräume und verband diese zugleich mit Vorgaben zu deren Rückführung.[4]
15.1 Staatshaushalt des Freistaates: coronabedingte Maßnahmen
Zur Bewältigung der Corona-Pandemie sahen die HG 2020 bis 2022 - als Ausnahme von der Schuldenbremse gemäß Art. 109 Abs. 3 Satz 2 GG und Art. 82 Abs. 3 Satz 1 BV - im Sonderfonds Corona-Pandemie (Kap. 13 19) notlagenbedingte Kreditermächtigungen vor. Das HG 2023 hingegen sah keine notlagenbedingte Kreditermächtigung mehr vor. Lediglich eine Übertragung der gemäß Art. 2a Abs. 1 Satz 1 HG 2022 nicht bis zum Ablauf des Jahres 2022 in Anspruch genommenen Kreditermächtigungen war noch gestattet, sofern diese noch zur Deckung von im Kap. 13 19 übertragenen Ausgaberesten benötigt wurden. Ende 2022 wurden jedoch alle nicht benötigten Kreditermächtigungen in Abgang gestellt, sodass ab dem Haushaltsjahr 2023 keine notlagenbedingten Kreditermächtigungen mehr zur Verfügung standen.
Die tatsächliche Kreditaufnahme belief sich im Haushaltsjahr 2020 auf 7,2 Mrd. €, 2021 auf 2,9 Mrd. € und 2022 auf 63,5 Mio. €. Die notlagenbedingte Kreditaufnahme beim Sonderfonds Corona-Pandemie (Kap. 13 19) wurde in 2022 abgeschlossen und die nicht in Anspruch genommenen Kreditermächtigungen vollständig in Abgang gestellt.[5] Damit wurde der Empfehlung des ORH,[6] Vollzugsverbesserungen unmittelbar zur Verminderung der Nettokreditaufnahme einzusetzen, um den Gesamtkreditrahmen weiter zu reduzieren, Rechnung getragen. Von dem ursprünglich mit dem 2. NHG 2020 vorgesehenen maximalen Gesamtkreditrahmen von bis zu 20,0 Mrd. € wurden 2020 bis 2022 tatsächlich 10,2 Mrd. € in Anspruch genommen. Im Rahmen des Jahresabschlusses 2023 wurden hiervon aufgrund der Verbesserungen im Haushaltsvollzug 100,0 Mio. € außerplanmäßig getilgt.
Die Einnahmen und Ausgaben für coronabedingte Maßnahmen im Staatshaushalt stellten sich für die Jahre 2020 bis 2023 wie folgt dar:

Das Corona-Investitionsprogramm (Kap. 13 18) wurde Ende 2023 abgeschlossen. Beim Sonderfonds Corona-Pandemie (Kap. 13 19) sind zwischenzeitlich die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Krise weitgehend abgeschlossen, daher entfallen ab 2024 die Haushaltsstellen überwiegend. Lediglich die Mittel für den Kredit- und Schuldendienst sowie die Mittel zur Abwicklung des BayernFonds werden 2024 noch im Kap. 13 19 abgebildet. Die wenigen darüber hinaus noch verbleibenden Leertitel für 2024 dienen zur Abfinanzierung von etwaigen Ausgaberesten. Sofern die Abwicklung von einzelnen Maßnahmen voraussichtlich über das Jahr 2024 hinausgeht, wurden entsprechende Titel in den Einzelplänen der jeweils fachlich zuständigen Ressorts ausgebracht. Ab dem Haushaltjahr 2025 werden beim Sonderfonds Corona-Pandemie (Kap. 13 19) ausschließlich die Haushaltsmittel für die Schuldenaufnahme (Anschlussfinanzierungen) und Tilgung am Kreditmarkt sowie die Ausgaben für den Schuldendienst abgewickelt.
Staatsbürgschaften, Garantien und Gewährleistungen
Angesichts der Corona-Pandemie hat der Freistaat das bestehende Instrumentarium im Bereich Bürgschaften, Garantien und sonstige Gewährleistungen des Staates deutlich ausgeweitet (vgl. TNr. 14):
Das Finanzministerium wurde 2020 ermächtigt, eine globale Rückbürgschaft gegenüber der LfA von 12,0 Mrd. € zu übernehmen. Die in die Rückbürgschaft einbezogenen Corona-Programme sind zum 30.06.2022 ausgelaufen. Die Rückbürgschaft wurde nach Auslaufen der Corona-Programme entsprechend des tatsächlichen Bedarfs von 12,0 Mrd. € auf 1.488,0 Mio. € herabgesetzt. Im Umfang des Restbetrags von 10.512,0 Mio. € wurde eine Rückbürgschaft für Maßnahmen im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine übernommen. Das Haftungsobligo des Freistaates hierfür betrug zum Ende 2023 16,4 Mio. €. Mit dem HG 2024/2025 ist die Ermächtigung für diese Globale Rückbürgschaft in Höhe des nicht ausgeschöpften Ermächtigungsrahmens entfallen.
Staatsbürgschaften nach dem BÜG werden unmittelbar vom Finanzministerium gewährt. Zum 31.12.2023 waren von den in der Corona-Krise ausgereichten sechs Staatsbürgschaften noch vier Staatsbürgschaften im Bestand, davon drei im Bereich der gewerblichen Wirtschaft und eine im sozialen, kulturellen und wissenschaftlichen Bereich. Mit der zuletzt genannten Staatsbürgschaft wurde das LfA-Programm „Corona-Kredit-Gemeinnützige“ abgesichert. Dieses Programm ist zum 30.06.2022 beendet worden. Im Bereich der gewerblichen Wirtschaft wurden zwei verbürgte Kredite vollständig zurückbezahlt.
Im Bereich der gewerblichen Wirtschaft stellt die LfA den Freistaat bei einer etwaigen Inanspruchnahme aus Rückbürgschaften und -garantien, die der Freistaat gegenüber der BBB und BGG übernommen hat, i.d.R. frei. Dies galt nicht während der Corona-Pandemie. Das Risiko verbleibt somit beim Freistaat.
15.2 Außerhalb des Staatshaushalts: Sondervermögen - BayernFonds
Zur Bewältigung der Corona-Pandemie wurde 2020 außerhalb des Staatshaushalts das Sondervermögen BayernFonds mit einem Finanzmittelvolumen von 46,0 Mrd. € eingerichtet und die Bayerische Finanzagentur GmbH gegründet.[7] Der BayernFonds konnte ursprünglich Garantien bis zu 26,0 Mrd. € für begebene Schuldtitel und begründete Verbindlichkeiten von Unternehmen übernehmen sowie bis zu 20,0 Mrd. € Schulden aufnehmen, insbesondere, um sich an der Rekapitalisierung von Unternehmen zu beteiligen.[8] Stabilisierungsmaßnahmen des BayernFonds waren zeitlich befristet bis zum 30.06.2022.[9]
Bis zum 31.12.2021 wurden mit drei[10] Unternehmen Stabilisierungsmaßnahmen mit einem Gesamtvolumen von 38,1 Mio. € vertraglich vereinbart, die bis Ende Januar 2022 in voller Höhe ausgereicht wurden. Zwei der drei Unternehmen, die der BayernFonds mit 18,1 Mio. € unterstützt hatte, meldeten im Juni 2022 und August 2023 Insolvenz an.
Nach dem o.g. Urteil des BVerfG sind im Rahmen der grundgesetzlichen Schuldenbremse der Kernhaushalt und unselbstständige Sondervermögen als Einheit zu betrachten. Die allgemeinen Anforderungen aus dem Zeitbezug der Schuldenbremse bleiben bei dem Einsatz eines Sondervermögens im Grundsatz anwendbar.[11] Vor diesem Hintergrund hatte der ORH darauf hingewiesen,[12] dass die (notlagenbedingte) Kreditermächtigung im BayFoG und deren Inanspruchnahme sowie das Haushaltsjahr, in welchem die Notlage festgestellt wurde, grundsätzlich nicht auseinanderfallen dürfen. Gemäß Art. 9 Abs. 1 BayFoG bestand grundsätzlich die Möglichkeit, Kredite im BayernFonds aufzunehmen.
Seit dem Haushaltsjahr 2023 erfolgen keine Nettokreditaufnahmen beim Sondervermögen mehr; die Finanzierung erfolgt aus regulären Haushaltsmitteln im Staatshaushalt des Freistaates.[13] Der Schuldenstand beim BayernFonds Ende 2023 belief sich auf 40,4 Mio. €.
Mit dem HG 2024/2025 wurde die Kreditermächtigung im BayFoG zeitlich zum 31.12.2022 begrenzt und die Auflösung des Fonds mit Ablauf des 31.07.2024 beschlossen. Ferner wurde die ursprüngliche gesetzliche Tilgungsregelung im BayFoG dahingehend geändert, dass sämtliche Schulden des Fonds vor seiner Auflösung vorzeitig getilgt werden. Der BayernFonds wurde zwischenzeitlich zum 31.07.2024 aufgelöst und die Schulden von 40,4 Mio. € vollständig mit Haushaltsmitteln aus dem allgemeinen Staatshaushalt getilgt.
Vermögen und Verbindlichkeiten sowie sämtliche Rechte und Pflichten des Fonds sind somit auf den Freistaat übergegangen, der die verbliebenen Stabilisierungsmaßnahmen bis zu ihrer Beendigung fortführen wird. Künftig werden Einnahmen und Ausgaben im Zusammenhang mit den Stabilisierungsmaßnahmen im Staatshaushalt erfasst werden. Etwaige Ausfallrisiken von gewährten Stabilisierungshilfen wie z.B. aufgrund von Unternehmensinsolvenzen hat infolge dessen unmittelbar der Freistaat zu tragen.
[1] BVerfG Urteil vom 15.11.2023 - 2 BvF 1/22.
[2] Vgl. Fn. 1 BVerfG Rdnr. 125.
[3] Vgl. Fn. 1 BVerfG Rdnr. 155.
[4] Hildesheimer Erklärung zur Neuverschuldung des Bundes und der Länder im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie vom 21.09.2023.
[5] Vgl. TNr. 1.3 sowie die TNrn. 1.4 der ORH-Berichte 2022 bis 2024.
[6] ORH-Bericht 2023 TNr. 17.
[7] BayFoG.
[8] Das BayFoG wurde mit Wirkung zum 01.01.2022 dahingehend geändert, dass die Ermächtigung für Garantien von 26,0 auf 6,5 Mrd. € und die Kreditermächtigung von 20,0 auf 10,0 Mrd. € reduziert wurde (Art. 10 HG 2022).
[9] Art. 11 Abs. 1 BayFoG.
[10] Ergebnisse der Suchanfrage für Deutschland nach der Beihilfemaßnahme „BayernFonds“, https://webgate.ec.europa.eu/competition/transparency/public/search/results, abgerufen am 18.02.2025.
[11] Vgl. Fn. 1 BVerfG Rdnrn. 182, 174.
[12] ORH-Bericht 2024 TNr. 15.2.
[13] Erläuterung zu Kap. 13 19/916 55.